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608 PAPIER-ZEITUNG Nr. 17 gemeinheit entwickelte, und aus welchem die Stetigkeit der Adressbücherfolge hervorwuchs, die während anderthalb Jahr hunderte (1656—1805) fast keine Lücke aufweist. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass die Stadtbibliothek eine neue bedeutende Zuwendung erhalten hat. Kommerzienrath Alfred v. Neufville, Präsident der Handelskammer, hat ihr seine werth- volle Exlibris-Sammlung zum Geschenk gemacht, in der interessante Bücherzeichen deutscher Zunge in allen Stilformen der letzten vier Jahrhunderte vertreten sind. Die letzten Wochen haben einige bemerkenswerthe Todes fälle gebracht. An den Folgen eines Sturzes aus dem Wagen starb der Direktor der Königlichen Strafanstalt in Prunges- heim, G. Streitke, der ein besonders gutes Andenken auch bei allen Vertretern der Presse hinterliess, die gezwungen waren, in Prungesheim Quartier zu nehmen. Er behandelte sie ohne Rücksicht auf ihre politische Stellung so human, wie es die Dienstordnung irgend zuliess und verschaffte ihnen alle mög lichen Erleichterungen, soweit sich dies mit seinen Pflichten vertrug. Als vor einigen Jahren einige Redaktions-Mitglieder der »Frankfurter Zeitung« ihr 25jähriges Jubiläum begingen, freute man sich nicht wenig auch darüber, dass unter den Gratulanten sich der Direktor jener Strafanstalt befand, die den Genannten schon als unfreiwilliger Aufenthaltsort gedient hatte. In dem in Oberursel am Taunus verstorbenen Christian Benkard verlor die deutsche Lesewelt einen mit viel Humor ausgestatteten Marine-Schriftsteller. Nachdem Benkard jahre lang auf der See heimisch gewesen, griff er seiner angegriffenen Gesundheit wegen zur Feder und wusste seine reichen Kennt nisse und Erfahrungen trefflich zu verwerthen. Der Verstorbene war auch der umsichtige Kassirer des südwestdeutschen Kreises des deutschen Schriftsteller-Verbandes. Am 12. d. Mts. verschied nach kurzem Krankenlager im Alter von 77 Jahren der Setzer- Faktor der Druckerei von August Osterrieth, Joh. Georg Grau, nach fast 50 jähriger verdienstvoller Thätigkeit bei genannter Firma. In der lithografischen Kunstanstalt von E. G. May Söhne beging dieser Tage der Magazinier Karl Michael Rupp das Jubiläum seiner 40jährigen Thätigkeit. Derselbe wurde von den Geschäfts-Inhabern und dem Personale mit werthvollen Geschenken bedacht. Der Prozess, welcher sich kürzlich in Berlin zwischen den Telegrafen-Bureaus Wolff und Hirsch abspielte, hat Erinnerungen an einen vor etwa zwei Jahren in Frankfurt verhandelten ähn lichen Fall wachgerufen. Ein Depeschen-Bureau hatte sich Nachrichten der »Frankfurter Zeitung« vor dem Erscheinen des Blattes verschafft und weitergegeben; die Frage des Dieb stahls wurde in diesem Falle für den Inhaber des Bureaus verneint, weil dieser nicht die Depeschen-Abzüge selbst an sich genommen, sondern die Nachrichten nur abgelesen und dann für sich verwerthet hatte; dagegen nahm das Gericht das Vor liegen des unlauteren Wettbewerbes an und sprach die Ver- urtheilung nach dem genannten Gesetze aus. Das hiesige Gewerbegericht hat unlängst in einem Streit fälle eines Faktors mit einem Setzer entschieden, dass das Klopfen mit dem Winkelhaken ein alter Buchdruckerbrauch sei und nichts Beleidigendes an sich habe. Dem wegen wieder holten Klopfens ohne Kündigung entlassenen Setzer wurde der 14 tägige Gehalt zugesprochen. Im letzten Jahre mussten vom Gewerbegericht vielfach Arbeiter mit ihren Klagen abgewiesen werden, weil sie ihre Ansprüche entweder zu spät oder un genügend begründet geltend machten. Der Bezirksverein Mainz des Deutschen Buchdrucker verbandes hat seine in der letzten Tagung des Landtages un erledigt gebliebene Vorstellung erneuert: dass die Buchdruck arbeiten für die hessische Regierung und die Staatsbehörden nur in solchen Druckereien hergestellt werden möchten, in denen der allgemeine deutsche Buchdruckertarif eingeführt ist. Die Stadtvertretung von Heidelberg ist einem gleichartigen Gesuche des deutschen Tarifamtes nacbgekommen. Der Nürnberger Plakat-Anzeiger vollendete am 27. Januar das 50. Jahr seines Erscheinens. Ins Leben gerufen von dem nachmaligen Direktor des Nürnberger Stadttheaters, Maximilian Reck, befindet sich derselbe bis heute im Besitz der Reck’schen Familie, und wird der Druck ununterbrochen von der Buch druckerei J. L. Stich besorgt. Der schönen Jubiläums-Nummer war ein getreuer Wiederabdruck der ersten Ausgabe des »Plakat- Anzeigers« beigegeben. Dieselbe enthält sechs Anzeigen, dar unter ein — Heirathsgesuoh. Der »Eiserne Kollege« ist, nachdem er noch in Worms und Darmstadt seinen Einzug gehalten, nun in allen namhafteren hessischen Druokstädten vertreten. Die von den Gehilfen ob seiner Einführung gehegten Befürchtungen haben sich als über trieben erwiesen; denn einestheils gestalteten die betreffenden Blätter ihren Lesestoff umfangreicher, anderseits fanden die frei gewordenen Arbeitskräfte durch den guten Geschäftsgang gleich anderweitige Verwendung. Hier in Frankfurt ist bei Voigt & Gleiber ein zweites Exemplar des »Typograph« zur Aufstellung gelangt. Zur Gutenberg-Feier in Mainz ist zu berichten, dass sich die dortige Stadtverordneten - Versammlung jetzt über die Gründung eines Gutenberg-Museums schlüssig gemacht hat. Es wurde hierzu ein Beitrag von 25 000 M. bewilligt. Da auch der kunstsinnige Landesfürst und die hessische Staatsregierung dem Plane lebhaftes Interesse entgegenbringen, so dürfte seine Ausführung wohl gesichert sein. Eine entsprechende Vorlage wird den hessischen Landtag demnächst beschäftigen. Nach dem Entwürfe des der Darmstädter Kolonie angehörenden Künstlers Bosselt wird in einer Mainzer Silberwaarenfabrik eine Gutenberg - Festmedaille ausgeführt. Sobald das alte Mainzer Volksfest, die »Fastnacht«, glücklich vorüber ist, wird auch das Interesse für die Gutenberg-Feier in die weitesten Kreise der Vaterstadt des Altmeisters dringen; denn — so belehrte uns ein karnevalistischer Mainzer Gutenberg-Vortrag — »erst wird die Fastnacht flott gefeiert, dann kommt erst Johann Gutenberg!« In der Frankf. Ztg. wird aus Buchdruckerkreisen angeregt, äusser der nationalen Gutenbergfeier in Mainz, an der ja doch nur ein verschwindend kleiner Theil der Fachgenossen Deutsch lands theilnehmen könne, auch lokale Veranstaltungen in den einzelnen Druckorten ins Werk zu setzen. Diese Anregung sei dahin ergänzt, überall auch Fachausstellungen zu veran stalten, um durch sie bildend und fördernd auf den Geschmack des Publikums einzuwirken. Claudius Verbotene Anpreisung von Geheimmitteln Nachdruck verboten Die uralte »Hamburger Medizinal-Ordnung« fordert noch immer ihre Opfer. Sie bedroht den mit Strafe, der »unbefugt« und »prahlerisch« Geheimmittel ankündigt. Das Landgericht Hamburg hat am 4. Dezember v. J. den Fabrikanten August Wasmuth auf Grund dieses Gesetzes zu 100 M. Geldstrafe ver- urtheilt. Herr Wasmuth hatte nämlich dem Hamburger Land gerichte einen der von ihm in den Handel gebrachten Drogen schränke geliefert und gutmüthiger Weise eine Anzahl Exemplare seines »wohlgemeinten häuslichen Rathgebers« umsonst dazu gegeben. Darin werden nun Gichtwatte, isländisches Moos usw- als Heilmittel gepriesen, auch ein sogenannter Pain Killer (Schmerztödter). Da dieses Reklame-Heftchen einmal in die Hände der Gerichtsherren gerathen war, wurde es natürlich auch geprüft, und da stellte es sich heraus, dass die darin ent haltenen Behauptungen übertrieben oder unwahr waren. Gegen das Urtheil hatte der Angeklagte Revision eingelegt. Sie wurde am 19. d. Mts. als unbegründet vom Reichsgericht verworfen. Die Typographische Gesellschaft zu Leipzig zählte, wie aus dem in der Generalversammlung bekannt gegebenen Geschäfts bericht über das Jahr 1899 hervorgeht, am Schlüsse des ver flossenen Jahres 149 Mitglieder. Sie hatte eine Jahreseinnahme von 2715 M., der eine Jahresausgabe von 1118 M. gegenüber stand. Aus der Stiftung eines Menschenfreundes erhielt die Gesellschaft im verflossenen Jahr 600 M. Die schon länger geplante Anmeldung als korporatives Mitglied zum Deutschen Buchgewerbeverein gegen einen Jahresbeitrag von 200 M. wurde in der Generalversammlung zum Beschluss erhoben, sodass die damit verbundene Uebersiedelung in das Deutsche Buchgewerbe haus nunmehr bevorsteht. Dem Börsenverein Deutscher Buch händler wurde für die fast zwölfjährige unentgeltliche Ueber- lassung der Räume im Deutschen Buchhändlerhause der wärmste Dank ausgesprochen. Bei der Vorstandswahl wurde Herr H. Schwarz wieder zum ersten Vorsitzenden ernannt, g. Das 25jährige Jubiläum ununterbrochener treuer Arbeit in der Leipziger Schnellpressenfabrik, A.-G., vorm. Schmiers, Werner & Stein, feierte am 15. d. M. der Werkmeister Herr Felix Hahnemann. In Anwesenheit des gesammten Personals fand in der Fabrik eine Feier statt, bei welcher der Vorstand den Jubilar beglückwünschte und ihm ein Ehrengeschenk in Form einer goldenen Uhr nebst Kette überreichte; die Kollegen des Jubilars schlossen sich mit werthvollen Geschenken an. g.