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Unterhaltungs-Beilage rum Druck und Vertan von I. Nuhr Nächst Dr. Al bau Fruch, Hoben itein-Erustthal. (Nachdruck verboten.) I N3 Fortsetzung.) Er wurde das Bild nicht los I blasses, durchgeistigter gewordenes MsLesZKUder Roman von Oswald Bergener. Nur eins schien ihm aus diesem entsetzlich klaren und I einfachen Bilde deutlich zu sprechen. Sie fuhren nicht auf eine ' — ihre — Hochzeitsreise hinaus. Es lag zu wenig neues f Erobcrerglück, zu viel gewohntes Beherrschen in dem Ge- i darcu Georg Waldhausens, zu viel resignierte Kühle in > ihren lieben, blassen.Zügen. Er — Wolfram Brockenschmied — schritt eben, seinen I Handkoffer tragend, finster ausgereckt und aus dem ver- > borgenen Weinen in seiner Seele düster vor sich hinaus- j blickend, im Haufen der Mitreisenden dem Trcppendurch- ; gang zu, als er, zur Seite schauend, zwei sprühenden « dunklen Männeraugen begegnete, die unter den eisen- I grauen Brauen hervor in sprechender Bestürzung und i Überraschung ihn wohl eben erst entdeckt hatten unv ganz ; nahe auf ihn herübersiarnen. „Brockenschmied!" rief eine Stimme voll so masiloscn > Erstaunens und so heftiger Freude, da» ihn dieser Klang i in diesem Augenblick fast um alle Fassung brachte. Gleich I darauf stand er dem älteren Freunde gegenüber. Ihre ' Hände lagen fest ineinander. „Herr Brockenschmied — wie ist es möglich! Sie in » Halle! Und welches Weges — welches Zieles'-" „Mein Ziel!" antwortete Wolfram, und die Be- i wegung nahm ihm fast die Selbstbeherrschung, — „ich weiß I es in diesem Augenblick nicht mehr!" Stumm und forschend ruhten die klugen Augen des f Professors auf seinem Gesicht und lasen in seiner Seele. Dann legte er die Hand auf Wolframs Schulter und j sagte mit seinem herzensgüügcn, bezwingenden Lächeln: . „Ich bin, wie Sie sehen, einsam geworden! Tun Sie mir i die Liebe — kommen Sie mit mir — wir fahren zusammen I in die Stadt — in mein Haus. Sie sind mein Gast — Sie 1 führen mir den Zauber des Harzwaldes wieder zu, so wie » ich ihn liebe! Wir wollen uns ein paar Stunden, ein paar ! Tage miteinander in frische Waldcrinncrung und Wald- l Philosophie vertiefen. Das große Ziel, das wir alle I suchen auf unseren ruhelosen Irrwegen durch die Wald- » geheimnisse, es brennt irgendwo hinter der großen Dunkcl- » heit auf einem fernen Gipfel. Sollten wir nicht ein Stück I Weges dahin zusammen wandern?" Nicht lange darauf bestiegen sie vor dem Bahnhof eine I Droschke und fuhren miteinander in die Stadt hinunter ' und in das Geheimratsviertel zur Villa mit den dorischen der Abwesenden zu atmen, mit herzlichem Abschied von ! dem Gastfreundc los. Daß Georg Waldhausen, während er selbst in frei- l williger, stummer Verbannung verschollen war, je länger I je öfter in diesem Hanse ein- und ausgegangen, daß die ! tiefe, leidenschaftliche Liebe Elgas zur Jugendwelt des ! Lbcrharzes für den zähe strebenden Waldsohn die Brücke I geworben war, auf der er sich klug in ihre liebsten Gc- ' dankcnkrcise drängte, — das alles war ja nun so sonnen« « klar, daß er die Bestätigung gar nicht erst aus den flüchti- I gen Bemerkungen des Professors über seinen Schwieger« I sohn zu schöpfen brauchte. str, Wolfram, rang um das Glück mit den finsteren ; Gewalten des Lebens einen schweren, entsagungsreichcn i Kampf, — und der andere führte cs lachend nach Hause. : Seine stolze, kraftvolle Natur stürmte um so leiden- . schaftlicher in die Freiheit und Lust des Studententums I zurück. Aus Schmerz und Zorn wurde ein wildes Sturm- I tollen unter seiner grünwcißschwarzen Couleur, aus dem j Mensurbodcn, unter lachenden Mädchenaugcn, bereitwillig » geöffneten Herzen und begehrlichen Lippen, doch grimmi« ! ger noch unter Kollegheften und Kathederoffenbarungen. I Er geizte nach einem Berg der Arbeit und der Lasten I und entfaltete eine erstaunliche Schaffenskraft für sich und ; in der Aufopferung für andere. Bald stand er an der ? Spitze seiner Korporation als erster Chargierter, und jeder I Fuchs beschwor, und jedes bemooste Haupt bezeugte, sie I hätten seit langem keinen so glänzenden Vertreter und ! Führer gehabt. Wieder flog dem Commersemester das Wintersemester I nach. -Dstcrn stieg von neuem heraus. Im Frühlings« < prangen reifte für ihn und seine Nskania als dem Vorort ! ihres deutschen akademischen Verbandes die große Sorge, ! das Verbanbsfest zu gestalten, das in jedem fünften Jahre I stattzufindcn hatte und in diesem jungen Sommer ; fällig war. Da trug ihn die brennende Lust des Schaffens ! vollends ans den Gipfel einer eisernen Tat- und Arbeits« I kraft. An der Spitze des großen Festausschusses stehend, z setzte er cs mit Energie und Überredung durch, daß das ; Verbanbsfest in der schönen, klangvollen, gastlichen i Thüringcrstadt begangen werde, in der Elga für ihn ver« l schollen war, wie er einst sür sie in Schweigen und Fremd- , heit untcrgegangen war. ! Er selbst fuhr in schönen Maitagcn mit einigen Kom- I militoncn des Ausschusses im D Zug dem maienumblühten ß Zanberlanbe feiner unablässigen Gedanken und Träume » entgegen. Im farbenslolzcn Wichs seiner Askania führte » ihn die Equipage eines dort ansässigen reichen Couleur- I ! zum Hutrand hinausgeschlagenen i . ' schlanke, zierliche Hand im Hellen Handschuh, die so kurz I und heftig noch einmal die des Vaters drückte, — und! I neben ihr der, den er in die Hölle Hinunterwünschle und I der doch eben mit seiner hcrrschsüchtigen Zudringlichkeit ' seinen Arm um ihre schlanke Taille legte und aus dem im i schwarzen Spitzbart auslausenden braunen Waldjungen- j « gesicht so kaltherzig zufrieden aus den Zurückbleibenden ' . herunterlächelte. — ElgaZ feines undi Für ein paar Tage tauchte er in dem Parkzauber I Gesichtchen unter dem unter. Das Hohle, feierliche Vorfrühlingsbrauscn in den I weißen Schleier, die knospenden Baumkronen sang ihm oft in schlaflosen Nacht- ; stunden das Sturmlied entschlossener Entsagung. Dann riß er sich von dem wohligen, berauschenden I Weh, überall vom Morgen bis Abend in dem Geistcrreich >