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Nr. 78. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 5. Juli 1910. Seite 3 machen. Die bisherigen Beschlüsse lassen sich nicht auf recht erhalten, wenn die Vorlage nicht gefährdet werden soll. ES soll tatsächlich die Absicht bestehen, zwischen der Rechten, dem Zentrum und den Nationalltberalen Richt linien festzulegen, um die Beratung wirksamer zu gestal ten. Die Versicherungsämter der Vorlage dürften wieder hergestellt werden, desgleichen die Betriebskrankenkassen, die Drittelung der Beiträge soll aber beibehalten werden. Die Ordnung der Kostenfrage, soweit sie bereits Beschlüs sen unterlag, kann in der beschlossenen Form vom Bun desrat nicht angenommen werden, da sie für die Bun desstaaten zu belastend ist. Näheres muß der Ausgleichs arbeit in den Ferien überlassen werden. — Der Ausgabe eines UniversitätsjubiläumS-TalerS hat der Bundesrat zugestimmt. Es ist beabsichtigt, die Gedenkmünze mit dem Doppelbildnis des Gründers der Universität Berlin, Friedrich Wilhelm III und des Kaisers Wilhelm ll. zu schmücken. Die Randschrift soll sich auf die Universitätsfeier beziehen. Auf dem unteren Teil der Schausette werden die Jahreszahlen 1810 — 1910 ange bracht wer en. ES sollen für 600000 Mark Dreimark stücke geprägt werden. Düsseldorf, 4. Juli. Die Ernennung des bisherigen Finanzministers v. Rheinbaben zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz ist gestern erfolgt Koblenz, 4. Juli. Der neue Oberpräsident der Rhein- Provinz, Freiherr von Rheinbaben, hat sich heute mittag die Beamten des Oberpräsidiums vorstellen lassen. Karlsruhe, 4 Juli Mit dem badischen Finanzmini- Honsell ist insofern eine eigenartige Persönlichkeit Leben geschieden, als der Verstorbene der erste ker war, der auf einen Ministersessel erhoben wurde. ar Or. in§. — In der Zeitschrift des Organs der Maurer erläßt „el zum Kampf im Baugewerbe einen geharnischten M^>ell an die Bauarbeiter. Er schreibt u.a.: „ES ist eine Mywere Schädigung, um nicht zu sagen Infragestellung ^>es Erreichten, wenn hier und da die Fachgenossen sich den Bedingungen nicht fügen. Verlangen wir von den Unternehmern, daß sie die vereinbarten Bedingungen re spektieren, und es wird viele unter ihnen geben, denen der Vertrag für die Arbeiter zu günstig erscheint, dann fordert Loyalität, daß die Arbeiter ebenfalls einhalten, was ihre Vertrauensmänner im Gesamtinteresse verein barten." Spanien. Madrid, 4. Juli. Am Sonntag Nach mittag fand eine von Republikanern und Sozialisten ver anstaltete antiklerikale Demonstration statt, an der sich eine gewaltige Menschenmenge, man schätzt rund 100000 Personen, darunter Frauen aus allen Klassen der Gesell schaft, beteiligten. An der Spitze des Zuges, der zwei Kilometer lang war, schritten alle liberalen, republika nischen und sozialistischen Parteiführer, worunter st st auch Monet, PeriztzGaldoS, Soley Ortega, Azearate und andere befanden. Auch aus Provinz werden^achlreiche Nach Auflösung Scvill.i zag eine 'Msonservntiven iUub und Yi^kn > ' MWngt7 Rufe gegen Maura aus. Es E^WWr^usammenstoß zwischen Konservativen und Wchikalen, der die Polizei veranlaßte etnzuschreiten und mehrere Verhaftungen vorzunehmen. Nach den bisher vorliegenden Meldungen ist die Ruhe sonst nirgends ge stört worden. Areta. Aus Canea wird dem „Matin" gemeldet, die Eröffnung der Nationalversammlung sei auf Mitt woch oder Donnerstag verschoben worden, weil die Oppo sition trotz der Ermahnungen der Regierungen darauf beharre, daß die muselmanischen Deputierten nicht zuge lassen würden. Russland. Petersburg, 4. Juli. Die „Nowojewremja" will auS bester Quelle erfahren haben, daß die von der Reichsduma angenommene Entrechtung Finnlands dieser. Tage die Kaiserliche Bestätigung erhalten hat.' — Aus Petersburg wird dem „B. T." gemeldet: Der Prozeß wegen deS Verkaufs militärischer Geheimdoku mente durch den Vertreter deS Wiener Korrespondenz bureaus und der Londoner „Daily Mail" an Oesterreich . "-riecht sich zu einem grandiosen politischen Prozeß von internationalem Interesse auszuwachsen, weil der ganze Fall beispiellos dasteht. Wie nunmehr als fest stehend gilt, hat Baron Sternberg seit Jahr und Tag wichtige Dokumente durch Vermittlung russischer Offiziere erhalten und sie nach Oesterreich weiterverkauft. Am Frei tag war beim Empfang im Palais des Ministers Is wolski auch der östereichische Botschafter Graf Berchtold zugegen. Wie verlautet, hat Iswolski mit dem Grasen Berchtold sehr eingehend über den ganzen Fall gesprochen, und dabei auf baldigster Abberufung deS Militärattaches bei der österreichischen Botschaft, deS Grafen Spannocchi, bestanden. Von informierter Sette wird noch mitgeteilt, daß der österreichische Botschafter den Baron Ungern- Sternberg völlig fallen läßt. Ebenso wurde seiner in der Botschaft erschienenen Geliebten, die eine materielle Unterstützung erbitten wollte, diese abgeschlagen. Der englische Korrespondent, der den Baron Sternberg als eine Art Mitschuldigen genannt hatte, war der Vertreter des Reuterschen Bureaus Beringer, der sich hierauf der poli tischen Polizei selbst gestellt und freiwillig ausgesagt hat, er habe St->rnberg tatsächlich einige Berichte über geheime Sitzungen der Reichsduma übergeben, die militärische Fragen behandelten. J^Äi^A^WL^rmgsweise wurde nichts Strafbares gesehen, bei Sternberg, der russischer Untertan ist, sich um Hochverrat handelt. Amerika. Washington, 4. Juli. Expräsident Roose velt hc^. eS abgelLnt, für die Nachfolgerschaft des Gou verneurs des Staates Newyork, Mister Hughes, zu kan- Vidieren. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der Expräsident absichttss*/ sich überhaupt vom politischen Kampfplatz Wurückzuziesten, vielmehr, daß er seinen ganzen Einfluß W-kliend machen wird, v«s der republikanischen Partei bet der Besetzung dieses wichtigen Postens zum Siege zu ver helfen. Nus aller Welt. Frankfurt a. M., 4. Juli. (Ein offener Brief des Grafen Zeppelin) In einem vom 2. Juli datierten offenen Brief an die Deutsche LuftschiffahrtS-Aktiengesell- schaft spricht Graf Zeppelin vom Lloyddampfer „Mainz" aus seine wärmste Teilnahme zu dem Verlust des Luft schiffes „Deutschland" aus. Er bespricht ausführlich die Ursachen, die zu der Katastrophe führten und gibt der Ueberzeugung Ausdruck, daß der Vorgang vom 28. Juni das Vertrauen zur Sicherheit seiner starren Luftschiffe in keiner Weise zu erschüttern angetan ist. — (Ein kleiner Riß am Ohr.) Wie leicht selbst die geringfügigste Verletzung zu einer folgenschweren Blut vergiftung führen kann, lehrt wieder einmal ein Fall, dessen bedauernswertes Opfer der Sekretär Ahrens aus Wilmersdorf gewordm. Ahrens, der auf dem Landrats amt des Kreises Teltow tätig war, zog sich während eines Telephongesprächs eins kleine Rißwunde am Ohr zu, die er nicht weiter beachtete. Bald darauf entstand eine Blutvergiftung, und der Zustand A.'S verschlimmerte sich derart, daß ärztliche Hilse nichts mehr auszurichten vermochte. Unter qualvollen Schmerzen fand der Un glückliche den Tod. Mürzzuschlag, 4. Juli. (Beim Edelweiß suchen ab gestürzt.) Ein Angestellter der hiesigen Stahlwerke namens Lampl ist gestern beim Edelweißsuchen auf der Schneealpe abgestürzt. Er war sofort tot. 0000000000000000000000000000000000000000 — gus den kelmal — :: bringt Ihnen das:: Pulsnitzer Wochenblatt immen etwas lieues wenn Sie vor Ihrer :: :: Abreise :: :: ins stad oder in -ie Sommepfkisctie die Nachsendung dieses Blattes unter Kreuz band bei der Geschäfts- :: stelle beantragen :: -^EWjen, 4. Juli. (Eisenbahnunglück.) Gestern n^üh stieß ein Sonderzug mit dem Linzer christlichen A^beitcrsängerbund, der einen Ausflug nach dem KönigS- see^ zu machen beabsichtigte, auf der Station Franken- waLkt mit einer Vorspannlokomotive zusammen. Die Masschine, der Tender und ein Personenwagen des Son- der^uges entgleisten. Vier Bahnbeamte wurden schwer, dreif Ausflügler leichter verletzt , Rom, 4. Juli. (Die „Schwarze Hand" in Eu-r o p n) Mitglieder der „Schwarzen Hand" richteten kürzlich an einen Bankier in Palermo einen Drohbrief, in/ dem sie 100000 Lire forderten,, andernfalls sie das Kaus des Bankiers in die Luft sprengen würden. Da der Bankier nicht antwortete, flog gestern eine Bombe gegen seine Villa, welche die Fenster und das Dach des Hauses arg zerstörte. Die Wirkungen der Explosion machten sich bis auf eine Entfernung von 1 km bemer- bar. Von den Tälern fehlt jede Spur. Paris, 4. Juli. (Große Hitze in Amerika) Der „Newy Herald" meldet aus Newyork: Die Hitzewelle, die seit einigen Tagen die Oststaaten der Vereinigten Staaten heimsucht, hat sich gestern von neuem bemerkbar gemacht und eine Anzahl Todesopfer gefordert, darunter fünf in Philadelphia und drei in der Provinz. Die Newyorker Bevölkerung hat zum größten Teil die innere Stadt ver lassen. Der durch die Hitze angerichtete Schaden beziffert sich nach der „Tribune" auf ungefähr 1300000 Dollars. Budapest, 3. Juli. (42 Wohnhäuser verbrannt.) In der Ortschaft JaSzo Ujfalu wurden durch einen ver heerenden Brand 42 Wohnhäuser, die Kirche, 30 Scheunen und viele Wirtschaftsgebäude eingeäschert. Fünf Personen sind in den Flammen ums Leben gekommen, 60 wurden mehr oder minder schwer verletzt. Mehrere Personen werden noch vermißt. Pest, 4. Juli. Zu dem Brande in JaSzo Ujfalu wird noch berichtet: Ein sturmartiger Wind ließ das Feuer mit ungeheurer Schnelligkeit um sich greifen. Kaum eine Stunde nach Ausbruch des Brandes war das ganze Dorf ein Raub der Flammen geworden. Das ge samte Hab und Gut der Bewohner wurde vom Feuer vernichtet. Bis jetzt sind aus den Trümmern neun Leichen geborgen. Eine große Anzahl von Ortsbewohnern, namentlich Kinder, werden vermißt. Etwa 50 Pesanen wurden schwer verwundet. — (Tausend Chinesen ertrunken!) Emem Telegramm des „B. T." zufolge sind in der Umgebung von Tschangte (Provinz Hunan, China) infolge lieber- schwemmung durch den Hunkiangfluß überUMMDMLv ertrun^ großer Vermisstes« * Wie Könige essen, davon weiß eine englische Wochenschrift allerlei zu erzählen. Der greise Kaiser Franz Joseph, der im Sommer stets um 5 Uhr morgens, im Winter um 6 Uhr sich erhebt, nimmt am Frühstücks tische Platz, nachdem er gebadet und sich rassiert hat. Sein Frühstück besteht aus Kaffee, Milch, Butteibrod und kaltem Fleisch. Um 12 Uhr^nimmt er ein 2. Mahl, zu sich, das stets auS einem Teller Suppe, einem Fleisch gericht, Gemüse und einem Glase Bier besteht. Um 5 wird das Mittagessen serviert: Kleine Vorspeisen, Suppe, Braten, Käse, Obst und Dessert. Der Kaiser trinkt dabei ein GlaS Bier und ein Glas leichten Bordeaux, nach dem Diner nimmt er dann ein Täßchen schwarzen Kaffee. Der Zar ist Nationalist, er bevorzugt russische Gerichte. Nur gegen Kaviar hat er eine unüberwindliche Abneigung. Eine besondere Vorliebe hat er für den Borscht und den Tschi, einer Art russischer Gemüsesuppe mit kleinen Fleisch stückchen. Auch König Viktor Emanuel bevorzugt die Küche seines Vaterlandes. Er ißt gerne Polenta und vor allem ein gebratenes Gericht aus Hühnergekröse, Hirn und Artischocken. Der König nimmt am Morgen um 6 Uhr eine Tasse Kaffee zu sich, dann unternimmt er einen Spaziergang im Garten. Das 2. Frühstück wird um 12 Uhr Mittags serviert. König Alfons von Spa nien dagegen lebt weniger frugal. Um 8 Uhr morgens genießt er sein 1. Frühstück: Tee, Schokolade, Kaffee und Milch, Kuchen, Biskuit und kaltes Flnsch. Um 11 Uhr findet das 2. Frühstück statt, das auS Suppe, Braten, Gemüsen und Konfitüren b steht. Um 4 Uhr wird Tee serviert, zu dem BiSkuitS und Sandwich gereicht werden. Das Diner ist auf 7 Uhr angesetzt; es besteht regelmäßig aus 2 Suppen, ausgewählten Vorgerichten, 2 Braten, Gemüsen, mehreren Desserts, Käse und Obst. Um 9 Uhr folgt noch ein leichtes letztes Mahl, bei dem Tee, Weine, Gebäck und kaltes Fleisch aufgetragen werden. Dann, um '/-ll, begibt sich der König zur Ruhe, mit der Hoff nung, gut zu schlafen — was in Spanien für höchste Herrschaften nicht immer leicht ist. * (An den Unrechten.) Ein niedliches Histörchen wird in der „Militärpolit. Korr." berichtet. Ein zum DioistonS-Kommandeur ernannter General begibt sich in Zivil nach seiner neuen Garnison. Von Statur unter setzt und recht korpulent, mag er „im Gewände des Bür gers" den Eindruck eines OffiziereS nicht gerade hervor gerufen haben. Auf dem Divisionsbureau fragte er den ihn mißtrauisch fixierenden Schreiber nach dem General- stabsosfizier und dem Divisions-Adjutanten. Beide wa ren nicht anwesend. „Das ist fatal," sagt Se. Exzellenz. „Ich muß die Herren sehr notwendig sprechen. Ich bin nämlich der neue Divisionskommandeur." Da legt der Bureau-Unteroffiizer wohlwollend seine Hand auf die Schulter deS kleinen Herrn: „Nee Männeken! Auf den Hauptmann von Köpenick fallen wir hier nich rein." Die verkannte Exzellenz erzählt die Geschichte selbst mit großem Vergnügen wieder. Neueste direkte Meldungen von Hirsch'S Telegraph en-Bureau. Eisenach, 5. Juli, "ms hiesige Schwurgericht verur teilte den Bäckergehilfen Polz wegen Ermordung der Bäckersehefrau Wirsing zum Tode. Paris, 5. Juli. Ueber das zwischen Rußland und Japan getroffene Uebereinkommen wird in Ergänzung der bisherigen Nachrichten von zuverlässiger Quelle noch bekanntgegeben: Das Abkommen stellt fest, daß beide Vertragsteile sich verpflichten, ihren gegenseitigen Besitz stand zu respektieren und zwar so, daß Rußland sich jeden Eingriffs in die japanische Einflußsphäre und Japan seinerseits sich jeder Störung des russischen MachtgebietS enthält. Zugleich verpflichten sich beide Vertragsteile, ihren Status in der Mandschurei mit allen Mitteln auf recht zu erhalten, und wenn andernfalls von irgend einer Seite daran gerüttelt würde, mit allen Kräften sich gegen seitig Beistand zu leisten. Bukarest, 5. Juli. Der Zustand der Königin Elisa beth von Rumänien bessert sich gegenwärtig. Man hofft sogar, daß sie in den nächsten Tagen das Bett verlassen kann. Die offiziellen Meldungen über das KrankheitS- bild lauten sehr verschiedenartig. In Anbetracht der sehr schwachen körperlichen Konstitution der Königin ist die Krankheit immerhin bedenklich. Wien, 5. Juli. Die parlamentarische Lage hat sich derart verschlechert, daß man allgemein erwartet, daß die Regierung bereits morgen, spätestens übermorgen daS Parlament schließen wird. Cleveland, 5. Juli. Bei Dayton (Staat Ohio) stie ßen zwei Züge zusammen, 36 Leichen wurden bisher ge borgen. 75 Personen sind verletzt Newyork, 5. Juli. Zu dem schweren Eisenbahnun glück bei der Station Dayton iw Staate Ohio wird bc richtet: Ein Expreßzug, der auf der Station Charon die Gleise wechselte, ist mittags mit einem Güterzug 40 km von der Station Dayton auf der Eisenbahnlinie Cinci- natti —Dayton zusammengestoßen. Der Zusammenstoß erfolgte bet voller Fahrt. Der Expreßzug wurde vollstän dig zertrümmert. Die Lokomotive stürzte einen Abhang hinunter. Moschinenführer und Heizer sinn tot. Kurz nach dem Zusammenstoß gerieten die Wagentrümmer in Brand, was das Unglück noch vergrößerte Man glaubt, daß mehr als 70 Personen verletzt sind. Bis abends waren 36 Leichen geborgen. Bergen, 5. Juli. Der Lloyddampfer „Mainz" mit dem Prinzen Heinrich und dem Graten Zeppelin an Bord traf^stern abend um »/,7 Uhr hier ein und ging im Konlul an Bord. Gestern abend MMMMr^Nich elfen zu M-n