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angeblich weil die Russen alles nehmen, ohne zu be zahlen. Die chinesische Regierung argwöhnt ein geheimes Uebereinkommen Rußlands und Englands. England verlangt eine klare Darlegung der Absichten Rußlands und Frankreichs nnd beansprucht ein Aequivalent für jede einer anderen Macht gewährte Konzession. Dies verweigert China bisher fest. Amerika. Kirchliche Angelegenheiten werden trotz der angeb lichen Frömmigkeit in Newyork mit einer Weltlichkeit behandelt, die in Europa unmöglich wäre. So hat der „Newyork Herald ein Preisausschreiben für die beste Predigt erlassen. Der erste Preis von 1000 Dollars ist dem Reverend Wootbridge aus Middleboro erthcilt worden, nun sollen aber auch noch zweite, dritte und vierte Preise gegeben werden und zwar bleibt eS den Lesern überlassen, diese zu bestimmen. Gleich Feuille tons erscheinen die Predigten also in der Zeitung zur gefälligen Begutachtung, Waran niemand den geringsten Anstoß nimmt, die Geistlichen selbst auch nicht b I alt fist Men8tein-kli>MsI, üdefllliMtr, Kmüolf eie. LiuIuäuuA 2UIII ^I)0IlU6MtzUt unk 6»8 II. Lerußsprvis: 1 Nsrk 25 pfZ. Oertliches und Sächsisches. Hohenstein Ernstthal, den 23. März. * — 5. öffentliche Stadtgemeinderathssitzung am 22. März. Anwesend: Herr Bürgermeister I)r. Polster, 5 Stadträthe, 19 Stadtverordnete. — Zunächst giebt der Herr Vorsitzende eine Einladung zu der am 27. März stattfindenden Prüfung in der gewerblichen Fach- und Fortbildungsschule bekannt, ferner den Eingang von Dankschreiben der Herren Schuldirektor Dietze, Schuldirektor Kaden und Lehrer P. Müller über gewährte Alterszulagen. Zu Punkt 2) Biersteuer, giebt der Herr Bürgermeister dem Collegium bekannt, daß das Biersteuer-Regulativ seitens der Oberbehörden genehmigt worden ist, einige kleine Abänderungen der Kgl. Kreishauptmannschaft finden die Zustimmung des Collegiums. Das Regulativ soll am 1. Mai d. I. in Kraft treten und für Einfach- und Weißbier 20 Pfg., für Lager- und Bayrisch-Bier 65 Pfg. pro Hektoliter erhoben werden. Bei Bieren in Flaschen werden 100'/^ Flaschen und 200 '/„ Fl. gleich 1 bl betrachtet. Dem Wunsche des Herrn C. Dörffelt, die zur Verschönerung der Straßen geschenkten 0000 Mk. zu theilen, sodaß nur 3000 Mk. zu eben genanntem Zweck und die anderen 3000 Mk. zur Verabreichung eines besseren Mittagsmahles und besseren Getränkes an die Insassen beider Armenhäuser zu Königs Geburtstag verwendet werden sollen, gern zugestimmt. Alsdann entspinnt sich noch eine Debatte betreffs des Bebauungsplans an der Waisenhausstraße. Man gelangt dahin, dem Ge suche dreier Anwohner, 3 stückig bauen zu dürfen, statt zugeben unter der Bedingung daß durch Abgabe von 1'/, Meter zur Straße die Slraßenbreite 11 Meter erreicht. Im Weiteren giebt Herr Stadtrath Friedrich bekannt, daß ein Versuch gemacht worden ist, die Spar kasse auch an bisher geschlossen gewesenen Nachmittagen offen zu halten. Hierauf geheime Sitzung. * — Mittels Einschleichens stahl am Sonntag Nach mittag ein hiesiger Handarbeiter in der Eberl'schen Ziegelei einem dort beschäftigten Geschirrführer ein Paar lange Stiefeln. Der Dieb wurde am Montag früh in der 7. Stunde mit den Stiefeln an den Füßen auf hiesiger Dresdnerstraße vom hiesigen Polizeiwachtmeister betroffen und auf Polizeiwache sistirt. Hier durfte der selbe die Stiefeln, welche dem Bestohlenen wieder aus gehändigt wurden, ausziehen und konnte nunmehr in Hausschuhen die Polizeiwache wieder verlassen. * — Am vergangenen Montag Nachmittag wurde einem hiesigen Einwohner, der sich in etwas seliger Stimmung befunden haben soll, aus dem Wege nach dem Hüttengrund von seinem Begleiter, einem ebenfalls hier wohnhaften Arbeiter, Uhr und Kette vom Leibe weg gestohlen. Der Dieb welcher in Chemnitz arbeitet, wurde gestern Abend 7,10 Uhr auf unserem Bahnhose vom hiesigen Polizeiwachtmeister festgenommen und aus hiesige Polizeiwache sistirt. Hier gestand der Verdächtige nach einer längeren Vernehmung den Diebstahl ein. Uhr und Kette, welche einen Werth von l6Mk. hallen, hatte derselbe bereits gestern Nachmittag in Chemnitz für l Mk. 50 Pf. versilbert. Der Dieb wurde, da er noch eines anderen Diebstahls verdächtig erschien, in Haft genommen und heule dem Königlichen Amtsgericht hier zugesührt. Eine bezüglich der letzteren Diebstahls verdächtigung heute früh vorgenommene Haussuchung in der Wohnung des Diebes war ohne Ecsolg. — Der Rechtsanwalt Karl August Weller hat seinen Wohnsitz von Hohenstein-Ernstthal nach Dresden verlegt und ist in der beim hiesigen Königlichen Amts gericht geführten RechtSanwaltliste gelöscht worden. — Die Intendantur des XII. (königl. sächsischen) Armeekorps hat dem Landeskulturrath mitgetheilt, daß die Angebote von Körnerliefernngen an die königlichen Proviantämter seitens der Landwirthe noch immer nicht in dem Umfange erfolgen, daß der Bedarf der Militär verwaltung aus erster Hand gedeckt werden könnte. Der Geschäftsverkehr ist fast immer flau geblieben; in neuerer Zeit liegen die Verhältnisse beinahe ungünstiger als im Oktober, obwohl auf Rittergütern und auch bei kleineren Landwirthen noch überall Vorräthe an lieferbaren Körnern vorhanden sein dürften. Die natürliche Folge dieser Zurückhaltung der Produzenten ist, daß bei der Kürze der noch verfügbaren Anlaufzeit — reglements mäßig wird der Körnerverkauf Ende April geschlossen — die Proviantämter das Bestreben haben, ihr Ankauf- Soll anderweit und zwar durch Käufe von Händlern zu decken. Es ist einleuchtend, daß die Militärverwaltung trotz ihres weitgehenden Entgegenkommens gegenüber den Landwirthen den Geschäftsbetrieb selbstredend nicht weiter zu Gunsten derselben nach jeder Richtung hin beeinflussen kann, daß noch länger auf das Herantreten der Produzenten mit Angeboten gewartet werden kann Anch will es scheinen, als ob die geringe Verkaufslust der Landwirthe sich auf die zu erwartende Steigerung der Preise gründet. — Zum Bau einer normalspurigen Nebenbahn von Chemnitz durch das Chemnitzthal nach Wechselburg beantragt die Finanzdeputation ö der zweiten Kammer nach der Vorlage 5 334 500 Mark zu bewillgen, ferner desgleichen für den Umbau des Bahnhofes Wüstenbrand 454000 Mark — Herrn Oberbürgermeister Dr. Streit in Zwickau ist das Komthurkreuz 1. Klasse des Albrechtsordens verliehen worden und zwar in Anerkennung seiner großen Verdienste auf kommunalem unk staatlichem Gebiete, namentlich auch in Anerkennung seiner langjährigen erfolgreichen Wirksamkeit als Mitglied der 2. Stände kammer. Dresden, 21. März. Die Hochwasserschäden haben in der hiesigen Gegend noch mancherlei unlieb same Nachspiele vor Gericht. So beabsichtigt z. B. ein Fabrikant in Plauen bei Dresden gegen die Behörden klagbar vorzugehen, weil ihm nach seinen Angaben nur der neunte Theil des ihm erwachsenen Schadens ver gütet Worten ist. Der Schaden der dem Manne er wachsen ist, soll gegen 100000 Mk. betragen. — Ein Aufsehen erregender Selbstmord macht jetzt hier viel von sich reden. Vor einigen Tagen erschoß sich hier ein herrschaftlicher Kutscher, dem mau nachsagt, daß er ein Liebesverhältnis; mit einer jungen Dame adeliger Abkunft unterhalten habe. Der Kutscher war ein schöner Mann und kleidete sich stets sehr elegant. Da sich die Beiden nicht heirathen konnten, beschlossen sie gemeinsam zu sterben. Die Eltern des Mädchens erfuhren jedoch den Plan und konnten noch rechtzeitig den unbedachten Schritt vereitel». Den Selbstmörder fand man vor einigen Tagen im Pferdestalle liegen. Vorher hatte er sich mit größter Eleganz aiigckleidet.: Leipzig. Etwa 500 Schneidergehilfen haben am Montag die Arbeit eingestellt. Waren die Meister auch geneigt, kleinere Lohnaufbesserungen zu gewähren, so widerstrebten sie doch der geforderten Einrichtung von Betriebswerkstätten. Auch die Feilenhauer wollen in l4 Tagen die Arbeit einstcllen. falls ihnen höhere Ent lohnung versagt wird. Leipzig, 22. März. Der Verband reisender Kaufleute Deutschlands in Leipzig hat in einer Denk schrift zu der Frage der Einführung kaufmännischer Schiedsgerichte Stellung genommen und auf Grund seiner langjäbrigen Erfahrungen dargethan, welche Vor theile ein solches Schiedsgericht ganz besonders für den Stand der Handlungsreisenden, event. auch der kauf männischen Agenten bieten würde. Der Verband tritt nachdrücklich für die einführung kaufmännischer Schieds- gerichteein und stellte in seinerden zuständigen Ministerien, Bundesrath und Reichstag, sowie den Handelskammern zugefertigten Schrift folgenden Antrag: „Es werden selbstständige kaufmännische Schiedsgerichte, welche nach Art der bestehenden Gewerbegerichte zu organisiren sind, und in welchen Beisitzer aus den Kreisen der Prinzipale nnd ihrer Angestellten fnugiren, gebildet. Vor diesen Gerichtenwerden Streitsachen durchVergleich oderSchieds- spruch erledigt. Die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind nur dann zulässig, wenn das Streitobjekt den Werth von 300 Mark überschreitet." In Leipzig entleibte sich ein Soldat des 106. Jnfanterie-Regimems aus unbekannte» Gründen mittelst Durchschneidens der Kehle. Roßwein, 22. März. „Gut Naß Harrah!" Unter liefen: Wahlspruch hielt gestern nachmittag der „Sächs. Schwimmcrbund" in dem Schwimmbassin des hiesigen Stadtbodes eine Hebung ab. Dieser Bund besteht zur 4 Vereinen: „Neptun" in Dresden-Striesen, „Wettiu" in Dresden-Plauen, „Saxonia" in Dresden-Deuben und „Chemnitz," Sitz des Bundes. Die Hebungen fanden in 5 Grüppen statt: I. Gruppe: Schulspringen, (Kopfsprung aus dem Stand, sowie mit Anlauf, Kaisersprung mit Anlauf, Schwertsprung mit An- auf und Abrenncn) ferner Kürspringen, bei dem jeder Schwimmer die von ihm zu lösende Aufgabe vorher bekamit gab (Salto mortales, Doppelsaltos re.) Ein niedliches Intermezzo bildete die Vorführung von Knaben, die der städtische Bademeister Exner im Schwimmen unterrichtet hatte. An Gruppe II betheiligten sich 18 Mann (deutsches Brustschulschwimmen, Rückenschwimmen mit Arm- und Beinthätigkcit, oder nur Armthütigkeit, kopfwärts, sowie Seitenschwimmen mit Unterhandschlag. Gruppe III tauchte nach ins Wasser geworfene» Porzellan plättchen (beste Leistung 15 St. nach 30 Sek.), dann Streckentauchen (beste Leistung 54 Meter in 40 Sek.) GruppeIV hielt einen Wettkampf im Brustschnellschwimmen über 75 m ab, ferner Wettkampf im Seitenschwimmen. Gruppe V führte das Rettungsschwimmen in seinen verschiedenen Formen vor. An die Hebungen schloß sich ein Kommers welchen Poftrechnungsrath Kallenbach aus Breslau als Ehrenmitglied des Sächs. Schwimmer bundes präsidirtr. Gera, 19: März. Die Errichtung eines groß artigen Humanitären Werkes ist hier in der Vorbereitung Es handelt sich um die Verbindung folgender Anstalten in einem Hause und unter einer Oberleitung: Mädchen- heim (Mädchenherberge, Müdchenheim und Mädchen bildungsanstalt), Speiseanstalt, Volksbad und Waschan stalt. Das Unternehmen sieht seiner baldigen Verwirk lichung entgegen. Den Platz dazu (1070 Quadratmeter), etwa 60—70,000 Mk. im Werthe, beabsichtigt die Stadt herzugeben. Jni Baufonds befinden sich 66,000 Mk. aus Stiftungsgeldern,- der Bau ist auf 202,000 Mk. veranschlagt. Der Fehlbetrag von 136,000 Mk. soll aus Anleihemitteln genommen werden. Ein Held und Friederrsfiirst. Lebensbild König Alberts von Sachsen. Zum 70. Geburtstag u. 25jährigen Regierungsjubiläum zvsmnmcugeslellt von Gustav Lange. (Nachdruck verboten.) (Forlsepung.) Auch seinen leidenden Landeskindern wandte König Albert seine Fürsorge zu und auf diesem Gebiete unter stützte ihn seine hohe Gemahlin aus's eifrigste. So wurde im Jahre 1878 das Carolahaus in Dresden errichtet, ferner zu Königswartha eine Anstalt für epi leptische Kranke und in Hochweitzschen bei Döbeln eine solche für Jrrensieche. Die vorzügliche Lage des Staatshaushaltes ermög lichte unter der Regierung König Alberts die Ausführ ung einer großen Meiige "unstbauten Lehranstalten aller Art, Industriebauten, Theater, Brücken u. s. w. So wurden in Leipzig die Thomasschule und das Nicolaigymnasium neu gebaut, dann das neue Gewand haus und die Universitätsbibliothek. 1877 wurde der Bau des weltberühmten Nothschönberger Stollen bei Freiberg vollendet. Im November 1877 wurde die Albertbrttcke iu Dresden den: Verkehr übergeben; das Neustädter Gymnasium, das Polytechnikum, das Land gerichtsgebäude und manche andere öffentlichen Bauten verdanken ihr Entstehen der Fürsorge König Alberts. Das umfangreichste und schönste Werk, eine Ver-inigung von Kasernen und militärischen Anstalten, wie sie unter dem Namen Albertstadt in der Dresdner Heide errichtet wurde, wird den Namen König Alberts für alle Zeiten ehren. 1878 begann der 188l vollendete Bau des Barackenlagers zu Zeithai», den: sächsischen Artillerie schießplatz. Nach fünfjähriger Regierungszeit am l8. Juni 1878 feierte König Albert an der Seite seiner edlen Gemahlin das Fest der silbernen Hochzeit. Zahlreiche Beweise der Treue und Anhänglichkeit wurden den: hohen Paare an diesen: Ehrentage aus allen Theilen des Landes ent gegengebracht. In: Sommer 1883, am 1. Jul', unternahm König Albert eine Reise in das Vogtland, wobei er nur wie durch ein Wunder einem jähen Tod entging; Gottes Hand, welche ibn in so mancher heißen Schlacht gnädig lich bewahrte, waltete auch hier sichtbar über seinem Haupte. In dem Streben nach Kenntnis; und Hebung der vaterländischen Industrie hatte König Albert im Laufe des Tages zunächst die Wenzel'sche Fabrik in Lengenfeld in Augenschein genommen, und hatte dann seine Reise nach Reichenbach und Mylau fortgesetzt Als er in letzterer Stadt mit seinem Gefolge die Georgische Fabrik besichtigte, da stürzte ein schweres Fabrstuhl- gewicht in unmittelbarer Nähe König Alberts aus be trächtlicher Höhe herab; der an seiner Seite befindliche Kreishauptmann von Zwickau, Stübel, mar auf der Stelle todt, unser König blieb unverletzt. Wenige Monate später, an: 7. Februar 1884, wurde das sächsische Könighaus durch den Tod der Gemahlin des Prinzen Georg in tiefste Trauer versetzt. In den wechselvollen Zeiten des Weltenlaufes war es König Albert beschieden, in den folgenden Jahren manche Stunde erhabener Freude, aber auch solche der Trauer zu erleben. Wiederholt weilten am Dresdner Hofe hohe Fürstlichkeiten, darunter Kaiser Wilhelm I. und der preußische Kronprinz, um dem sächsischen Königshause durch diese Besuche Beweise der Freund schaft zu bekunden. Bei seinen eigenen Reisen zu großen Manövern deutscher Trnppentheile und bei sonstigen sreudigen Ereignissen, so der Einweihung des Nieder- wald-Denkmals, der Grundsteinlegung zum Reichsge richtsgebäude wurden König Albert von allen Seiten begeisternde Huldigungei: zu Tyeil. Man verehrte in ihn: den Mitbegründer dSr deutschen Einheit, den genialen Feldherrn.