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Oer Plattfuß als Volkskrankheit. Von Dr. Frankfurter, Leipzig. (Albdruck verboten.) Der Plattfuß ist eine der häufigsten uns gesährliwsten Erkrankungen des Fußes, weil die häufig auslretenven leichteren Formen meist übersehen und einer rechtzeitigen fachärztlichen Behandlung nicht unterzogen werden. So kommt es, das; der Plattfuß als wabre SeuLeneiscbeinnng in Teutschland auslritt, und die Statistiken weisen auf die erschreckende Zahl von 75 Prozent der Bevölkerung hin, wobei die leichten Falle nicht immer mügezäbii werden. Deshalb muß in die weitesten Volksschichten die Erkennt nis getragen werden, daß jede Krankheit, und besonders eine solche des Fußes, sich in jedem einzelnen Falle ver schieden gestaltet. Tic sachgemäße und wissenschaftlich be gründete Behandlung muß daher auf das Persönliche Rücksicht nehmen, wozu nur der Spezialarzt durch lang jährige Erfahrung in der Lage ist. Der Plattfuß tritt meist schon im Kindcsalter auf und bedarf gerade in dieser Periode einer besonderen Beach tung. Es muß von Haus aus auf einen richtigen Gang geachtet und der Fuß von Zeit zu Zeit vom Arzt nach gesehen werden. Tenn gerade in diesem Alter, in dem der ganze Körper und die Gliedmaßen sich noch in der Ent wicklung befinden, kann fast jede Anormalität des Fußes noch verhältnismäßig leicht behoben werden. Wegen der Weichheit und Schmiegsamkeit der Mittelfußknochcn, die beim Plattsuß krankhafterwcise in einer geraden Linie liegen und eine Abplattung des Fußes zur Folge haben, kann durch eine individuell angcpaßte Einlage in leichten Fällen das Übel fast ganz behoben werden. Fußsport und richtige, sachgemäße Massage kräftigen die Muskeln und stellen das normale Fußgewölbe wieder her. Die mit dem Plattfuß verbundene rasche Müdigkeit, der durch Gehen und Stehen verursachte stechende oder brennende Schnier; hört gänzlich auf. Soll diese Volksscuche wirksam bekämpft werden, so mutz die Schule das Werk der Eltern ergänzen! Den Schulklinikcn müssen nach dem Muster der Zabnabteilun- gen orthopädische Beratungsstellen ungegliedert sein, die die Aufgabe haben, die Füße der Zöglinge regelmäßig zu untersuchen und eventuell eine zweckmäßige Behandlung, anzuordncu und durchzuführcn. In dieser Weise ist be reits in Amerika seit langem mit großem Erfolge das Leiden bekämpft worden, so daß seine Häufigkeit dort jetzt auf 45 Prozent der Bevölkerung gesunken ist. Die er wähnten Schuheinlagen werden nach einem Gipsabdruck des Fußes, am zweckmäßigsten aus Stahl, kunstgerecht ge arbeitet, wobei auf jeden einzelnen Fall Rücksicht genommen werden muß. Nichtig angepaßtes Schaftschuhwerk erhält, was oft übersehen wird, den Fuß in seiner richtigen Lage und verhindert das im jugendlichen Alter bei raschem Gehen und Springen auftretende leichte Umknicken des selben. Die fabrikmäßig hergestellten und allgemein in den Handel kommenden Leder-Gummi-Einlagen haben neben anderen Nachteilen noch den, daß sie nicht den rich tigen Halt gewährleisten und nicht die normale Mittelfuß- knochenlage Herstellen. Sie sind daher nicht zu empfehlen und haben durch das ihnen entgegengebrachte Vertrauen schon viel Unheil ungerichtet. Das Leiden schreitet trotz dem fort und es treten die schwersten Fußerkrankungen auf, die nur auf operativem, schmerzhaftem Wege beseitigt werden können. Dies ist besonders dann unausbleiblich, ! wenn der Kranke später eine Berufstätigkeit hat, die die Plattfußbildung besonders begünstigt. Solche Berufs- zweige sind Bäcker und Friseure, Operateure, reisende Kaufleute, Jäger und Förster, bei denen durch das über mäßig viele Gehen und Stehen das Futzleiden hervor gerufen wird, ebenso auch berufsmäßige Sportsleute. In allen diesen Fällen «wie auch bei Wöchnerinnen und Be rufsköchinnen) ist eine richtige Fußeinlage als Vor- ! bcugungsmittel sehr angebracht. Für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Men- < scheu sowie für seine Existenz sind normale Füße von größter Bedeutung. Wollen wir daher eine gesunde Jugend und mithin ein leistungsfähiges neues Geschlecht, so muß jeder von uns sein Scherflein zur Bekämpfung des Plattfußes als Volkskrankheii mit beitragen! Das Anschlagwesen in klassischer Zeit. Von Dr. B. Schidlos. (Nachdruck verboten.) Es ist vielfach die Meinung verbreitet, daß Zeitungs anzeigen und Plokatwefcn, üb,'-Haupt Reklame und Pro paganda Ergebnisse neuzeitlichster Wirtschaftsentwicklung seien. Tas ist ein Irrtum. Allerdings hat die technische Ausgestaltung der Reklame und des Anschlagwescns im Lause der Jahrhunderte mit den allgemein technisch fort schreitenden Vervollkommnungen wesentliche Veränderun gen erfahren; jedoch der Kern der Sache selbst, di< Absicht, Mitteilungen einem möglichst großen Kreis von Menschen zugänglich zu machen, einem größeren Kreis, als dies durch das gesprochene Wort zu erreichen ist, ist scbr alt. Vis in die klassische Zeil zurück küßt sich diele Absicht und deren Verwirklichung verfolgen und den Archäologen muß cs mit Erstaunen erfüllen, wie modern Lie Plakate aus alter Zeit anmuten. Die Ausgrabungen in Griechenland und in Italien sowie dort, wo griechische und römische Herrschaft und Kultur sich einwurzcltcn, förderten sehr interessante Maueranschläge zutage. Diese Plakate (man kann sie ruhig so nennen, wenn auch ihr Material nicht ans Papier bestand) enthalten im wesentlichen nichts anderes als die modernen Mancranschläge: Anpreisungen von Gegen ständen, Einrichtungen, Personen. Wenn wir bei dieser Einteilung bleiben wollen, so kommen zuerst, bei der Anpreisung von Gegenständen, die reinen Kaufs- und Verkaufsanzeigen in Betracht. Sie sind allerdings ziemlich selten und finden sich nur ganz ver einzelt. Zumeist handelt es sich um Kauf und Verkauf von Ticreu oder von Sklaven, die nach der Anschauung jener Zeit als „Gegenstände" angesehen wurden. Am häufigsten wurde das Plakat aber für die An preisung von öffentlichen oder privaten Einrichtungen be nutzt. Die Modcbäder des alten Römischen Reiches, be sonders Bajä, aber auch Pompeji und Hcrkulanum, diese beiden durch den Ausbruch des Vesuvs verschütteten Orte, wimmelten, wenn man so sagen darf, von Plakaten. Als öffentliche Einrichtungen galten die Theater nnd Zirkusse, die vielfach von prunllicbcnden Cäsaren reich unterstützt wurden und dem Volke Gratisvorstellungen gaben. Die Attraktionen, die geboten wurden, sind durch Mauer anschläge bekanntgemacht. Öffentliche Einrichtungen waren auch die Bäder, jedoch gab cs auch solche von Privatunternehmern, die entsprechende Reklame machten. Besonders eifrig benutzten aber die Ausübenden des Hotel- und Gastwirtgcwerbes die Mauern für propagan distische Zwecke. Zahlreiche solche Plakate, zum größten Teil einfarbig und auch bunt auf die Mauern gemalt oder in sie eingeritzt, zum Teil auf Stein- und Marmortafeln, ja vereinzelt sogar auf Papprus und, so wie heute, mit einem Klebstoff, der im wesentlichen aus Gummiarabi kum bcstanv, angcklcbt, zeigen aus ihren Texten, daß sich die alten Römer sehr gut aus Propaganda verstanden haben. Alle Genüsse der Tafel, Speisen und Getränke werden angeboren. Den Fremden wird gesagt, daß man „saubere Unterkunft und höfliche Bedienung" finden würde. Anspielungen auf andere Genüsse, wie sie auf den Plakaten moderner Kabaretts üblich sind, fehlten auch in klassischer Zeit nicht. Schaustellungen aller Art, Variets- programme usw. gab es damals wie heute. Auch der Staat machte sich die Plakatreklame zunutze. In Athen und Nom wurden Gesetze und Verordnungen in Kupfer und Stein eingeritzt und an öffentlichen Stellen zur allgemeinen Kenntnisnahme angebracht. Zur Mahl zeit waren die Mauern mit Wahlaufrufen bedeckt, die ganz so wie heute die Vorzüge einer Partei und ihrer Vertrauensleute priesen. „Wählt den Maximus — er ist euer Mann. Er wird eure Interessen vertreten. Er ist brav, wacker, ehrlich, unbestechlich. Er ist der Freund des Volkes, er ist der wahre Patriot" — so und ähnlich waren die Werbcplakate für die Kandidaten. Mag sich also auch das Plakai in Form nnd Technik veränvert haben — in der Hauptsache, für irgend etwas Stimmung zu machen, ist es das gleiche geblieben wie vor mehr als zweitausend Jahren.