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Stammknospe, die zum ersten Stengelchen aus wächst, und zwei, selbstredend noch nicht ergrünte Blätter, die man Keimblätter oder Kotyledonen nennt, deutlich unterscheiden. Der Same ist demnach die zukünftige Pflanze in kleinster Gestalt. Legen wir nun ein Samenkorn in die Erde, so nimmt es mehr als 50 °/»seines eigenen Gewichtes an Wasser auf, schwillt infolgedessen stark au und giebt auf diese Weise der jungeu Keimanlage Gelegenheit, sich zu strecken. Dabei sprengt zuerst das Würzelchen die morsch gewordene Samen schale und dringt nunmehr senkrecht in den Boden ein. Die Keimblätter (Kotyledonen) bleiben zu nächst noch in der Samenschale bezw. in dem Endosperm zurück, um die im Endosperm auf gehäuften Reservestoffe (Stärke, Zucker re.) aus- zufaugen und der jungen Keimpflanze zuzuführen. Erst nach fast gänzlicher Verflüssigung und Dicht hinter dem Vegetationspunkt der Keim wurzel werden innerhalb des Wurzelgewebes ueue Vegetationspunkte angelegt, die wahrscheinlich von dem ersten Vegetationspunkte abstammen. Aus diesen entwickeln sich nun Nebeuwurzeln, wobei selbstredend das Wurzelgewebe durchbrocheu werden muß. Bilden die Nebenwurzeln fort gesetzt ebenfalls wieder Nebenwurzeln, so entsteht mit der Zeit das weitverzweigte Wurzelsystem, welches gemeinhin nur „Wurzel" genannt wird. Haupt- und Nebeuwurzeln sind also an Gestalt keineswegs verschieden. Während aber die Haupt- wurzel als sogenannte Pfahlwurzel senkrecht in den Boden eindringt, wachsen die Nebenwurzelu nur schräg abwärts oder auch horizontal vorwärts. Eine wagerecht umgelegte Pfahlwurzel würde bald wieder ihre senkrechte Richtung einschlagen, ebenso wie eine senkrecht gestellte Nebenwurzel in kurzer Zeit in die mehr oder weniger horizon- Fig. 1. Fruchtknoten. rr. Narbe mit Pollen, b Keimschlauch eines Pollens, a. Mikropule, ä Samenknospe, 6 Embryosack, 5 Eizelle, T Synergiden. Fig. 2. Vegetationspuukt. a Stammscheitel, k Blattanlagen, o Achsellnospen, 6. Gesäßbundel. Fig. 3. Zelle. L Membran, U Protoplasma, v getttcrn mit dem »nttörpcrchen, ü ChlorophyNbrner, e Nakuole mit dem Zellsaftc. Verwendung der Reservenährstoffe wächst aus der Stammknospe des Embryos das Keimstengel chen hervor und hebt die Kotyledonen mit über die Erdoberfläche, wo dieselben in kurzer Zeit ergrünen unv als erste grüne Blätter der jungen Pflanze nützlich werden. Verfolgen wir nun zunächst die Entwickelung des Würzelchens. Die Keimwurzel stellt die typische Form der Wurzel, d. h. die eines langen cylpidrischen Fadens mit konischer Spitze, dar. An der Spitze derselben befindet sich ein weiches Gewebe, dessen Zellen einer Teilung und Ver mehrung fähig sind, der Vegetationspunkt. Da durch, daß sich die Zellen des Vegetationspunktes vermehren, wächst er im Boden fort und bedingt so das Längenwachstum der Keimwurzel. Dem Vegetationspunkte ist einerseits zum Schutze gegen Verletzungen, andererseits aber auch zwecks leichteren Vordringens im Boden an der Ober fläche eine schlüpfrige Kappe, die Wurzelhaube, beigegeben, die außen zwar abstirbt, von innen her jedoch stets erneuert wird. tale Lage übergeht. Diese Erscheinung ist auf eine verschiedene Reizbarkeit der Haupt- und Nebenwurzeln gegen die Schwerkraft zurück zuführen und wird mit dem Namen Geotropismus bezeichnet. Die jüngsten Nebeuwurzeln sind, wie aus Vorstehendem hervorgeht, in der Nähe der Spitze ihrer Mutterwnrzel zu suchen. Nur junge, krautige Wurzeln sind im stände, Wasser und Nährstoffe aus dem Boden aufzunehmen, ältere Wurzeln verkorken an ihrer Oberfläche und werden fo für Wasfer undurchdringlich. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß auch die Wurzelspitze, der Vegetationspunkt, nicht der Wasser- und Nährstoffaufnahme dienen kann. Diese Aufgabe fällt vielmehr, wenigstens zum größten Teile, den Wurzelhaaren zu, die sich als einfache Schläuche der Oberflächenzellen der Wurzel nicht weit hinter den Vegetationspunkten, also den Wurzelspitzen, bilden. Sie funktionieren nur einige Tage, werden aber immer durch neue, der Wurzelspitze uach- rückende ersetzt.