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Organ des deutschen Gärtner-Verbandes. Redigirt • von Ludwig öller, Geschäftsführer des —= 9 deutschen Gärtner-Verbandes in Erfurt. Feeeg: Erscheint nm 1., 10. un 20. eines jeden flonats. * # Abounementspreis jährlic) 7 31., halbjährlid 3 50 Pf. * Nr. 35. • Erfurt, 10. November 1884. A VIII. Jahrgang. V erbandsangelegenheiten. Fünfte Wanderversammlung des deutschen Gärtner-Verbandes in Frankfurt a. M. am 20. September. (Fortsetzung.) Nach Wiedereröffnung der Versammlung erteilt der Vorsitzende dem nächsten Referenten, Ludwig Möller- Erfurt, das Wort. Der Redner, von der Versammlung mit lebhaftem Beifall begrüsst, beginnt nach einigen dankenden Worten für die freundliche Bewillkommnung mit seinem Refe rate über: „Die gegenwärtige Lage der deutschen Handels gärtnerei und die Mittel zu ihrer weiteren Besserung“. Meine Herren! Bevor ich mich meinem Vortrags thema zuwende, gestatten Sie mir, die Bemerkung vor aufzuschicken, dass es für unsere Verhandlungen zweck mässiger und für mich angenehmer gewesen wäre, wenn ich mich mit einem zweiten Referenten in das Vortrags thema hätte teilen können, und zwar in der Art, dass mein Partner die Aufgabe übernommen hätte, die gegen wärtigen Verhältnisse der deutschen Handelsgärtnerei Grau in Grau zu malen, alle Nachtseiten derselben her vorzuheben, während ich für mich die Aufgabe in An spruch genommen hätte, das Bild der gegenwärtigen Lage in mehr rosenfarbener Darstellung zu entwerfen, alle Lichtseiten hervorzuheben und dies nicht etwa eines interessanten Experiments wegen, sondern aus vollster innerster Ueberzeugung, eine Ueber- zeugung, die ich gewonnen habe auf Grund unbefangenen sorgsamen Studiums der obwaltenden Verhältnisse in den verschiedensten Gegenden unseres Vaterlandes. Es würde durch eine solche Teilung der Aufgabe eine allseitige Beleuchtung des Themas erzielt worden sein, die in vielfacher Beziehung zur Klarstellung irriger Auffasssungen hätte beitragen können. Nun, meine Herren, es wird Ihnen ja Gelegenheit gegeben werden, ihre Auffassungen zum Vortrag zu bringen und meine Darstellung zu korrigiren, wo ihnen dieselbe nicht ganz zutreffend erscheint. Die leitende Absicht bei meinen Ausführungen ist: dem unberechtigten Pessimismus, der hin und wieder bemerkbar werdenden hoffnungslosen Beurteilung der gegenwärtigen Lage und der Zukunft der deutschen Gärtnerei an der Hand der Tatsachen entgegen zu treten. Wenn wir die Entwicklung, welche die deutsche Handelsgärtnerei in den letzten anderthalb Jahrzehnten gefunden hat, überblicken und deren gegenwärtige Lage vorurteilsfrei und unbefangen prüfen und beides: die letztzeitliche Entwicklung und die gegenwärtige Lage, in Vergleich stellen mit den Zuständen in anderen Erwerbszweigen, dann müssen wir gestehen, dass unser Fach einen hochbedeutenden Aufschwung genommen hat und dass die gegenwärtige Lage desselben im all gemeinen eine zufriedenstellende ist. Die Krisis, welche vor mehr wie einem Jahrzehnt verderbenbringend durch unser Reich zog, die blühende Erwerbszweige zerstörte, andere derart belastete, dass sie sich von dem Druck erst spät wieder erholten oder noch unter demselben kranken, sie ist an der Gärtnerei, wenn auch nicht ganz spurlos, so doch ohne jene tief einschneidenden verderblichen Folgen vorübergangen. Wir haben seit einem Jahrzehnt nicht nur eine ansehn liche Vermehrung der Gärtnereien zu konstatiren, sondern auch eine Vergrösserung des Umfanges der be stehenden und eine Steigerung des Geschäftsumsatzes derselben. — Und wir haben während dieser Zeit nicht nur für unsere eignen Produkte uns das Inland als Absatzgebiet erhalten, wir haben auch die fremde Kon kurrenz, die früher in einzelnen Spezialitäten über mächtig war, in vielen Artikeln ganz, in einigen zum grössten Teile lahmgelegt, und sind — und darauf lege ich eine Hauptbetonung — mit derselben auch auf frem den Gebieten mit Erfolg in die Schranken getreten. Und das, m. H., — ich hebe es besonders hervor — ist durch unsere eigne Intelligenz und Tüch tigkeit erzielt. Nicht — nun ich will sagen — künstliche Mittel waren es, die uns soweit gebracht haben, es ist nicht für uns der Staatshülfsapparat mit Schutzzöllen, Ausfuhrprämien u. s. w. in Bewegung ge-