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Petition zu Gunsten einer Intervention ins Werk zu setzen, die dem Zaren bei seinem Besuche in Frankreich überreicht werden soll. Oertttches und Gächfifches. Hohenstein-Ernstthal, den 22. August. — Erzgebirgisches Volksfest i» Hohenstein- Ernstthal. Das Fest, von dem uns nur noch einige Tage trennen, nennt sich mit Recht ein Volksfest, denn es bringt für jung und alt Belustigungen und Vergnüg ungen aller Art. Seit einigen Tagen ist man mit dem Bau einer Schwebebahn L la Loschwitz beschäftigt. Hier wird sich gewiß ein großer Andrang entwickeln. Die Rückfahrkarten kosten für Erwachsene'10 Pfennige, für Kinder nur 5 Pfennige. Auch die Kunst findet ihre Stätte auf dem Festplatze. Auf dem „Drunter- und Drüber-Brett'l" werden regelmäßige Vorstellungen die Lachmuskeln der Besucher in hohem Maße anregen. Weiter machen wir auf eine Menagerie (scherzhaft), auf ein „Erzgebirgisches Museum" und eine „chine sische Abteilung" mit der orientalischen SensationS- nummer: „Endlich allein" aufmerksam. Etwas Näheres dürfen wir nicht verraten. Die Schuellphotographie mit Schönheits-Concurrenz bietet Gelegenheit, sein Conterfei als Andenken an das Fest mit nach Hause zu nehmen. Ganz neu dürfte aber die „Hexenschaukel" und „Auf Wiedersehn" sein Auch darüber ist uns Redaktionsgeheimnis aufgelegt worden. Für die Belustigung der Kinder sorgen ein Karufsel, das Kaspar-Theater, die Eselspost und das Eselreiten. Endlich wird ein interessantes Gesell schaftsspiel, genannt „Kasseler Erinnerungen" den Be suchern viel Vergnügen bereiten. — Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Materialwaarenhändlers Ferdinand Pöhlmann in Hohenstein-Ernstthal wird nach Abhaltung des Schlußtermins aufgehoben. — In eine gefährliche Situation konnte dieser Tage leicht eine hiesige Familie gerathen. Die Kinder derselben waren in Abwesenheit des Vaters nach dem Walde gegangen und hatten Pilze geholt. Anstands los hatte die Mutter die Pilze zubereitet und selbige dann »um Essen vorgesetzt, aber bald nach dem Genüsse stelltDsich heftiges Erbrechen ein. Vermuthlich hatten die Kinder einige giftige Pilze mitgebracht, aber dank ihrer kräftigen Natur und den geeigneten Vorkehrmitteln hatte der Genuß weiter keine üblen Folgen. — Die Ziehung 3. Klasse der 140. königl. sächs. Landeslottcrie findet am 2. und 3. September 1901 statt. Die Erneuerung der Loose ist vor Ablauf des 24. August bei dem Collecteur, dessen Name und Wohnung aufgestempelt ist, zu bewirken. — Üm dem Unwillen des Publikums über die Neuerung in unserem Landeslotteriewesen, vor allem aber über die Höhe des Hauptgewinns,und der Prämie, zu begegnen, plant, wie die „Dr. Neuest. Nachr." aus sicherer Quelle vernehmen, die königl. Lolteriedirection abermals eine Aenderung des Planes zu Gunsten der Spieler, welche denselben sicher sehr willkommen sein wird. Der neue Plan soll, wie man hört, schon von der nächsten (141.) Lotterie ab in Kraft treten. Die eingetretene Erhöhung des Loospreises hat eine Haupt schuld mit daran, daß die ausländischen Lotterien, welche billiger sind und anscheinend eine günstigere Vertheilung in Bezug auf die Höhe der Gewinne aufweisen, viel Eingang bei uns gefunden haben. — Am 1. Oktober treten die neuen gesetzlichen Bestimmungen »per den Meistertitel in Kraft. Alsdann dürfen den Meistertitel in Verbindung mit der Bezeichnung eines Handwerks nur Handwerker führen, wenn sie in ihrem Gewerbe die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen erworben und die Meisterprüfung be standen haben. Die Abnahme der Prüfung erfolgt durch Prüfungskommissionen. Die Bildung dieser Kommissionen muß in nächster Zeit vollzogen werden, da mit dem 1. Oktober d. I. ihre Thätigkeit wird be ginnen müssen. Die höheren Verwaltungsbehörden er nennen die Mitglieder, welche aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern bestehen, jedoch erst nach Anhörung der Handwerkskammern. — Die Einnahme bei den Sächsischen Staats eisenbahnen im Monat Juli betrugen nach den vor läufigen Festsetzungen insgesammt 12396006 Mark. Gegen den gleichen Monat des Vorjahres sind dies 450871 Mark weniger. Vom 1. Januar bis mit 31. Juli beziffert sich nunmehr die Gesammt-Einnahme auf 75 307 298 Mark, das sind 2403647 Mark weniger als in demselben Zeiträume des Vorjahres. — Am Dienstag Mittag branme in Chemnitz auf dem Schützenplatze im Stadttheil Altendorf das unter dem Namen Apollosaal bekannte, ganz aus Holz erbaute, große GastwirlhschaftSgebäude vollständig nieder. Es gehörte der SLützengesellschaft und war versichert. — Im Stadtwald in Zwickau erhängte sich der Soldat Pilz vom dortigen Regiment. Er hatte sich eines Postenvergehens schuldig gemacht, und so dürfte hierin der Grund zu dem Selbstmorde zu suchen sein. Werdau. Die Poppsche Fabrik, welche vor dem Zusammenbruch 340 Arbeiter zählte, zählt jetzt nur noch einige 60, welche aber ihrer Entlassung gleichfalls gewärtig sein müssen, da die vor dem Konkurs be gonnenen Arbeiten ihrer Beendigung entgegengehen. Auerbach, 21. Augnst. Die Auerbacher Zeitung berichtet: Herr Bürgermeister Kretzschmar hat durch Vermittelung des stellvertretenden Bürgermeisters Herrn Bezirksassessors vr. von Heygendorff an die städtischen Kollegien einen Vergleichsvorschlag zu einer sofortigen freiwilligen Niederlegung seines Amtes als Bürgermeister der Stadt Auerbach gelangen lasten. Die städtischen Kollegien haben in einer auf gestern Dienstag nach mittag anberaumten gemeinschaftlichen Sitzung diesen Vergleichsvorschlag angenommen, nachdem insbesondere auch durch Herrn Bezirksassessor vr. v. Heygendorff erklärt worden war, daß er zu der Mittheilung ermächtigt sei,.daß auch die Königl. Kreishauptmannschaft nach Lage der Sache die Annahme des Vergleichs nur em pfehle könne. Nach diesem Vergleich legt Herr Bürger meister Kretzschmar am 1. September d. Js. sein Amt als Bürgermeister freiwillig nieder. Es wird ihm von da ab auf ein Jahr sein bisheriges volles Gehalt, sowie nach Ablauf eines Jahres die ihm oder seiner Frau im Falle seines Ablebens zustehende Pension gewährt. Außerdem erhält er am Tage seiner Amtsniederlegung einen Baarbetrag von 2000 Mk. zur Deckung der zur Begründung einer neuen Lebensstellung erforderlichen Aufwendungen. Herr Bürgermeister Kretzschmar geht bis zum 1. September dieses Jahres auf Urlaub. Die Geschäfte werden vorläufig durch den stellvertretenden Bürgermeister Herrn Bezirksassessor Or. Heygendorff weitergeführt. Waldheim. Nach Verbüßung einer 40jäbrigen Zuchthausstrafe wurde am Sonnabend aus hiesiger Strafanstalt infolge Begnadigung ein Züchtling ent lassen, welcher im Jahre 1861 wegen Beihilfe zum Morde zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt und sodann hier eingeliesert worden war. — Welche Fülle von weltgeschichtlichen Ereignissen bergen diese vierzig Jahre, welche gewaltige, tiefgreifende Verändere ungen sind in diesem für unser schnellhastendes Geschlecht )o langen Zeitraum eingetreten und wie fremd mag der jetzt der menschlichen Gesellschaft Wiedergegebene all dem gegenüberstehen? — Am Anfang dieser Woche wurde bei Station Hennersdorf an der Chemnitz-Annaberger Linie ein 4jähriger Junge von einem Zuge überfahren, wobei der Kleine einen Arm verlor und eine Schädelzectrümmer- ung erlitt. Der Junge wurde bewußtlos ins elterliche HauS getragen; als er erwachte, verlangte er ein Brödchen und Kaffee, welches er auch verzehrte, und sagte, er müsse sich doch gestoßen haben, der Kopf thäte ihm weh. Das sind wirklich starke Nerven. Geyer. Der hiesige Stadtrath hat auf Grund gemeinschäftlichen Beschlusses der städtischen Kollegien angeordnet, daß alle diejenigen Restaurationslokalitäten, in welchen die Bedienung der Gäste durch Kellnerinnen oder weibliche Bedienstete erfolgt, von 11 Uhr ab zu schließen sind. — Während eines Montag in Ehrenfriedersdorf siattgefundenen Trauergeläutes brach plötzlich eine Holz fäule, auf der sich das für die große Glocke nölhige Zapfenlager befindet. Hierdurch wurde die sich noch im vollen Schwünge befindende 170 Centner schwere Glocke etwas auf die Seile gelegt und nur dem Umstande, daß durch den Zusammenbruch der Säule die Glocke in ihrem Schwünge aufgehalten wurde, ist es zu danken, daß dieselbe nicht vollständig hinab fiel und durch den Boden schlug. Großenhain, 21 Aug. In Sella bei Königsbrück ist bekanntlich ein Kohlenlager von 6 Meter Mächtigkeit erschlossen worden. Untersuchungen in dort angrenzenden Ortschaften haben nunmehr ergeben, daß das Sellaer Kohlenflötz von größerer Ausdehnung zu sein scheint, als bisher angennmmen wurde. Es zieht sich wahr scheinlich unter den Dörfern Zochau, Lüttichau, Ponicka und Böhla bei Ortrand hin. In den beiden erstge nannten Orten sind bereits Kohlen gefunden worden und anch in Böhla bei Ortrand, wo jetzt Frau Ritter gutsbesitzer Meyer und Herr Mühlenbesitzer Böltzig Bodenuntersuchungen vornehmen ließen, ist man bei geringer Teufe auf ein Flötz schöner Braunkohle gestoßen. Das Flötz dürfte dem Sellaer Kohlenflötz nicht nachstehen, wenn auch die Mächtigkeit desselben noch nicht ermittelt ist. Eine Hochzeits-Weltreise auf dem Tandem. Am Mittwoch Abend ist in Plauen i. V. ein Radler- Ehepaar eingetroffen, das besonderer Beachtung werth ist. Die Radler kommen aus Hof und sind Herr Jame- Hetzel, Meisterfahrer aus Centralamerika und seine Gattin Frau Gretchen Hetzel. Ueber das Ehepaar wird dem Vogtl. Anz. folgendes mitgetbeilt: Herr James Hetzel und seine Frau unternehmen seit dem 1. April vor. Jahres eine Reise um die Erde. Herr Hetzel ging nämlich mit der „American League of Wheelmanns" eine Wette ein, daß er im Stande sei, den Rekord von Thomas Stevens zu schlagen. Letzterer hat in vier Jahren die Reise um die Erde gemacht und eine Kilometerzahl von 19000 zurückgelegt, während Herr Hetzel wettete, in zwei Jahren die Erde zu um reisen und eine Kilometerzahl von 26 405 hinter sich zu bringen. Die Wette beträgt 50000 Dollars. Am 1. April 1900 um 9 Uhr morgens reichte der 30jährige l Amerikaner James Hetzel seiner 28jährigen Braut, einer , Münchnerin, in Saint Louis die Hand zum Ehebund und am selbigen Tage, drei Stunden später traten Beide auf dem Tandem (Dunlop-Pneumatic) die Reise an. Mehr als 1400 Radfahrer gaben dem Paar das Geleite bi» Cincinnati (Ohio.) Es ging nach Newyork, wo das Paar am 23. April ankam. Am 25. April schiffte e« sich nach Antwerpen ein, wo e» am 2. Mai eintraf. Dann ging es über Brüssel, Aachen, Köln, Stuttgart, München, Wien, Belgrad, Sofia, Konstanti nopel, die Dardanellen entlang nach Smyrna, Damas kus und dann nach Kairo. Als da« tapfere Ehepaar Ungarn verließ, wurde es in der Wallachei da« erste Mal überfallen. Herr Hetzel schoß dm Angreifer, einen Wallachen, nieder und stellte sich der Behörde, welche ihn jedoch auf freien Fuß setzte, da der Wallache kurz vor seinem nach drei Tagen erfolgten Tode gestand, er hätte den Ueberfall in räuberischer Absicht verübt. In erster Linie ist die unbehinderte Weiterfahrt de« Paares auch dem energischen Eingreifen de« amerikanischen Kon suls zu verdanken. Dann ging e» nach der Türkei und nach Smyrna. Nachdem die Eheleute Konia verlaffen hatten, mußten sie durch die Wüste Salee fahren. Wie die ägyptische Cazette in Alexandrien vom 16. November 1900 schreibt, begegneten ihnen dort vier Beduinen auf Kamelen. Als die Beduinen in ihrer Nähe waren, wurde das Paar angegriffen: bevor Herr Hetzel Zeit hatte, zur Waffe zu greifen, krachte schon ein Schuß, der Frau Hetzel traf. Herr Hetzel stürzte von seinem Rade; ehe er sich von dem Tandem freigemacht, hatte seine arme Frau den zweiten Schuß erhalten. Nun aber kam Herr Hetzel an die Reihe. Mit seinem Re volver ging er auf die Angreifer los und im nächsten Augenblick fielen zwei Beduinen tödtlich getroffen zu Boden, während die anderen beiden die Flucht ergriffen. Die Geistesgegenwart, welche Herr Hetzel nicht verlor, rettete ihn und seine Gattin. Hetzel erschoß die vier Kamele, da die Gefahr nahe lag, daß die beiden ent kommenen Beduinen die Thiere ausfinden und mit solchen auf schnelle Art zu ihrem Stamm zurückeilen und Hilfe holen würden. Volle neun Stunden weilte dann das bedauernSwerthe Paar in der Wüste einer furchtbaren Gegend, bis es durch glückliche Fügung von einer Karawanen-Begleitpatrouille entdeckt und ge rettet wurde. Das Paar hätte zweifelsohne umkommen müssen, da die Nahrung bis auf etwa« Zuckerrohr gänz lich verbraucht war. Frau Hetzel mußte ins Spital nach Alexandrien gebracht werden, wo sie unter Be handlung des Dr. Morisson genas, woraufhin die Weiter reise nach Kairo erfolgte und zwar am Nil entlang. Bei Kafrel Dawar brachen die Wunden wieder auf und Frau Hetzel mußte abermals ins Hospital. Am 2. Januar erkrankte Herr Hetzel, an Typhus; er lag bis zum 2. März im Spital. Bei diesen Zwischenfällen waren 5'/, Monate in« Feld gegangen, doch hätte das Paar trotzdem die Reise fortgesetzt, wenn ihm nicht in folge der Unruhen in China der Schutz der amerikanischen Gesandtschaft verweigert worden wäre. Daraushin mußte die Rückreise angetreten werden. Das Ehepaar muß nun trachten, die vorgeschriebene Kilometerzahl von 26 405 zu erreichen, um wenigstens noch 70 Proz. der Wettsumme zu gewinnen. Bis jetzt hat das Paar etwa 20 640 Kilometer zurückgelegt; es hofft, den Rest in sechs Monaten erreicht zu haben. Das Paar wurde auch am 9. Dezember dem Khedive Abbas Hilmi 2. von Aegypten vorgestellt und von diesem wegen der bei der gefahrvollen Reise an den Tag gelegten Bravour mit einer prächtigen Uhr, 500 Franken werth, und mit einem kostbaren Brillantring beschenkt. Am gleichen Tage schlug Her Hetzel den ägyptischen Meisterfahrer Signor D'Esposito bei einem fünf Kilometer-Rennen im Velodrom Round point um 4 Sekunden. Die Strecke wurde vom Sieger in 7 Minuten drei fünftel Sekunden (ohne Schrittmacher) zurückgelegt. LemerkenSwerth ist es, daß Herr Hetzel eine sebsterbaute Maschine benutzt, eigenartig sür diese Weltreise gebaut, welche, was Nahmenbau anbelangt, im unversehrten Zustand an das Endziel zurückkommen muß, wenn Herr Hetzel eine weitere daraufhin eingegangene Wette gewinnen will. Die Wahrheit seiner Angaben vermag Herr Hetzel durch amtliche Dokumente zu bestätigen. In den Sportkreisen Plauens hat das Ehepaar die freundlichste Aufnahme gefunden. Es will von Plauen aus seine Reise über Gera, Leipzig und Dresden nach Berlin forlsetzen; von dort wird es sich nach Belgien und dann nach England begeben. Von Amsterdam aus will sich das Paar schließlich nach Amerika einschiffen. Besteigen von fahrenden Eifenbahn- zügen. Das Problem des Aus- und Einsteigens bei fahren den Einbaknzügen „ohne Anhalten" beschäftigte von jeher die erfinderischen Köpfe, ohne daß es ihnen bisher gelungen wäre, eine praktisch auführbare Lösung zu finden. Ganz kürzlich hat nun in „Dinglers Polytech, nischem Journal" ein Ungenannter — jedenfalls ein Elektrotechniker — eine Idee veröffentlicht, die, wenn sie auch schwerlich durchgcsührt werden wird, doch neu und interessant genug ist, um auch weiteren Kreisen bekannt zu werden. Der Erfinder schlägt vor, den Uebergang von und zu dem die Station mit 30 km Geschwindigkeit durch fahrenden Zuge mittels eine« elektrisch betriebenen Stationswagens zu bewerkstelligen, der aus einem neben