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Der Neukölln-Berlin, 4, Mai 1923 1. Jahrgang Nr. 18. 252513552602 Deutsche Erwerbsgartenbau 38. Jahrgang der Wochenzeitschrift des Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe Hauptgeschäftsstelle: Neukölln-Berlin, Bergstraße 97-98. — Fernsprecher: Amt Neukölln Nr. 1123. — Postscheckkonto: Berlin Nr. 29 86 Mitteilungsblatt des Reichsverbandes deutscher Gartenbaubetriebe sowie des Bayerischen Gärtnerei-Verbandes, des Verbandes württembergischer Gartenbaubetriebe, des Verbandes badischer Gartenbaubetriebe, der Verbindung der selbständigen Gärtner Hessens, der Vereinigung Pfälzer Gärtnereibesitzer, des Gartenbau-Verbandes für den Freistaat Sachsen und zahlreicher gärtnerischer Sonderzüchtervereinigungen; Verkündungsblatt der Gartenbau-Berufsgenossenschaft, Sitz Cassel, der Gärtner- Krankenkasse, Sitz Hamburg. — Bezugspreis: Deutschland und Deutsch-Oesterreich monatlich 900.00 Mark, Ausland nach Währung. Einzel-Nummer: freibleibend. — Die Mitglieder des „Verbandes deutscher Gartenbaubetriebe“ und der süd deutschen gärtnerischen Verbände erhalten den „Deutschen Erwerbsgartenbau" für den Mitgliedsbeitrag kostenfrei zugestellt Auszüge au« dem Inhalt des „Deutschen Erwerbsgartenbaues“ nur bei ausführl. Quellenangabe, Nachdruck von Artikeln nur mit besond, Genehmigung der Hauptschriftleitung gestattet Kampf und Sieg. Von Paul Lindner in Copitz b. Pirna. Wir kämpfen — solange wir denken können. Wäre dem nicht so, welchen Reiz wohl böte uns das Leben? Wir kämpfen um zu siegen; nicht mit Pulver und Blei; — mit unserem Denken, Sinnen, und Fühlen. Wir kämpfen um leben zu können, erstens einmal von» materiellen Standpunkt aus. Ein anderes Mal, um uns die geistige Befriedigung schaffen zu können, ohne welche das Leben nichts sein würde. Wir schaffen uns Sorgen, um kämpfen zu können. Wir beneiden die glücklichen Reichen; diese aber tun dasselbe wie wir, auch sie mögen ohne Sorge und Kampf nicht leben. Menschen welche nichts wissen, nichts entbehren, für nichts sorgen, nichts erkämpfen dürfen, sind ärmer in allem Reichtum ihrer Güter als wir Menschen, die wir kämpfen mit unserem — und um unser Da sein. Jene kennen nicht das Gefühl des erkämpften Sieges. — Wir leben und zehren von diesem in den schwersten Stunden. — Nun allerdings in unserer Zeit sind die Kämpfe mehr- und viel seitige geworden. Wir brauchen heute nicht nach Sorgen zu suchen, um kämpfen zu können. Wo wir hinschauen, sehen wir Sorgen, Kämpfe; ernst und schwer. Für uns selbständige Gärtner hat man ein besonders gutes Maß noch extra zur Verfügung gestellt. Unsere Sorge, unser Kampf ist beute eia Kampf um das tägliche Brot. Die Verhältnisse zwingen, daß yvir sorgen und kämpfen mehr als zu irgend einer Zeit, nicht allein um der Existenz, auch um des einfachen Lebens willen. Wir müssen, und wir wollen kämpfen. — Wir müssen und wollen aber nicht nutzlos kämpfen. Wir wollen und müssen siegen. Wir Gärtner, die wir kämpfen zu allen Zeiten, . kämpfen, um uns zunächst eine selbständige Existenz zu erringen; • sollten wir nicht erfolgreich kämpfen und siegen auch in dieser Zeit? Wir kämpften schwer und siegten doch, indem wir aus dem Nichts uns die Existenz schafften. Wir kämpften schwer auch nach dem noch und siegten wiederum, indem wir uns fester und fester auf unsere Füße stellten. Wir kämpfen schwerer heute in schwerer Zeit und werden doch siegen und unsere Scholle festhalten, solange wir zu kämpfen vermögen. Wir werden kämpfen in dieser Zeit um Brot und Leben, um Existenz und Selbständigkeit, um Grund und Boden, und werden doch siegen. Der rechte deutsche Gärtner ist — so schlimm es auch ausschaut — vom Untergang doch so weit entfernt, daß er noch immer seinen Fuß aufsetzen kann auf eigene Scholle und sagen kann: „Hier stehe ich — hier bleibe ich“. — Was auch kommen mag; auch wenn wir schmale Bissen beißen. Festhalten müssen wir unseren Besitz, unsere Werte. Keinen Nagel, keine Scheibe Glas, kein altes Eisenrohr dürfen wir ver äußern. Wir täten es nur, um vorübergehend etwas leichter und sorgloser schaffen zu können. Hüten wir uns vor solchem Schaum; nach Monaten, vielleicht schon nach Wochen ist alles verflogen. — Wir müssen es uns wieder etwas leichter machen. Wir haben z. B. große Fenster, eigentlich hatten wir diese für ein Kalthaus be stimmt; aber aus dem Bau wird doch einmal nichts, also weg damit. Ein mutiger Kämpfer kauft die Fenster und baut sich — ein Kalt haus. Wir haben ja noch einen Kessel und Rohre, und keine Kohlen. Dei - alte Kanal ist viel billiger, also raus mit dem Kessel. Nun ich meine, so dürfen wir nicht kämpfen. Schwer soll der Kampf sein, um so größer ist dann der Sieg. Reine Arbeit können wir wohl . machen, nicht aber indem wir unseren Besitz Zoll um Zoll wieder preisgeben, den wir unter vieler Mühe und Arbeit Zoll um Zoll zu sammenschafften. Nein, in den Kulturen, alten Beständen, können wir aufräumen und dafür uns zeitgemäße Kulturen schaffen. Auf- . räumen können wir auch sonst noch mit manchem alten Zopf. Da für können wir Wandel schaffen in sehr vielem; z. B. bei unseren Angeboten, wenn schon wir nun einmal über jedes Maß hinaus Massen Zusammengärtnern, so wollen wir diese wenigstens nicht in der ganzen Masse anbieten. Es ist nicht nötig, daß wir 10 Ztr. Spinat auf den Märkten ausstellen, wenn Ueberangebot anzunehmen ist. Einen Korb können die Käufer wohl sehen, mehr Körbe können mit anderen gesuchten Produkten überpackt werden usw. Vieles, sehr vieles haben wir zu ändern, zu verbessern, sofern wir schauen und denken. Gleichgültig, planlos, ohne sinnen und denken, wie wollen wir da schaffen und kämpfen? Inhalt müssen wir suchen; um Nichtigkeiten sollen wir nicht kämpfen. Aufsparen sollen wir Kraft und Energie, damit wir einsetzen können unser Alles und Ganzes, wenn es gilt schwer zu kämpfen in ernstester Zeit. Dann meine ich, wird auch für uns durch Kampf — ein Sieg! Ein Vorschlag zur Festsetzung der Acker pacht nach dem Getreidepreis. . Von Fr. Lüder in Erfurt. Ich habe öfters Gelegenheit gehabt, die Verschiedenheit der Ur teile kennen zu lernen, wie sie bei den Verhandlungen der Pacht einigungsämter infolge der gesetzlichen Vorschriften und Weisungen und der Auffassungen der Beisitzer gefällt werden mußten. Wenn auch gerechterweise die Lage und die Bonität der jewei ligen Grundstücke, die Lebensverhältnisse der Pächter und Ver pächter genauestens geprüft und beurteilt werden, so gibt es immer noch Differenzen wegen. Feststellung der Pachtgelder. Fast über all werden jetzt Getreidepreise der Pachtzahlung zu Grunde gelegt; auch hiergegen läßt sich nichts einwenden. Die Urteile über Preisbestimmung des Getreides sind aber sehr yerschieden. Wenn z. B. das eine Urteil auf Martinipreis lautet, weil an diesem Tage die Pacht fällig war, ein anderes auf Michaelispreis, weil im Pachtvertrag dieser Tag als Zahlungstermin vorgesehen war; wieder ein anderes Urteil lautet auf Januar- und Julipreis, weil zwei malige Pachtzahluug vereinbart war, so ist daraus zu ersehen, daß der Pächter bei den ersten beiden Urteilen bedeutend höhere Zah lungen zu leisten hat als der Pächter bei dem letzten Urteil, weil der Getreidepreis im Juni 1922 noch ziemlich niedrig war. Sei nun wie es sei, bei solchen Urteilen ist trotz bestem Willen der Richter und Beisitzer entweder der Pächter oder der Verpächter der Geschädigte. Ich will hier keineswegs die Urteile der Richter angreifen, im Gegenteil, ich möchte nur aufklärend wirken und ein - Preisfestsetzungsverfahren Vorschlägen, mit dem sowohl der Pächter als auch der Verpächter zufrieden sein kann. Das ist die Annahme des Jahresdurchschnittspreises, sei es für Weizen oder, was noch gerechter ist, für alle 4 Getreidearten, der sich durch das statistische Amt in Berlin leicht feststellen läßt. Ein neutraleres Urteil dürfte es meines Erachtens nicht geben und beide Teile würden wohl dankbar sein, wenn diese Berechnung bei allen Pachteinigungs terminen zu Grunde gelegt würde. Da die Zeiten der Pachtzah lungen in den Pachtverträgen verschieden vorgesehen sind, so könnte man die Berechnung der Pachtsumme so vorsehen, daß zur Fest setzung des Jahreslurchschnittspreises für abgemachte Zentnerzahl die Zat vom 1. Juli oder 1. Oktober oder 1. November des ver flossenen Jahres bis 30. Juni oder 30. September oder 31. Oktober des jeweiligen Erntejahres anzunehmen ist. Bei Neuverpachtungen sollte dieses Preisfestsetzungsverfahren von vornherein in Betracht gezogen werden. Anmerkung der Schriftleitung: Obwohl wir grund sätzliche Gegner jeder Körnerwertpacht sind, bringai wir doch die obigen Ausführungen, weil sie uns einer allgemeinen Erörterung wert erscheinen. Sie weisen einen. Weg, der auch für Erwerbs gärtner gangbar erscheint, vorausgesetzt, daß er in seinem Betriebe eine gesunde Preispolitik verfolgt - _