Volltext Seite (XML)
wegschleppen zu lassen? Seine Farm und sein Haus sind doch nicht confiscirt? Es ist nichts weiter al« Raub und Diebstahl, nicht etwa ausgesührt von Gesindel, denn Tommy hat keine Gelegenheit, Beute mitzuschleppen, der hat genug an seinen 70 Pfund Gepäck zu tragen. Die systematische Beraubung der Burenhäuser gehört mit zu der humanen Kriegführung, auf die Chamber lain sich so viel einbildet. — Neber den Tod Li-hung-tschangs lassen sich die „L. N. N." folgendermaßen aus: Sentimentale Gemüther mögen an dem Grundsätze festhalten, daß man über einen Todten nur Gutes reden soll, wir halten es mit unserem Dichter Wilhelm Raabe, der da sagt, daß man über einen Schuft auch nach seinem Tode nicht schlecht genug reden könne. Dem Tode Li-Hung- tschangs fehlt, wie gesagt, jede Tragik. Ein echter Coulissenreißer, der mit mongolischer Verschlagenheit in jeder Rolle sich zurecht fand, ist er sozusagen zwischen seinen SchminktöpfchenundPuderschachteln, den Requisiten seiner Politik, gestorben. Seine diplomatischen Krank heitsfälle, die sich prompt jedesmal einstellten, wenn die Forderungen der fremden Gesandten ihn in die Enge trieben, sind eine regelmäßig wiederkehrende Erscheinung in dem Possenspiel von Peking. Und wenn die Ver legenheiten gar zu arg wurden, so scheute er sich auch nicht die Kunde von seinem Tode zu verbreiten. So geschehen dreimal hintereinander im vorigen Sommer. Die einzelnen Stadien seiner Krankheit, wenn der alte Gauner sich vor den fremden Teufeln hinter seine Bettgardine verkroch, sind überhaupt kaum sestzustellen. Ein Theil der Schuld, daß Herr Li allmählig ein geradezu wahnsinniges Selbstbewußtsein zur Schau trug, fällt allerdings auf die europäische Presse. Durch die Beweihräucherung dieses mongolischen Geschäfts- reisenden auf seiner Triumphfahrt durch Europa hat sie in ihm einen Eigendünkel großgezogen, dessen Früchte wir im vorigen Jahre geerntet haben. Man hat sich sogar nicht entblödet, dem Mongolen den Titel eines „chinesischen BiSmarck" an den Kopf zu werfen, ohne zu bedenken, wie schwer man das Andenken des Altreichs kanzlers dadurch schändet. Und auch jetzt nach seinem Tode hat diese Beweihräucherung eines Theils der deutschen Presse leider noch kein Ende genommen. Gumbinnen. Im Mordproceß Krosigk dürften einige Mittheilungen über das Schicksal der Betheiligten interessiren. Die als Zeugen vernommenen Wachtmeister Buppersch und Vicewachtmeister Schneider sind als Invaliden anerkannt und aus dem Militärdienst ge schieden, nachdem sie den Civilversorgungsschein neben einer kleinen Pension erhalten hatten. Die Prämie von 1000 Mark haben sie zwar dadurch verloren, doch werden sie wohl nach dem „Gesell." aus der Sammlung des Rechtsanwalts Horn Geld erhalten, da diese sich auf fast 8000 Mark beläuft. Auch der Sergeant Hickel, welcher noch nicht entlassen ist und über den noch das Reichs-Militärgericht Recht sprechen wird, ist auf seine Dienstbrauchbarkeit untersucht morden. Auch er ist als Ganzinvalide anerkannt und wird, sobald er endgültig freigesprochen sein wird, ebenfalls eine Jnvalidenpension und den Civilversorgungsschein erhalten. Ohne jede Ansprüche ist der Unterofficier Domnick entlassen worden, welcher bereits in erster Instanz freigesprochen wurde. Dänemark. Kopenhagen, 9. Nov. Eine große Wagenladung Gewehrkugeln, die in Schweden angeiertigt wurden, passirten gestern Kopenhagen auf dem Wege nach Südafrika. LertttcheL rruS LLchNchc-»-. Hohenstein-Ernstthal, den 9. November. — 17. öffentliche Stadtverordnetensitzung am Dienstag, den 12. November, Abends 8 Uhr. Tages- ordnung. 1) Kenntnißnahmen, 2) Einführung einer Ge werbesteuer vom Branntweinkleinhandel, 3) Gesuch des Verbandes der sächsischen Hausbesitzervercine in Chemnitz um Petitionsansch'.uß, die Vermehrung der städtischen Landtagswahlkreise betr., 4)'Regulativ, das Schlafstellen- wesen in hiesiger Stadt betr., 5t Nichtigsprechung der Bauküssenrechnung vom Jahre 1898, 6) Wahl eines Stadtrathes für das Bauwesen. — Der Stadtralh macht bekannt, daß in Gemäßheit der Verordnung des Königlichen Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts vom 9. April 1887 nach Gehör des Schulausschusses beschlossen worden ist, den Hausirhandel schulpflichtiger Kinder gänzlich zu untersagen. Mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder m.t Haft bis zu 14 Tagen wird demnach bestraft: 1) wer durch schulpflichtige Kinder in Hohenstein-Ernstlhal Waaren aller Art von Haus zu Haus oder auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten feilbielen läßt; 2) wer zuläßt, daß schulpflichtige Kinder, deren Erziehung ihm obliegt, Waaren in der unter 1 bezeichneten Weise feilbieten. — Im Gasthof zum graue» Wolf findet morgen Sonntag musikalische und^humoristische Unterhaltung von meheren Spezialisten statt, worauf wir hiermit besonders Hinweisen. — In der Altdeutschen Trinkstube findet morgen Sonntag große Vorstellung und Künstler-Concert statt, wozu der Wirth Herr Hagemann und der Director Herr Krahmann freundlichst einladen. Näheres ist aus dem Inserat ersichtlich. — In Oberlungwitz wird in den nächsten 14 Tagen Alarm geblasen werden, waS den Einwohnern zur Ver meidung von Jrrthümern bekannt gemacht wird. — Was für einen Winter haben wir in diesem Jahre zu erwarte«? Ja, wer da« so bestimmt wissen könnte! Man taxirt ihn nach dem mehr oder minder zeitigen Abflug der Vögel, nach der Witterung der vor angegangenen Monate oder den kritischen Tagen des hundertjährigen Kalenders; es giebt tausend Muthmaß- ungen und ebensoviel Menschen, die auf ihre „unfehl baren" Prognosen hartnäckig bestehen. Eine ausschlag gebende Periode sollen die ersten Wochen des Novembers sein. Schöne Tage sind hier stets als Vorboten eines Winter« zu betrachten, denn die Bauernregel sagt: „Jsts im November noch warm und fein, kommt ein strammer Winter hinterdrein." Der Anfang dieses Monats war schön, darnach wird es große Kälte geben. Aber nicht allein das, denn dieser Winter dringt auch viel Wind. Es heißt da: „Novemberanfang gelind, bringt uns steten Wind". Noch „untrüglicher" aber geben manche Thiere darüber Bescheid, was uns im Winter für Wetter bescheert werden wird. „Bauen die Ameisen hoch, wird er ungewöhnlich hart." „Wenn sich Fuchs und Dachs früh färben, steht der Winter vor der Thüre". „Kommen Kräh' und Rabe nach der Stadt, giebts Schnee und Els". Nach allen diesen Regeln wird uns der dies jährige Winter sehr hart milspielen, denn Dachs und Fuchs haben sich Heuer schon verfärbt, die Ameisen haben hoch gebaut, und Nab' und Krähe sieht man in großen Scharen über die Städte und Dörfer ziehen. — Der seit langem schwebende Rechtsstreit zwischen den Gemeinden Zwickau nnd Schedewitz wegen widerrechtlicher Benutzung einer Zwickauer städtischen Schleuse durch die Gemeinde Schedewitz zuc Ableitung ihrer Abfallwässer ist vom Oberlandesgericht zu Gunsten Zwickaus entschieden worden. An das oberlandesgericht- leche Erkennlniß hatte die „Sächsische Nationalliberale Correspondenz" verschiedene Bemerkungen geknüpft, in denen die KceiShauptmannschaft Zwickau und in letzter Linie das Ministerium des Innern beschuldigt wurden, die früheren, in der gleichen Sache ergangenen Uriheile der unteren gerichtlichen Instanzen durchkreuzt zu haben. Zum Schluffe wurde eine Interpellation im Landtage in Aussicht gestellt. Das amtliche „Dresdner Journal" veröffentlicht in seiner heutigen Nummer eine von der Regierung ausgehende Erklärung zu dieser Sache. Nach dieser amtlichen Darstellung, die den Rechtsstreit in seinem ganzen Verlauf eingehend verfolgt, steht zweierlei fest: 1) daß die königl. sächsischen Verwaltungsbehörden in der Sache keine unzulässige oder die Rechtssicherheit ge fährdende Beeinflussung der Gerichte versucht, sondern lediglich auf Anfragen des Oberlandesgerichts sich wegen ihrer Stellung zur Sache geäußert haben, und 2) daß die Verwaltungsbehörden auch nach Ansicht der Gerichte berechtigt sind, innerhalb der durch da« öffentliche Recht gezogenen Schranken die sofortige Durchführung der wegen der Schleusenanlage ergangenen Civilgerichtsur- theile im Interesse des Gemeindewohls zu verhindern. Die Negierung wird, so heißt es zum Schlüsse der Er- klärung, auch einer Verhandlung dergSache im Landtage mit aller Ruhe entgegensetzen können. Zwickau. In den sächsischen Kohlenwerken haben in den letzten Tagen abermals Arbeiterentlassungen statt- gesunden. Der Kohlenversandt ist anhaltend flau. Die Werke werden beim Anhalten dieser Flauheit in nächster Woche neue Feierschichten einlegen. Leipzig. Die Angehörigen des spurlos ver schwundenen Rechtsanwaltes Justizrath Or. Barth haben für Ermittelung von dessen Aufenthalt bezw. für Auf findung von dessen Leiche 500 Mark Belohnung ausge setzt- Vermischtes. * Hart bestrafte Naschhaftigkeit. Ueber einen eigenthümlichen Vorfall wird der „Lodz. Ztg." aus Ka- lisch geschrieben: Ein 12jähriger Knabe, den die Nüsse in den Nachbarsgarten lockten, wurde von dem Besitzer des Gartens ertappt, als er sich die Taschen voller Nässe gestopft hatte. Als Strafe für den verübten Dicb- swhl zog der hartherzige Gartenbesitzer den Knaben aus, besudelte ihn am ganzen Körper mit Pech und warf ihn über den Zaun. Der Knabe fürchtete in diesem Zu stande »ach Hause zu kommen und setzte sich in einen Graben, wo er bitterlich zu weinen anfing. Plötzlich erblickien einige Leute den Kleinen, ergriffen aber in der Meinung, sie hätten einen kleinen Teufel zu sehen be- kommen, die Flucht. Erst einige Soldaten, die die Klage laute des Bedauernswerlhen vernahmen, gingen näher an ihn heran und erfuhren von dem Kleinen den Sach verhalt, wie sich die Episode seiner Metamorphose zuge tragen hat; sie erbarmten sich des Armen, nahmen ihn mit und brachten ihn zu seinem Großvater. Hier wurde dec Kleine gesäubert und wiederum eingekleidet; er mußte sofort in ärztliche Behandlung genommen werden, weil er sich während der Zeit, in welcher er in seinem Adams kostüm verharren mußte, stark erkältet hatte. Der Groß vater hat gegen den menschenfreundlichen Mann, der einiger Nüsse wegen den Knaben in so unmenschlicher Art und Weise bestraft hatte, eine Kriminalklage ange strengt. * Chinesische Fabeln. Die Fabel spielt bei den Chinesen dieselbe Rolle, wie bei den Völkern Europas. Wie B. Navarra in dem soeben erschienenen zweiten Bande seines Werkes „China und die Chinesen" (Bremen, Nößler u. Co.) erzählt, haben die Chinesen zahlreiche Fabeln, die sich in Erzählungen hier und da zerstreut finden und von Geschlecht zu Geschlecht über liefert sind, ohne daß sie bisher jemand gesammelt hätte. Die älteste chinesische Fabel scheint aus dem Jahre 315 v. CH. zu stammen. Ein Rathgeber des Fürsten von Tschau soll sie diesem erzählt haben, um auf die Noth wendigkeit der Einigung der Bundesfürsten, die von einem gemeinsamen Feinde bedrängt wurden, hinzu weisen. Die Fabel lautet: „Eine Muschel sonnte sich am Ufer eines Flusses. Da kam eine Rohrdommel, die auf sie loshackte. Die Muschel schloß ihr Gehäuse und zwickte den Schnabel des Vogels, der also sprach: Läßest Du mich heute nicht los, so bist Du morgen eine todte Muschel. In diesem Augenblick kam ein Fischer- Hinzu und fing beide Thiere ein." Zu den bekanntesten chinesischen Fabeln gehört eine, die vor allen denen warnt, die ihre Andacht öffentlich zur Schau tragen; sie scheint allerdings buddhistischen Ursprungs zu sein: „Eine alte Katze saß eines Abends miauend mit halb geschlossenen Augen vor der Hausthür, als zwei Mäuse sie bemerkten. Diese, darüber erstaunt, daß ihr alter Erbfeind so wenig aufmerksam sei, sagten zu einander: „Mitzchen hat sich scheinbar gebessert, denn es betet, und da brauchen wir keine Angst za haben." Die beiden Mäuse fingen nun an, miteinander zu spielen, ohne auf die Katze zu achten. Als sie aber in ihre Nähe kamen, sprang die Katze auf eins der Mäuschen los und verzehrte es. Das andere suchte Zuflucht in einem Schlupfwinkel und, dort verborgen, sprach es: „Wer hätte denken können, daß eine Katze, die mit ge schlossenen Augen betet, so etwas thun würde!" — Schlangen spielen in chinesischen Fabeln häufig eine Hauptrolle. Eine von diesen erinnert an die alte Ge schichte vom Magen, für den die anderen Organe des Körpers nicht mehr arbeiten wollen. „Der Kopf und der Schwanz einer Schlange waren miteinander in Streit gerathen. Der Schwanz behauptete, er habe ebensoviel Recht wie der Kopf, die Bewegung des Körpers zu bestimmen, jund dies lunsomehr, als der Kopf ja allein an den Freuden einer Mahlzeit theil nehme. Auf diese Vorstellung hin stimmte der Kops zu, daß der Schwanz fortan die Leitung der Körperbe wegung übernehme. Dieser wählte eine Rückwärtsbe wegung. Da ihm jedoch die Natur keine Augen ge geben, stürzte das Thier über einen Abgrund in einen Morast, aus dem es sich nicht heraushelfen konnte und in dem es schließlich umkam." — Eine wichtige Rolle spielt im chinesischen Aberglauben der Tiger, der in Folge dessen auch häufig in den Fabeln auftritt. Hübsch ist die folgende, die lehrt, daß Klugheit werthvoller ist als rohe Kraft: „Ein Tiger war eines Tags im Be griff, einen Fuchs zu verspeisen. Dieser bat um sein Leben, weil er klüger als die anderen Thiere sei. „Wenn Du meinen Worten nicht glaubst", sagte Reinecke, „so geh mit mir und überzeuge Dich." Beide machten sich auf den Weg. Jedes Thier, das die Wanderer zu Ge sicht bekam, floh natürlich vor ihnen. Der Tiger, der zu dumm war, um einzusehen, daß er den Begegnenden Schrecken einslöße, bekam so große Achtung vor seinem Genossen, daß er ihn ungekränkt seines Weges ziehen ließ. Zum Schluß sei» noch eine Fabel wiedergegeben, in der die Thorheit des Geizes erläutert wird: „Ein reicher Priester besaß eine kostbare Juwelensammlung, die er mit Mühe zusammengebettelt hatte und auf die er sehr stolz war. Er zeigte sie eines Tages einem Freunde. Nachdem dieser seine Augen an den Edel steinen hinreichend geweidet hatte, dankte er dem Priester beim Abschiede für die kostbaren Steine. „Was soll das heißen?" schrie der Bonze auf, „ich habe Dir die Juwelen doch nicht gegeben; warum dankst Du mir?" Der Freund antwortete: „Ich habe sicherlich ebenso viel Freude an ihrem Anblick gehabt wie Du. Der einzige Unterschied zwischen uns beiden ist der, so weit ich es beurtheilen kann, daß Dir noch überdem die Mühe obliegt, die Steine zu bewachen." Telegraphische Nachrichten vom s. November. (Hirsch's Telegr. Bureau.) — Wie aus Dresden gemeldet wird, hat die süchs. Staalsregierung nach dem Vorgehen Badens, mit Rück sicht auf die staltgefundeneu Betriebseinschränkungen amtliche Erhebungen über die industrielle Lage Sachsens und die Arbeitslosigkeit angeordnet. Rabenstein. In der vergangenen Nacht um 2 Uhr brach in dem Reinhardt'schen Gute Feuer aus, das so schnell um sich griff, daß alsbald Scheune, Stall und der Wagenschuppen eingeäschert waren, während das Wohnhaus gerettet wurde. Kurz darauf brannte auch das Wohnhaus des Karte'schen NachbarguteS vollständig nieder. Fast dos gesammte Mobiliar, sowie die Ecnte- vorräthe sind verbrannt. Von den neun Feuerwehren, die zur Stelle waren, trugen bei den Löschungsarbeiten einige Feuerwehrleute Verletzungen davon — Angesichts der großen Arbeitslast, welche der Reichstag durch die Berathungen de« Zolltarifs zu bewältigen haben wird, macht sich die Befürchtung