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die allgemein gebräuchliche Bezeichnung „Herrn" an gewendet ist und am Niederlassungsorte der Firma andere Personen des gleichen Namens wohnen, der wirkliche Empfänger deshalb in Ermangelung besonderer Merkmale mit Sicherheit nicht erkenn bar ist, so bleibt in den meisten Fällen nur übrig, derartig ungenügend adressierte Sendungen als un bestellbar zu behandeln. In das Handelsregister eingetragene Firmen glauben vielfach, ein Vorrecht auf die Aushändigung der unter dem Namen ihrer Firma, ohne nähere Bezeichnung, eingehenden Sendungen vor Privatpersonen zu haben. Ein solches Vorrecht besteht nicht und kann aus Rück sichten auf die Wahrung des Briefgeheimnisses nicht eingeräumt werden. *— „Was müssen wir tu«, um gesund zu bleiben?" Unter dieser Ueberschrist hat das Weimarer Ministerium nachstehende 21 Regeln ausarbeiten und in sämtlichen Volksschulklasseu des Großherzogtums aufhängen lasfen: 1. Wir müssen unseren Körper, namentlich Gesicht, Hals und Brust, täglich waschen. 2. Wir müssen un sere Hände häufig waschen und die Nägel kurz und sauber halten. 3. Wir müssen unsere Zähne morgens und nach dem Essen mit einer Bürste reinigen. 4. Wir müssen unser Haar vormittags und nachmittags vor dem Schulbesuch kämmen. 5. Unsere Kleider müssen täglich von Schmutz und Staub durch Klopfen und Bürsten gereinigt wer den. 6. Unser Schuhwerk muß jeden Morgen ge reinigt werden. 7. Wir müssen vor der Schultüre den Schmutz abtreten. 8. Wir dürfen Papiere, Pflanzen, Speisereste (auch Obst) nicht in die Klasse werfen. 9. Wir dürfen nicht auf den Fußboden spucken. 10. Wir müssen im warmen Zimmer Halstücher und Ueberkleider ablegen. 11. Durch die Fenster muß besonders in den Zwischenstunden frische Luft in die Klasse gelassen werden. 12. Wir müssen die Pausen womöglich im Freien zu bringen. 13. Wir müssen die Frühstückszeit zum Verzehren des Frühstücks benutzen. 14. Wir müssen uns beim Gehen, Stehen und Sitzen gerade halten. 15. Wir müssen beim Sitzen beide Füße mit der ganzen Fläche aufsetzen. 16. Wir müssen beim Lesen, Schreiben und Zeichnen den Ober- körper aufrichten. 17. Wir müssen groß und deut lich schreiben. 18. Wir dürfen uns beim Schrei ben nicht selbst Schatten machen. 19. Wir müssen uns beim Arbeiten, besonders beim Lesen, Schrei ben und Zeichnen, gegen grelles Sonnenlicht schützen. 20. Wir dürfen bei Dämmerlicht nicht lesen und schreiben. 21. Wir sollen es dem Lehrer melden, wenn es an unserem Platze zu heiß oder zu kalt ist, wenn wir an unserem Platze nicht gut hören oder sehen können, wenn wir uns krank fühlen, wenn zu Hause eine ansteckende Krankheit ist. * — Wie vorsichtig man mit den Rat schlägen klug sein wollender Bekannter sein muß, zeigt folgendes Vorkommnis. Eine Frau in Dresden hatte sich infolge scharfen Luftzuges eine Binde hautentzündung am linken Auge zugezogen. Kommt da ein Bekannter, sieht das Auge und sagt so un gefähr : Frau K., Siehaben eineBindehautentzündung, ich habe dasselbe Leiden auch gehabt. Sie müssen da Umschläge mit 3 Prozent Karbollösung machen (gemeint hat er wahrscheinlich 3 Prozent Borlösung), das hat mir auch geholfen. — Frau K. geht noch denselben Abend in die Apotheke, holt sich die ge ratene Lösung, macht Umschläge damit und hat den anderen Morgen ein so entzündetes Auge, daß sie sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Nun kann Frau K. froh sein, wenn sie nicht einen dauernden Schaden davonträgt, da das Auge zwar geheilt, doch jetzt immer noch, nach Verlaus von 4 Monaten, sehr empfindlich ist und sich sehr leicht entzündet. Möge dieses jedermann zur Warnung dienen! — Mit Karbol sollte von Laien überhaupt etwas vorsichtiger umgegangen werden, da dasselbe wohl zum Desinfizieren der Wunden gute Dienste leistet, sich aber zu fortgesetzten Umschlägen auf Wunden und Entzündungen am Körper, wozu es von vielen Menschen so gern benutzt wird, wegen seiner stark ätzenden Wirkung nicht eignet. Im Gegenteil werden durch die fortgesetzte Einwirkung von Karbollösung (wenn auch nur 2 Prozent) Ent zündungen und sogar Vergiftung (Karbolvergiftung) an den betreffenden Körperstellen herbeigeführt. Die Aerzte wissen davon zu erzählen. * — Central-Theatcr Chemnitz. Das hoch interessante Operetten-Gastspiel des Berliner Central theaters geht nunmehr seinem Ende entgegen. — Die Direktion hat nun von Montag, den 27. bis mit Freitag den 31. d. M. einen fünffachen Ab- schieds-Benefiz-Cyklus veranstaltet und sind die Preise bis fast auf die Hälfte herabgesetzt. Zur Aufführung gelangen der Reihe nach: Fledermaus, Geisha, Rastelbinder, Wiener Frauen, Zigeuner baron und stellen sich die Billets für alle 5 Vor stellungen, die zwar nach Belieben übertragbar sind, wie folgt: Gallerte M. 1,50, Tribüne M. 2,—, 2. Rang M. 3,—, 2. Rang, Balkon M. 4,50, 1. Parkett M. 5,50, 2. Parkett M. 3,—, Parkett- Fauteuil M. 7,— usw. — Es ist dieses eine Ge legenheit, diese hervorragenden 5 Operetten zu einem so billigen Preise zu sehen, daß jedermann davon Gebrauch machen müßte. Der Verkauf schließt Montag, den 27. cr., mittags 1 Uhr. * — Als neueste erprobte Vogelscheuche gegen Sperlinge wird empfohlen: Man hänge zwei oder drei Salzheringe auf jeden Baum und so fort werden die frechen Räuber den Baum meiden. * Limbach, 23. Juli. Angeblich wegen Lohn reduktionen sind in der Langerschen Eisengießerei fast alle Arbeiter m den Ausstand getreten. * Glauchau, 23. Juli. Gestern abend ließ sich der Zigarrenhändler Bernhard Riedel aus Niederschindmaas in der Nähe der Haltestelle Schönbörnchen vom Güterzug überfahren. Da es in ver Nähe einer Brücke war, wurde er von der Maschine heruntergeschleudert und war sofort tot. Der Getötete war Ende vorigen Jahres von einem Schlaganfall betroffen worden und seit dieser Zeit etwas schwachsinnig. * Gesau, 23. Juli. Gestern nachmittag wurden auf einem Neubau beim Heben des Dachstuhles einem hiesigen Arbeiter 2 Finger der linken Hand abgeschlagen. Der Verletzte wurde nach Anlegung eines Notverbandes dem Krankenhause in Glauchau zugesührt. * DreSde«, 23. Juli. Die Bewegung unter ren hiesigen Straßenbahnern dürfte mit den in der vergangenen Nacht hier abgehaltenen drei Ver sammlungen, deren zwei von den Direktoren der Straßenbahngesellschaften und die eine von dem Hamburger Verbände der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter einberufen worden waren, friedlich beigelegt sein. Die Direktoren beider Ge sellschaften sagten eine ernste Prüfung und event. Berücksichtigung der vorgebrachten Beschwerden zu. * Dresden. Tausend Mark Belohnung werden für die Auffindung des seit dem 20. Juli aus seiner Wohnung in Laubegast verschwundenen Gärtnergehilfen Christian Weber ausgesetzt. * Dresden. Am Sonntag vormittag gegen 11 Uhr ist auf Zschierener Flur ein an Händen und Beinen gefesselter männlicher Leichnam in der Elbe angeschwommen und behördlich aufgehoben worden. Die Leiche zeigre am Hinterkopfe eine Schlagwunde, sodaß man einem schweren Verbrechen auf die Spur gekommen zu sein scheint. Die Leiche, die schon mehrere Tage im Wasser gelegen haben dürfte, war gut gekleidet. Nach den in einer Tasche vorgefundenen Legitimationspapicren halte man es mit einem Klempnergehilfen aus dem Harz zu tun. * Leipzig. Am Bau des neuen Rathauses be gann dieser Tage die Abnahme der Baugerüste, deren Herstellung seinerzeit allein 70 000 Mark kostete. — Am Mittwoch früh begaben sich vom hiesigen Berliner Bahnhof aus ein Unteroffizier und 22 Mann als Ablösungskommando nach China. Der Drang, fremde Länder kennen zu lernen, hatte sie veranlaßt, sich freiwillig zur Erfüllung dieser harten und gefahrvollen Pflicht zu melden. — Der Leipziger Bankkrach wird demnächst, wenn alles gut geht, sein Ende erreichen. Am 3. August findet hier die voraussichtlich letzte Gläubiger-Versammlung statt, welche über die Veräußerung der noch vor handenen Masse Beschluß fassen soll. * Leipzig, 23. Juli. Herz- und gemütlose Eltern müssen es sein, welche in einem Leipziger Blatte folgendes Inserat erscheinen ließen: „Ver gebe mein Kind als Eigentum! einen Jungen, 11 Monate alt. Auskunft erteilt Kurt Pabst, Spergau, Station Corbetha." Man möchte freilich dem bedauernswerten Kinde Glück wünschen, wenn es aus den Händen solcher Elten, kommt. — Der 66 Jahre alte Privatmann August Karl Friedrich hat, nachdem er am Nachmittag des 16. Juli nach zweitägiger Verhandlung wegen schwerer Urkunden fälschung und im Zusammenhang mit versuchtem Betrug, sowie wegen Meineids in zwei Fällen vom hiesigen Schwurgericht unter Anrechnung von 3 Monaten Untersuchungshaft zu 6 Jahren Zucht haus und 10 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt worden ist, das Urteil durch das Rechtsmittel der Revision angefochten; es wird sich demnach voraus sichtlich noch das Reichsgericht mit der Friedrich- scheu Strafsache zu beschäftigen haben. * Oetzsch, 23. Juli. Wie gefährlich es ist, Kindern Gelegenheit zu geben, längere Zeil ge standenes geschmortes Obst zu erlangen, lehrt folgender Fall. Er möchte jeder Hausfrau zur Warnung dienen! Ein dreijähriger Knabe war über bereits 1 Tag gestandene geschmorte Kirschen geraten, die inzwischen etwas beschlagen waren. Bald zeigten sich Symptome von Vergiftung. Ein herzugeholter Arzt vermochte glücklicherweise, da es noch nicht zu spät war, Hilfe zu bringen. Also Vorsicht! * Chemnitz, 23. Juli. Von der Delegierten versammlung des z. Zr. hier tagenden Deutschen Musikerverbandes wurde der Antrag des Hamburger Lokalvereins, an die Regierungen um gänzliches Verbot von außerdienstlicher Beschäftigung der Militärmusiker zu petitionieren, mit 36 gegen 26 Stimmen angenommen. * Kirchberg. In der Tuchfabrik von Hermann und Rüdiger in Saupersdorf hat sich am Mittwoch nachmittag ein schwerer Unglücksfall ereignet. Eine dort befindliche Schleudermaschine, an welcher zwei Arbeiter beschäftigt waren, zerbrach. Durch die herumfliegenden Stücke ist einer der Arbeiter namens Büttner sofort getötet, der andere leicht verletzt worden. — Am Dienstag abend schlug während eines schweren Gewitters der Blitz in das Gehöft des Gutsbesitzers Oettel in Hirschfeld ein. Drei Kühe wurden getötet. * Steinplcis, 23. Juli. 11Lmal vorbestraft ist der Arbeiter Carl Eberhardt hier. Jetzt hat er wieder wegen Bettelns 4 Wochen Haft und Ueberweisung an die Landespolizei zudiktiert er halten. * Plauen i. V, 23. Juli. Neber einen em pörenden Vorgang, der sich an, Sonnabend am Postplatz abspielte, berichtet der „V. A.": Dort hielt ein Droschkenkutscher, um das ihm von seinem kleinen Sohn überbrachte Mittagessen zu verzehren. Anscheinend hat dem Manne das Essen nicht recht geschmeckt, denn kaum hatte er einige Bissen ge nossen, als er dem nichts ahnenden, gewiß un schuldigen Kinde den Eßbehälter samt Inhalt mit Wucht an den Kopf schleuderte, daß dem bedauerns werten Jungen das Blut von der linken Kopfseite floß. Im höchsten Grade gleichgülig über diese Tat fuhr dann der Vater davon. Hinzukommende Leute mußten sich des armen Knaben annehmen. * Plauen i. V, 23. Juli. Die streikenden Klempnergehilfen haben um Vermittelung mit den Meistern bei letzteren nachgesucht, ebenso wünscht man feiten der Gehilfen Beilegung des Streiks. Die Meister werden sich demnächst mit der An gelegenheit beschäftigen und bedingungslose Auf nahme der Arbeit fordern. — Gleiche Vermittelung mit ihren Arbeitgebern streben nun auch die streiken den Tischler an. — Wie der „Vogtl. Anz." schreibt, ist der Maurerstreik auf dem besten Wege, im Sande zu verlaufen, auf fast allen Bauten wird gearbeitet, zum Teil mit voller Arbeitsmannschaft. In nächster Woche wird man wohl überhaupt nichts mehr vom Maurerstreik wahrnehmen, da namentlich am Sonnabend (Beginn der Arbeits woche) eine weitere große Anzahl Maurer wieder in Arbeit treten wird. Ein erheblicher Teil der streikenden Maurer wird keine Arbeit wieder finden, da deren Stellen besetzt sind. * Reichenbach. 22. Juli. Die „Reichenbacher Zeitung" berichtet: Der abends 8 Uhr 12 Min. fällige Münchener Schnellzug traf gestern mit 20 Minuten Verspätung hier ein. Die Ursache war ein Unfall, welcher sich in der Nähe von Station Oberkotzau ereignet hatte und in seinem Verlauf dem Neumarker Unfall sehr ähnlich war. Ein mit Klee beladenes Ochsengespann war im Begriff, auf einem nicht geschlossen gewesenen Wirtschaftsweg den Bahnkörper zu überschreiten, als der Schnellzug dahergebraust kam. Die Maschine zertrümmerte den Wagen vollständig Der Führer ging aus der Affäre glücklicher Weise unversehrt hervor und die beiden Rinder rannten, da das Gestränge gerissen war, wild davon. In diesem Falle war die Lokomotive derjenige Teil, der größeren Schaden erlitt. Mit gebrochenen Ventilen setzte der Zug, nachdem die Wagentrümmer von den Geleisen entfernt waren, in gemäßigter Gangart die Fahrt bis zum Bahnhof Hof fort. * Lengenfeld. Am Sonnabend mittag hat Herr Moritz Friedrich auf seinem in der Nähe der Reichenbacher Straße gelegenen Feldgrundstück eine Geldkassette gefunden, in welcher sich fünf Spar kassenbücher, ein Wertpapier (Sächsische Staats anleihe), ein Trauring und ein Zweimarkstück be fanden. Die Kassette wurde als die von dem Dienstmädchen Klara Döhler am 1. Juli bei dem Restaurateur Franz Liebhold gestohlene erkannt. Die Diebin hatte demnach nur mit den noch in der Kassette enthalten gewesenen 100 Mark in Silber, die sie durch Emporstemmen des Deckels nach und nach herausgeschüttelt hat, das Weite gesucht. Sie ist bereits am 11. Juli in Dresden festgenommen worden. * Aue. Beim Baden an verbotener Stelle ist in der Mulde dec etwa 16jährige Schlosserlehrling Kempe aus Niederschlema verunglückt. Er war auf dem Wege nach Aue, um Eisen einzukaufen, ging vollständig erhitzt ins Wasser, wodurch er sich einen Schlaganfall holte und so den Tod fand. * Buchholz, 23. Juli. In vergangener Nacht sind die zwischen Kleinrückerswalde und Cunners dorf auf Bergeshöhe gelegenen Gebäude von „Himmlisch Heer" durch Feuer zerstört worden. Die Entstehungsursache des Brandes ist noch un ermittelt. Infolge Wassermangels wurden die Löschversuche der Feuerwehren überaus erschwert. Die Gebäude lagen auf dem Katzenberge und ge hörten noch zu den wenigen Erinnerungszeichen an den früher blühenden Bergbau. Das Bergwerk „Himmlisch Heer" wird als dasjenige bezeichnet, auf welchem ehedem die reichsten und mächtigsten Silber erze gebrochen wurden. Es hat die höchsten Aus beuten an seine Gewerken verteilt und den letzteren in kurzer Zeit zu großem Reichtums verhülfen. Einmal sind sogar 1700 Taler Ausbeute für den Kux gegeben worden. Der Name dieses Bergge bäudes wird erst etwa 10 Jahre nach der Ent deckung des Annaberger Bergbaues genannt. Es hat geblüht von 1536—1593. Der Himmlisch Heerer sog. stehende Gang wurde, dem noch jetzt sichtbaren Haldenlaufe nach zu schließen, auf herzog lichem Gebiete bis in die Nähe der Pühlberger Basaltkuppen und auf kurfürstlichem Grund und Boden bis auf die Cunnersdorfer Schlucht hinaus bebaut. Der ungeheuere Erzreichtum dieses Ganges veranlaßte die Umgebung von Cunnersdorf zu einem äußerst ergiebigen und bedeutenden Bergbau. Das baldige Erliegen desselben erklärt sich daraus, daß die reichen Erze in geringer Tiefe unter Tage gefunden wurden und man auch unterließ, Hilfs- und Versuchsbaue zu treiben. Man hat in späterer Zeit noch Spuren einer ehemaligen Bergschmiede erkannt. In den gegenwärtig abgebrannten Ge bäuden auf „Himmlisch Heer" sollte vor Jahr zehnten eine Brauerei eingerichtet werden. Als man jedoch den großen Bräubottich aufzustellen im Begriff war, brach das Erdreich nieder und riß den schweren kupfernen Kessel mit in die Tiefe. In einem alten, dem Verfall entgegengehenden Stollen gange liegt das kupferne Ungetüm noch heute. Die gähnende Erdöffnung über demselben wurde wieder überbaut und so blieb auch die Einrichtung einer Brauerei nur bei dem Versuche. * Mittweida, 23. Juli. Großes Aufsehen erregte gestern nachmittag die Sistierung der Beerdi gung der Ehefrau des Gärtnereibesitzers Stolle. Auf erfolgte Anzeige hin hatte die Königliche Staats anwaltschaft zu Chemnitz entsprechende Verfügung getroffen. Nachmittags wurde auf Anordnung der genannten Behörde eine gerichtsärztliche Sektion der Leiche in der Friedhofshalle vorgenommen. Der Sektionsbefund hat jedoch nichts Belastendes ergeben und heute vormittag traf von der König lichen Staatsanwaltschaft die Genehmigung zur Beerdigung ein. * Mittweida. Eine hier stadtbekannte und allseitig beliebte Persönlichkeit, Baumeister Max Schubert, ist vor einigen Tagen unter recht be dauerlichen Umständen aus dem Leben geschieden. Vor etwa zwei Jahren verzog Schubert von Mitt weida nach Teheran in Persien, wo sein einziger Sohn eine hochangesehene Staatsstellung einnahm. Leider machte ein Schlaganfall dem Leben des hoffnungsvollen Mannes ein jähes Ende und Schubert siedelte wieder nach Deutschland über. Der Gram über den Verlust seines Soh.ies und manche andere mißliche Umstünde haben den alten Mann, der dem Erblinden nahe war, zur Ver zweiflung gebracht und so suchte und fand er in vergangener Woche den Tod im Rhein. An der Mündung des sog. Pfrimmbaches wurde am Freitag die Leiche gelandet. * Döbeln, 23. Juli. Steckbrieflich verfolgt wird der Soldat Fröhlich von der 3. Komp, des 139. Infanterie-Regiments. Der Soldal hat einen schweren Diebstahl begangen und ist fahnenflüchtig geworden. Er reist mit falschen Papieren. * Meißen, 22. Juli. Zu einem heftigen Zu- sammenstoß zwischen einem Schutzmann und drei rohen Burschen kam es am Montag abend in den Anlagen am Lutherplatze. Ersterer hatte auf seinem Patrouillengange die Burschen dort liegend ange troffen und sie aufgefordert, den Platz zu verlassen. Dieser Aufforderung wurde jedoch nicht Folge ge- leistet, vielmehr sprang einer auf den Schutzmann zu und zog ihm sein Seitengewehr aus der Scheide, um damit nach ihm zu schlagen. Es kam zum Handgemenge, wobei der Schutzmann zu Boden siel. Sein Gegner, ein hier in Arbeit stehender Heizer, kniete ihm auf den Leib, und indem er zum Hieb ausholte, drohte er, ihn totzuschlagen. Leider fand sich von den Umstehenden niemand, der dem Bedrängten beizustehen gewagt hätte. Dieser wehrte sich aber nach Leibeskräften und es gelang ihm auch, sich aus seiner peinlichen Lage zu befreien. Während sich die beiden Mitschuldigen unerkannt aus dem Staube gemacht hatten, versicherte man sich der Person des Haupträdelsführers, dem eine schwere Strafe gewiß ist. Gerichtssaal. 8 Zwickau, 22. Juli. Die heute anstehende Verhandlung wider den ehemaligen Amtsgerichts- Aktuar Gustav Reißig in Waldenburg wegen Bei seiteschaffung von Akten und Urkunden sowie wegen Unterschlagung mußte vertagt werden, da Reißig aus seinen Geisteszustand untersucht werden soll.— Dagegen wurde der Schlosser Blechschmidt auS Aue deswegen zu 20 Mark Geldstrafe verurteilt, weil er bei einem Tanzvergnügen im „Grünen Tal" zu Lößnitz ein zum Tanze engagiertes junges Mäd chen, die Plätterin Kircheis, während deS TanzenS nach einer vorher mit anderen jungen Burschen ge troffenen Verabredung zum allgemeinen Hohngelächter mitten im Saale stehen ließ. Dieses Gebühren wurde vom Gericht als Beleidigung angesehen. 8 Ein WirtshauSstreit mit schweren Folge«. Im Gasthof „zur Eiche" in Deuben spielten am Abend des 2. Mai d. I. vier junge Leute aus Potschappel Skat, sie vertrugen sich sehr gut und waren auch im Genuß der geistigen Getränke sehr mäßig. Der Friede wurde aber gegen 11 Uhr da durch gestört, daß eine Anzahl Personen au» Deuben im genannten Gasthose erschienen und mit den Potschappelern einen Streit vom Zaune brachen. Wegen eine« geringfügigen Anlasse« — dem einen der Skatspieler war ein Glas Bier umgestoßen — gerieten beide Parteien hart aneinander. Sie schimpften gegenseitig auf einander lo«, es kam auch im Gasthof zu Tätlichkeiten, die erst unter brochen wurden, als die jungen Leute aus Pot schappel die Karten niederlegten und, um weiteren Anrempelungen aus dem Wege zu gehen, den Gast hof „zur Eiche" verließen. In kurzer Entfernung folgten ihnen indessen die feindlich gesinnten Deubener, und SO Schritte hinter dem Gasthause auf der nach Potschappel führenden Hauptstraße kam er zu einem gefährlichen Zusammenstöße, bei welchem der 17 Jahre alte Schreiber Julius Paul Wappler au« Potschappel seinem Angreifer, den Arbeiter Wittig, da» Messer in den Rücken rannte und zu Boden schmetterte. Wittig ist kurz darauf an den Folgen der erlittenen Verletzungen gestorben. Vor der 6. Ferienstraskammer de» Landgericht« Dresden hatten sich die Messerstecher zu verantworten und e« er hielten Wappler 1 Jahr, der Dachdecker Otto gleich falls 1 Jahr, der Arbeiter Grohle 6 Monate und der Glasarbeiter Janke 8 Monate Gesängni« zu erkannt. 8 Eine befremdliche Notiz bringt der „An zeiger f. d. Havelland" aus Spandau: Aus der Strafanstalt Plötzensee hat ein hiesiger Einwohner eine Rechnung erhalten, die eine merkwürdige Vor geschichte hat. Der Stallmeister R. hatte einen Menschen bei dem Versuch eines unsittlichen An griffes gegen seine, des R, elfjährige Tochter be troffen. In der Erregung hatte ec den Wüstling, einen schon häufig vorbestraften Arbeiter K., derb gezüchtigt. Der Mensch wurde später wegen dieses Sittlichkeitsattentates auch zu Gefängnisstrafe ver- urteilt, die er in Plötzensee verbüßt. Infolge jener Züchtigung hatte er gegen R. Strafantrag wegen körperlicher Mißhandlung gestellt und das Gericht erkannte auf 30 Mk. Geldbuße. Bei der Begründung deS Urteils wurde ausgesührt, selbst ein auf der Tat ertappter Verbrecher brauche sich nicht prügeln zu lassen. Jetzt verlangt der Sträfling K. von R. 185,85 Mk. Schmerzensgeld usw , zugleich droht er mit Klage im Falle der Nichtzahlung. 8 Auf 12 Jahre Zuchthaus erkannte die Braunschweiger Ferienstraskammer gegen einen ge heimnisvollen Verbrecher. Seit langem waren viele schwere Diebstähle vorgekommen. Endlich fiel der Verdacht aus den als rechtschaffen geltenden Ar beiter Hoffmann. Die Haussuchung ergab reich liches Beweismaterial. Im Prozeß traten Zeugen auf, die H. zugleich der Fahnenflucht beschuldigten und erklärten, der Angeklagte heiße in Wirklichkeit Bothur. Ein Zeuge beschwor das sogar. Da machte der Angeklagte das Geständnis, sein Name sei weder Hoffmann noch Bothur, sondern Hitschfeld und er stamme aus Oberschlesien. Die Mutter sowie der Ortsvorsteher mußten kommen und sie bestätigten die Angaben. In dem neuen Prozeß wurde die oben angegebene Strafe gegen Hitschfeld verhängt. Kleine Chronik. * Berlin, 23. Juli. Zum Zusammenbruch deS Bankhauses Gebr. Schindler wird heute mitgeteilt, daß von den Gewerbetreibenden, die dem Bankhaus ihr Vermögen anvertrauten, nur wenige so vorsichtig waren, die Stücke oder die Talons mit den Coupons niederzulegen. Durch die Trennung beider Teile, deren jeder an sich wertlos ist, haben einige Kunden des Bankgeschäftes ihr Guthaben gerettet. JakobuS hat solche Papiere, die nicht vollständig waren, als wertlos zurückgelassen, alle übrigen aber zu Geld gemacht. Zu den Betrogenen gehört ein Techniker aus Mittweida, der, wie cs heißt, 40000 Mark einbüßt. Ebensoviel etwa verliert ein Berliner Kauf mann. Dieser hatte zunächst eine Einlage von 20000 Mark gemacht, diese aber dann durch An leihen bei Verwandten aus daS doppelte gebracht^