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Nr. 29. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 12. März 1910 Seite 10. milden Strafe bis zu 1000 M oder bis zu 6 Monaten Gefängnis derjenige unterliegen, der „rechtswidrig den Frieden des Privatlebens eines anderen dadurch ver letzt, daß er öffentlich oder durch Verbreitung von Schrif ten, Abbildungen oder Darstellungen Mitteilungen aus dessen persönlichem, häuslichem oder Familienleben macht." Die Verfolgung sollte nur auf Antrag eintreten, bei dem es der Verletzte in der Hand hatte, den Wahrheitsbeweis zuzulassen oder abzuschneiden. Der 8 193 sollte ausdrück lich auch für diesen Fall Anwendung finden. Zu irgend welchen Härten könnte eine derartige Bestimmung doch schwerlich führen, da in allen Fällen, wo ein begründetes persönliches oder gar ein öffentliches Interesse vorlag, die Anwendung des Z 193 vor Strafe schützen sollte. Nur der rein persönliche, namentlich der auf Rachsucht oder auf Erwerbssucht begründete Klatsch wäre durch eü e solche Gesetzesänderung betroffen worden; vor allem würde sie dem Treiben einer gewissen Sensations- oder Revol verpresse einen wirksamen Riegel vorgeschoben haben. ES wird also bet dem geltenden, zur Verfolgung von Ehrabschneidern u^ genügendem RechtSzustande verbleiben, wenn das Plenum den Kommisfionsbeschluß bestätigt. Einer derartigen Möglichkeit entgegenzuwirken, ist vor allem die Pflicht der Presse, deren Ansehen durch das Wachstum der sogenannten Revolverpresse erheblich ge schädigt wird. Der fragliche Beschluß der Justizkommis sion aber ist nach der Bloßstellung, der die Revolverpresse vor Kurzem in verschiedenen Orten nicht entgangen ist, doppelt unverständlich. Bekannte Prozesse haben den Be weis geliefert, wie wenig das geltende Recht imstande ist, die Entwickelung jenes Auswuchses der Presse zu hemmen. Sicherlich sind verschärfte Strafbestimmungen auch auf diesem Gebiete kein Allheilmittel. Allein die Geringfügig keit der jetzigen Geldstrafen hat doch der Revolverpresse das Handwerk erleichtert. Davon abgesehen aber entspre chen die jetzigen Geldstrafen nicht entfernt der Zunahme des Wohlstandes, die in Deutschland seit dem Bestehen der geltenden Strafbestimmungen eingetreten ist. Das praktische England hat auf diesem Gebiete ein Muster aufgestellt, dem wir zwar nicht sklavisch nachzukommen brauchen, grundsätzlich jedoch billigen müssen. Weil dem so ist, darf der Beschluß der Justizkommission auf keinen Fall vom Plenum des Reichstags bestätigt werden. Die persönliche Ehre, deren mangelhaften Schutz schon Kürst Bismarck beklagt hat, erfordert eine bessere gesetzliche Si cherung. ES muß auf jeden Fall endlich ein Mittel da gegen gefunden werden, daß unser öffentliches Leben durch persönlichen Klatsch vergiftet und die Debatte über öffent liche Angelegenheiten dadurch auf ein niedriges Niveau hinabgedrückt wird. Marktpreisskür SekwsinsunO Terkel in Kaipenz am 10. März 1910. Läuferschweine: pro Paar: Ferkel: höchster Preis 120 Mk., höchster Preis 56 Mark, mittler „ 95 Mk., mittler „ 45 „ niedrigster „ 85 Mk., niedrigster „ 32 „ Zum Verkauf waren gestellt: 42 Läufer und 339 Ferkel. Für ausgesuchte feine Ware wurden Preise über Notiz gezahlt. Marktpreise zu Kamenz am 10. März 1910. höchster niedrigst. Preis. Preis. 50 Kilo M. Pf. M. Pf. M. Pf. Korn Weizen 7 10 60 7 10 40 60 Heu 50 Kilo 5 4 20 Werste 8 — 7 30 su^1200( Schütt- S^Pfd. (Maschin. VutterKo ( 30 — Hafer 8 — 7 50 33 — Heidekorn — — 2 80 Hirse 17 — 16 — ^uicerzto.^.^d, 2 60 Kartoffeln 2 50 — .— E'.er 6 Erbsen 50 Kilo 15 — Uebersicht über die an den H ruptmarktortsn Deutsch lands in der letzten Woche gesahiten Fettviehpreise Die Preise sind in Mark für 50 Schlachtgewicht bezw. Lebendgewicht (l bedeutet Lebendgewicht) angegeben. Die erste Zahl bedeutet den niedrigsten, die zweite den höchsten für die betr Viehgattung gezahlten Preis. (Unberechtigter Nachdruck verboten.) Rindvieh Hammel, Schafe u. Großvieh Kälber Lämmer Schweine Aachen.... 48-75 64—112 70-84 66—70 Barmen . . . 58-68 75—90 78—88 65-68 Berlin .... 45-76 67—132 54—81 62—70 Bremen . . . 50—72 60—110 60-85 56-66 Breslau . . . 44—75 50-89 62—81 54—69 Bromberg. . . 24—36l 30—45l 24—341 42-501 Chemnitz . . . 40-73 46-58 l 34-401 63-76 Dortmund . . 50—76 40-561 50—60 58—68 Dresden . . . 46-86 73-85 74—86 63-75 Elberfeld . . . 57—80 75-98 60-76 62—72 Essen .... 55-77 40-78 75-85 58-69 Frankfurt a. M. 34-80 76-95 78-82 67—71 Hamburg . . . 51—77 93—144 65—82 58—70 Hannover. . . 48—76 75-105 65-83 62—68 Husum .... 67-69 — — 42-47-/2 1 Kiel 45-68 55—96 70—85 35—521 Köln a. Rh. . . 52—78 72—115 70-92 58-70 Leipzig.... 40—81 40—60 l 33—41 l 62-69 Magdeburg . 28-45l 32—80 34—401 58—71 Mainz .... 44—80 86—90 —-- 64—73 Mannheim . - 54-84 90—105 65—75 68-71 Nürnberg . . . 56—82 53-70 40-68 69—72 Stettin.... — 50-80 — 62—67 Zwickau . . . 45—76 50-581 35—42l 65-74 Aufgestellt am 10. März 1910. Mitberücksichtigt sind noch die am 9. März abgehaltenen Märkte. Der Sstreivemarkt. Wochenbericht vom 8. März bis 11. März 1910. Die Stimmung auf dem Getreidemarkte hat sich für alle Ge treidesorten verschlechtert, wohl eine Folge der außerordentlich zeitig eingetretenen Frühjahrswitterung Infolgedessen mußten auch viele 'Artikel des Futtermittelmarktes hierunter leiden. Heu erlitt weiteren Preisrückgang, ebenso sind Kartoffeln außerordentlich schwer platzierbar. Der außerordentlich milde Winter scheint dazu geführt zu haben, daß auf allen Gebieten weniger verbraucht worden ist. Nun, es ist dies ja kein Wunder, bei einem milden Winter braucht Mensch und Tier weniger zur Ernährung, als wie bei großer Kälte; daß das schließlich im Großen und Ganzen einmal zur Wirkung kom men muß, ist selbstverständlich. Hoffentlich treten nicht Rückgänge in der Witterung ein, daß die zur vorzeitigen Entwicklung gelangte Pflanzenwelt größeren Schaden erleidet. Hier und da hört man schon auf feuchten, moorigen und leichteren Sandböden, daß die großen Temperatur unterschiede innerhalb wenig Stunden, früh um 6 Uhr vielmals 2 Grad Kälte und um 8 Uhr schon 10 Grad Wärme, Saatbeschä digungen verursachen. Es ist natürlich schwer zu sagen, ob sich diese Erscheinung auf weite Gebiete erstreckt. Jedenfalls sind solche aber beobachtet worden. Pulsnitz. Sonntag, den 13. März, Indien: -/z9 Uhr Beichte l m » . 9 „ Predigt (Hebr. 9, 11—15) j Pastor Resch. r/,2 „ Prüfung der Konfirmnnden-Mädchen. Pastor Resch. >/z3 „ Bibelstunde in der Schule zu Ohorn (Phil. 4.) HilfSgeistl. Prehn. 5 „ Passionspredigt (Matt. L7, 11—26). Pfarrer Schulze. 8 Jünglings- und Männerverein. ArntSwoche: HilfSgeistl. Prehn. Dienstag,'den 15. März: Abends 8 Uhr Bibelstunde im Konfirmandenzimmer (Luc. 23, 46). Pfarrer Schulze. Licktsnbsrg. Sonntag, den 13. März, Judica: 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt. °/i2 „ Taufen. 2 „ Gottesdienst mit Prüfung der Konfirmanden. Getauft: Erwin Bruno, S. des Fabrikarbeiters Mar Bruno Haufe in Kleindittmannsdorf. Begraben: Amalie Wilhelmine Ziegenbalg, verw. gewesene Ziegenbalg, geb. Mißbach, Ehefrau des Gutsanszüglers Wilhelm Julius Ziegenbalg hier, 62 I. 1 M. 13 T. alt. Oberlichtenau. Sonntag, den 13. Mörz, Judica: 9 Uhr Predigt über Matth 21, 1 — 11. Anschließend Konfirmandenprüfung. Mittwoch, den 16. März: Abends 8 Uhr Bibelstunde im Pfarrhause. Aufgeboten: Ernst Mar Reppe, Zimmermann in Ober lichtenau, und Ida Alma Todtermuschke, Dienstmagd in Ober lichtenau. Srotz naundorf. Sonntag, den 13. März, Jud ca: 9 Uhr PrcdigtgotteSdienst (Text: Hebr. 9, 11—15), daran anschließend Prüfung der diesjährigen Konfirmanden. 4 „ Passionsstunde in der Schule. Getauft: Erich Bruno, S. des Tagearbeiters Hiller, hier. Else Martha, T. des Tagearbeiters Kenner, hier. 2 wahren. Die Aufwendungen, die er hierfür machte, kamen seiner ei genen Wirtschaft zugute. Das änderte sich mit einem Male, als die Besitzer einer ganzen Gegend sich zu einer Genossenschaft zum Zwecke gemeinsamer Milchverwertung durch eine Molkerei zusammenschlossen. Die von allen Genossen gelieferte Milch wird nunmehr zusammenge gossen und die gewonnenen Rückstände werden an alle Genossen in gleicher Weise verteilt. Wenn jetzt irgendwo in dem Bezirk ein oder zwei Kühe mit Eutertuberkulose behaftet sind, so reichen die von die sen Tieren täglich in der Milch ausgeschiedenen Tuberkelbazillen aus, um die Gesamtmilch der Molkerei zu infizieren. Jeder Genosse aber, mag er auch persönlich noch so tatkräftig für Befreiung seiner Herde von der Tuberkulose sorgen, empfängt in den Molkereirückständen (Magermilch) seinen Anteil von den Tuberkelbazillen des ganzen Be zirkes, und wenn er diese Produkte ungekocht an seine Kälber und seine Schweine verfüttert, so werden diese mit der Zeit tuberkulös. So erklärt sich die starke Zunahme der Tuberkulose unter den Schwei nen in den letzten zwei Jahrzehnten. Da gibt es nur ein Mittel der Abwehr: Pasteurisierung der Milch vor ihrer Verarbeitung. Damit würde auch zugleich eine wichtige Forderung der allgemeinen Hygiene, für den Menschen eine garantiert tuberkelb azillenfreie Butter zu ge winnen, in der idealsten Weise erfüllt. Für die Schweinezüchter und Mäster aber ergibt sich aus vorstehendem die Mahnung, keinerlei Rück stände aus Molkereien zu rerfüttern, die nicht durch Pasteurisieren oder Sterilisieren unschädlich gemacht sind. Äus dem Berichte der LchlgtMmsllM für des NeisM Kchmin. Nach dem Bericht über das 21. Geschäftsjahr 1909 der Zucht genossenschaft für das Meißner Schwein ist der Geschäftsumsatz gegen die beiden vorhergehenden Jahre ganz beträchtlich gestiegen. Haupt sächlich war starke Nachfrage nach sprungfähigen Ebern und tragereifen Sauen. Verkauft wurden 232 Eber und 288 Sauen, zusammen 520 Zuchttiere (134 mehr als im Vorjahre), im Werte von 31458 M. Auf der Ausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft in Leip zig erhielt die Genossenschaft auf ihre 22 ausgestellten Zuchttiere zwei Sieger-Ehrenpreise, 1 Sammlungspreis, 3 erste, 3 zweite, 1 dritten und vierten Preis. Der Genossenschaft gehören bis heute 31 Mit glieder an, welche im Besitze von 26 angekörten Ebern und 171 au- gekörten Sauen sind. 3 Nie ßntlirtmg des Pferdes. Zwischen den Wünschen und dem Wirken des Menschen und den Absichten der Natur kommt es allenthalben zum Widerstreit. Ein solcher wird auch durch die Erfahrungen der Tierzucht aufgedeckt. Was der Mensch durch die Zucht bezweckt, ist eine Verbesserung der Tiere in seinem Sinne. Er züchtet ein Pferd auf Stärke oder Geschwindig keit, eine Kuh auf die Milch, ein Schwein auf Fleisch und Fett, aber das Tier selbst leidet in einem gewissen Grade unter dieser Beein flussung. Ein Beweis dafür ist die Legion von Krankheiten, die ge rade den Haustieren zu Leibe gehen, während freilebende Tiere fast nie krank werden. Aber auch andere nachteilige Folgen scheinen sich einzustellen. So hat jetzt ein hervorragender wissenschaftlicher Tier züchter und Anatom, Dr. Eassie, in einem Vortrag vor der Royal Society in Dublin den Nachweis geführt, daß bei allen Rassen des zahmen Pferdes das Knochengerüst Anzeichen einer Entanung im Vergleich zu den Eigenschaften der Wildpferde erkennen läßt. Diese Entartung soll außerdem ohne Ausnahme in jedem Land zu finden und auch am lebenden Tier leicht zu ermitteln sein. Die Ursache sucht der Fachmann in einer ungeeigneten Umgebung des Tieres und in der Zucht von bereits entarteten Vorfahren. Was die Sache selbst betrifft, so sind nach den Beobachtungen an einer großen Anzahl von Pferden verschiedener Rassen drei Hauptarten von Veränderungen des Knochengerüstes zu unterscheiden, einmal im Verhältnis der Länge des Kopfes zu der des Rückgrats, ferner im Arm und drittens im Schen kel. Das Rückgrat war bei den Urpferden durchweg verhältnismäßig kurz, wie namentlich durch den Fund von Skeletten ausgestorbener Pferdearten in Indien nachgewiesen worden ist. Auch der Oberarm und der Oberschenkel waren bei den Urpferden kürzer, was den Tieren noch eine größere Geschwindigkeit ermöglicht haben soll. WMdtiie» in Karlen miS Feld. „Märzenschnce tut den Früchten weh." Da heißt cs denn für jeden, der mit Garten- und Feldwirtschaft in irgend einer Berührung steht, die guten Tage von den schlechten zu scheiden, an den letzteren zu ruhen, an den ersteren hingegen emsig zu arbeiten. Während im Blumengarten der Schutz von den Rosen und Ziersträuchern zu ent fernen ist, Vergißmeinnicht und Stiefmütterchen auf Beete zu verpflan zen sind, hat man im Gemüsegarten mit der Aussaat der Gemüse fortzufahren. Der Spargel, dessen Zeit ja nun bald wieder kommt, läßt sich gleichfalls im März am besten anpflanzen. Der Obstgarten will gleichfalls in diesem Monate nicht vernachlässigt werden. Hier