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Nr. 19. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 17. Februar 1910. Seite 6. vsulscksr Nsicdstag. Der Reichstag führte am Dienstag die 1. Lesung des Kali gesetzes zu Ende. Abg. Recklin (els.-loth. Ztr.) sprach sich gegen die Vorlage aus, da sie privaten Produzenten die Möglichkeit gebe, ihre Produkte möglichst teuer zu verkaufen. Hingegen zog Abg. v. Damm (wirtsch. Vgg.) den Entwurf einem Staatsmonopol mit Ausführungszoll vor. Abg. Werner (D. Rfp.) legte den Haupt wert auf die Abwehr des Eindringens amerikanischen Kapitals. Auch die Abgeordneten v. Danneberg (Welfe) und Brandys (Pole) stellten sich der Vorlage freundlich gegenüber. Darauf wurde ein Schlußantrag angenommen und die Vorlage einer Kom mission von 28 Mitgliedern überwiesen. Es folgte die 1. Lesung des Stellenvermittlungsgesetzes. Staatssekretär Dr. Delbrück be gründete die Vorlage. Die Verbündeten Regierungen halten einen Zwangsarbeitsnachweis auch öffentlich-rechtlich mit paritätischer Ver waltung noch nicht für möglich und wollen daher die private Stel lenvermittlung nur insoweit Beschränkungen unterwerfen, als die Stellenvermittlung von behördlicher Genehmigung abhängig ge macht werden soll. Abg. Dr. Pfeiffer (Ztr.) sah in dem Entwurf einen Fortschritt, hoffte aber auch Verschärfung des Entwurfes durch die Kommission Die Abg. Dr. Wagner (Kons.) und wölzl (Ntl.) sahen in der Vorlage die Erfüllung aller billigen Ansprüche. Hingegen ging die Vorlage dem Abg. v. Payer (südd. Vp.) etwas zu weit. Er wünschte hinsichtlich der Gebühren mehr Freiheit, hinsichtlich der Strafen mehr Milde, damit der Stand der Stellen vermittlung nicht ohne weiteres erdrossellt werde. 2m wesentlichen zustimmend äußerten sich noch die Abgg. Brühne (Soz.) und Dr. Burkhardt (wirtsch. Vgg.) Grundsätzlich Bedenken hatte nur Abg. Aulerski (Pole), der wegen der in der Vorlage vorgesehenen Konzessionspflicht eine Uebergehung polnischer Stellenvermittler befürchtete. Die Vorlage ging an eine Kommission von 21 Mit gliedern. Darauf trat Vertagung ein. Auf der Tagesordnung der Sitzung von: Mittwoch stand zunächst die erste Lesung des Arbeitskammergesetzes. Abg. will (Ztr.) hielt die Ausschließung der Arbeitersekretäre für unbegründet, dagegen sprach sich Abg. v. winterfeldt - Menkin (Kons.) gegen deren Zulassung sowie gegen öffentliche Verhandlungen aus und empfahl zugleich Kommissionsberatung. Abg. Horn-Reuß (Natl.) verlangte Arbeitskammererrichtung je nach Bedürfnis. Abg. Nau mann (fcs. Vgg.) war für öffentliche Verhandlungen und Zulas sung der Arbeitersekretäre. Staatssekretär Dr. Delbrück erklärte, den Arbeitersekretären freundlich gegenüberzustehen und sah in den Arbeitskammern ein Instrument des Friedens.' Er sprach die Mah nung aus, bei der Beratung des Gesetzes nicht den Boden der Pa rität zu verlassen. Abg. Legien (Soz.) verlangte für die Arbeiter das Recht, die Männer ihres Vertrauens, also auch Arbeitersekre täre, in die Kammern zu wählen. Abg Schmidt-Altenburg (Np.) war von der Notwendigkeit der Arbeitskammern überhaupt nicht überzeugt. Abg. Aulerski (Pole) hielt eine nochmalige Komis- sionsberatung nicht für notwendig und sprach sich für die Zulas sung der Arbeitersekretäre aus, ebenso Abg. Behrens (wirtsch. Vgg.) Damit schloß die Beratung und die Vorlage wurde einer Kom mission von 28 Mitgliedern überwiesen. Es folgte die erste Lesung des Hausarbeitsgesetzes. Staatssekretär Dr. Delbrück betonte, die Regierungen seien soweit wie möglich den früher von der Gewerbe ordnungskommission geäußerten Wünschen gefolgt. Sie warnen aber, dem vorliegenden Entwurf auch schon einen Lohntarif bei zufügen. Dieser solle vielmehr gesondert gebracht werden. Abg. Vr. Pieper (Ztr.) begrüßte das Entgegenkommen der Regierun gen, bat aber, die behördliche Lohnregelung wenigstens als Not standsaktion zuzulassen. Abg. Hennig (Kons.) warnte davor, nach dem Vorbilde der Gewerbeordnungskommission die Wünsche allzu weit zu spannen, da dies nur Verschleppung dieser wichtigen Ma terie führe. Beschränke man sich auf die im Entwürfe berührten Punkte, so werde eine teilweise Lösung der Heimarbeitsfrage mög lich sein. Hingegen bat Abg. Mantz (frs. Vp.), über den Rahmen der Vorlage im Interesse der Heimarbeiter noch beträchtlich hinaus zugehen. — Schluß des Berichts 6 Uhr. Nus aller >Vslt. Hamburg, 15. Februar. (Ein Drama.) Der heute morgen von Liverpool in Hamburg eingetroffene englische Dampfer „Greenland" hatte eine schwere Schifsskollision vor dem Aermelkanal im Nebel zu bestehen. Nach dem Bericht des Kapitäns vom 14. Februar vormittags stieß der Dampfer 5 Seemeilen nördlich vom Feuerschiff im Haag mit einem Fischerdampser zusammen. Der letztere sank sofort. Trotzdem sofort Rettungsboote ausgesetzt wurden, konnte niemand von der Mannschaft gerettet werden. Cuxhaven, 16. Februar. (Sturm.) In der Nord see herrschte gestern ein ungewöhnlich schwerer Sturm. Die norwegischen Postdampfer treffen mit 24stündiger Verspätung ein. Andere einlaufende Dampfer erlitten starke Sturmschäden. Trier, 16. Februar. (Bergsturz.) Zwischen den Stationen Mehring und Detzem der Moseltalvohn wurde durch einen Bergsturz das Bahngleis verschüttet. Der Verkehr wird durch Umsteigen aufrechterhalten. Brüssel, 15. Februar. (Sturm wett er.) Infolge des heutigen Sturmwetters sind die telegraphischen Ver bindungen mit Paris seit heute morgen vollständig un terbrochen. Auch die Telegramme erleiden große Ver spätungen. Brüssel, 16. Februar. Die Telephon- unv Telegrap henleitungen mit Paris sind neuerdings wieder gestört. Paris, 16. Februar. (Die Seine steigt.) Die Seine ist in den letzten 24 Stunden um 20 cm gestie gen, die Marne in Chalifert um 30 cm, ebenfalls weisen die Jonne und der Loing ein sehr bedenkliches Anschwel len auf. Paris, 16. Februar. (Sturm.) Der furchtbare Sturm, der vorgestern abend einsetzte, und die ganze Nacht wütete, und erst gestern mittag sich einigermaßen legte, hat an der französischen Aermelkanalküste schwere Verwüstungen angerichtet. Von den bretonischen und normannischen Gestaden werden zahlreiche Schiffbrüche gemeldet. Paris, 16. Februar. (Pelzschwindler.) Auf die Anzeige zweier Kaufleute auS Leipzig und London sind zwei Pelzhändler, David und Lagrange, unter dem Ver dacht des Betruges verhaftet worden. Sie sollen aus wärtigen Pelzhändlern einen Schaden von 500000 Frs. zugefügt haben. London, 16. Februar. Aus einem bei der Pacific Steam Navigation Company in Liverpool gestern abend eingegangenen Telegramm ist zu entnehmen, daß bis her nur ein Teil der aus dem gestrandeten Dampfer „Lima" verbliebenen Passagiere gerettet werden kennte Man hat jetzt einen Raketenapparat dorthin beordert, doch hegt man die Befürchtung, daß dieser zu spät ein treffen wird. Budapest, 16. Februar. (Der verprügeltePfar- rer.) Der Pfarrer der Gemeinde DunaharaSzti Anton Drechsler, der bei der Bevölkerung sehr unbeliebt war, wurde bei einem Begräbnis von Frauen mißhandelt. Er wurde später in einem Graben bewußtlos aufge sunden. vriekkastsn. Abonnent in Großröhrsdorf. Schöffengerichtsverhand lungen haben nicht am 10., sondern am 9. Februar statt gefunden. Der von Ihnen vermißte Bericht über diesel ben befindet sich auf der Beilage der letzten Nummer des Pulsnitzer Woche blattes. Also in Zukunft besser die Augen auf! Mettervorhsrsage drv Königlich S ichstfchen Kandesmetterwarte Dresden. Freitag, den 18 Februar 1910: Süd-West-Wind, Bewölkungszunahme, noch vorwiegend trocken. Magdeburger Wettervorhersage. Kälter, teils heiter, teils wolkig, zeitweise windig, kein oder nur wenig Schnee. MrcdNckW NKÄrriebtsn. Pulsnitz. Freitag, den 18. Februar, abends 8 Nhr Vortrag des Missionar Kruppa (Herrnhuter Mission) im Obcrgasthof zu Ohorn. — Jedermann ist hierzu herzlich eingeladen. Sonnabend, den 19. Februar, 1 Uhr Betstunde. Hilfsgeistlicher Prehn. Sonntag, den 20. Februar Reminiscerc: >/z9 Uhr Beichte > Pfarrer Schulze 9 „ Predigt (Hebr. 12, 1—6) j Farrer wiyuize. 5 „ Passt nspredigt (Röm. 8, 31—39.) Pastor Resch. 8 „ Jungfrauenverein. Amtswoche: Pastor Resch. Mittwoch, den 23 F.bruar, l. Bußtag: VL <z°h. ». f P-.»" 5 „ Predigt (Matth. 9,10—13), anschließend Beichte und heiliges Abendmahl. Pfarrer Schulze. '(28 „ Bibelstunde in der Schule zu Ohorn. (Phil. 2, 19—30 HilfSgeist-. Prehn. Am Bußtag wird eine Kollekte für die innere Mission gesammelt werden. 2 Eisen beschlagen werden, in welche Schraubstollen bei Bedarf eingesetzt werden können. Sind am Hufeisen die Gewindlöcher vorsorglich zu gestopft gewesen, so daß kein Schmutz hinein kann, und hat der Kut scher an bedenklichen Tagen die Schraubstollenteile bei sich, so kann sofort, wenn eS notwendig ist, das Pferd mit scharfen Eisen ausge rüstet werden. Ebenso leicht können, wenn die Witterung umschlägt, oder statt des Steinpflasters glatter Asphaltboden zu befahren ist, die Stollen wieder herausgeschraubt werden. Diese Eisen mit auswechsel baren Stollen sind auch deshalb besonders praktisch, weil in Zeiten plötzlichen Schneefalls es nicht mehr nötig ist, nun erst zum Schmied zu laufen, um schärfen zu lassen, so daß viel Zeit erspart wird. Vas mdkauWigie ZulMlaffen der Magen aor den M- nmWaslcn hat der Magistrat von Leipzig in der neuen städtischen Verkehrsord nung geregelt. Es ist den Geschirrführern eine Frist von 20 Minu ten zum Einkehren gegeben und ihnen gestattet, während dieser Zeit ihr Fuhrwerk vor der betreffenden Wirtschaft, aber nur vor dieser, halten zu lassen. Dadurch ist einerseits die Einkehrfreiheit der Ge schirrführer nicht verhindert; denn die Arbeiter, welche den ganzen^Tag im Freien sind, müssen Gelegenheit haben, sich auch mit Speise und Trank zu erquicken, andererseits aber ist eine Handhabe geschaffen, um stundenlange Halten der Fuhrwerke vor den Kneipen zu verhindern. Und die Gastwirte haben dann das Interesse, sich keine Uebertretung zuschulden kommen zu lassen, weil ihre Konzession, wenn sic die Völ- lerei unterstützen, in Gefahr schwebt. MrWMHr mil Vieh. Während des Jahres 1909 wurden den 40 bedeutendsten Schlachtviehmärkten Deutschlands zugeführt 1 516 628 Rinder, 1493 359 Kälber, 1258 857 Schafe und 5012 949 Schweine. Das Jahr 1909 hat demnach in Bezug auf die Auftriebe von Rindern und Kälbern das bisher größte Angebot der letzten 10 Jahre gebracht; auch bei Schafen ist eine beträchtliche Steigerung der Auftriebe eingetreten und nur der Schafauftrieb des Jahres 1901 steht noch über dem des Jah res 1909. Die Zunahme der Auftriebe beträgt gegenüber denen des Jahres 1908 bei Rindvieh 7,24 v. H., bei Kälbern 2,97 v. H. und bei Schafen 6,27 v. H. Nicht so günstig ist das Bild der Schweine auftriebe, diese haben im Vergleich mit denen des Vorjahres um 6,69 v. H. abgenommen. Immerhin wird der Schweineauftrieb des Jahres 1909 nur allein von den beiden Vorjahren 1908 und 1907 übertroffen. Z AlchchW in WncrWen hat sich während der Wintermonate nach den Erfahrungen maßgeben der Züchter und Geflügelhalter nicht bewährt. Den Hühnern wird gewöhnlich dadurch mehr an ihrer Gesundheit geschadet, als genützt. In der Regel ist durch die künstliche Wärme die Temperatur im Ge flügelstall zu hoch, und die Tiere verweichlichen daher leicht. Sobald die Hühner an die kalte Luft kommen, ziehen sie sich Erkältungen zu, die häufig gefährliche Krankheiten im Gefolge haben. Den Hühnern erfrieren bei künstlicher Stallheizung auch leicht die Kämme, deren Heilung recht langwierig und schmerzhaft ist. Man halte also in an derer Weise die Ställe warm, streue tüchtig Kaff (Dreschabfall) oder Stroh auf den Fußboden, vergesse aber auch nicht trocknen Sand, den die Hühner zum Zeitvertreib und aus Magenbcdürsnis picken. Gefrorene Nonne bei Hühner» lassen sich in den Wintermonaten vollständig vermeiden, wenn der Tierhalter dafür Sorge trägt, daß die Tiere ein nur flaches Trink becken zur Verfügung haben und ebensolches für Weichsutter. Sobald die Hühner die Kämme bei starker Kälte in Wasser oder Weichfutter eintauchen, erfrieren dieselben durch die Nässe, und der Frost kann solche Folgen haben, daß diese Tiere eingehen, weil ihnen die Kamm spitzen abgefallen sind. Außerdem entstehen bei Kälte noch schmerz hafte Frostbeulen oder die Kämme brechen auf. Kranke Tiere müssen von den andern abgesondert werden, da sie sich sonst am Kamm von andern Hühnern picken lassen müssen und nur Schmerzen erdulden. Betupfen des erkrankten Kammes mit Glyzerin ist lindernd und ein gutes Heilmittel. Zur ZiWiholimg. Nach genauen Berechnungen betragen die Kosten für Futter mehl für eine Ziege, Streustroh usw. höchstens zwei Mark monatlich, selbst wenn man alles kaufen muß, während man von der Zeit des Frischmelkens der Ziege an durchschnittlich 3 Liter Milch erhält. Wenn man nun den Liter nur zu 10 Pf. berechnet, so macht dieses schon die hübsche Summe von neun Mark monatlich aus. Jedenfalls ist dies ein ganz beträchtlicher Nutzen, den sich jede Hausfrau, welche irgend Gelegenheit zum Halten einer Ziege hat, verschaffen sollte. Die Ziegenmilch übertrifft in ihrem Nährwerte die Kuhmilch bedeu tend, und man hat dabei die Gewißheit, daß man von der eigenen Ziege nur reine und unverfälschte Milch erhält. Die Ziegenmilch ist auch bei der Ernährung kleiner Kinder und solcher, die entwöhnt wer-