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-2 Urrterhaltungs - Belage Druck und Verlag von I. Ruhr Nachs. Dr. Alban FnfL. Hohenstein-Ernstthal. Z fi- LS PS. Fortsetzung.)' Er mußte jeder Frau gefallen. Sein Huger Kopf konnte den Ausdruck der Härte tragen, aber beim Lächeln schmolz alles Schroffe, man sah ein Gesicht, das den Stem pel der Güte und des Geistes aus der Stirn trug. „Darf ich Sie ein Stück begleiten?" fragte Lohe und schritt schon neben ihr her. „Ja, gern. Ich freue mich." „Das ist lieb von Ihnen, Sie sind gütig." Um seinen Mund stand plötzlich cingegraben eine wehmütige Falte. „Aber, Herr Professor!" Renate scheuchte lachend dies starke Mitgefühl fort, das sie in seine Gewalt nahm. „Sie sprechen, als erwiese ich Ihnen eine Gnade, und Ihnen fehlt es gewiß nicht an Gesellschaft, wenn Sie überhaupt Gesellschaft suchen." „Ich kann nicht behaupten, daß ich es bisher getan habe. Ich wollte für mich, wollte einsam leben, bis ich Sie gesehen habe, Frau Renate. Nehmen Sie mir mein frei mütiges Geständnis nicht übel," fuhr er weich und bittend fort, als er die heiße Nöte in ihr Gesicht schlagen sah. „Alles, was einst gelebt hat in meinem Herzen, wurde wieder lebendig an jenem Abend, da wir uns zum ersten Male gesehen. Sie gleichen in Ihrer Erscheinung, in der frischen und selbstbewußten Art einer Frau, der ich einst sehr zugetan war, sehr." Er schwieg, fein Blick verlor sich ins Ferne. „Und weshalb ist diese Frau nicht die Ihre?" fragte sie zögernd. „Ach, Frau Renate, das sind Lebensspiele, das sind die Nieten in der Lotterie des Daseins. Damals war ich nichts, niemand, ein Mensch, der nichts besaß als den Namen sei ner Geburt. Und ich meinte, ich müßte meiner Frau mehr bieten als nur Liebe und Hosfnungen auf eine Zukunft, die noch in dunkle Wolken gehüllt war. Ich ahnte nicht, daß sie zufrieden gewesen wäre, wenn ich ihr mein Herz geschenkt hätte. Später, viel später habe ich es erfahren. Sie selbst hat es mir gesagt, aber da gehörte sie einem an deren und den nahm sie, weil . . . nun. weil sie meinte, daß ich auf die berühmte reiche Erbin warte. Ich!" Er lachte rauh auf. „Niemals hat Geld für mich einen anderen Wert gehabt, als damit die zu erfreuen, die meinem Her zen nahestehen. Ja, und dann, als ich es nicht mehr wünschte, da kam das Glück, der Ruhm, da hatte ich Stel lung und alles, wonach ich einst so glühend gestrebt, und ich bin einsam damit, tief einsam." Erschüttert lauschte Renate den Worten, die sich scheu und leise von den verschlossenen Lipppen rangen. Sie sagte kein Wort, um nicht durch einen Ausdruck des Bedauerns seine Seele zu verletzen. Stumm reichte sie ihm die Hand, er umschloß sie mit der Heftigkeit eines Verzweifelten. Und wie ein fernes Wünschen kam ein Schein eines fliehenden Gedankens in ihre Brust. Ihm hätte sie alles sein können. Ihn würde sie glück lich machen, und der, dem sie ihr Herz zu Füßen gelegt, trat darauf, warf es von sich, nahm es nicht, um es zu (Nachdruck verböten.)' Ms hätte dr ihre flatternden Gedanken erraten, fuhr er fort: „Wie ich Sie das erstemal sah, gnädige Frau, habe ich einen unauslöschlichen Eindruck von Ihnen bekommen. Ich gestehe es, ich beneidete meinen Angestellten, den jun gen Ingenieur Storm, daß es ihm vergönnt sein sollte, ein Kleinod heimzuführen, in dem ich die Verwirklichungen meiner Ideale sah. Ich hatte von Ihnen gehört, ich fragte, man gab mir Auskunft, und diese Erzählung beglückte mich. Ein mutiges Weib, das im Kampfe mit dem Leben nichts von seiner Frauenwürde, seinem Reiz eingebüßt. Wie selten ist es! ... Doch, ich werde nie mehr davon sprechen, und wenn Sie mir zürnen, dann will ich Ihren Weg nicht wieder kreuzen." Voll schlug sie die leuchtenden Augen zu dem Manne auf. Güte und Trauer war in dem Gesicht zu lesen, wäh rend sie den Kopf leise schüttelte. „Ich zürne Ihnen nicht, habe ich denn ein Recht zu zürnen? Ich wollte, ich könnte Ihnen Helsen." „So schwebten Sie in meinen Gedanken,* sagte er wehmütig, „so dachte ich Sie mir, hilfsbereit, ohne jeden Triumph über einen Sieg. Warum kann mir das Leben nichts geben?" Eine tiefe Bitterkeit zitterte in seinen Wor ten. Renate faßte fröstelnd nach seiner Hand, und in schmerzlicher Erinnerung sagte sie: „Ach, niemand hat das Glück auf seinem Lebenswege schattenlos. Kein Mensch, aber auch keiner, ist unberührt von dem, was wir Menschen Unglück nennen, durch das Erdental gegangen." „Das sagen Sie? Eine junge, geliebte Frau? Eine Frau, der ein Mann jede Sehnsucht aus den Augen lesen sollte, der er dienen müßte mit den Fasern seines Her zens?" Und in seiner Unruhe, die ihn ergriff und schüttelte, die ferne, ferne Hoffnungsseligkeiten jäh und blendend vor sein Auge zauberte, rief er: „Nein, es kann nicht sein. Sollten auch Sie, auch Sie das Glück nicht gefunden haben? Renate ... ist etwas in Ihrem Leben, das Sie bedrückt? Sie haben keinen treueren Freund, keinen ergebeneren als den Mann, den Sie hier vor sich sehen. Ich wollte, ich könnte Ihnen das Glück in Ihrem Leben geben." Sie schwieg und hielt die Augen gesenkt. „Bitte, bitte, nein," flüsterte sie mit bebenden Lippen, und eine Träne, heiß und qualvoll, kam aus ihrem Auge. Ernst von Lohe, der schweigsame und harte Mann, vor dem die Angestellten der Paulinenhütte in einer unbe stimmten Angst bebten, der seinen Willen durchsetzte, gegen den Einspruch Hunderter von Menschen, stand tief er griffen neben der jungen Frau. Auch er fand nicht das Wort, sie zu trösten, denn die Hoffnung, daß aus ihrer Trauer ihm ein leuchtendes Glück blühen könnte, erhob ihre Flügelschläge, sie umrauschten den Mann. Schweigend gingen sie durch das Grün, zwei Men schen, die sich im Leid gefunden. Endlich entschloß sich Re nate zum Abschied. Sie reichte ihm die Hand. „Ich werde nach Hause gehen, verzeihen Sie, Herr von Lohe, wenn ich Sie traurig gemacht habe." Die Ehe der Renate Heinsius Noma« von Ruth Goetz. MW - kaWer MW M WM