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unüAiiMer Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Generalanzeiger für Hohenstein. Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, Langenchursdorf, Reichen bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, Dt. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rüßdorf. Rr. 203 Donnerstag, den 3». August !9281 78. gahrg. Bet Klage», Konkurse», Vergleichen »sw. wird der Brutto betrag tu Rechnung gestellt I« Falle höherer Gewalt — Krteg oder sonstiger legend welcher Störung d«S Betriebe- der Zeitung, der Lieferanten oder der BesördcrungSetnrtch» tungen — ha« der Bezieher keinen Anspruch ans Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rüchahlung d«S Bezugspreise». Erscheint ,eden Wochentag nachmittag». — Fernspr. «r. U. Postscheckkonto Leipzig 23 484. — Gemeindegtrokonw 14. — Bankkonten. Commerz, und Privat-Bank Zweigstelle Hohen- stet». Ernstthal — Darmstödier und Nationalbank Zweig niederlassung Hohenstein'Ernstthal. — Unverlangt etngesandt« Manuskript« werden nicht zurückgeschickt — Einsendungen ohne Namen-nennung finden kein, Aufnahme Dieses Blatt ist da- zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen deS Amtsgerichts, des Finanzamts und de» StadtratS zu Hohenstein-Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Sie MMMiW «Ser WWW? Besprechungen in Genf — Poincare zur Teilraumung bereit? Um -Se Ggrsnze Vr» uuierem Berliner Vertreter Berlin, 30. August Polen hat sich bisher in Hoffnungen gewiegt, Frankreich werde die Nheinlandräumung mit der Sicherung der Grenzen im Osten verbinden, das heißt, Deutschland die Kompensation für die Nheinlandräumung, das Ostlocarno, ab zwingen. Zaleski hat über diese Frage schon vor Monaten in London und Paris verhan delt, und seinerzeit geschickt Stimmung für die Forderung Polens zu machen verstanden. Es war jedenfalls der Eindruck erweckt, als ob Polen die volle Unterstützung Frankreichs fände. Nachdem nunmehr die Ansichten Poincares bei den Verhandlungen mit Stresemann bekannt ge worden sind, ersieht man, daß der französische Ministerpräsident — vorausgesetzt, daß die bis herigen Pressemeldungen zutreffen — gegen Polen eingegangene Verpflichtungen gar nicht in die Debatte warf, sondern lediglich vom rein französischen Standpunkt die Räumung der zweiten und dritten Zone ansieht. Das ist Herrn Zaleski, der sich ebenfalls in Paris aufhielt, um Polens Unterschrift unter den Kelloggpakt zu setzen, bekannt geworden. Deshalb nahm er so fort Veranlassung, einen anderen moralischen Druck auf Deutschland auszuüben, um, wenig stens seiner Ansicht nach, namentlich die Kor ridorgrenzen zu sichern und für die polnische Auffassung Stimmung zu machen. Er erklärte nämlich Pariser Journalisten gegenüber, nach dem Deutschland und Polen den Kelloggpakt unterzeichnet Hütten, seien alle übrigen Forde rungen, die Polen bisher stellen mußte, illuso risch, denn die Agitation in Deutschland zugun sten einer Grenzänderung müsse jetzt mit der Tatsache rechnen, daß das Reich nicht Krieg füh ren darf, um seine Wünsche durchzusetzen. Den Kelloggpakt sieht er als eine Ergänzung der Locarnovertrüge an, als eine völlige Sicherung Polens, das anscheinend einen Krieg Deutsch lands wegen der Grenzen befürchtet hat, jetzt aber" jede Kriegsfurcht begraben kann, da der Kelloggpakt ja den Krieg verbietet. Mithin herrscht in Polen heute die feste Ueberzeugung, Deutschland könne weder durch wirtschaftliche Sanktionen noch durch politischen Druck eine Aenderung der Ostgrenzen herbeiführcn. Die einzige Möglichkeit hierfür würe eine kriegerische Auseinandersetzung gewesen, die aber nunmehr durch dis Unterschrift Deutschlands unter den Kelloggpakt ausgeschlossen erscheint. Man merkt richtig das Aufatmen Polens, die Befreiung von einem Alpdruck, der auf Polen gelegen haben muß, denn dieses Polen, das auch über wirtschaftliche Fragen mit Deutschland mancherlei Verhandlungen zu führen hat, zeigte sich bisher immer störrisch und ablehnend. Jetzt aber meint Zaleski, über finanzielle und wirt- ichaftliche Dinge werde sich immer eine Verstän- digung erzielen lassen. Ob nunmehr tatsächlich eine andere Einstellung Polens für Deutschland erfolgt? Der polnische Außenminister kündigt es an. Wir halten jedoch seine Pariser Aeuße- rungen für eine reine Stimmungsmache, die be zweckt, das aufhorchende Ausland wissen zu las sen, unter welchen Qualen Polen bisher litt und wie segensreich der Kelloggpakt gerade für Polen sein müsse. Dieser Vertrag, verschieden ausgelegt, stark angezweifelt, mit großen Maschen, durch die jeder diplomatisch schlüpfen kann, wird endlich von einem Diplomaten für seine Zwecke hcrangezogen und als Kriegsoer hüter bezeichnet, was er im Grunde ja sein soll, aber niemals werden wird. Das hat schon Chamberlain deutlich genug erklärt, und die internationale Presse in der folgenden Polemik festgestellt. Möglich, daß sich nach und nach eine stimmungsmäßigc Einstellung der Länder zum Kelloggpakt findet. Polen geht jedenfalls vor an. Wenn es aber deutscherseits die Kriegs- Genf, 30. August Staatssekretär v. Schubert, der in Genf eingetroffen ist, hat Mittwoch vormittag in Baden-Baden eine längere Aussprache mit Dr. Stresemann über die Unterredun gen gehabt, die in Paris mit dein französischen Ministerpräsidenten und dem französchen Außenminister anläßlich der Unterzeichnung des Kellogg-Paktes geführt worden sind. In der Unterredung zwischen Dr. Stresemann und Poincare sind, wie mitgeteilt wird, sämtliche, die deutsch-franzö sischen Beziehungen berührenden Fragen zur Er örterung gelangt. Ebenso sind in der Aus sprache zwischen Dr. Stresemann und Briand alle die zur Erörterung stehenden deutsch-französischen Fragen erörtert worden. Ueber den Inhalt der Unterredungen wir.d vorläufig von den beteiligten Seiten mehr als gewöhnlich Zurückhaltung geübt. Es wird lediglich betont, daß »ach der Ko«- lcktionote der deutschen Regierung bei den Be satzungsmächten nunmehr anläßlich der Tagung des Völkerbundes in Genf Verhandlungen zwischen den fünf aus der Dotschafterkonscrcnz vertretenen Mächten England, Frankreich, Bel gien, Italien und Japan und Vertreter«» der deutschen Regierung zur endgültigen Klärung der Frage der Räumung des gesamten Rhein landes stattfinde». Fer ner weist die deutsche Regierung auf de» ihr juristisch, politisch und moralisch zustehendcn Anspruch auf volle Räumung des Nhcinlandcs hin, der mit der Erfüllung der Versailler Vertragsbestimmungen, der Nepara- tionsrcgelung, mit dem Dawes-Plan, mit dem Abschluß des Locarno-Paktes und dem Beitritt zum Völkerbund voll begründet ist. Von deutscher Seite ist hierzu besonders dar auf hinzuwcise», daß die kommende» Vcrhand- lungc» in Genf mit den Vertreter» der auf der Votschaftcrkonfrenz vertretenen Mächte einer restlosen Klärung der Niiumungsfragc ii» der einen oder anderen Richtung dienen sol len. Insbesondere soll Klarheit darüber ge schaffen werden, welchem Zweckc heute noch die Besatzung des Nhcinlandcs dient, da von alli ierter Seite in offiziösen Auslassungen mehrfach verschiedenartige Gründe für die Aufrechterhaltung der Nheinland- bcsatzung angegeben morde» sind. Die Verhandlungen werden naturgemäß je doch erst nach Eintreffen des Reichskanzlers Al ü l l e r in Genf, somit also erst im Laufe der nächsten Woche beginnen. An den Verhand lungen wird als Vertreter Englands Lord Eushcndun, als Vertreter Frankreichs Briand, als Vertreter Belgiens der Außen minister Hymans, als Vertreter Italiens der Senator Scialoja und als Vertreter Japans der Pariser Botschafter Graf Adatschi tcil- nehmen. ' ' Paris, 29. August Wem» nicht alles trügt, beginnt sich dos Ge heimnis das bisher über der Unterredung Poincares mit Stresemann lagerte, zu lüften. Soweit sich bisher übersehen läßt, ste hen wir dabei folgender Lage gegenüber: Po « ncare i st bereit, unter Umständen se'.ne Zustimmung zu einer in absehbarer Zeit vorzunohmenden Teilräumung zu geben. Hierunter muß man die Räumung der zweiten Zone verstehen, die, wie inan weiß, schon seit langem vorbereitet wird, da sie der französischen Heeresleitung militärisch ziem lich unbedenklich erscheint. Das bisherige Sträu ben der Franzosen entsprang nur der Taktik, aus dieser Räumung einen besonderen Enadenakt zu machen. Die Frage der Ee sa m t r ä u m u n g, also der Räumung der dritten Zone, soll i n das Schuldenproblem einbezogen werden, dessen Erledigung für Frankreich di« letzte Liquidation des Krieges ausmacht. Hier mit soll sich Deutschland einverstanden erklären. Als eine Hauptbedingung für die Teilräumung wird gefordert, Deutschlaird solle in einer Räu mung der zweiten Zone keinen Präze denzfall für die Frage der Eefamträumung sehen. Es bleibt also dabei, daß Frankreich für die dritte Zone Kompensationen fi- n a n z i e l l. r A r t verlangt, und zwar Garan tien für die Leistungen aus dem Dawespakt und eine Bereinigung des internationalen Schulden problems. Deutschland soll also Mittler zwi schen Frankreich und Amerika werden, eine Rolle, die Deutschland natürlich erst nach Abschluß der amerikanischen Präsidentenwahlen übernehmen kann. In politischen Kreisen wird dazu betont, daß Deutschland natürlich nicht abgeneigt ist, eine solche Mittlerolle zu übernehmen. Daß jedoch die Näumungsfrage mit d e m S ch u I- denproblem verquickt bleibt, ist natür lich eine Enttäuschung. Alles in allem ge nommen, wird man also im Hinblick auf die R ä u- mung der zweiten Zone zu einem po sitiven Ergebnis kommen. Die franzö- ische Bedingung aber, darin keinen Präzedenz fall zu sehen, kann jedoch leicht dahin ausgelegt werden, daß die Franzosen die letzte Zone noch bis zu dem im Versailler Vertrag festgesetzten Termin besetzt halten wollen. Dieser Punkt aber bedarf noch dringend der restlosen Klärung. Diese herbeizufllhren, wäre eigentlich eine dankbare Aufgabe für den Reichskanzler in Genf. Aber nach Lage der Dinge ist nicht anzunehmcn, daß er diese Aufgabe übernehmen wird. Immerhin bleibt die Erklärung Poincares, wenn die Dinge wirklich so liegen, wie sie jetzt dargestellt werden, eine Geste, die nicht zuletzt wohl darauf zurückzuführen ist, daß sich Poin care in der in Paris herrschenden Kellogg atmosphäre einen gewissen Airschein von Frie densliebe geben wollte, was natürlich wie derum im Hinblick auf das Verhältnis Frank reichs zu Amerika materielle Ursachen hat. An sich wird Deutschland die Vorschläge, die in Pa ris gemacht wurden, nicht ablehnen, doch er gibt sich die große Frage, was die Verwirklichung dieser Vorschläge kostet. Hymans über seine Pariser Besprechungen Brüssel, 29. August Außenminister Hy «na ns erklärte bei sei ner Rückkehr von der Unterzeichnung des Kel loggpaktes einem Mitarbeiter des „Soir": Bei meinen Unterhaltungen mit Briand, Poincare, Berthelot und Stresemann war von einer even-! Luellen Räumung des Nheinlandess n i ch t dieRcde. Es war auch nicht der rich tige Platz und der richtige Augenblick, um diese Angelegenheit anzuschneiden. Kriege zu bedrohen, um die Mißgeburt von einein Korridor zu beseitigen, sondern wir glau ben noch immer, daß die ganze politische Ent wicklung eine gänzliche Revision der Erenzfest- setzung bringt, und vor allem jene Grenzen be seitigt werden, die gezogen wurden am grünen Tisch ohne Prüfung der kulturellen und wirt schaftlichen Zusammenhänge. Wir konnten den Kelloggpakt unterschreiben, selbst wenn unsere Forderung auf Revision der Ostgrenzen bestehen bleibt, und werden immer wieder zu betonen haben, daß mir uns mit dem Versailler Ver trage niemals abfinden können. Selbst wenn Herr Zaleski Stimmungsmache treibt, wird — was vielfach bereits der Fall ist — ein objektir eingestelltes Ausland auf die Seite Deutschland» rreien müssen, das hinlänglich genug bewiese» hat, wie falsch und willkürlich deutsche Gebiet» abgetreten und Grenzen gezogen wurden, die ei» ewiger Zankapfel sein werden. Bor der Se«s« Ratstagung Die deutschen Vertreter in Gens eiugetrofsen Genf, 29. August Die deutsche Abordnung zu der am Donners tag beginnenden Tagung des Völkerbundsrater ist am Mittwoch abend mit Staatssekretär von Schubert und Ministerialdirektor Dr. Gauß an der Spitze in Genf eingetrossen. Reichs kanzler Müller wird am Sonntag hier er wartet. Zu dem Beginn der Ratstagung am Don nerstag sind am Mittwoch bereits der Vertreter Chamberlains, Lord Cushendun, der hol ländische und der finnländische Außenminister eingetroffen. Die Tagung des Völkerbundsrates wird, wie üblich, am Donnerstag früh mit einer Geheimsitzung beginnen, in der die Tagesord nung endgültig festgesetzt wird. Man nimmt allgemein an, daß die litauisch-polni schen Fragen erst in der nächsten Woche nach dem Eintreffen Briands und Müllers zur Sprache gelangen werden. Nächste Tagung der Interparlamentarischen Union im Jahre 1930 Berlin, 29. August Der Interparlamentarische Nat der Inter parlamentarischen Union trat am Mittwoch nachmittag zu einer kurzen Sitzung zu sammen, auf deren Tagesordnung lediglich die Beschlußfassung über Ort und Zeit der nächsten Interparlamentarischen Konferenz stand. Wäh rend der Sitzung liefen Einladungen der tschecho slowakischen, der rumänischen und der ungari schen Gruppe ein, daß die nächstjährige Tagung in den Hauptstädten ihrer Länder abgehalten werden möge. Auf der anderen Seite wurde aber vorgeschlagen, die Interparlamentarische Konferenz nur alle zwei Jahre einzuberufen, uin dadurch eins bessere Vorbereitung der Tagesord nung zu ermöglichen. Dementsprechend wird du näch steTagung der Interparlamentarische» Union erst 19 3 0 stattfinden, und zwar in einen» der drei Länder, von denen die Einladungen er gangen sind. Bestimmtere Beschlüsse über Ort und Zeitpunkt sorbie über die Tagesordnung wird der Vollzugsausschuß der Union den» Rat in sei ner nächsten Sitzung im Herbst nächsten Jahres vorlegen. Es ist in Aussicht genommen, in den Jahren zwischen den Tagungen interparlamen tarische Sitzungen in Genf abzuhalten, an denen die Mitglieder des Rates »»nid der Studienaus- schllsse teilnehmen sollen. Auf diese Weise will man eine engere Zusammenarbeit mit dem Völ kerbund erreichen. Darauf schloß Professor Schücking die Beratungen, an denen von deutscher Seite noch Reichstagspräsident Loebe teilnahm, indem er den Vertretern der drei einladenden Länder den Dank des Nates. Lns. sprach. ächtung als Kontrahent des Kelloggpaktes for dert, so wird es seine eigene aggressive Haltung gegen Litauen ebenfalls aufgeben müssen. Denn, um mit Zaleski zu reden, besteht nicht nur die Möglichkeit, über finanzielle Fragen eine Einig ¬ keit zu erzielen, sondern auch über Erenzange- legenheitcn. Die deutsche Haltung Polen gegenüber ist nach wie vor unverändert. Wir haben nie mals daran gedacht, Polen mit einem