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für Hchnslm-Wllftl, AkrlWMtz, 8nsi>irf, Lugau, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf u. s. w. Pies es Blatt erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich Nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Mk. 25 Pfg. incl. der illustrirten Sonntagsbeilage. Redaction und Expedition: Bahnstratze 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Jnsertionsgebühren: die fünfgespaltene Corpuszeile oder deren Raum für den Berbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg., Reclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Amtahme der Inserate für die folgende Nummer bis Borm. 10 Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher erbeten. Nr. 37. Mittwoch, den 13. Februar 1901. Jahrgang. T a g r S g e f ch r ch t e. Deutsches Reich. Berlin, 11. Februar. Reichstag. Die Berath- ung des Etats des Reichsjustizamtes wird bei sehr schwach besetztem Hause fortgesetzt und der Rest ange nommen; sodann wird der Etat des Reichsschatzamtes berathen. — Abg. Bassermann (nl.) bemängelt die Handhabung des Reichsstempelgesetzes seitens des preußischen Fiskus bei der Verstempelung der Einzahl ungen auf die Jnterimsscheine von noch nicht voll ge zahlten Stammaktien bei der ersten Einzahlung auf solche Aktien. Bei Versicherungsgesellschaften müßten die Aktionäre zur Sicherstellung der künftigen Nachzahl ungen Wechsel hinterlegen, der preußische Stempelfiskus sehe nun diese Wechsel ebenfalls als Einzahlung an und verstempelte somit nicht blos die wirkliche Einzahl ung, sondern sofort den vollen Nenn.verth, was den Bestimmungen des Stempelgesetzes widerspreche. — Abg. Böckel (Antis.) übt lebhafte Kritik an der Finanz- wirthschaft des Reiches, die es schon dazu gebracht habe, daß man mit Anleihen nach Amerika gehen müsse, während die Deutsche Bank gleichzeitig auf den Markt anatolische Eisenbahnaktien bringe. Dabei stänven hier neue Anleihen in Sicht, auch in den Einzelstaaten, so in Preußen für die Kanalvorlage. Hinter den Coulissen, das wisse er, werde gemimt; er wisse schon jetzt genau, vaß die Kanalvorlage bewilligt werde. Der Schatzsekretär solle doch statt Anleihen neue Steuern vorschlagen. Der Schatzsekretär sitze da und lächele immer; er habe einen beneidenswerthen Humor, während Andere sich bei solcher Finanzlage Sorge machen würden. — Abg. Oertel-Sachsen (kons.): Ich zweifele vorläufig noch an der Annahme der Kanal vorlage; jedenfalls darf man nicht, wie der Vorredner es thut, die Staatswirthschaft mit der Privatwirthschaft auf eine Stufe stellen. Der Vorredner verlange neue Steuern, aber dann mache er doch Vorschläge. Bei den meisten Vorschlägen von anderer Seite würde Herr Dr. Böckel unter den Gegnern sein. Redner bittet so dann um möglichst schleunige Einbringung des Zoll tarifs. Er komme eben aus einer diesmal besonders stark besuchten Versammlung von Landwirthen und könne sagen, es herrsche in weiten Kreisen lebhafte Mißstimmung über die Verzögerung. — Schatzsekretär von Thielmann stimmt Bassermann bei, daß die Erheb ung des Stempels über den Betrag der Einzahlung hinaus zu Unrecht erfolgt sei; die Betreffenden sollten nur die Interessen der Aktionäre weiter verfolgen. Ueber die Zolltariffrage würden stetig falsche Nachrichten verbreitet, die zu dementiren unmöglich sei. Die Fertig stellung des Zolltarifs stehe für die allernächste Zeit be vor. Im Reichsschatzamte sei seit Jahrzehnten Hand in Hand mit dem Reichsamte des Innern unablässig daran gearbeitet worden; er hoffe, daß die Vorlage in kürzester Frist an den Bundesrath gelangen werde, aber den Tag könne er nicht sagen. Irrig sei die Nachricht, daß die Arbeiten des Reichsamts des Innern von dem Schatzamte für ungenügend befunden worden sein. — Abg. Dr. Paasche (nl.) weist die Angriffe Böckel's auf unsere ganze Finanzverwaltung zurück. Es dürfe un widersprochen bleiben, wenn Böckel z. B. behaupte, unsere Finanzwirthschaft sei so, daß man, wenn ein Privatmann so verführe, diesen unter Kuratel stellen würde. — Abg. Speck (Centr.) fragt nach dem Stande der Ausprägung von Zehnmarkstücken, bemängelt die Zweihundertjahrfeier-Denkmünze und wünscht Auskunft wegen der Saccharinsteuervorlage. — Schatzsekretär v. Thielmann: Die Meinungen über letztere gehen ja noch auseinander. Die Einen sagen, wenn wir den Verkehr mit Saccharin beschränken, so genüge eine relativ geringfügige Steuer, die Anderen sagen, der Verkehr mit Saccharin werde sich schwerlich kontroliren lassen; nehmen wir deshalb lieber eine Rohsteuer. So weit unter diesen Umstünden möglich, ist die Vorlage iin Schatzamts fertig gestellt. Was die Zweihundert jahrfeier-Denkmünze anlange, so lasse sich über den Ge schmack schwer streiten. Von einer neuen Fünfzig pfennigmünze erhalte er in 14 Tagen einen neuen Probestempel zugeschickt, in Zehnmarkstücken sei ein größerer Posten bereits wieder hergestellt, ein weiterer sei in Prägung. — Abg. Oertel-Sachsen (kons.) meint, etwas mehr Dampf könne hinter das Saccharinsteuer gesetz doch gemacht werden. Der Kritik Speck's an der Denkmünze müsse er durchaus zustimmen. Wünschens- werth sei ferner eine Fünfundzwanzigpfennigmünze. Von der Antwort des Schatzsekretärs über die Zoll tariffrage sei er durchaus befriedigt, namentlich auch darüber, daß hierbei das Schatzamt mit dem Reichs amte des Innern in voller Eintracht arbeite. Hoffent lich halte nun auch der Geist des Reichsamts des Innern im Schatzamte Einzug. — Abg. Werner (Antis.) tritt der Kritik Böckel's an der Finanzwirthschaft bei. — Abg. v. Kardorff (Reichsp.) hält Fünfundzwanzig pfennigstücke für unpraktisch. Um die Zehnpfennignicket- münze von der Fünfzigpfennigmünze zu unterscheiden, empfehle es sich, erstere zu durchlochen. — Abg. Müller- Sagan (freis. Volksp.) wendet sich gegen die Angriffe Böckel's gegen unsere Finanzwirthschaft. Der Aus prägung von Fünfundzwanzigpfennigstücken könne er zustimmen, nicht dagegen der Durchlöcherung der Zehn pfennigstücke, da dadurch die Verbreitung von Krank heitskeimen gefördert werde. Den Vorwurf halte er für ungerecht, daß das Schatzamt nicht ebenso wie das Reichsamt des Innern landwirthschaftliche Kultur interessen gefördert habe. — Abg. Speck (Centr.) wider spricht der Einführung eines Fünsundzwanzigpfennig- stückes. — Der Etat des Schatzamtes wird genehmigt, ebenso die Etats „Reichsschuld" und „Rechnungshof." Es folgt der Etat der Reichseisenbahneu. Die Kommission beantragt hierzu eine Resolution betr. Herabsetzung des Gepäcktarifs auf den elsaß-lothringer Bahnen sowie eine zweite Resolution betr. Ermittelung über einen etwa entstehenden Ausfall bei Herabsetzung des Kilo metersatzes auf 1 Pfennig für die Militärurlauber. — Die Langmuth der Gesandten in Peking scheint durch die Verschleppungskünüe der chinesischen Diplomatie ziemlich erschöpft zu sein. Trotz wockenlanger Ver handlung ist man bis jetzt nicht recht vom Fleck ge kommen, die Vorschläge und Noten werden immer hin über und herüber geschoben, und glauben die Gesandten endlich über einen Punkt mit den Herren Chinesen eine Einigung erzielt zu haben, so kommen diese alsbald wieder mit neuen Bedenken unv Anfragen, sodaß die Berathungen wieder von vorn beginnen müssen. Die Gesandten wollen es nun mit einer neuen Methode ver suchen. Es hat sich nämlich herauögesll llt, daß bei den mündlichen Verhandlungen die Chinesen durch fortge setzte Gegenvorschläge und Einwendungen die Beschluß fassung verzögern. Man wird daher fortan, wenn irgend möglich, schriftlich mit ihnen verhandeln, und die ihnen gemachten Vorschläge als unabänderlich bezeichnen. — In Tientsin fand am Sonnabend große Parade aller deutschen Truppen statt. Die vom Grafen Walder- see inspicirten Regimenter waren in vorzüglichster Ver- safsung und sahen brillant aus. Die berittene Infanterie auf ihren chinesischen PonieS eignet sich ausgezeichnet für den dortigen Dienst. Waldersee gedenkt demnächst die englische vierte Brigade zu inspiciren und wird auch Schankhaikwan besuchen. — Während der geniale Kitchener den Burenführer De Wet längst im Capland vermulhet, ist dieser, wie gemeldet, plötzlich in der Nähe von Bloemfontein auf getaucht und hat mit großer Uebermacht den englischen General Crewe angegriffen und, wie cs scheint, völlig geschlagen. — Ueber die englischen Verluste lassen sich die „Münch. N. N." aus London melden: „Die eng- lishen Verluste in Südafrika waren nach der eben er schienenen officiellen Verlustliste im Monat Januar be deutend größer, als im Dezember. Im Dezember verlor die Armee 118 Oificiere und 2306 Mann, letzten Monat dagegen 106 Osficiere und 3251 Mann. Davon sind im Gefecht oder durch Unfälle umgekommen: 17 Osficiere, 206 Mann; Krankt eiten erlegen: 14 Oific ere, 594 Mann; in Gefangenschaft geralhen: 10 Officiere, 342 Mann; als Invalide zurücklranSporlirt worden: 65 Officiere, 2109 Mann. Die letzten Berichte aus den Spitälern zeigen, daß das enterische Fieber nicht nur wieder sehr zunimmt, sondern dazu in viel bösartiger Gestalt auftritt. Durch Tod hat die britische Armee in Folge des Krieges im Ganzen verloren: 639 Officiere und 12 619 Mann. Von den 1703 Osficieren und 39 096 Mann, die bis jetzt als Invalide zurückgesandt wurden, mußten als dauernd dienstuntauglich nur 1734 Mann entlassen werden. „Vermißt" werden noch 15 Osficiere und 922 Mann." — Aus Wien kommt die Nachricht, daß dort Milan I., Exkönig von Serbien, der Vater des regierenden Königs Alexander, am Montag um 4'/^ Uhr Nachmittags gestorben sei. Spanien. Madrid, 11. Februar. Die Kundgebungen gegen die Jesuiten mehren sich immer mehr. In Valencia wurden die Klöster mit Petroleum begossen und der Wagen des Gouverneurs mit Steinen beworfen. In Granada wurde aus einem Jesuitenkloster auf die Menge geschossen, was die Erbitterung auf's Höchste steigerte. Die Manifestanten durchzogen die Straßen unter den Rufen: „Es lebe die Freiheit! Nieder mit den Jesuiten!" und bewarfen das Jesuitenkloster mit Steinen. Als darauf aus dem Innern des Klosters Flintenschüsse abgegeben wurden, stieg die Erregung der Menge auf's Höchste. Der Prüftet drang in das Kloster ein und stellte fest, daß zwei Gendarmen, die sich im Kloster befanden, geschossen hatten. Die Menge versuchte nun, gegen das Kloster vorzudringen, wurde aber von der Gendarmerie auseinandergetrieben. Vor dem Stadthause zu Madrid sind bei einem Zusammen stöße mit der Polizei zehn Personen schwer verwundet und 40 verhaftet worden. Graf Waldersees Thätigkeit in China. Der „Tag" bringt folgenden interessanten Aufsatz: Als Graf Waldersee mit dem Oberbefehl betraut wurde, ließ sich der Gang der Ereignisse nicht voraus, sehen, alle Anzeichen wiesen aber darauf hin, daß die Wirren mit der Einnahme Pekings nicht beendet sein würden; daß es sich um die Besitznahme der ganzen Provinz Petschili und vermuthlich auch um Verwickelungen im Dangtsegebiet bandeln werde. Ueber die chinesischen Streitkräfte fehlte jeder zuverlässige Anhalt, die Nach- :'chte" differirten um Hunderttausende, die Lage war also verwickelt und unklar, das Gebiet so ausgedehnt und verschieden, daß von einem Oberbefehl über die vereinigten L--' und Seestreitkräfte von vornherein abgesehen wurde, und doch waren sie auf Zusammen wirken angewiesen! Hier begannen also bereits die Schwierigkeiten der Ausübung de« Oberbefehls. Die Coalition ist ein Gebilde der Noth, uud es war zu er warten, daß die Gegenpartei alles aufbieten würde, um ne Mächte zu veruneinigen. Im allgemeinen besteht )te Auffassung, daß Rußland ha w sächlich an seine Interessen in der Mandschurei denke, England an seine Interessen im Dangtsegebiet, Japan an Korea, Frank reich an seine Missionen und an die Bahn von Peking