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Dann folgte ein Jahr der Trauer, daS Jahr 1888, welches jedem treuen Deutschen mwergeß rch ble.ben wird. Deutschlands erster Kaiser schloß seine Augen znm ewigen Schlummer und s-m Sohn folgte.hm schon wenige Monden später im Tode nach. König Albert erwies sich in diesen schweren Tagen als die treueste Stühe des Reiches, «uf seine Anregung erfolgte die aroTtia? am 25. Juni 1888, wo sich V deutsche» Bundesfürsten um den jugendlichen Erben der deutschen Kaiserkrone schaarten. Wie König Albe7t auf Kaiser Wilhelm II. seine volle Freundschaft übertrug uud das Freundschastsband, welches ihn mit den beiden dahingeschiedenen Herrschern aus dem Hohen- 'ollerngeschlecht bereits verbunden, auch um den jugend lichen Kaiser schlang, so zollt auch Kaiser Wilhelm II. unserem geliebten König die größte Hochachtung und Verehrung. Wiederholt hat er bei seinen Besuchen am sächsischen Hofe mit dem bereden, Munde seinem Dankesgefühl gegenüber dem sächsischen Könige Ausdruck verliehen und hat in Worten bekundet, welch hohen Werth er auf die Freundschaft legte, die ihn mit König Alben verbindet. OefterS hat Kaiser Wilhelm in schwierigen Lagen den Rath des erfahrenen Herrschers eingeholt und sicher findet König Albert als väterlicher Berather ein williges Ohr bei Kaiser Wilhelm. Auch am 23 April, dem Tage der beiden Jubiläen, wird Kaiser Wilhelm in Dresden anwesend sein und dadurch die Feier erhöhen. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. Als grober Unfug ist kürzlich in Schkeuditz ein Verstoß gegen die Kleiderordnung des Bürgermeisters vom Schöffengericht geahndet worden. Nach dieser Verordnung hatten die Bürger von Schkeuditz am Sonntag nur in guter Kleidung auf der Straße er scheinen sollen, ohne daß jedoch der Bürgermeister solche Kleidung denen, die sie nicht hatten, zur Verfügung stellte. Der Geschirrführer Engelmann hatte sich gegen diese Kleiderordnuug vergangen, indem er am Sonntag im Arbeitsanzug über die Straße ging, und war des halb vom Schkeuditzer Schöffengericht „wegen Verübung groben Unfugs" zu einer Geldstrafe von 3 Mk. oder einem Tag Haft verurtheilt worden. Auf die gegeu dies Urtheil eingelegte Berufung wurde Engelmann vom Landgericht freigesprochen, da das Gericht in der Hand lung „nur ein mangelhaftes Schamgefühl", aber keinen Unfug erblickte. * Kronprinz Albert und der Wachtposten im Stände haus. Als Kronprinz nahm König Albert regelmäßig an den Sitzungen der Ersten Kammer Theil. Beim Verlassen des Stündehauses ist er eines Tages mit Abgeordneten in lebhaftem Gespräch auf dem Flur stehen geblieben uud hat sich dabei eine Cigarre angezündet. Die zwei Wachtposten eines Dresdner Regiments sind in größter Verlegenheit, da sie Niemand hier rauchen lassen dürfen. Endlich faßt sich der Eine ein Herz, schultert, tritt stramm an den Kronprinzen heran und meldete „Königl. Hoheit, entschuldigen, aber — hier därf eegemlich nich gcroocht wär',,!" Der Kronprinz, anfangs betroffen, bricht in ein herzliches Gelächter aus, klopft dem pflichttreuen unerschrockenen Posten auf die Schulter und meint: „Ach richtig, mein Sohn, hast ganz recht, daran habe ich nicht gleich gedacht. Es ist gut, ich danke!" * Wie man sich eine schöne Nase macht. Eine schwedische Schauspielerin stellt die Behauptung auf, daß jeder Mensch cs bis zum 20. Jahre in der Gewalt habe, seinen Gesichtsvvrsprnng, im Fable dieser von der Natur etwas stiefmütterlich behandelt ist, eine etwas wün scheuswelthere Form zu verleihen. Die Dame selbst will von Geburt ein aufgestülptes, stark in die Breite gehendes Näschen gehabt haben, über das sie sich schon als kleines Schulmädchen sehr viel ärgern mußte. Sobald sie sich unbeachtet wußte, zog und zerrte, guctschte und knetete sie daher an dem mißlungenen Riechorgau herum, was zur Folge hatte, daß dieses nicht nur durch seine Form, sondern auch durch seine Farbe höchst unliebsam auf fiel. Trotzdem aber fuhr die eitle Kleine fort, stunden lang ihre Nase zu maltrütiren; anfangs nur, um ihren den Hänseleien der Kameradinnen gegenüber ohnmächtigen Zorn an dem schuldigen Objekt nuszulassen, bald aber mit Berechnung, da sie eines Tages entdeckt zu haben glaubt, daß das Aergerniß erregende Organ nicht mehr ganz so keck in die Luft zu strebe« schien Ohne es zu ahnen, unterwarf das Heranwachsende Mädchen ihre Nase einer regelrechten Massage, in dem sie das Quct- schen und Ziehen nicht mehr mit solcher Heftigst aus führte Die Spöttereien hörten ganz, allmählig auf, dagegen richtete sich mancher verwundert prüfende Blick auf die einst so geschmähte „Negeruase". Vollends befriedigt aber fühlte sich die junge Schwedin erst, als ein Verwandter, der sie mehrere Jahre nicht gesehen hatte, beim ersten Erblicken die Bemerkung machte, daß ihre Nase sich ganz wunderbar zum Vorthcil verändert hätte. „In derThat", fügt die Bühnenkünstlerin hinzu, „ist meine Nase jetzt ganz leidlich; wenngleich sie auch niemals einen schönheitsdurstigeu Bildhauer begeistern >m Staude sein wird, so Mt Pc mich doch durchaus nicht dabei, auf der Bühne schon und ,m Leben nicht gerade übel auszusehen. Ich bin icdoch fest überzeugt, daß ich nie ein Engagement gefunden haben würde, wenn ich meinem Riechorgan gestattet hätte, so aufzu wachsen, wie es ursprünglich von der launischen Natur gebildet worden war." * lieber den Fall Grünenthal werden noch folgende Mittheilungen gemacht: Um einen Anhalt über die Höhe der von Grünenthal begangenen Veruntreuungen zu gewinnen, wird bei allen größeren Bankhäusern Umfrage von der Kriminalpolizei gehalten, ob Grünen thal ein Depot bei ihnen besitzt. Einen schlagenden Schuldbeweis gegen sich hat der Verbrecher dadurch geliefert, daß er den auf den Grabe seiner kleinen Tochter gefundenen Werthpapieren in Höhe von 16,000 Mark (es waren 6 Stück, zu 1000 Mark Steingut aktien, 5 Stück zu 1000 Mark Milmersdorfer Terrain, 5 Stück zu 1000 Mark Elektrizitätsgesellschafts, 16 Stück mit Talos und Coupons) eine auf den Namen Grünenthal's lautende vollständige Rechnung mit Ein kaufsnote beigefügt hatte. Als Ausstellerin dieser für die an der Berliner Börse gekauften Papiere fungirte, nach dem „L.-A.", ein Bankhaus in der Louisenstadt. Hiermit war ein Beweismittel von erdrückender Kraft in die Hände der Behörden gegeben. Während sonst Grünenthal den Einwand hätte erheben können, daß die Papiere nicht sein Eigenthum seien, hatte er dnrch Beifügung der Fraktura über den Einkauf selbst ein unwiderlegliches Zeugniß gegen sich geliefert! — Grünenthal hatte eine Geliebte Namens Lütz. Diese war in früheren Jahren Pflegerin seiner inzwischen verstorbenen Tochter gewesen. Später entwickelte sich eine Spannung. Kurz vor Weihnachten erschien das Mädchen in der Wohnung Grünenthal's und ließ die Worte fallen: „Ich werde dich schon dorthin bringen, wo Du hingehörst — in's Zuchthaus!,, Das Mädchen wußte anscheinend, was Grünenthal auf dem Kirchhof verborgen hielt. Grünenthal, der mit dem Korrektor Knuschmann bekannt war, wohnte auch der Beerdig ung der ersten Frau Knuschmanns bei, auf deren Grab hügel die 44,000 Mark gefunden wurden. Für Grünen thal sind bei der Kasse des Untersuchungsgefängnisses 80 Mk. eingezahlt worden, wodurch er die Vergünstig ung der Selbstbeköstigung erhält. Wie das „Berl. Tagebl." erfährt, hat eine neue Verhaftung in der Asi ire Grünenthal stattgefunden. Es wurde nämlich die Wirthin des Angeschuldigten in Haft genommen. Ein Spuk. Novelle von Fcrd. Tamborini. Nachdruck verbalen. 1. Fortsetzung. Dieser letzte mit schalkhaftem Blick auf den Neffen begleitete Ausruf galt einer Erscheinung, welche zwischen den älteren Damen halb verschwand, wie ein verstecktes Röslein im Blumenstrauß; allerdings war das reizende Kind auch fein wie eine Sylphe. Doch blieb kaum Zeit zum Betrachten, wenn die eben erwähnte Gelegen heit nicht benutzt entschlüpfen sollte. Schon hatten sich beide Herren erhoben und traten den Damen entgegen. „Mein Neffe, Lieutenant von Goering, als Ba- taillonsadjudant hierher kommandirt!" stellt der Oberst vor. „Lassen Sie Ihn ihrer Gnade empfohlen sein, meine Damen." Die Frau Oberin richtete an den jungen Mann artige Worte und sagte dann lächelnd, wie zur Antwort auf den Blick, womit der Oberst das jnnge Mädchen an ihrer Seite gestreift: „Marietta von Thalberg, meine Nichte, gegen wärtig Gast des Stiftes." Ehe diese Vorstellung noch beendet war, stand Lieutenant von Goering dicht neben der hübschen Blondine. „Kanu ich die Ehre haben, gnädiges Fräulein? der Walzer beginnt! Ich war schon früher so glücklich — darf ich hoffen, daß Sie sich entsinnen?" Ein Erröthen, ein flüchtig fragender Blick auf die Tante, und das Paar eilte dem Tanzsaal zu. Inzwischen hatte sich die Dameugruppe aufgelöst. Während sich die eiuzelneu zerstreuten, lud der Oberst seine Gönnerin ein, den eben von ihm verlassenen Schmollwinkel einzunehmen und von dort den Trubel zu genießen, worauf sie heiter einging. Fräulein Ottilie von Berg, die Oberin des Stiftes Kousbruck, war eine angenehme Erscheinung, allerdings nicht jung, aber was man gut conservirt nennt. Das dunkelblonde Haar hatte weder Glanz noch Fülle ein- gebüst, und während sie plauderte, gewann das etwas volle Gesicht wirkliche Anmuth. Auch für deu Oberst durfte die Bezeichnung „conservirt" gelten; doch war bekannt, daß Baron von Steufels das Wort nicht gern laut aussprechen hörte — es erinnerte so sehr an tempi pn^ati. Noch war ibm eine schlanke, elastische Gestalt geblieben: ein wohlgepflegter Bart ziert das schöne, martialische Gesicht, und in den braunen Augen sprühte ein Funke jenes jugendlichen Feuers, welches beweglichen Geistern so leicht nichi erlischt. „Ihr Neffe gefällt mir", sagte die Frau Oberin, Oomuw il taut ist die Erscheinung uud vor allein frisch und — lieb. Der jnnge Mann macht den Eindruck eines Glückskindes: er siehe ans, als hätte er noch nie mit Frau Sorge Bekanntschaft gemacht. Der Oberst warf sich mit jugendlicher Bewegung auf seinen Sitz zurück, stützte den Kopf gegen eine Säule, betrachtete seinen zierlichen Fuß nnd tagte m pikirtem Ton: „Nun, es könnte doch immerhin sein; Frau Sorge bereitet mancherlei, beispielsweise Liebeskummer, — den Sie bekanntlich gering taxiren." Sie drückte die Augen ein wenig zu. „Aber, ich bitte, — ein Zustand, der seit die Welt steht, einer er klecklichen Anzahl von Menschen Leben oder Verstand gekostet hat, läßt sich nicht gering taxiren. Nur, bester Oberst, zweierlei Tuch und einerlei Herz, das stimmt selten; wir wissen das!" Er drehte mit ironischem Lächeln die Spitzen seines Schnurrbartes. „ Ei, gewiß, wer könnte auch in Herzens sachen besser orientirt sein, als die Regentin so vieler —" „Alten Jungfern," ergänzte Fräulein von Berg. II. Der Vollmond stand am Himmel, konnte aber nicht recht zur Geltung kommen; so oft er auch sein Gesicht zwischen eine Wolkenritze schob, immer rückte eine neue Coulisse vor und hinderte ihn, in das Schlaf gemach zu schauen, welches er eben jetzt auf dem Korn hatte. Wenn es ihm glückte, das Sternenzwielicht zu verdrängen und mit vollem Glanze zu dem hohen Fenster Hineinzuströmen, dessen einer Flügel offen stand, ließ er seine Silberfäden spähend auf den Pflanzen eines Blumentisches ruhen, welcher sich etwa in der Mitte des Zimmers befand. Derselbe war vor einen kleinen Tisch gerückt worden und sollte offenbar als Schirm dienen; denn an der Spitze eines großen Gummi baumes war ein leichter, dunkler Shal befestigt, dessen Zipfel sorgfältig durch das Korbgeflecht gezogen waren, um jeden Strahl der Lampe aufzufangen, bei deren Licht ein junges Mädchen eifrig schrieb. Sie hatte sich's bequem gemacht; die blonden Flechten waren los gesteckt, die weiten, zurückfallenden Aermel ließen den zarten Arm der jungen Schriftstellerin frei. Was sie verfaßte, war allerdings kein Epos, aber doch ein Brief, — ein sehr langer Brief; denn es lagen bereits zwei dichtgefüllte Bogen vor ihr, während sie mit dem dritten noch beschäftigt war. Da begann die Uhr auf der Console zu schlagen, und mit diesem Klange zugleich ertönte aus dem dunklen Hintergründe des Zimmers eine feine Stimme: „Aber Marietta, da schlägt es zwölf! Hör' doch endlich auf. Welcher Unsinn bis Mitternacht zu kritzeln, und zwar nach der gestrigen Ballnacht, wo man erst bei Tages grauen zur Ruhe kam. Wenn morgen früh alles Oel aus der Lampe ist, erfährt Deine gestrenge Frau Tante den Statutenbruch doch, trotz deiner schönen Anstalten und wir bekommen Schelte." Das blonde Köpfchen wandte sich der bereits zwischen Gardinen ruhenden Mahnerin zu: „Mit euren Statuten! Wie hälstt Du es nur aus, Agnes, so nach der Schnur zu leben? Nicht einmal nach Belieben Licht brennen dürfen — ich liefe davon! Aberberuhige Dich, ich bin schon fertig." „Schon!" spottete die Unsichtbare, während Marietta ihre Schreibereien zusammenpackte und die Lampe löschte; denn eben jetzt schien der Mond hell in's Zimmer. „Heute war ja der ganze Tag besetzt, — so was muß frisch berichtet werden. O das köstliche Fest! Ich mußte meiner Freundin — hn!" Der Aufschrei, welchem stürzende Flucht nach dem Hintergründe folgte, ward von dort aus mit gleichem Schreckensrufe secundirt; vier weitgeöffnete Augen starrten nach dem Fenster. Draußen schwankte eine Erscheinung, die an Unheimlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Weiße Schleier umflatterten ein weißes Antlitz von durchsichtiger, fast überirdischer Qualität denn statt der Augen flimmerten darin zwei Sterne. Große, weit ausgespannte Flügel wedelten hinter diesem Haupte; ob das Gefieder aus wirtlichen Schultern her vorwuchs, war uicht zu entdecken — überhaupt nichts körperliches zu schauen — nur Schleier uud Falten! und der Spuk hoch über der Erde; denn das Zimmer der Mädchen lag im ersten Stockwerk des Stiftes. Nur eine Sekunde dauerte die Erscheinung; dann hob sich ein Theil des Schleiergemebes; irgend ein Gegen stand flog durch das noch offenstehende Fenster auf den Boden, und alles war vorbei. Zugleich mit dem un heimlichen Wesen verschwand auch der Mond, nnd es war stockfinster. (Fortsetzung folgt.) Frauen und Mädchen, Verstopfung leiden und hierdurch über Herzklopfen, Kopf schmerzen, Schwindelanfälle, Flimmern, Appetitlosigkeit rc. klagen, sollten dem Rath erfahrener Aerzte folgen und nur die von Professoren der Medizin geprüften uud empfohlenen Richard Brandt's Schweizerpillen auwenden, welche alle ähnlichen Mittel übertreffen und ich als das angenehmste, zuverlässigste, billigste und mschädlichste Hausmittel seit Jahrzehnten bewährt haben. Erhältlich nur in Schachteln zu Mk. 1.— in den Apotheken. Die Bestandtheile der ächten Richard Brandt scheu Schwcizerpillen sind Extrakte von: S'lge l,5 Gr., Moschusgarbe, Aloe, Absyuth je l Gr. Bitter- lee, Geutinn je 0,5 Gr., dazu Gentian- und Bitterklee- mlvcr in gleichen Theilen und im Quantum, um daraus ,0 Pillen im Gewicht von 0,12 herzustellen.