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Adorker Wochenblatt. Mittheil nugen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Achter Jahrgong. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 27 Ncugroschcn, bei Beziehung des Blattes durch Botengelegenhcit 2» Neugroschen. 19. Erscheint ^edt Mittwoche. 10 Alai 1843. Neber den Verein znr Verbreitung guter Volksschriften. (Fortsetzung.) So wenig wir aber den auflrctenden Persönlich keiten der Schriftsteller und Herausgeber zu nahe kommen wollen, so wenig achten wir es auch für un sere Sache, den größern oder geringem Grad des Ta lents zu kritisiren, welcher sich hier ausspricht. Un ser Absehen geht zunächst und lediglich auf die einge- schlagene und verfolgte Richtung überhaupt.' Diese, die Tendenz der Schriften, stößt recht eigentlich in unser Bereich; denn haben sich jene Bücher vorgc- nommcn, auf's Volk zu wirken, so unterfällt dieser öffentliche, also politische Zweck der allgemeinen Prü fung und wir sorgen und streiten mit Fug und Recht, für Hcerd und Haus, kraft unseres Amtes als Wo chenblatt. Das zugestandene Streben aller Volksbücher ist eS, dem Bürger- und Bauernstand einen Spiegel des Lebens vvrzuhaltcn, darin er sich und seine Zeit mit ihren Gebrechen und Fehlern, Sitten und Lastern, zum Sprechen und Schrecken getroffen, schaue. Die se Aufgabe hat der Verein keineswegs verkannt, er lös't sie aber nicht vom Standpunkt der höher» Bil dung, sondern vom Standpunkt des sächsischen Staats bürgerthums, und dies ist der erste und hauptsächlich ste Vorwurf, welchen man diesen schriftstellerischen Bemühungen machen kann. Es ist nicht der Welt bürger, nicht der freie deutsche Mann, welcher hier gebildet wird, sondern der königlich sächsische Unter- lhan wird hier belehrt, wie cr seine Schuldigkeit ge gen Staat und Kirche zu verrichten hat. Nicht wie unsere große, im Riesenkampfe zweier Kräfte ringen de Zeit will, nicht einmal, wie die reine, menschliche, von jeher geltende Moral will, sondern, wie die ho ¬ hen Ministerien un^ die hohen Behörden den Men schen wollen, so wird er hier gezogen und geschult. Nicht Kraft und Leidenschaft, nicht -wilder Trotz, nicht himmelstürmcnder Zweifel treten hier in die Schranken, sondern Bescheidenheit, Häuslichkeit und Gehorsam. Würdige Vorgesetzte, fromme Geistliche, brave Lehrer, Dorfrichter oder Eltern führen junge Leute, deren höchstes Streben Geld und Gut, bürger liches Wohlbefinden ist. Fortkommen heißt die unbe kannte Größe, welche durch Unterordnung, Rücksicht und Leitsamkcit gefunden werden soll. Von den O- bern gelobt, bevorzugt und befördert werden, ihnen ,huldigen und gefallen, das ist Tugend in diesen Bü chern. Fromm und gehorsam sein, lautet die Regel des Ordens, welcher hier predigt und gepredigt wird. Ofsicialität ist der herrschende Charakter, wie des Ti tels, so der Blätter der Schriften. In der zweibändigen Erzählung Gottlieb Köhler, der Recrut und Soldat, um durch ein Beispiel die Sache zu illustriren, wird ein junger Bauer von ei, nem tapsern Adeligen, frommen Pfarrer und recht schaffenen Schulzen überredet, Militärdienste wirklich zu leisten, statt die gesetzliche Einstandssummc dafür zu zahlen. Gottlieb wird Soldat und mit ihm ein junger Pachter jenes Adeligen, Namens Conrad. Gottlieb läßt sich durch diesen seinen Freund und Landsmann Anfangs verführen; er geht zu Lanz, schafft sich ein Mädchen an und verliert dadurch den Beifall der Ofsicierc. Zeitig genug, durch den acht» baren, sein Tagebuch haltenden Sergeant bekehrt, bringt Gottlieb eine widerspenstige Gemeinde, die ih ren Communweg nicht bauen will und wohin Gott lieb auf Erecution kommt, durch eine Denunciation gegen den Richter und mit Hülfe des Amtes zur Rä son, macht sich dadurch bei seinen Odern wieder be«