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pulsnitzerMchendlatt Sonnabend, 22. Juli 1916. Beilage zu Nr. 88. 68. Jahrgang. Verlehr mit Brotgetreide aus dem Ernteiahr 1818 und Regelung des Getreideabsatzes. Zur Durchführung der Bekanntmachung des Reichskanzlers über den Verkehr mit Brot getreide und Mehl aus dem Erntejahr 1916 vom 28. Juni 1915 (Reichsgesetzblatt Seite 363 flgde.) in der Fassung der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 29. Juni 1916 (Reichs gesetzblatt Seite 613 flgde.) wird hiermit folgendes zur öffentlichen Kenntnis gebracht: I. Das im Bezirke der Königlichen Amlshauptmannschaft Kamenz angebaute Brotgetreide, nämlich Roggen, Weizen, Spelz (Dinkel, Fesen) sowie Emer und Einkorn, allein oder mit anderem Getreide gemengt, ist mit der Trennung vom Boden für den Bezirksverband der König lichen Amtshauptmannschaft Kamenz beschlagnahmt. Die Besitzer beschlagnahmter Vorräte sind berechtigt und verpflichtet, die zur Erhaltung der Vorräte erforderlichen Handlungen vorzunehmen; sie sind berechtigt und auf Verlangen des Bezirksverbandes der Königlichen Amtshauptmannschaft verpflichtet, aurzudreschen. Mit dem Ausdreschen wird das Stroh von der Beschlagnahme frei. II. Den Besitzern beschlagnahmter Vorräte ist jede Verfügung über diese untersagt. Jedoch gelten folgende Ausnahmen: 1 ., Trotz der Beschlagnahme dürfen Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe: a) zur Ernährung der Selbstversorger auf den Kopf und Monat 9 kA Brotgetreide verwenden. Als Selbstversorger gelten nur solche Unternehmer, mit den von ihnen zu beköstigenden Personen, die fristgemäß bei den Ortsbehörden erklärt haben, daß sie in dem am 16. August 1916 beginnenden neuen Erntejahr von dem Rechte der Selbstversorgung Gebrauch machen wollen und im Besitze der zu dieser Versorgung ausreichenden Vorräte sind; b) das zur Herbst und zur Frühjahrsbestellung erforderliche Saatgut ver wenden. Dasselbe gilt für zu Saatzwecken auf Saatkarte erworbenes Brotgetreide; e) mit Genehmigung des Bezirksverbandes der Königlichen Amtshauptmannschaft Kamenz felbstgezogenes Saatgetreide für Saatzwecke veräußern. Die Genehmigung wird nur solchen Unternehmern landwirtschaftlicher Betriebe erteilt werden, die sich nachweislich in den Jahren 1913 und 1914 mit dem Verkaufe von Saatgetreide be faßt haben. Die veräußerten Mengen sind vom Veräußerer der Königlichen Amts hauptmannschaft binnen 3 Tagen anzuzeigen. Abänderung der für Selbstversorger verwendbaren Menge bez. Festsetzung der Höchstmenge, die als Saatgut auf das Hektar verwendet werden darf, hat sich die Reichsgetreidestelle Vorbehalten. 2 . Die Besitzer haben im übrigen das Recht und die Pflicht, die erdroschenen Körner dem Bezirksverbande der Königlichen Amtshauptmannschaft Kamenz zum Kaufe anzubieten. Es ist nur marktfähiges Getreide abzuliefern. (Vgl. IV.) III. Jeder Besitzer beschlagnahmter Vorräte hat der Königlichen Amtshauptmannschaft anzu zeigen, welchen Ertrag der gesamte Erdrusch nach seiner Beendigung geliefert hat und wieviel hiervon auf die unter II Ziffer 1, u—o angegebenen Zwecke ausgesondert worden ist. Die Gemeindebehörden haben darüber zu wachen, daß das Ausdreschen der ge ernteten Vorräte nicht ungebührlich verzögert wird Eintretendenfalls haben sie der Königlichen Amtshauptmannschaft Mitteilung zu machen, und die Königliche Amtshaupt Mannschaft wird dann das Nähere wegen des Erdruschs nach ZA 3 und 4 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 28. Juni 1915 in der Fassung der Bekanntmachung des Reichs kanzlers vom 29. Juni 1916 bestimmen. Weiter hat jeder Besitzer beschlagnahmter Vorräte den etwaigen Zukauf von Saatgut binnen 3 Tage,n der Königlichen Amlshauptmannschaft anzuzeigen. IV. Der Bezirksverband der Königlichen Amtshauptmannschaft Kamenz hat den Einkauf des beschlagnahmten Getreides der Firma Getreideeinkauf Kameuz, 'e. G. m. b. H. in Kamenz (Geschäftsstelle Oststraße 4) übertragen. Die genannte Firma ist somit Geschäftsträgerin des Bezirksverbandes für das gesamte Getreidegeschäft. Der Getreideeinkauf Kamenz wird nicht unmittelbar mir den Getreideerzeugern verkehren, sondern den Einkauf des Getreides durch seine Einkäufer und Untereinkäuser vornehmen lassen. Als Einkäufer bezw. Untereinkäufer sind fol gende Firmen bestellt worden: Bombach L Paatz in Kameuz, M. E. Schöne in Kameuz, H. M. Trepte in Kameuz, Hermau« Herzog in Bischheim, Haus Valtiu in Elstra, Max Paul in Burkau, F. G. Söhuel Nachf. in Königsbrück, Spar-, Kredit- «od Bezugsverein Hauswalde, Spar-, Kredit- und Bezugsverei« Neukirch, Spar- und DarlehnSkassenvereiu Burkau, Darlehns- uud Sparkaffenverein Uhyst am Taucher, Spar-, Kredit« und BezngSverein Rödertal in Großröhrsdorf, Spar-, Kredit- und Bezugsverei» am Hochstein in Rauschwitz, Spar-, Kredit- uud Bezugsverei» Höckendorf, Spar-, Kredit- «nd Bezugsverein Pulsnitz, Spar-, Kredit- nnd Bezugsverei« Elstra, Spar-, Kredit- uud Bezugsverein Großgrabe, Spar-, Kredit- uud Bezugsverei« Tchmorkau-Weißbach. V. Der Verkauf und die Abgabe von beschlagnahmtem Getreide an andere Firmen, Personen oder Stellen ist unzulässig, ebenso der Verkauf an Mühlen. Den für den Kommunalver band tätigen Mühlen, die im Besitze eines Gelreidebezugsscheines sind, ist es zwar künftig ge stattet, ihr Mahlgetreide unmittelbar von den Erzeugern zu beziehen, nicht aber Zahlung dafür ;u leisten. Alle Getreidelieferungen an Kommuualmühlen haben vielmehr ausschließlich für Rechnung des G-treideeinkauf Kamenz zu erfolgen, dessen Einkäufer verpflichtet sind, gegen Uebergabe der von den Mühlen auszustellenden Empfangsbescheinigung sofort Be zahlung für das gelieferte Getreide zu leisten und dem Lieferanten eine Ablieferungs bescheinigung zu übergeben. Die für den Kommunalverband beschäftigten Mühlen, die Getreide unmittelbar von den Erzeugern beziehen dürfen, werden später noch bekanntgegeben werden. VI. Jeder Besitzer von beschlagnahmtem Getreide erhält durch die Ortsbehörde als Ausweis eine Getreideverkaufskarte von roter Farbe zugestellt, die bis zum 14. Juli 1917 gültig ist und daher sorgfältig ausbewahrt werden muß. Wer bis zum 1. August nicht im Besitze einer gültigen Getreideverkaufskarte ist, hat die Ausfertigung einer solchen sofort bei der Ortsbehörde zu beantragen. Geraten Getreiveverkaufskarten in Verlust, so ist Ersatz dafür ebenfalls bei der Ortsbehörde zu beantragen. Die für das Erntejahr 1915 ausgestellten Getreideoerkaufrkarten von grüner Farbe haben keine Gültigkeit mehr. Die Getreideverkaufskarte ist bei jeder Getreideablieferung dem Empfänger des Getreides unaufgefordert vorzulegen. Den Einkäufern des Gerreideeinkäüf Kamenz und den bezugs berechtigten Kommunalmühlen ist untersagt, Getreide von solchen Lieferanten anzunehmen, die bei der Ablieferung keine Getreideverkaufskarte vorlegen. Abgeber von Getreide, die das Ge treide nicht selbst erbaut, sondern durch Aehrenlesen gewonnen haben, brauchen keine Getreide verkaufskarte. VII. Jeder Besitzer oon beschlagnahmtem Getreide ist verpflichtet, einen Getreideverkaufs- nachweis zu führen Vordrucke hierzu werden den Getreidebesitzern gleichzeitig mit der Ge treideverkaufskarte von der Ortsbehörde zugestellt. In den Getreideverkaufsnachweis ist das gesamte Verkaufsgetreide aus dem Erntejahr 1916 einzutragen. Es ist also einzutragen: 1 ., Getreide, das an die Einkäufer des Getreideeinkauf Kamenz verkauft worden ist; 2 ., Geneide, das für Rechnung des Getreideeinkaufs an die für den Kommunal verband Kamenz tätigen Mühlen abgeliesert wo den ist; 3 ., Gerste, die an die Kommissionäre der Gerstenverwertungsgesellschaft verkauft worden ist; 4 ., Hafer, der etwa direkt an die Proviantämter abgeliefert worden ist; 5 ., Saatgetreide, das mit Genehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft ab gegeben worden ist. Nicht einzutragen ist das Getreide, das zum Zwecke der Selbstversorgung in die Mühlen gebracht wird. Die Eintragungen, die am Tage der Ablieferung zu erfolgen haben, müssen genau mit den von den Empfängern des Getreides ausgestellten Empfangsbescheinigungen übereinstimmen. Die Königliche Amtshauptmannschaft wird später bestimme», bis zu welchem Tage der Getreideverkaufsnachwcis bei der Ortsbehörde einzureichen ist. Wahrheitswidrige oder nicht vollständige Angaben in den Nachweisen ziehen Bestrafung nach sich. Geraten Getreideverkauss- nachweise in Verlust, oder reicht ein Vordruck nicht aus, so werden weitere Vordrucke auf Verlangen von der Ortsbehörde geliefert VIII. Die Einkäufer des Getreideeinkauf Kamenz und die bezugsberechtigten Kommunalmühlen sind verpflichtet, den Lieferanten von Getreide über jede Lieferung eine Empfangs bescheinigung zu übergeben. Die Empfangsbescheinigungen müssen mit fortlaufender Nummer versehen sein und die Nummer der Getreideverkaufskarte, den Namen (Vorname ausgeschrieben) und Wohnort des Lieferanten, den Tag der Ablieferung und die Menge des gelieferten Getreides in Kilogramm enthalten. Zu den Empfangsbescheinigungen sind ausschließlich die von dem Getreideemkauf Kamenz gelieferten Vordrucke zu verwenden. IX. Den Ortsbehörden gehen die Gelreideverkaufskarten und die Vordrucke zu den Getreide verkaufsnachweisen durch den Getreideeinkauf Kamenz zu, an den auch Nachbestellungen zu richten sind. Die Ortsbehörden werden angewiesen, diese Firma in der Erfüllung ihrer Auf gaben zu unterstützen. X. Die bisher über die Brot- und Mehlversorgung zum Zwecke der Verbrauchsregelung ec- lassenen Vorschriften bleiben bis auf weiteres unberührt. XI. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Bekanntmachung, soweit sie ein Gebot oder Verbot enthalten, unterliegen den Strafbestimmungen in 88 9, 37, 46, 57, 58, 58a und 69 Ziffer 2 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 28. Juni 1915 in der Fassung der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 29. Juni 1916. XII. Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem Tage ihrer Bekanntmachung m Kraft Der Bezirksverband der Königlichen Amtshauptmannschaft Kamenz, am 20. Juli 1916. Aus aller Welt. — (Eine Million Minuten Krieg.) Einer, der viel Zeit hat, teilt dem Amsterdamer „Allgemeen Handelsblad" mit, daß der Krieg am 1. Juli 1916, vor mittags 10 Uhr 10 Minuten gerade eine Million Minuten gedauert hat. — (Die fünfte Frau.) Eine im ostpreußischen Kreise Mohrungen erscheinende Zeitung brachte kürzlich eine Anzeige, in der ein Altsitzer Hermann Schwarz alle Leute warnt, seiner Frau etwas zu borgen, da er für nichts aus komme. Frau Schwarz blieb ihrem Ehegemahl die Ant wort nicht schuldig, indem sie in der letzten Nummer der selben Zeitung die folgende Erklärung erläßt: „Erkläre hier mit, daß es mir nicht einfallen wird, aus den Namen meines Mannes, des Altsitzers Hermann Schwarz, etwas zu borgen, da er selbst nichts besitzt. Auch warne ich als fünfte Frau die sechste, sich mit ihm zu verloben. Ich würde es auch lieber sehen, nicht Frau Schwarz, sondern Frau Pölk ge nannt zu werden. Frau Rentier Schwarz, verwitwet gewesene Pölk, Schnellwalde, Ostpreußen." — (Sehr guterStand der österreichischen Ernte.) Nachdem unter dem Einfluß warmen und trockenen Wctters der Rost auf Blättern und Aehren der Getreide felder Oesterreichs verschwunden ist, zeigen d<e Felder volle, mit Körnern reich besetzte Aehren. Gleiches wird aus den Sudetenländern und aus Galizien berichtet, und mit Weh mut vernimmt man auch, daß die Ernte in der Bukowina und in Wolhynien ganz besonders schön stand. Entscheidend für die Monarchie ist aber natürlich der Ausfall der Ernte in der ungarischen Tiefebene, dem Hauptgetreidegebiet der Monarchie. Nach privaten Mitteilungen soll die Ernte im ganzen recht gut ausfallen, jedenfalls erheblich über dem vorjährigen Ergebnis stehen. — Die großen Mengen Heu, die es in diesem Jahre gab, sind nur im Gebirge noch nicht geborgen. Jedenfalls ist reichlich Futter vorhanden, um das Jungvieh, das sorgfältig geschont worden ist, so daß der Rindviehbestand in Oesterreich der Kopfzahl nach nicht zurück gegangen ist, aufziehen zu können — (Ich Habs ja dazu) Eine Bauersfrau kam jüngst auf den Markt in Eßlingen mit Zwiebeln. Sofort wurde sie umringt. 40 Pfg forderte sie von der ersten Käu ferin, gleich schrie eine andere: „Ich gebe Ihnen 50 Pfg." Eine dritte rief: „Und ich 60 Pfg., wenn sie mir den gan zen Vorrat überlassen." Andere Frauen machten ihr ener gische Vorwürfe, aber sie antwortete: „Was wollen sie denn, ich Habs ja dazu!" Gehören solche Leute nicht an den Pranger, die nur an sich denken? — (Heftiger Sturm.> An der Küste von Ceylon hecrsckt ein heftiger Sturm. Man fürchtet, daß Hunderte von Fischern davon überrascht wurden und ertranken. Regierungssahrzeuge suchen nach den Schiffbrüchigen. Viele wurden gerettet.