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Adorter Wochenblatt. MLttheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Siebenter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 21 Neugroschcn, bei Beziehung des Blattes durch Botengclegenheit 15 Neugroschen. 50. Erscheint gebe Mittwoche. 14. Dt). 1842. Taugen städtische Beamte zu Volks vertretern? Diese Frage ist vor Kurzem in der „Ameise" auf geworfen, von dem Einsender des betreffenden Aufsa- zes aber ohne Weiteres mit Nein! beantwortet wor, den. Da wir einer entgegengeseztcn Ansicht sind, so wollen wir diese, unter Bezugnahme auf jenen Auf- saz, in Folgendem näher zu entwikeln und zu begrün den versuchen. Der bezeichnete Aufsaz führt die Ueberschrift: „stän dische Wahlen" (wo. 141. der „Ameise" von diesem Jahre), beginnt damit, dass sich über die Resultate der neuen ständischen Wahlen vor der Hand noch we nig sagen lasse, und fährt dann also fort: „Was die „rltterschaftlichen und bäuerlichen Wahlen betrifft, so „sind diese lediglich Sache der Stände, die sie vertre ten. Aber über die städtischen Wahlen lässt sich „allerdings gar Manches sagen. — Auffallen muss eS „zunächst, dass wiederum meistentheils städtische Be- „amte gewählt wurden. Dis könnte auf den ersten „Anblik gleichgültig erscheinen; genau besehen ist es „aber gar nicht gleichgültig. Ein Beamter, gleichviel „ob städtischer Beamter oder Staarsdiencr (so?), ist „zum Vertreter des Volkes darum weniger geeignet, „weil er nicht unabhängig ist. Er hat eine Zukunft, „die der Staat direkt oder indirekt modelt, und eben „darum ist er nicht unabhängig." Wenn der Verfasser jenes Aufsazes den städtischen Beamten die Fähigkeit abspricht, passende Volksver treter zu werden, so wollen wir dabei zwar nicht vor- aussczcn, dass er dies nur darum gelhan hat, weil er bei einer Wahl konkurrirt, ein städtischer Beamter a- ber den Sieg davon getragen har. Aber annehmcn müssen wir, dass der Verfasser die Verhältnisse nicht genau kennt und über das von ihm behandelte The ma gar nicht im Klaren ist. Wir sind damit einverstanden, dass Unabhängig keit. derjenigen, die das Volk der Regierung gegenü ber vertreten sollen, wenn auch nicht, wie der Verfas ser glaubt, die „erste Bedingung eines Volksver- treteis," doch jedenfalls eine'der ersten Anforderung gen ist, die man an einen Landtagsabgeordneten ma. chen kann. Die Gründe aber, aus welchen diese Unabhängigkeit den städtischen Beamten abgehen soll, haben mrs nicht cinleuchten wollen. Ehe wir jedoch zu deren Widerlegung übergehen, wollen wir an den Verfasser die Frage richten, warum „die ritterschaft« lichen und bäuerlichen Wahlen lediglich Sache der Stände sind, die sie vertreten"? Ist nicht jeder Ab geordnete der II. Kammer Vertreter des ganzen Volkes, wer ihn auch immer gewählt hat?' Sollen Sonder-Juteresse» vertreten werden? Hat nicht das Volk ein sehr groses Interesse daran, dass die ganze Kammer gut und tüchtig sei, nicht blos die städtischen Abgeordneten, die ja neben den Vertretern des platten Landes doch nur die Minderzahl bilden? Es ist keineswegs blos Sache der Rittcrgutsbesizer und Bauern, ob die von ihnen gewählten Deputirten etwas taugen oder nicht, es ist Sache des ganzen Volkes. Was würden die städtischen Abgeordneten in einer Kammer ausrichten, wenn alle übrigen ihren Plaz nicht ausfüllten, nicht das wären, was sie sein sollen — Vertreter des ganzen Volkes? Hat also der Verfasser mit seinem ungeschikten Ausspruche sagen wollen, dass er ein Städter sei und also über die rit» terschaftlichen und bäuerlichen Wahlen nichts zu sa gen habe, so würde er in sehr dikem Jrrthume sich befinden. Wir unserer Seits müssen wenigstens ei ner solchen Ansicht entschieden entgcgentreten. Hät ten aber se>7e Worte nur den Sinn, dass sich zwar „über die städtischen Wahlen mancherlei sagen las se," über die der Rittergutsbesizer und Bauern aber nicht, so konnten wir den Grund hiervon auch nicht absehen. Wir wenigstens wüsten auch über nicht — städtische Landlagswahlcn mancherlei zü sagen. Hicrnächst ist es eine arge Verwechselung der Be griffe und Verhältnisse, wenn der Verfasser städtische Beamte und Staalsdiener in Bezug auf Unabhän gigkeit so mir nichts dir nichts in Eine Klasse wirft. In einer gewissen Abhängigkeit leben allerdings die Ersteren wol auch, nur aber nicht von der Regie rung, sondern von ihren Gemeinden, von den Stadtverordneten, von der Bürgerschaft. Dies ist