Volltext Seite (XML)
-.e Nr. 20 I Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck * * * * * * Buchhandel *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung« 724 Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme Berliner Typographische Gesellschaft Zu der am Mittwoch, 14. März, abends 9 Uhr, im Saale C des Architektenhauses, Wilhelmstr. 92/93, stattfindenden Sitzung werden die geehrten Mitglieder mit der Bitte um zahlreiches und pünkt liches Erscheinen ergebenst eingeladen. Der Vorstand Tages-Ordnung: 1. Geschäftliches. Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Grafische Revue. 8. Vortrag des Herrn Hugo Rulffs: Erinnerungen aus meiner Setzerpraxis in England; verbunden mit einer Ausstellung von englischen Accidenzen, Werken und Zeitschriften. 4. Fragekasten. MF* Gäste willkommen! •a Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachschriften im Vereins-Lokale zur Benutzung aus. übertroffen werden können. Sie wurden bis ins vierte Jahr hundert hinein nur mit Majuskeln fast unverändert angewendet. Erst im elften Jahrhundert finden sich vereinzelt auch Minuskeln, und zwar wurde zunächst der Name Gottes mit solchen her gestellt. Die Formen der heutigen Soennecken’schen Rund schrift finden sich schon in den Kursivschriften des neunten, zehnten und elften Jahrhunderts. Die Gitter- oder Mönchs- schrift des 13. und 14. Jahrhunderts zeigt Unzial-Majuskeln hauptsächlich in der Anwendung von Initialen. Die Humanisten des 15. Jahrhunderts wollten die gothischen Formen abschaffen. Man suchte deshalb zu den Formen der alten römischen Majuskeln nach Minuskeln, die man im Alterthum nicht kannte. So ist die Schrift einer steten Umwandlung unterworfen. Jedes Zeitalter kennzeichnet sich durch einen bestimmten Schriftcharakter, nur unsere neuesten Schriften-Erzeugnisse werfen alles durcheinander. Im Zeitalter der italienischen Die Sitzung vom 26. Februar wurde durch Herrn Könitzer geleitet. Als neue Mitglieder wurden aufgenommen die Herren eslaus Radzimski und Hans Burow und die Herren Hans Näter, Eugen Lampe und Max Ludszuweit zur Mitglied schaft angemeldet. Als Gäste wohnten der Versammlung die Herren Schneider und Ebert von der »Vereinigung befreundeter Kollegen der graphischen Künste« bei. Herr Ansgar Schopp- meyer, Dozent an der Königl. technischen Hochschule, hielt sodann einen Vortrag über den Einfluss der modernen Bewe gung im Kunstgewerbe auf die Entwicklung unserer Schriften Die ersten Anfänge dieser Bewegung, so führte der Redner etwa aus, liegen schon eine Reihe von Jahren zurück. Auch in Bezug auf die Schriftverbesserung ist inzwischen Vieles ge schehen; doch sind die Vorlagen zum Zeichnen neuer Schriften und diese selbst in der Regel entweder von ausübenden Künstlern ohne wissenschaftliches Sonderstudium auf dem Gebiete des Schriftwesens oder von Theoretikern, welchen die Kunst des Zeichnens mangelt, hergestellt worden. So ist auch der auf Veranlassung des Preussischen Kultus - Ministeriums herausgegebene Schriften-Atlas nicht auf wissenschaftlichen Studien begründet. Die letzte Nummer der »Graphischen Welt« (Deutsche Faktoren-Zeitung) enthält einen beachtenswerthen Aufsatz über neue Buchkunst und ihre alten Vorbilder, aus dem hervorgeht, dass dessen Verfasser zugleich der geistige Urheber des ebengenannten Schriften-Atlas war. Die moderne Bewegung im Buchgewerbe hat ihre Berechtigung; doch ist sie leider vielfach missverstanden und das Neue, was man schaffen zu müssen glaubte, überhastet worden. Man wollte in kürzester Zeit einen neuen Stil schaffen, ohne zu bedenken, dass in der Vergangenheit zu einer solchen Umwälzung in der Regel ein volles Jahrhundert gehörte. Vielfach hat bei den neuen Schöpfungen persönliche Eitelkeit oder das Prinzip geschäftlicher Ausnutzung der Neuheit vorgeherrscht. Die moderne Bewegung sollte eine Reformation bewirken, sie ist aber zur Revolution ausgeartet, indem man vielfach glaubt, zunächst alles bisher Gebräuchliche über den Haufen werfen zu müssen und kein Ornament mehr zum Buchschmuck ver wenden zu dürfen. Langweilige, eintönige Formen wurden als das allein Richtige bezeichnet; es erstand eine Generation junger Künstler, die sich berufen fühlt, ohne gründliche Studien auch das Illustrationswesen umzugestalten. Man war vor Allem bestrebt, Neues, noch nicht Dagewesenes zu schaffen und zwar vielfach ohne nothwendige Vorbildung. Nur Natur, keine alt hergebrachten Formen mehr! Dieses Prinzip wurde auch auf die neuen Schriften angewendet und dabei ganz übersehen, dass die Schrift aus gesetzmässig festgelegten Formen besteht, die sich mit der Zeit weiter entwickeln müssen. Die alten römischen Schriftformen, die sich über das ganze Abendland verbreitet haben, sind der weiteren Schrift-Ent wicklung zu Grunde zu legen; sie sind von solcher Schönheit, Ruhe und Einfachheit, dass sie kaum durch etwas Neues Renaissance galt es als Regel, die Grundstriche der Schrift in der Stärke von 1/8 ihrer Höhe zu zeichnen. Ein besonderes Merkmal für die verschiedenen Schriftstile, die deutsche und die italienische Renaissance, das Rokoko und die trockenen Formen unseres Jahrhunderts, bietet die Betrachtung des Fusses der Majuskeln, wie sie die folgenden Figuren wieder geben. deutsche italienische Rokoko trockene deutsche Renaissance Buchstaben Gleiche Unterschiede finden sich auch bei den Minuskeln und bei den Ziffern. Am Ende des 15. Jahrhunderts entstand aus der gothischen unsere deutsche Schrift, theils in den Formen, wie wir sie heute noch pflegen, theils aber mehr ver schnörkelt. Die Schwabacher findet sich zuerst im Jahre 1480. Sie ist lediglich als Brotschrift angewendet worden, und ihre reizvollen Formen erschienen zu Verzierungen wenig geeignet. So verschieden die Schriftformen, so verschieden war auch der Schmuck derselben. Stets sind dieselben aber dem be treffenden Schriftcharakter, der Renaissance, der Gothik, dem Rokoko angepasst. In welcher Weise die Umgestaltung der Urform Verzierung Umgestaltung Schriften vor sich ging, lässt sich besonders bei dem Buch staben S erkennen. Der untere Ausläufer wurde zunächst als feine Linie auf der linken Seite des Buchstabens nach oben gezogen, von späteren Schriftzeichnern aber wurde diese Ver zierung missverstanden und es entstand daraus unser heutiges deutsches <5. Jeder Sehriftzeichner sollte an dem Grundsätze festhalten, dass unsere Schriftformen mit der Feder geschaffen und nicht mit dem Bleistift gezeichnet wurden. Viele Mängel unserer heutigen Schrift sind auf die Nichtbeachtung dieser Grundregel zurückzuführen. Die alten römischen Buchstaben wurden aus dem Quadrat gezeichnet, die Grundstriche % der Breite ein nehmend, die Haarstriche für monumentale Zwecke halb so stark wie die Grundstriche. Die runden Buchstaben waren kreis rund. Wenn nun auch diese Formen wegen zu grosser Breite der Schriften nicht beibehalten werden konnten, so ist es noth wendig, diese Verhältnisse im Auge zu behalten. Bei unseren