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134 nach Leipzig, das Infanterie-Regiment Nr. 139 nach Döbeln, da« Infanterie-Regiment Nr. 1k 1 nach Chemnitz, da« Feldartillerie-Regiment Nr. 68 nach Riesa und das Feldartillerie-Regiment Nr. 78 nach Wurzen. — Zur Statistik der Brände theilt die Statistische Korr, mit, daß, während man auf rund 1600 Einwohner einer mittleren oder kleinen Stadt jährlich einen Brand rechnet, 45 Städte mit mehr als 5000 Einwohnern gezählt werden, aus denen während zweier Jahre keine Brandmeldung erstattet worden ist. Darunter befinden sich 14 Städte, die fünf und mehr Jahre brandfrei waren, und aus Ratibor ist sogar in dem ganzen 10jährigen Zeitraum von 1891—1900 keine Brandmeld ung ergangen. — Erbin gesucht. Vor kurzem ging eine Notiz durch die sächsische Presse, nach welcher eine Frieda Meißner zur Inempfangnahme einer ihr von einer Frau Wich in Brooklyn vermachten Erbschaft gesucht wurde. Auf die Notiz hin haben sich beim amerikanischen Con- sulat in Chemnitz eine ganze Reihe von angeblichen Erb berechtigten gemeldet. Zur näheren Feststellung der Erb berechtigten sind dem amerikanischen Consul in Chemnitz, Herrn I. F. Monaghan, von Seilen eines Brooklyner Rechtsanwaltes folgende Angaben gemacht worden. Die im Jahre 1893 verstorbene Frau Minna Wich hatte mehrere Verwandte hinterlassen, einen Bruder Namens Karl Zenker, wohnhaft in Chemnitz, dann eine Schwester Louise Klacke, welche in Brooklyn lebt, ferner einen Cousin Namens Paul Stengel, der in Langenwetzendorf, Reuß j. L., lebt und endlich eine Gottliebe Meißner, Henriette Alber und Feodor Eisel, Kinder einer Frau Eisel, geb. Stengel, welche gleichfalls in Langenwetzen dorf wohnte. Es wird vermuthet, daß die gesuchte Frida Meißner gleichfalls eine Tochter der Frau Eisel war, die eine Cousine der Frau Wich gewesen ist. Zur Zeil des Tode« der Letzteren wohnte Frida Meißner in Brooklyn bei Frau Wich, nach deren Tode ging sie nach Chemnitz. Frida Meißner müßte nach den Angaben des Testament« jetzt 21 Jahre alt sein. Ansprüche eventueller Erbberechtigter, die sich auf die obigen Angaben stützen können, find an das amerikanische Consulat in Chemnitz zu richten. — Das in ganz Sachsen wohlbekannte Vergnüg ungs-Etablissement „Wintergarten" in Chemnitz- Schönau ist von Herrn Friedrich Lorenz aus Dresden, Besitzer des Etablissements „Weißes Schloß" in Blase witz und „Bad Hohenstein-Ernstthal", für den Preis von ca. 600 000 Mk. käuflich erworben warben. Von dessen rühriger Hand und Intelligenz, durch welche schon bedeutende Unternehmungen gehoben worden sind, ist eine gedeihliche Fortentwickelung des von der Familie Knorr zur Blüthe gebrachten „Wintergartens" mit Sicherheit zu erwarten. Die Uebergabe des^Grundstücks soll im Laufe der nächsten Woche erfolgen, doch wird Herr Knorr die Leitung des Etablissements, insbesondere die artistische Direktion des Varietes, vorläufig weiter führen — Ein 22 Jahre alter Student der Chemie, einer an gesehenen Familie in Zwickau entstammend, vergiftete sich daselbst aus Gram darüber, daß er als untauglich zum Militärdienst bezeichnet worden war. Glauchau, 5. Oktober. Heute Morgen ist der neu geborene Sohn der Gräflichen Herrschaften in Folge von Herzlähmung verschieden. Meerane. Wie zur Landtagswahl mitgetheilt wird, hat Herr Ernst Focke hier, um eine Zersplitterung zu beseitigen, seine Kandidatnr zurückgezogen. An seiner Stelle wird Herr William Rittberger als Candidat in Vorschlag gebracht. Außerdem candidiren noch die Herren Krügel und Grünberg. Waldenburg, 5. Oktober. Gestern Nachmittag ist ein Radfahrer aus Leitelshain, welcher im schärfsten Tempo den Callenberger Berg hereingefahren kam, schwer verunglückt. Unterhalb der Restauration zur Wilhelms höhe stürzte er mit seinem Rade und blieb mit blutender Kopfwunde auf der Straße liegen. Der Verletzte wurde in das genannte Gasthaus transportirt und dort ver bunden. Weinböhla, 5. Okt. Fast unglaublich klingt folgendes vom Meißner Tageblatt verbreitete Vorkommniß. Brand director Oeser, der sich bereits seit 8 Tagen auf Revisions reisen in den Orten der Amtshauptmannschaft Meißen befindet, traf am Mittwoch früh auch in W. ein, um die dortige Pflichtfeuerwehr zu inspiciren. 40 Minuten nach der vom Gemeindevorstande veranlaßten Alarmir- una waren am Brandplatze (Hintergebäude des Rath- hauses) von der 50 Mann starken Pflichtfeuerwehr ge rade 10 erschienen, sodaß erst nach Verlauf von unge fähr Stunde Wasser gegeben werden konnte; die anderen 40 Mann waren also einfach nicht erschienen! Auch das Geräthematerial entsprach den zu stellenden Anforderungen nicht. Netzschkau, 5. Okt. Die Hebamme Strobel hier, welche von ihrem Ehemann, bevor er Selbstmord ver übte, in die Seite geschossen worden war, ist bereits soweit wieder hergestellt, daß sie ihrem Beruf nachgehen kann. Die Kugel war nicht, wie erst angenommen wurde, in den Körper eingedrungen, sondern hatte nur eine Rippe getroffen und war von dieser abgeprallt. Crottendorf, 6. Okt. In dem E. Schneider'schen Anwesen brach heute früh 9 Uhr Feuer aus, welches die Gebäude total vernichtete. Der Kalamitose hat nicht versichert. Stützengrün, 7. Okt. Das hiesige Gemeindequt ist gestern Abend total niedergebrannt. (Dieser Feuerschein erleuchtete das ganze obere Erzgebirge und war hier sichtbar, sodaß man glaubte, daS Feuer müsse in OelSnitz oder in der dortigen Nähe sein). Oppelsdorf, 4. Oktober. Ein Kindesmord, der Ende voriger Woche verübt wurde, hat 2 Verhaftungen zur Folge gehabt. Die 17 Jahre alte Julie Hartig diente schon seit 3 Jahren bei dem Gutsbesitzer Karl Mönch al« Magd und hatte sich stets gut geführt. Seit einigen Monaten aber deuteten gewisse Anzeichen darauf hin, daß da« Mädchen ihrer Niederkunft entgegensah. Der Dienst wurde ihr infolgedessen für 1. Januar 1902 ge kündigt. Eine vor einigen Tagen gemachte Bemerkung der Magd, daß sie ruhig hätte im Dienst bleiben können, da ihre frühere Annahme bezüglich ihre« Zustande« ein Jrrthum gewesen sei, machten Herrn Mönch stutzig und er benachrichtigte die Eltern des Mädchens, die ebenfalls hier im Orte wohnen. Allen Fragen setzte jedoch die Hartig entschiedene« Leugnen entgegen. Am Mittwoch erschien der Obergendarm aus Zittau mit dem Reichenauer Gendarm und diesen beiden Beamten ge stand schließlich das Mädchen das Verbrechen ein. Diese erste Vernehmung führte aber nicht nur zur Verhaftung der Julie Hartig, sondern auch zur Festnahme des 25 Jahre alten Gemeindedieners Edmund Rothe. Obwohl er verheirathet und Vater von 3 Kindern im Alter von 4 und 2 Jahren bezw. 3 Wochen ist, soll er doch mit der Julie Hartig ein intime« Verhältniß unterhalten haben, als deren Folge das Kind anzusehen ist, welches die Hartig in der Nacht zum Freitag voriger Woche geboren hatte. Auf Grund der Angaben des Mädchens wurde sogleich nach der Leiche des Kindes geforscht. Man fand dieselbe unmittelbar unter dem Fenster der Wohnung des Rothe etwa einen Meter tief in der Erde vergraben. Die Kindesleiche — ein gut entwickelter Knabe — war in Leinwand gewickelt. Rothe wurde sofort vom Kartoffelfelde weg verhaftet, da er der Bei hilfe zum Kindesmord bezw. der Beiseiteschaffung der Leiche dringend verdächtig ist. Dieser Verdacht scheint durch die Sektion der Kinderleiche seine Bestätigung ge funden zu haben, denn Rothe wie die Hartig sind in Haft behalten worden. Es verlautet, daß das Kind nach der Geburt gelebt hat und in rohester Weise durch Erwürgen, Schläge und Fußtritte usw. gewaltsam ge- tödtet worden sein soll. Gerichtsverhandlungen. 8 Zwickau, 4. Okt. Eines Betruges, begangen zum Nachtheile des königlich sächsischen Eisenbahnfiscus, war ein hiesiger Geschäftsmann vor dem König!. Schöffen gericht gestern angeklagt. Der betreffende ist am 15. Julidss. Js.vom hiesigen Bahnhofeaus nach einerStation im Vogtlande gereist und hat dabei vier größere Papp cartons als Freigepäck aufgegeben, indem er den dienst habenden Eisenbahnbeamten auf dessen Frage versicherte, in den Cartons befänden sich Muster, während that- sächlich fertige Anzüge den Inhalt bildeten, die für mehrere Kunden im Ankunftsorte bestimmt waren. Fertige Waaren werden aber nicht als Freigepäck be fördert, sondern sind als Waarensendung zu behandeln und unterliegen der tarifmäßigen Gepäckfracht. Die vier Cartons wurden zwar mangels Zeit als Freigepäck angenommen, !gle>chzeitig aber die Anknnftsstation telegraphisch ersucht, die Cartons anzuhalten und zu durchsuchen. Dies geschah, und hierbei stellte sich die Unwahrheit der Angaben des Geschäftsmannes heraus, was die Erhebung der Anklage gegen ihn zur Folge hatte. Wegen Betruges wurde er zu einem Tage Ge- fängniß verurtheilt. tz Der Mädchenmord bei Lnnzenau. Noch hatte sich die Erregung nicht gelegt, welche der grausige Mord bei Großmilkau in die Bevölkerung getragen hatte, da gellte aufs Neue die Kunde von einem anderen Ver brechen durch das stille Muldenthal. Wie seit etwa zwei Jahren alltäglich, so war die am 5. April 1882 in Oschatz geborene, auf dem Rittergute Kleinschlais- dorf bedienstete Milchmagd Marie Kohl auch am Morgen des 16. December vorigen Jahres gegen 6 Uhr mit einem einspännigen Geschirr von zu Hause fortgefahren, um den Bewohnern des idillisch im Muldenthale ge legenen Städtchens Lunzenau die Milch zum Morgen kaffee zu bringen. Die Hausfrauen warteten gewöhn lich schon bei der an der Schlaisdorfer Straße gelegenen Schmiede auf das durch sein freundliches und gesittetes Wesen schnell beliebt gewordene Mädchen und waren daher an jenem Morgen nicht wenig erschrocken, als Pferd und Wagen führerlos daherkamen; sofort machten sich einige Frauen in Begleitung mehrer Männer auf den Weg, nm die Vermißte zu suchen. Sie fanden das Mädchen an der Sandgrube des sogenannten Büsig- waldes blutüberströmt im Straßengraben liegend. Das hübsche, kräftige Mädchen bot einen grauenhaften An blick. Infolge" eines Schlages war der Aermsten die Schädelbecke zertrümmert worden, sodaß nicht nur das Gehirn bloßlag, sondern auch ein Auge aus dem Kopfe herausgetreten war. Sofort wurde die Polizei der Stadt benachrichtigt und bald gellten die Hörner der Feuerwehr durch die Straßen. Auch die Vogel'sche Fabrikfeuerwehr rückte aus, um den Wald nach dem Thäter zu durchsuchen. Das bedauernswerthe Mädchen hatte außer dem Schlage eine ganze Anzahl Stiche am Kopf erhalten, deren einer die Schädeldecke durchdrang und an und für sich schon tödtlich gewesen wäre. Mittelst Wagens wurde die so entsetzt Zugerichtete nach dem Rittergute gebracht, wobei sie auf dem Transporte, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, verstarb. Nach den Feststellungen eines noch am Vormittag auf demThatorte eintreffenden Chemnitzer Staatsanwaltes schien ein Raubmord ausgeschlossen, da die Erschlagene noch etwa 10 Mk. Wechselgeld bei sich hatte. Den angestrengten Bemühungen der Gendarmerie gelang es, alsbald einen Menschen festzunehmen, welcher der That dringend verdächtig erschien. Es war dies der wegen Sittlichkeitsverbrechen schon vorbestrafte Handarbeiter Kuhn aus Obergräfenhain. Derselbe hat sich nunmehr wegen Todtschlags vor den Geschworenen zu verantworten. Für die Verhandlungen sind drei Tage in Aussicht genommen und etwa 40 Zeugen vorgeladen worden. 8 Gera, 4. Oktober. Die schreckliche Kesielexplosion, die am 20. April 1899 in der Papierfabrik in Rosen thal bei Blankenstein stattfand, ist die Ursache, daß sich der Fabrikant Ernst Ewald Paschke aus Freiberg i. S. und der Direktor Paul Otto Hirsch in Blankenstein wegen fahrlässiger Tödtung vor der hiesigen Straf kammer zu verantworten hatten. Der Explosion fielen damals sechs Männer zum Opfer und eine Anzahl Leute waren längere Zeit erwerbsunfähig, sind aber sämmtlich wieder hergestellt worden. Der Materialschaden betrug 59 000 Mark und ein Dampfkessel im Werthe von 15 000 Mark wurde zertrümmert. Der Fabrikant Paschke wird beschuldigt, die Explosion dadurch verschuldet zu haben, daß eine Reparatur an einem Batteriekesselrohr mit minderwerthigem Eisenblech ausgeführt worden ist. Andererseits behauptet die Anklage, daß der Direktor Hirsch die nöthige Vorsicht bei der Beaufsichtigung der Dampfkessel außer acht gelassen und dadurch das Unglück mit verschuldet hat. Paschke hat 1897 den fraglichen Kessel, der aus Martin Siemens Flußeisen hergestellt war, geliefert. Der Sachverständige Gerwerbeinspektor Strick glaubt, daß die Explosion auf das minderwerthige Material des Neparaturstückes zurückzuführen sei. Der Oberingenieur Cairo von dem Magdeburger Verein für Dampfkesselbelrieb führt die Explosion auf die falsche Faserrichtung, auf die verschiedenen Materialien (der Kesselrohre und des Neparalurstücks) und aus die Be handlung des Reparaturstückes bei dem Aufziehen zurück. Das Reparaturstück könne als minderwerthig nicht be zeichnet werden, eine Explosion durch Beulen in Folge Oelansatzes sei ausgeschlossen, weil eine solche noch nicht vorgekommen sei. Die Obergutachter Oberingenieur Hake und Prof. Bach vom Polytechnikum in Stuttgart stehen auf dem Standpunkt, daß die Explosion nur durch Beulenbildung entstanden sein könne, die durch Oelzufluß hervorgerufen wäre. Jede Beulenbildung, die schon durch ein Minimum von Oel erzeugt werde, sei ein Hinweis auf die Ueberanstrengung im Betriebe. Hier sei allerdings die Beulenbildung in außerordentlich schneller Weise, innerhalb dreier Monate aufgetreten, sie sei dagewesen, ehe Zeit war, sich zu überlegen, was zu thun sei. Das Gericht erkannte auf Freisprechung. Objektiv sei zwar gesündigt worden, auch sei die Explo sion auf mangelhaftes Material und die durch den Be trieb entstandenen Defekte an den Kesseln zurückzuführen. Subjektiv sei jedoch keinem der Angeklagten eine Fahr lässigkeit nachzuweisen, durch die die Explosion herbei geführt worden sei. Vermischtes. * Mit einer sehr gelinden Strafe sind die fünf Leib- Garde-Husaren davongekommen, die während des Manövers in dem Dorfe Kampehl bei Kyritz in Gemeinschaft mit einem Infanteristen den nicht verwesten Leichnam de« Spukritters Kahlbutz während der Nacht aus der Gruft hervorholten, ihm eme Pfei,e und eine brennende Laterne anhängten und vor dem Hause des Kantor ausstellten. Es geschah dieser Unsug, bei dem auch einig Grabkreuze auf dem Kirchhof umgerissen wurden, in Folge einer mit einigen Bauern, die vor dem tobten Ritter heillosen Respekt haben, abgeschlossenen Wette. Bei den Truppen des Gardekorps hat dieser Streich großes Aufsehen er regt, so daß seine Helden sogar fremden Offizieren vor gestellt wurden. Als Strafe haben die Uebelthäter nun- mehr je drei Tage Arrest und je 9 Mk. Geldstrafe er halten. Dieses gelinde Strafmaß erklärt sich, wie mit getheilt wird, damit, daß die Gemeinde Kampehl sich für die fünf Uebelthäter verwandt und von der Strafver folgung abgesehen hat. Die Strafe gilt nur für die Urlaubsüberschreitung. * Einen drastischen Empfang hatte kürzlich ein heimkehrender Reservist. Der zur Reserve entlassene Sohn der Wittwe P. in der Friedenstrabe in Berlin kehrte zu seiner Mutter zurück und klingelte an der WohnungSthür. Die Mutter öffnete, aber offenbar fehlte ihr das Verständniß für die freudige Begrüßung seitens des Sohnes, denn der Kerl, der da vor ihr stand, den kannte sie nicht, das war sicher ein Schwindler, dec ihr etwas abknöpsen wollte. Als nun der Sohn den Versuch machte, sie zärtlich zu umarmen, da lief der robusten Hökerin die Galle über. Mit den Worten: „Uff den Leim kriechen wir nich, da mußte Dir schon 'ne Dimmere aussuchen, Jungeken", faßte sie den Reservisten und — warf ihn die Treppe hinunter. Bei dem unfreiwilligen Luftsprung flogen dem Kriegsmann