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über Paotingfu nach Süden, Deutschland an Kiautschau und an da» Hinterland von Schantung, während Nord amerika auf Handelsvortheile in ganz China bedacht sei. In der That sind die verschiedenen Interessen aber doch nicht so genau umgrenzt, im Laufe der Zeil griffen die Interessen des Einen in die Sphäre des Anderen hinüber, in der Provinz Petschili geriethen sie periodisch sogar mehr oder weniger in Widerstreit. Dieser Widerstreit kam in Petschili z. B. deutlich bei der Eisenbahn von Schanhaikwan nach Peking zum Nachtheile der gemeinsamen Sache der Coalirten zum Ausdruck, sodaß die chinesische Kriegspartei daraus eine neue Hoffnung auf Veruneinigung der Mächte schöpfte. Der Widerstreit war natürlich politischer Natur und erheischte eine sehr schonende Behandlung. Der Kamps um diese Bahn ist aber nicht der einzige- Differenzpunkt zwischen England und Rußland in der Provinz Petschili, sondern nur ein Symptom ihres durchweg zu Tage tretenden politischen Interessengegen satzes — es sei neuerdings nur an den Streit um die Elliot- und Blonde-Inseln erinnert — und in dem Gegensatz dieser sich geltend machenden Interessen der beiden im Stillen um die Vormacht ringenden Staaten beruht zum großen Theile die Schwierigkeit der Stell ung des Feldmarschalls. Er hat deshalb alles ver mieden, um den Argwohn zu erwecken, er habe den einep oder anderen Gegner begüpstigt, namentlich galt es, die rein militärischen Interessen im Auge zu behalten. Eine andere Schwierigkeit trat an den Grasen Aalder- see heran. Ec hatte noch unterwegs die Ansicht ge wonnen, daß die Rhede von Tuka im Bereit, mit den Peilang-Befestigungen schon für den Sommer durchaus unzulänglich für die Erhaltung der sehr bedeutenden, in Petschili zusammengebrachlen Truppen sei, und er rechnete ebenfalls unterwegs mit der Wahrscheinlichkeit der Erschöpfung der chinesischen Hilfsquellen, sowie mit den vermuthlich nicht mehr mrprovianttrten Millionen städten Tientsin und Peking. Graf Waldorfer war überdies überzeugt, daß sich die Wirren lange hinziehen würden, und da die Nh-de von Taku erfahrungsgemäß zufriert, so ordnete er, um eine breitere Basis zu ge winnen und für den Winter einen Hafen zu haben, die Fortnahmc von Schanhaikwan an. Da ihm aber die fremden Flotten nicht unterstellt sind, so durfte er auch nicht über sie verfügen, er mußte sich deshalb da rauf beschränken, den sieben Admiralen seinen Plan müzuthellen, ihnen die Hauptgesichtspnnkte für die Aus führung zu empfehlen und das Wettere dem Ecgeviüß der gemeinsamen Berathung und Verständigung der sieben Admirale überlasten. Merkwürdigerweise hegten einige Admirale gegen diesen Plan Bedenken, die Ver zögerungen, die me militärischen Zwecke benachlheiligten, verursachten. SÄ'.cpllch verlief die ganze Sache „sehr fachte", gleichw,'!-! w ir der strategische Erfolg bedeutend und für den Winu-rse. >zug schlechthin entscheidend. Aiis diesen und anderen Dingen erhellt, daß Ver anlassung zu Couflicten in Hülle und Fülle vorhanden war, es lag aber im Interesse des Ganzen, sie unter allen Umständen zu vermeiden. Beim Eintreffen des Grafen Waldersee in Tientsin herrschte daselbst eine geradezu chaotische Verwirrung. Es wurde aber schnell Ordnung und System hinein gebracht, da trat ein anderes Ereignis; ein: die Russen räumten Peking; Japan und Amerika nahmen den größten Theil ihrer Truppen nach Tientsin mit der Absicht zurück, sie bald ganz fortzuschicken. Dagegen verstärkten Deutschland, England und Frankreich ihre Kontingente und schoben Truppen nach Peking vor. Den Chinesen blieb dieses militärische Schisma nicht unbekannt, die Macht der Kriegspartei stirg dadurch bedeutend, denn sie erblickte in diesen Vorgängen die Auflösung der Koalition. Die Verbündeten in Tientsin und Peking waren nur durch eine längs des Peiho bis Tungchon laufende dünne Etappenlinie unter sich verbunden. Diese rückwärtige Verbindung war durch aus unsicher, ringsumher standen bedeutende Boxer streitkräfte, sämmtlich darauf bedacht, sich der Ver bindungslinien zwischen Tientsin und Peking zu be mächtigen. Zahlreiche Nachrichten bestätigen überdies übereinstimmend die Anwesenheit vieler Tausender von Boxern, die scheinbar ihrer bürgerlichen Beschäftigung nachgingen, in Tientsin und namentlich in Peking. Verbindungen zwischen diesen Cwil-Boxern und den Banden außerhalb der Städte bestanden noch bis an das erste Drittel des Oktobers, allein Niemand wußte beim Eintreffen Waldersees in Peking, was auch nur zehn Kilometer außerhalb Pekings vorging. Graf Waldersee traf daher seine Maßnahmen zur Sicherung der Etappenlinie Tientsin-Peking derart, daß er je nach der Bedeutung der emlaufenden Meldungen das Netz der Boxerbanden durch zahlreiche Expeditionen zurückdrängte, und erreichte dadurch nicht nur völlige Sicherheit der rückwärtigen Verbindungen, sondern auch die unbedingte Herrschaft über den großen Raum Tientsin, Paotingfu, Schanhaikwan und Peking. Zum Frieden hat die Chinesen aber wesentlich die Expedition nach Kalgan geneigt gemacht. Graf Waldersee entschloß sich dazu, weil er von seinen Vortruppen die Gewißheit erhielt, daß 10 000 Mann chinesischer Truppen bei Tschatao ständen. Diese beabsichtigten, anscheinend mit Hilfe der Boxerbanden und anderer chinesischer Truppen, die aus östlicher Richtung ge meldet waren, Peking zu bedrohen. Graf Waldersee kam dem durch die Expedition nach Kalgan zuvor, die Gegner wurden fluchtartig nach der Provinz Schansi zurückgetrieben. Die Energie, mit der diese Expedition durchgeführt wurde, ist für die Chinesen der größte moralische Schreckschuß dieser Wirren ge wesen, von seiner Tragweite macht man sich jedoch in Europa schwerlich eine richtige Vorstellung. Gerade die Gegend von Kalgan bis diesseits der Mauer hielten die Chinesen für undurchschreitbar: als aber die Expe dition trotz 14 Grad Kälte hohe Gebirgsketten auf den denkbar schlechtesten Wegen und Saumpfaden überschritt, sich auch nicht durch reißende, halb zugefrorene Flüsse aufhalten ließ und an einigen Tagen 30 bis 35 Kilo meter zurückgelegt wurden, da sagten sich die Chinesen, daß die Verbündeten, wenn die Verhältnisse es wünschten, auch noch viel weiter marschiren würden. Sie gaben wahrscheinlich jetzt erst die Absichten eines Krieges auf, denn darüber darf kein Zweifel bestehen: die Chinesen konnten wiederholt die Uneinigkeit der Mächte erkennen: am chinesischen Hofe bekämpfen sich zwei Richtungen, von denen die eine baldigen Frieden, die andere Fortsetzung des Krieges wünscht. Die letztere hatte bis zur Expedition nach Kalgan die Macht, und triftige Anzeichen sprachen dafür, daß der Rückzug des chinesischen Hofes nach Singanfu nur den Zweck ver folgt habe, Zeit zu gewinnen, um zu rüsten und den eigentlichen Krieg im Frühjahr zu beginnen. Bis dahin hoffte die chinesische Kriegspartei, daß von den Ver bündeten einige Mächte abbröckeln würden. Von den Russen konnte die Kriegspartei damals schon sagen, daß es geschehen sei. Auf das Abbröckeln der Ameri kaner und Japaner hoffte die Kriegspartei mit voller Gewißheit, in der Annahme, es werde ihr gelingen, diese beiden Mächte ebenso durch Nebenconcessionen unter der Hand zufrieden zu stellen, wie es ihr mit Rußland gelungen ist. War das erreicht, alsdann hoffte sie, mit den übrigen Gegnern durch eigene Kraft fertig zu werden. Die Chinesen erblicken in Rußland diejenige Macht, ohne deren Mitwirkung die übrigen Mächte ihre Ziele nicht erreichen können, und darin liegt der Grund ihrer Winkelzüge. Daß das Einvernehmen zwischen dem Obercommando und den Befehlshabern der verschiedenen Mächte trotz der auseinandergehenden politischen Interessen aufrecht erhalten werden konnte, ist zum großen Theil dem Takt Waldersees zu verdanken; er hat die Grenzen seiner Befugnisse niemals überschritten, jede Schroffheit von vornherein vermieden und sich dadurch ein Anrecht auf die Anerkennung der Mächte erworben. Wenn trotzdem in der Heimath es nicht an Nörglern gefehlt hat, so lehrt das, wie gering das Verständnis; sür die Schwierig keiten eines überseeischen Occupationskrieges, an dem acht Nationen betheiligt sind, ist, und für deren Truppen fast alles aus der Heimath bis in die Vorpostenlinien gebracht werden muß. Hierbei muß eine außergewöhn liche organisatorische Thätigkeit mit Sicherheit in der Verwaltung Hand in Hand gehen, wenn nicht die ganze Zu- uud Abfuhr, der Dienst in den gemischten Garnisonen u. s. w. in Verwirrung gerathen soll." Hobenstein-Einsttha!, den 12. Februar. — Der Nutzen des Schnees. Schneefälle Huben immer eine reinigende Wirkung auf die Luft. Unsere Allmosphäre — auch wenn wir die Lust sür rein halten — ist bis zu einer beträchtlichen Höhe von Staubcheuchen erfüllt, deren unzählbare Menge wir am besten beob achten können, wenn sie im Sonnenlicht auf und ab tanzen. Nun ist der Schnee die vorzüglichste Sammel- vorrichtung sür diese Staubtheilchen; denn die wirbelnden und langsam fallenden Schneeflocken reinigen die Lust von diesem „kosmischen Staub" viel mehr, als es der Regen veimag. Der aufgefangene Staub sinkt mit dem Schnee zur Erde nieder und wird hier abgelagert; schmilzt nun der Schnee, so rücken die einzelnen Smub- theilchen immer naher aneinander und bilden schließlich eine st Warze Schlammschicht, die allenthalben den Boden bedeckt. Zunächst enthält der Schneeschlamm den „Kulturstaub", welcher von den verschiedensten menschlichen Thätigkeiten erzeugt wird, ein buntes Gemisch mineralischer, pflanzlicher und thierischer Theilchen. Sodann aber setzt er sich ans allen jenen Ablagerungen zusammen, welche die Natur in dem unaufhörlichen Proceß des Werdens und Vergehens selbst liefert. Die Schneedecke ist also ein rechter Humusträger, und das Sprichwort der Lnvd- leute besteht zu Recht, das da heißt: „Der Schnee düngt." Die humusbildende Thätigkeit der Schnee decke ist die Vorbedingung für den Pflanzenwuchs in den Gebirgen. Und wenn unsere Berge so schön sind, und wenn an der Grenze der Firne und Gletscher grüne Matten und liebliche Blumen das Auge erfreue», und zahlreiche Herden ernähren, so ist das zum größten Theil das Werk des Schneeß. Die Schneedecke bildet aber nicht allein Humus, sondern sie hält auch die schon vorhandene Erdkrume fest, indem sie den Boden gegen den Wind schützt, der sonst einzelne Theile dtsselben sortsühren würde. Dies gilt sowohl für Gebirge als für die Ebenen. Die Schneearmulh der Pasfatregionen kann für die Wüstenbildung mit verantwortlich gemacht werden, denn derselbe liegt nicht allein die Dürre, sondern auch die Humus Armuth des ungeschützten Bodens zu Grunde. Wir wollen daher bei Schneefällen nicht bloß die Nachtheile uns vergegenwärtigen, sondern auch an die wohlthätigen Wirkungen des Schnees denken! — Die Gute Luise. Direktor Häckel in Crossen a. O- erörtert in Nr. 6. des praktischen Rathgebers die Frage, welche Birnsorte die empfehlenswerthefte ist. Er kommt dabei zu dem Ergebniß, die beste aller Birnen, die nahezu unter allen Verhältnissen und in jedem Klima gedeiht, sei die Gute Luise unter den Birnen etwa dasselbe, was unter den Aepfeln die Wintergoldparmäne ist. Die Obstzüchter werden aufgefordert, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. — Seit einiger Zeit werden in allen Gegenden Deutschlands Loose einer „3'/, Proc. Gothaer Oblizations- Verloosung" verbreitet und zwar von dem angeblichen „Bank- und Lotterie-Comptoir Fr. Bergmann u. Co. in Gotha", für welches ein H. Krause zeichnet. Das ganze Unternehmen stellt sich als Schwindel dar, es existirt in Gotha weder Firma Fr. Bergmann u. Co. noch ein Vertreter derselben. — Für die bevorstehende 7. evangelisch-lutherische Landessynode im 21., die sämmtlichen Parochien der Ephorie Glauchau umfassenden Wahlbezirke macht sich an Stelle des ausscheidenden Gemeindevorstandes Rein hold in Hohndorf die Neuwahl eines weltlichen Abge ordneten nöthig. Die Wahl soll am 13. März Nach mittags 3 Uhr in der Aula der Bürgerschule zu Glauchau (Schulplatz 2) stattfinden. Oelsnitz i. E., 11. Februar. Auf dem Stein kohlenwerke Bockwa-Hohndorf-Vereinigtfeld ist man mit der Anlage eines neuen (3.) Schachtes beschäftigt. Die ganze Neuanlage soll im Mai zu Ende geführt sein. — In Oelsnitz i. E. kam ein Mann nach dem Rathhaus, um wegen der Steuern sich zu beschweren. Bei dieser Gelegenheit kam der Mensch so in Aufregung, daß er ein dolchartiges Messer ergriff und den Beamten, mit dem er über die Sache sprach, bedrohte. Der Mann wurde sofort gefesselt und in das Gefäuqniß gebracht. Waldenburg, 10. Februar. Hier wird in den weitesten Kreisen die Errichtung eines Alterthumsmuseums besprochen. Die Vorbereitungen durch den dafür ein gesetzten Ausschuß sind schon getroffen worden, daß die Eröffnung des Museums zu Ostern erwartet werden kann. Unsere Stadt ist reich an localhistorischen Reliquien. — Die verstorbene Ritterguisbesitzenn Baronesse v. Eberstein hat letztwillig der Schule m Schönefeld ein Legat von 6000 Mk. vermacht, dessen Zinsen zu Frei stellen und zur Beschaffung von Büchern für Schulkinder armer, rechtschaffener Eltern zu verwenden sino. — Bei einer Arealversteigerung an der Obst- uud Riebeckstraße in Thonberg Leipzig wurden für den Quadratmeter.45 bis 54 Mk. erzielt. Thalheim i. E. Seit einigen Tagen bildet ein eigenartiger Krankbettsfall das Gespräch der hiesigen Einwohnerschaft. Der 15 Jahre alle Sohn des Strumvf- saklors Bernhard Lieberwirth verfällt des Tages über mehrmals in eine»! krampfartigen Zustand, m welchem er allerhand unzusammenhängei.de Reden, Gebete und Gesänge von sich giebt. Die täglich wiederkehrcnden Anfälle haben natürlich den Besuch vieler Neugierigen zur Folge, von denen manche den Redrn des jungen Menschen große Bedeutung beilegen. Die ganze Kcank- heitserfcheinung beruht wohl nur auf einer Störung des Nervensysteme. Plauen, i. V-, 11- Februar. Seinen 8jährigen Sohn erschossen hat heute Montag Nachmittag gegen 2 Uhr der Sticker Rudolf Fischer im Hintergebäude des Hausgrundstücks Johannisstraße 23 hier, wo Fischer eine Stickmaschine gepachtet hatte. Der Knabe war sofort todt. Fischer, der darauf einen Selbstmordversuch machte, indem er mit dem Kopfe gegen die Wand rannte, wurde verhaftet. Er ist ein starker Trinker, möglich ist es, daß er geistig nicht mehr ganz zurechnungsfähig ist. rr e r m i s ch t e s. * Präsident Krüger ist von einem harten Schlage betroffen worden: seine Nichte, Frau Ehloff, ist, wie schon kurz gemeldet, durch australische Waldläufer niedergeschossen worden. Die „Deutsche Wochenschr. in den Niederlanden" berichtet darüber nach einem Privatbriefe: „Aus einem Hause, von dem die weiße Flagge wehte, war auf die englischen Truppen geschossen worden. Deshalb erhielt cme Abtheilung Waldläufer Befehl, das Haus niederzubrcnneu. Als die Truppe sich dem Hause näherte, trat ein Mann in dasselbe ein uud eine Frau bcgab sich zum Brunnen. Es wurde eine Salve abgegeben und die Frau fiel. Die Waldläufer drangen ins Haus ein und fanden einen Buren, den sie sesselten. Als der Bur seine Frau liegen sah, die sich noch regte, wollte er zu ihr Hin stürzen, aber die Unmenschen hielten ihn fest. Der Officier stellte fest,? daß die Fran durch die Schläfe ge schossen sei und doch sterben würde; man ließ sie des halb liegen. Abends wurde der Mann zurückgebracht, um anzugeben, wo er Gewehr und Munition versteckt habe. Als er beim Brunnen vorbeikam, hörte er seinen Namen rufen. Es war seine Frau, die nach 12 Stunden qualvollen Leidens noch immer lebte. All sein Bitten, bei der Frau bleiben zu dürfen, half nichts. Die Frau wurde auf einen Bretterwagen gelegt, ohne verbunden zu sein. Als man in Rustenburg ankam,