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Nr. 105. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 6. September 1910. Seite 2. so oft beim Blick auf die Kanzel, vom FensterluHt ge blendet. Auch könnten die besonders Schwerhörigen ihre gewohnten Hör-HilfSmittel brauchen, ohne sich zu schämen. Der Prediger aber brauchte seine Stimme nicht so anzu strengen wie im großen Raume, und trotzdem könnten ihm seine Hörer folgen und einen Genuß von der Predigt haben. — Aber auch der GemeindegottrSdienst würde ge winnen. Der Pastor brauchte nicht mehr Rücksicht auf die Schwerhörigen zu nehmen. Er kann die Stimme etwas dämpfen, und dies kommt der Verständlichkeit der Konsonanten zugute, die unter dem überlauten Sprechen entschieden leidet. Bei letzterem wird auch der Mund und damit das optische Lautbild verzerrt. Die Aussprache wie das Uebrige, was miteinander den Vortrag der Pre digt bildet, „ist zwar nur ein irdisch Ding," aber denn- noch nicht zu unterschätzen, denn was nützt der beste In halt, wenn er nicht verstanden wird? Wenn ein Kirchen, vorstand vorstehenden Vorschlag versuchsweise durchführen wollte, würde er bald merken, daß er damit der Gemeinde sowohl als den Geistlichen einen Gefallen erweist. Acer, wie schon gesagt, handelt es sich dabei besonders um große Gemeinden mit großen Kirchenräumen, denn in kleineren wird sich der erwähnte Uebelstand weniger be merklich machen. — (Von der Armee) Montag, den 12. d. M. nehmen die Herbstübungen des Xll. (1. K. S.) Armeekorps ihren Anfang. Die Brigademanöver der 45. und 46. Jnfanteriebrigade spielen sich am 12., 13. und 14. Sep- tember bei Elstra bezw. Königsbrück ab, die der 63. und 64. Jnfanteriebrigade am 12., 13. und 15. September bei Bautzen bezw. westlich Bautzen. Die Divisionsmanöver der 23. Division finden vom 16. bis 20. September bei Kamenz und Pulsnitz, die der 32. Division an denselben Tagen bei Bautzen statt; die KorpSmanöver vom 22. bis 24. September bei Bautzen. Nach den Bestimmungen fü- die KorpSmanöver des XII. Armeekorps nimmt das Gene ralkommando vom 20. bis 24 September Quartier im Kloster St. Marienstern. Parteiführer der unter der Leitung des kommandierenden Generals General der Ka vallerie v. Broizem stattftndenden KorpSmanöver sind der Kommandeur der 3. Division Nr. 32 General der In fanterie v. Schweinitz und der Kommandeur der 1. Divi sion Nr. 23. Generalleutnant von Gersdorfs. In den Nächten vom 22. bis 23. und vom 23. bis 24 September biwakieren sämtliche Truppen des Armeekorps. Die höheren Stäbe beziehen enge Quartiere. Zur Deckung des Brot bedarfes werden in Königsbrück und Bautzen Feldbäckereien errichtet. Die sonstigen VerpflegungS- und Biwaksbedürf- nisse werden den Truppen aus den Magazinen Königs brück, Bautzen und Bischofswerda zugeführt. Niedersteina. (Obstausstellung.) Der hiesige Bezirks-Obstbauverein trifft umfangreiche Vorbereitungen zu seiner am 8, 9. und 10 Oktobers. I. stattftndenden Obstausstellung im Gasthof zum Vergißmeinnicht. Da der Verein sich aus tatkräftigen Förderern der Obstbau- kultu: zusammensetzt, verspricht die Ausstellung eine viel bietende zu werden und machen wir heute schon Obst liebhaber aus dieselbe aufmerksam. Ausstellern sei mit geteilt, daß Programme und Anmeldebogen kostenlos durch den Vorsitzenden des Vereins, Herrn Otto Garten, Niedersteina zu haben sinv. Bretnig. Wie wir hören, wird demnächst unser ge schätzter Seelsorger, Herr Pfarrer Kränkel, welcher seit Mai des Jahres 1906 in unserem Orte segensreich wirkt, von uns scheiden. Er ist in Niebra bei Werdau zum Pfarrer gewählt worden und hat den an ihn ergangenen Ruf angenommen. Kamenz, 5. September. Die diesjährige Diözesan. Versammlung im Diözssanbezirke Kamenz findet Mittwoch, den 5. Oktober, vormittags 10 Uhr im Hotel zum „goldenen Stern" in Kamenz statt. Die Tagesord nung wird lauten: 1. Ansprache des Vorsitzenden, Herrn Oberkirchenrat Rosenkranz, mit berichtlichen Mitteilungen. 2. Vortrag über die Frage der Förderung rhythmischen Gesanges mit erläuterten Chorgesängen; Vortragender: Herr Kantor Reumuth-Hauswalde. 3. Bericht über die Diasporagemeinde Weipert durch Herrn Pfarrer Penholz- Weipert. 4. Bericht von der Fürsorge für Strafentlassene durch den Geschäftsführer. 5. Ausstellung von Bildern und kirchlichen Blättern des Verlages für Volkskunst (Keutel, Stuttgart). 6. etwaige Anträge und Mittei lungen. Bischofswerda. Während der großen Herbst. Übungen des 12. (1. Kgl. Sachs.) Armeekorps ist eine Feld-Bäckerei und -Schlächterei in Bautzen in Betrieb. Zur Feldschlächterei ist der Schlachtmeister des 1. Husaren- RegimentS Nr. 18 befohlen worden. Vom 12. zum 13. und 16. zum 17. September haben sämtliche Fußtruppen zu biwakieren bezw. Notquartiere zu beziehen, desgleichen vom 19. zum 20. September. Die berittenen Truppen beziehen an diesen Tagen enge Quartiere. Bautzen. Der aus Bautzen st ammende Ein brecher Karl Stoß, welcher aus dem Zuchthause in Sonnenberg entwich und bei dem Amtsgerichtsrat Korn in Kottbus einen Einbruchsdiebstahl verübte, wurde vor einigen Tagen in Amsterdam verhaftet. Man sand noch einen Teil der gestohlenen Schmucksachen in seinem Besitz. Dresden, 5. September. Der K ö n i g kam heute vor- mittag halb 11 Uhr ins Residenzschloß und nahm Minister- vorträge entgegen. Um halb 2 Uhr empfing der König in Pillnitz die 14 Herren, die vor 25 Jahren Studienge nossen des Monarchen gewesen waren. Nach dem Empfang vereinigte sich der König mit den Herren zur Tafel. 8. Dresden, 6. September. (Ehrlich-Hata 606 und seineErprobungiu Dresden.) Im Kranken hause DreSden-Friedrichstadt sind eingehende Versuche mit Lem neuen Ehrlich-Hataschen Heilmittel 606 gemacht worden. Ueber die erzielten Erfolge und angestellten Beobachtungen hat Professor vr. Werther im Friedrich stadter Krankenhause einen Vortrag mit Demonstrationen gehalten. Danach wurde das Mittel im genannten Krankenhause bisher an 35 Kranken angewendet. 20 er hielten eS durch die Haut (perkuban) und 15 direkt in den Blutstrom (intravenös). Ueber die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, berichtet Professor vr. Werther folgendes: Die Wirkung des neuen Heilmittels auf die Symptome des KrankheitSstadiumS oder .anfalls muß getrennt betrachtet werden von der Wirkung aus den Ge samtverlauf der Syphilis. ES kann festgestellt werden, daß die Symptome der Syphilis in deutlicher Weise und ungewöhnlich rasch zurückgehen. Es konnte in zwei Fällen festgestellt werden, daß die Spirochäten, welche am Tage der Infektion massenhaft das Geschwür belebten und leicht im Dunkelfeld des Mikroskops zu finden waren. Am 1. Tage nach der Einspritzung waren einzelne Ge schwüre schon deutlich reiner und zahlreiche waren am 4. Tage schon geheilt. Die Flecke und Knötchen der se- kuntären Syphilis zeigen nicht selten wenige Stunden (4 Stunden etwa) nach der Einspritzung eine lebhaftere Färbung und einen entzündlichen Hof, die rasch ablaffen und ein Vorbote der Heilung sind. Ein Kranker, welcher monatelang infolge von Geschwüren im Rachen und am Kehldeckel Schmerzen beim Essen gehabt hatte, verspeiste Stunden nach der Einspritzung zum ersten Male ohne Schmerzen ein Schinkenbrot und wollte beglückt den Arzt umarmen, eine Ehrung, die dieser aber als Ehrlich zu kommend ablehnte. Symptome wie Kopfschmerz und Schlaflosigkeit waren am nächsten Tage verflogen, sowohl bei Fällen im frühen Stadium als auch bei solchen mit gummalöser Schädelsyphilis im Spätstadium. Diese Heil wirkung ist zweifellos eine spezifische, d. h. spirochäten tötende. Sie zeichnet sich durch ihre außerordentliche Schnelligkeit aus. — Ueber die Nebenwirkungen sagt Prof. Werther folgendes: Die Einspritzung durch die Haut ist nicht frei von Schmerzen und Nachschmerzen. Aber nur in einzelnen Fällen kann die Schmerzhaftigkeit als eine sehr starke bezeichnet werden. Während man er wartet hatte, daß sich Unbehagen einstellen würde, waren im Gegenteil die Kranken meist sehr munter. Bei einzel nen Kranken zeigten sich Uebelkeit und Erbrechen von kurzer Dauer. Interessant ist, daß zwei schwächliche und hochschwangere syphilitische Frauen 0,6 des Mittels intra venös ohne jede Giftnebenwirkung vertrugen. Ein 25- jähriges Mädchen, welches seit drei Jahren an Syphilis litt und wegen Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Abnahme der Merkfähigkeit und Intelligenz und wegen Krampf anfällen, daneben wegen Hautgeschwüren ins Kranken haus kam, konnte drei Wochen nach der Infektion munter und arbeitsfähig entlassen werden. Eine andere Kranke, taub infolge syphilitischer Hörnervenerkrankung, hörte vier Wochen darnach wieder Flüstcrstimmen auf sechs Meter Entfernung! Die beobachtete Heilwirkung, so berichtet Professor l)r. Werther weiter, war alles in allem nur wenig getrübt durch ungewollte giftige Nebenwirkungen. Die geringen Giftwirkungen wurden von den Kranken gern mit in den Kauf genommen infolge der eklatanten, von den Aerzten mit Staunen und von den Patienten mit Glückseligkeit beobachteten raschen Heilwirkung. Die Kranken mit sekundärer Syphilis waren nach 8 bis 14 Tagen zum großen Teil entlassungsfähig, was bei Queck- stlberbehandlung erst nach 4 bis 6 Wochen eintrat. — In einzelnen Fällen war die Wirkung weniger rasch. ES ist möglich, daß sie in Zukunft durch Wiederholung der Einspritzung und Vergrößerung der Dosis verbessert werden kann. Bei der bisherigen Quecksilberbehandlung kamen Fälle vor, welche eine Jdionsynkrasie dagegen zeigten, d. h. eS in keiner Weise vertrugen, andererseits auch Fälle von maligner Syphilis, welche das Quecksilber in großen Mengen vertrugen, aber nicht geheilt wurden, weil ihre Spirochäten giftfest dagegen waren. Für beide Arten von Fällen ist das neue Mittel das Heilmittel par excellence. ES muß ferner unbedingt in den Fällen an gewendet werden, wo die Chancen die größten sind, mit einem Schlager den infizierten Körper zu sterilisieren, d. h. im Beginn der Syphilis, sobald der syphilitische Charakter des Schankers sestgestellt ist. — Professor vr. Werther schließt seine Ausführungen mit dem Bemerken, daß die Vorteile des neuen Mittels gewaltig feien, stehe schon jetzt fest. Die Menschheit sei dem Forscher und Arzt Ehrlich zu ungeheurem Danke verpflichtet. Radeberg. (Verhaftet.) Am Sonntag wurde ein Arbeiter P. aus PulSnitz zur Haft gebracht und dem Kgl. Amtsgericht zugeführt, weil er ein zur Reinigung in einem Hause hängendes K eidungsstück gestohlen hatte. P. ist wegen Diebstahls schon vorbestraft. Roßwein, 3. September. Gestern abend gegen 9 Uhr stürzte in Choren ein von Döbeln kommendes Automobil einen Steinbruch von etwa 20 m tief hinab. Der Chauf feur war sofort tot. Der Besitzer des Automobils, das vollständig zertrümmert wurde, erlitt schwere Verletzungen. Der Chauffeur hatte an einer scharfen Kurve den Weg verfehlt, war einen steilen Abhang hinaufgefahren und dann mit dem Automobil abgestürzt. Der Wagen über schlug sich und begrub den Chauffeur unter sich. Der mitfahrende Besitzer des Automobils, Wein und- Spiri tuosen-Großhändler Schreyer aus Dresden, wurde herun tergeschleudert und trug außer einem Beinbruch innere Verletzungen davon. Er wurde mittels Samariterwagen noch in der Nacht ins Krankenhaus gebracht. Dem Chauf feur war die Gehirnschale zerschmettert. DaS Automobil befand sich auf der Fahrt von Leipzig nach Dresden. Oschatz. Der sächsische Fortbildungsschul verein hält den 10. Fortbildungsschultag am 24. und 25. September in unsrer Stadt ab. Oschatz, Obermusikmeister Linke, der ver dienstvolle Leiter der Kapelle des hier garnisonierenden Ulanenregiments Nr. 17, ist am 1. September aus Ge sundheitsrücksichten in den Ruhestand getreten. Linke be- gann im Alter von 17 Jahren seine Laufbahn beim Mi litär, war 37 Jahre lang in seinem Berufs tätig und hätte im nächsten Jahre das 25 jährige Jubiläum seiner Wirksamkeit bei den Oschatzer Ulanen feiern können. I. KWscher nationaler Meiler-». Eehilsentaz. 8?K. Dresden, 4. September. Unter außerordentlich starker Beteiligung tagte gestern und heute hier der erste sächsische nationale Arbeiter- und Gehilfentag, der am Sonnabend mit einem Begrüßungsabend im „Herzogin- Garten" eröffnet wurde, wobei Pastor RichteEönigS- walde die programmäßige Festrede hielt. Er führte u. a. auS: Interessenvertretung sei die erste Losung einer mo dernen Arbeiter- und Gehilfenschaft. Solange eS kein wirklich gerechtes, gesetzlich gesichertes Einigungsamt gebe, bleibe als letztes Mittel der Streik. Es sei aber not wendig, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich als Ge nossen fühlten, zu dieser Ansicht müßten die Mitglieder der nationalen Arbeiter- und Gehilfenorganisationen er zogen werden. Ferner sprach noch Landtagsabgeordneter Geh. Oekvnomierat Vr. Hähnel-Kuppritz, der als ältester Landtagsabgeordneter die Sympathien der bürgerlichen Parteien für die nationale Arbeiter- und Gehilfenbewe gung zum AuSoruck brachte. — Am Sonntag vormittag begannen im großen VolkSwohlsaale die Verhandlungen. Anwesend waren als Vertreter der Regierung Geh. Rat vr. Stübel, der Kreishauptmannschaft Ober-Reg.-Rat vr. Hübner, der Stadt Dresden Stadlrat Dehne und mehrere Stadtverordnete, die Reichstagsabgeordneten Everling, vr. Heinze und Hanisch und zahlreiche Abgeordnete der zweiten Ständekammer: Bede, Brodaus, Donath, vr. Dietel, Frenzel, Hartmann, Hähnel, vr. Hettner, Kockel, Nitschke, Schönfeld, Trübner, Wittig, Wunderlich. Schwebe-Leipzig eröffnete die Verhandlungen mit Begrüßung der anwesen den Delegierten, die 50 000 nationale Arbeiter und Ge hilfen vertreten. Der heutige Tag sei wichtig deshalb, weil zum ersten Male die Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereine und die Leipziger deutschnationalen Handlungsgehilfen, die sich bisher stets ferngehalten, vertreten seien. Die Tagesordnung enthalte Grundsorderungen der nationalen Arbeit r und Gehilfen, denn viele berechtigte Wünsche seien im Reiche wie in Sachsen noch unerfüllt. Nach Begrüßung der offiziellen Vertreter sprachen namens der Stadt Dresden Stadtrat Dehne, ferner ReichStagSabge- ordnete: vr. Heinze (natl.-lib.), der die Mahnung aus sprach, bei allen wirtschaftlichen Kämpfen einzelner In- teressengruppen der nationalen Aroeiter und Gehilfen immer sich im Rahmen der Interessen des Allgemeinwohls zu halten. Landtagsabgeordneter vr. Böhmer-Pirna sprach namens der konservativen Landtagsfraktion, Abg. vr. Hettner namens der nationalliberalen, Abg. Schwager- Zittau namens der fortschrittlichen Fraktion. Nachdem dann der Vorsitzende die üblichen Hochs auf Kaiser und König ausgebracht, ergriff als erster Referent der Beamte des Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereins der Maschinenbauer und Metallarbeiter F. Berndt das Wort über Siche rung der Koalitionsfreiheit. Seine Ausfüh rungen gipfelten in folgender Resolution: „Der erste sächsische nationale Arbeiter- und Gehilfentag spricht den dringenden Wunsch aus, daß die gesetzgebenden Körper schaften zur Sicherung der Koalitionsfreiheit nach folgen den Gesichtspunkten hm ihre Tätigkeit entfalten: 1. Allen Arbeitern, Gesellen und Gehilfen, sowie den Angestellten und selbständigen Gewerbetreibenden wird das Recht ge währt, sich zum Zwecke der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen insbesondere mittels Einstellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter und zur gemein samen Regelung ihrer besonderen Berufsinteressen durch Schaffung besonderer Einrichtungen und Kassen und durch Einwirkung auf die Gesetzgebung, Verabredungen zu treffen und Vereinigungen (BerusSvereine) zu bilden. Alle entgegenstehenden Verbote und Strafbestimmungen sind rechtsunwirksam. 2. Etwaige private Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die den Aus schluß dieses Rechtes zum Gegenstand haben, sind rechtS- unwirksam und dürfen Ansprüche daraus nicht hergeleitet werden. 3. Die sogebildeten Berufsvereine, die sich durch ihre Satzungen verpflichten, bei allen Streitigkeiten daS zuständige Gewerbe- oder Kaufmannsgericht oder die zu ständige Arbeitskammer vor Einstellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter als Einigungsamt einzurusen, haben das Recht, die Eintragung in das VereinScegifter nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches 8 55—79 zu beantragen. Das Einspruchsrecht der Ver waltungsbehörde wegen sozialpolitischer Bestrebungen deS Vereins (8 61 Abs. 2 B. G. B.) und die Bestimmung des 8 72 B. G. B. (Einreichung des MitgliederoerzeichnisseS) wird für solche Vereine aufgehoben." — Diese Resolution wurde nach längerer Debatte angenommen. — Hieraus wurde zunächst ohne Mittagspause durchzutagen, dann die Absendung eines HuldigungStelegramms an den König beschlossen. — Ueber die Sonntagsruhe des Handelsgewerbes im Königreich Sachsen re ferierte dann der Gauleiter des Deutschnationalsn Hand- lungSgehilfenverbandeS O. Wege. Er schlug folgende Resolution vor, die einstimmige Annahme fand: „Der erste sächsische nationale Arbeiter- und Gehilfentag richtet an das Königl. Sächs. Ministerium des Innern die Bitte, im Bundesrate dahin zu wirken, daß der in der 16. Reichstags-Kommission im Jahre 1899 bereits angekün digte Gesetzentwurf bctr. die Neuregelung der Sonntags ruhe im Reichstage recht bald vorgelegt und darin die Einführung der retchSgesetzlichen völligen Sonntagsruhe für das HandelSgewerbe vorgeschrieben wird. Die Tagung erwartet vom deutschen Reichstage, daß er die verbündeten Regierungen immer wieder an ihre Pflicht und ihre Ver sprechen in der SonntugSruhefrage erinnern und mahnen wird." — Ueber die Einführung der paritäti schen Arbeitsnachweise sprach hierauf Di. Otto, Bauarbeiter und Mitglied dec Christlichen Gewerkschaften. Die von ihm vorgeschlagene Resolution ersucht die StaatS- regierung, den gesetzgebenden Körperschaften einen Gesetz- entwurf zu unterbreiten, der den Gemeinden und Ge meindebehörden die Errichtung paritätischer ArbeiSnach- weise zur Pflicht macht. Zur leichteren Einführung dieser