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„Aufreizung" zu dienen geeignet waren, nicht Anstard nehmen, da- Verhalten der Berurtheilten zu miß billigen. Unter den obwaltenden Umständen müssen wir indessen daran zweifeln, daß eS sich um ein ob- jektiv unantastbares Verfahren der magyarischen Ge richte gehandelt hat. Jene magyarischen Blätter, deren Angriffe die Abwehr der deutschen Zeitungen noch- wendig machten, haben eine ungleich schärfere Tonart angeschlagen als diese, haben nicht, wie sie, aus schwer verletztem und gereiztem Selbstgefühl und nicht aus Noth gehandelt, sondern aus reiner Gehässigkeit. Gegen sie vorzugehev, hat Niemand für nöthig besunden. Daß die Prozesse lediglich herbeigesührt wurden, um die deutschen Zeitungen mundtodt zu machen, geht noch untrüglicher hervor aus der Art ihrer Führung und dem Verhalten der Richter, die sich wenig Mühe gaben, zu verhehlen, daß es von vornherein auf eine Verur- theilung der Angeklagten abgesehen war. Die Art und Weise, wie die magyarisch-nationalistischen Gerichts- Höfe — denn anders kann man diese Tribunale nicht nennen — dem Verleger Artbur Korn mitgespiell haben, scheint geflissentlich jeder Billigkeit Hohn spre chen zu wollen. Im Zeitraum von wenig Wochen machte man ihm dreimal den Prozeß und verrrthülte ihn in allen drei Fällen zu hohen Freiheitsstrasey und schweren Geldbußen. Zwei, sechs und abermals sechs Monate Gefängniß wurden ihm nach einander zudik- tirt für Prkßvergchcn, die man sich bei uns vergeblich als solche zu erkennen bemühte. Noch unerhörter war das Vorgehen gegen den Redakteur Alwin Cramer. Seine Verurtheilung zu 6 Monaten Gesängniß war aufsehenerregend genug; daß er aber auf diese Verur- theilung hin ausgewiesen wurde, bedeutet einen Rechts bruch schwerer Art. Eine neue Rechtsbeugung und Willkür war cs, daß man den Mann dann auf Grund dieser rechtswidrigen Ausweisung wegen Fluchtverdachts verhaftete und einsperrte. Die Regierung hat bis jetzt kein Zeichen des Unwillens über dieses gesetzwidrige Gebühren ihrer Organe gegeben. Man muß also an nehmen, daß sie damit einverstanden ist. Damit aber macht sie ihre deutschen Unterthanen zu Bürgern zwei ter Klasse. Die Magyaren sollte ihr eigenstes Inter esse anders handeln lassen. Ihre deutschen Mitbürger waren und sind ihnen Kulturbringer und -Erhalter gewesen und könnten ihnen das werthvollste Element sein für die Wahrung der guten Beziehungen zu Deutschland, die jo, wie die äußere Politik Ungarns selbst deutlich einsieht, im Nothsall sür die Magyaren der beste Rückhalt gegenüber dem von allen Seiten andrängenden Slaventhum wären. Was man in der äußeren Politik so klug bedenkr, sollte man doch in der inneren nicht so ganz vergessen. — Das „Verbrechen", wegen dessen der Pester Privatbeamte Krisch vrm Schwurgericht in Szegedin zu vier Monaten Gefäng- niß und 200 Kronen Geldstrafe vermtheilt wurde, bestand in folgendem Gedicht, das er an Arthur Korn, den Herausgeber dec „Groß-Kikindacr Zütung" ge richtet hatte: Nicht um Mammon zu erwerben, Pocht rch einst an Deine Thür! Ginge auch mein Glück in Scherben, Ewig Treue hielt ich Dir! Sei gegrüßt, Du taps'«r Streiter Für deS deutschen Volkes Recht! Denn Dein Herz ist stark und muthig Und Dein Fühlen treu und echt. Wenn Dir auch Gefahren dräuen, Sinkt doch nicht Dein deutscher Muth. Möge Gott Dir B-iswnd leiben In dem Kampf sür deutsches Blut! Dankbar sind wir Dir ergeben, Trotz der Zeiten Sturm und Noth, Da auf Deinen Spuren leuchtet Unsres Volksthums Morgenroth. Nimm den Lorbeerkranz entgegen, Den Dir die Verehrung flicht, Da Du furchtlos allerwegen Treu erfülltest Deine Pflicht! Wenn Dich auch Gefahr umtoset, Reicht an Dich kein feiler Spott; Wandle treu den Weg dec Pflichten Und vertrau' auf unsern Gott. Wenn w.iklich nichts Anderes gegen Krisch vorliegt, so hat die „Deutsch-ungar. Korr." nicht Unrecht, wenn sie em solcher Unheil als eine G>waltihot bezeichnet Bom Gustav-Adolf-Fest in Cassel dürste noch Nachstehendes dem Jutertsse vieler unsere- Leser begegnen. In der zweiten Hauptversammlung sprach der siedenbülhiiche Landen Kousistorialrath Dr. Teutsch - Groß-Scheuern über das Arbeitsfeld der evangelischen Kirche in Siebenbürgen. Die sächsische Kirche in Siebenbürgen zählt heute 251,380 Seelen. 5000 Stelen befinden sich in der Diaipora des benach barten Serbien und Rumänien. 1765 zählte man 124,000 und 1863 188,000 Seelen. Der Redner schilderte das Leben und Treiben der Siebenbürger Sachsen, das ganz den Gebräuchen der alten Heimath angepaßt sei. Vor Allem werde der eigenartige Dia lekt gepflegt, dem es zu verdanken sei, daß seinerzeit die Gegenreformation keinen Eingang unter den Sachsen gefunden habe, da der fremde Jesuit den Dialekt der Leute, zu denen er sprechen sollte, nicht beherrscht habe. Gegenwärtig habe die siebenbürgische Kirche, die ja von jeher allerlei Anfechtungen ausgesetzt gewesen sei, schwere Angriffe von Seiten des UltramontanismuS zu bestehen. Dieser dominire heute in Ungarn und be reite eine neue Gegenreformation vor. Die österreichi schen Jesuiten durchzögen das Land nach allen Richt ungen und erfreuten sich des Schutzes der staatlichen Autorität, die sich ganz in den Dienst des Seelenfangs gestellt habe. — In der zweiten Abendversammlung betrat, lebhaft begrüßt, Herr Pfarrer Andrä Bourrier auS Sevres, der neuerdings viel erwähnte Urheber der religiösen Bewegu- g in Frankreich, das Redncrvult. Er sprach über die Entstehung, Entwicklung usw. der religiösen Bewegung in Nordfrankreich, hauptsächlich unter den katholischen Priestern, und betonte, daß in kurzer Zeit sich so Were Anhänger gefunden hätten daß eS heute schon 800 Personen sind, die sich zu der, neuen Lchre bekennen. Während die deutsche klerikal Presse die Richtigkeit der sranzösischen Presse bestreitet,! geben die französischen klerikalen Zeitungen dies bereil-f Kapläne wider den Verein redeten, wenn klerikal- villig zu. Selbst der Bischof von Nantes hat es aus f Bläiter mit großer Untenvtmß und viel Uebelwollen ;esprochen, daß die Bewegung geradezu erschreckliche' von ihm schrieben, habe eS der B-rein nicht beachtet, Zortschrilte mache usw. Ferner melde die „Libre Pa- aber die zweistündige Rede, die der tschechische Abge- ichenkte dem Verein einen hilfreichen Bruder, den Evangelischen Bund, der eine treffliche Klinge führt, wenn eS gilt, ultramo.itanen Lügen und Uebergriffen entgegenzutreten. Wünschen wir dem Gustav Adolf- Verein allezeit, was Superintendent Großmann auf oem Sterbebette auSsprach: Lcbendigen, nicht wanken den Glauben, fröhliche Geber, brünstige Beter, treue Führer! wurde Doch das Geschäft ging immer mehr zurück und so griffen die Beiden schließlich, um sich über Wasser zu halten, zum Betrug. Unter Vorsviegelung falscher Tzal- role", daß Korsika förmlich überschwemmt sei von aus getretenen Priestern. Biele davon, fast alle, treten ins Ärgerliche Lebrn, vielfach in geringere Stellen, denn nicht alle können Advokaten, Bankiers oder Journali- len werden. Man weiß ja jetzt, daß Minister präsi- »ent CombeS ein ehemaliger Priester war, und wenn das so weiter geht, dann wird ein ehemaliger Priester noch Präsident der Republik werden. Zwölf der aus- getretenen Priester sind Journalisten geworden und eine Anzahl renommirter Blätter wird von ehemaligen Priestern redigirt. Wie sehr die Bewegung ins Volk gedrungen ist, beweise der Umstand, daß man jetzt in Publikum und Presse schon zwischen Katholik und Christ unterscheide. Wenn man etwas tadelt, so ist es, daß wir aus der Kirche sörmlich ausgetreten sind, Kirchenrath Pauk-Leipzrg sprach über Toleranz und führte nach der „T Rdsch." u a. aus: Wir Evangelische trauen eine evangelische Braut, auch nunc wir w sseu, daß die Kinder katholisch erzogen werden Einfache Gerechtigkeit wäre es doch, wenn umgekehrt auch so von der katholischen Kirche verfahren würde. Abe. inan gewährt die Trauung nur, wenn man auch der katholischen Erziehung der Kindersichcr ist. Im Inter- -sie des Frie.ens wende ich mich an alle wahrhaft frommen Kath-bken mit L^r Frage, ob sie eine solch. Praxis gegenüber Eheleuten zu billigen veunözen odn mit uns untreren sirr christliche Gegenseitigkeit. Ferner ist eS selbstverständlich bei ans Evangelischen, daß, wo die Katholiken keinen eigenen Kirchhof haben wir die Beerdigung bei uns ertauben, ebenso die Abhaltung einer katholischen Traucrfeier Aber was macht unS gegenüber'? Roch immer geschieht cS, daß man die Aufnahme Evangelischer auf katholisch: Friedhöfe ver weigert od r den Angehörigen die Kränkung nicht er spart, d.n Toten in der Selbstmörderccke zu versenken und zu verweigern, daß evangelischer Trost gespendet werde. Im Jntensse des Friedens richte ich an alle wahrhaft frommen Kathol kcn die Frage, ob sie auch auf Lvs.m Gebicic untrctcn sür christliche Gegenseitig keit und in aller Freundlichkeit frage ich dis Maß gebenden Ler kalholychen Kirche, ob sie bereit sind zur Uebung solcher Toleranz Da der Gustav Adolf-Verern vor seinem auf den 6. November d. I. frllenoen 70. GedurStag- steht, so dürfte es interessiren, wenn ein paar Züge aus der Geschichte des gewaltig angewachseneu und am Anfang neuer, großer Aufgaben sich befindenden üeceinS angeführt werden. Nrch der am 6 November 1832 auf dem Schlachtfelde zu Lützen gehaltenen Feier erließ Superintendent Großmann in Leipz g em 9. Dezember des nämlichen Jahres seinen zündenden Aufruf zum Besten bedrängter Glaubensgenossen in der Zerstreuung. Es handelte sich damals zunächst nur um eine Gemeinde, Fleißen bei Brambach. Der zündende Aufruf fand Widerhall in Dresden, Darm stadt und Basel. Leipzig und die drei eben genannten Städte sind es gewesen, die den ersten Grund zu dem großen Bau gelegt haben. Während man im ersten Jahre nur 50 Thaler zusammenbrachte, waren er 1835 schon 150, 1839 780 Thaler. Zu der letzteren Summe kamen noch 3000 Thaler als Ertrag einer in Sachsen auf Anordnung der Kirchenbehörde vor- genommenen Sammlung. Eine Sechser-Sammlung in Leipzig ergab 800 Thaler, eine Kollekte in Skandi navien, die König Johann Karl von Schweden ge nehmigt hatte, 10 400 Thaler. Im Jahre 1844 über nahmen die Könige Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und Oskar I. von Schweden das Protektorat für alle Länder. In Bayern war der Verein 1844 bis 1849 durch eine dann wieder aufgehobene Kabinetsordre Ludwigs I. verboten. Die Theuerung von 1847 und wegung ist", so habe er dadurch bewiesen, daß er über diese Bewegnung, wie sie jetzt sei, kein Urthei. habe. Niemand könne ihr mehr schaden, als solche Freunde und vermeintliche Anwälte. N emals sei es der „Los von Rom-Bewegung" eingefallen, zu ger- manisiren, besonders nicht unter den vielen Hundert czechischen evangelischen Gemeinden. Gerade im Evangelium hätten in der größten Zeit Böhmens die Wurzeln seiner Krast gelegen. Eben dort zeige sich der Weg eines wahren Einverständnisses zwischen Czechen und Deutschen. Die Vorwürfe, als treib, der Verein alldeutsche Politik, hätten doch nicht ver hindert, daß man ihn auch irr entgegengesetztem Sinne verdächtigt habe mit der Bemerkung: „Die Deut- ichen Haden Huß unterdrückt, haben dann im Bunde mit den Jesuiten in den Burgen des böhmischen Adels, in den Kirchen des böhmischen Volkes Einzug gehalten. Wie könnt ihr ihnen trauen?" Wenn wlche Schatten auf der Vergangenh it des deutschen Namens ruhen, so wolle der Verein in seinem We-ke, daL ein Friedenswerk auch unter den Nationen sei, sie durch das Licht evangelischen Glaubens bannen. Hierzu sei die Unterstützung von allen Seiten nölhig. Leider sei das Liebeswerk des Vereins von manchen Seiten, wo es Förderung habe erwarten dürfen, ver nachlässigt und gehindert worden, und zwar nicht nur in Oesterreich. Es dauere lange, auch im Zeitalter der Weltpolitik und der Kolonien, ehe das deutsche Volk begreifen lerne, was es seinen Söhnen draußen an geistlicher Fürsorge schuldig sei. Sächsische». — Der Kaufmännische Verein ladet sür den begonnenen Winter zum erstenmal seine Mit glieder zu einem Rezitation- Abend ein, und zwar nächsten Freitag in das Hotel Drei Schwanen. Als Loi tragender ,st Herr Georg Fritzschler aus Lage gewonnen, welcher Sudermanns „Johannisfeuer" re- zitiren wird. Ueber die Ausnahme, welche genannter Herr im Kaufmännischen Verein zu Kassel gefunden, entnehmen wir einem Bericht des „Kass. Tgbl." daS Folgende: Es darf ein glücklicher Gedanke des Kausmänni- ichen Vereins genannt werden, daß er sür seinen ersten Vortragsabend einen tüchtigen Rezitator, den Herrn Georg Fritzschler engagirt hatte, der als Rezitations thema einmal ein Sudermannsches Stück, „Johannis- seuer", gewählt hatte. Herr Fritzschler überraschte seine zahlreiche Zuhörerschaft zunächst durch rin phänomenal zu nennendes Gedächtniß. Er rezitirte frei ohne Zu hilfenahme des Buches das ganze Schauspiel und von oen 4 Akten desselben sehlte auch nicht ein Wort. Ein solches Gedächtmß ist sür einen BortragStünstler zwei- fellos ein großer Vorzug, dieser allein aber könnte hn gewiß nicht zum berufenen Interpreten eines Dichters machen. Dazu gehören auch andere Eigen schaften. Erfreulicherweise besitzt Herr Fritzschler auch wiche in hohem Maße, vor allen Dingen ein modu- lationssähiges, schmiegsames Organ und die Gabe, fein zu charakterisiren. Rechnen wir in diesem Falle dazu noch die vorzügliche Beherrschung des sür die Durch führung mehrerer Rollen unbedingt erforderlichen lithauijchen Dialekts, so müssen wir anerkennen, daß bei dem Vortragenden alle jene Voraussetzungen zu- erafen, die einem Publikum das Verständniß für die Sudermannfche Schöpfung erwecken und in ihm die Gestalten seiner Muse näher zu bringen vermögen. Wir zweifeln nicht daran, daß dies Herrn Fritzschler gestern auch gelungen ist. Füc alle Freunde Suder mannscher Dichtung war der gestrige Abend im Kauf männischen Verein jedenfalls ein sehr genußreicher, und dem Vortragenden wurde reichster Beisall ge spendet. — Bom Pfarramt St. Christophori wird uns mitgetheilt, daß vom morgenden Sonntag ab die Kirche geheizt sein wird, was gewiß allen Kirchenbe- wchern lieb sein wird zu hören. Vari6t6 „Wintergarten", Chemuitz-Schönan. Der Monatswechsel hat, wie gewöhnlich, auch wieder eine völlige Aenderung im Programm unserer Variete- bühnen mit sich gebracht. Alle Bekannte, deren Na men in der Artistenwelt einen guten Ruf genießen, begrüßen die ständigen Besucher des „Wintergarten" in den Mitgliedern der Hegelmann-Truppe, die noch immer als die besten Luftgymnastiker zu gelten haben und sowohl durch die Sicherheit der Arbeit wie durch die Eleganz des Auftretens bestechen. Hoch oben an der Decke, über den Köpfen der Zuschauer, die „auf alle Fälle" durch ein den ganzen Saal überspannen des Sicherheitsnetz geschützt sind, führen die Akrobaten ihre halsbrecherischen Trics auS; man kommt nicht eineu Augenblick auf den Gedanken, daß den vier Männern irgend ein Unglück zustoßen könnte, so sicher arbeiten sie. Ihre Nummer umfaßt nicht allzu viele Trier, aber das, was sie bringen, ist unerreicht. Selbst die Absprünge in das Sicherheitsnetz am Schluß der Nummer sind wahre Kabinettsleistungen. Das Pro gramm ist diesmal überhaupt reich an gymnastischen Nummern. Die Parterre-Akrobatik in vollendeter Form pflegt da? Künstlertrio The Jacksons. Besonders in dem jüngeren Mitglieds besitzt diese Truppe einen phänomenalen Springer, der durch mehrere eigenartige Trics überrascht. Eine beachtliche Leistung z. B. ist das Saltomortale von einem hohen Piedestal herab auf den Fußboden, bei welchem der Künstler seine Hände mit zwei brennenden Lampen beschwert. DaS gymnastische Potpourri der beiden Trapezturnerinnen Somrs Blanche besteht zwar nicht aus durchweg neuen Uel ungen, hat aber den Vorzug, daß diese in vollendeter Form dargeboten werden. Les Auberts bringen mit ihren neuen W rbelwindtänzeu etwas ganz Neues und Eigenartiges aus die Varia 6cühne. Es sind Phantasielänze, die sowohl durch die Art der Zusammensetzung bestechen, als auch durch die Aus führung, in der dem Reizvollen und Pikanten ein weiter Spielraum gelassen wird. Die Dame verfügt auß.rdem über eine virtuose Spitzentechnik, die einige gute Schulung in jedem Pas verräth. Fein durch gearbeitet sind ferner die TricS des Handequilibristen Charles Morino. In das Reich der Grazie und deS Humors führt die Soubrette Lola Lloyd, ein zierliches Persönchen, dos eine beträchtliche Bortragskunst, hübsche Stimmmittel und ein tadellos chikes, fascinirendeS Auftreten mitbringt. Den Chemnitzern ist die junge Dame übrigens von ihrem früheren Auftreten her noch vortheilhaft bekannt. Einen gelungenen Abschluß fin det das Programm wieder mit der Vorführung einer Reihe lebender Photographien, unter denen sich einige neue befinden. Das Orchester hat in Herrn A. Leistner einen neuen Leiter erhalten, der schon am ersten Abend den Beweis lieferte, daß er ein straffer, sachkundiger Dirigent ist. — Königliches Landl reicht Chemnitz. (Gefähr- liche Kompagnons). N chi unternehmungslustig zum Schaden anderer Leute sch» int der am 30. Dezember 1880 in Mühlau bei Burgstädt geborene, noch unbestrafte Kauf- mann Paul Arno Lindner zu sein. Am 1. Februar v. Z. errichtete er ein Tuchversandtgeschäft und nahm, da er noch unmündig war, dm am 20. August 1873 in Mülsen It. Jakob geborenen, bisher noch unbescholtenen Werk- sührer Oskar Emil Hofmann als Theilhaber in sein Gc- schäst auf, unter dessen Namen auch die Firma gefügt ordnete Dr. Kramär am 27. Mai in den österreichisch, ungarischen Delegationen gegen die „LoS von Rom- Bewegung", auch gegen den Gustav Abols-Verein, insbesondere gegen seinen Jahresbericht, gehalten habe, fordere zu einer Erwiderung heraus. U. A. sei von Dr. Kramär das Lob bemängelt worden, welches de, Gustav Adols Verein dem Evangelischen Bunde für feine Arbeit unter den infolge der „Los von Rom-Bewegung" neu entstandenen evangel. Gemeinden in Böhmen gezolb habe, da sich damit der Verein mit dem Evangelischen Bunde identifizirt habe. Von dieser Mitarbeit des Evan gelischen Bundes zu schweigen, würde unwahrhaft und ungerecht gewesen sein. Dagegen sei der Gustav Adolf-Verein nicht müde geworden, auf den Unter schied beider hinzuweisen, vor Verquickung des Nationalen und Religiösen zu warnen, Vie Verbind ung mit nur nationalen Vereinigungen abzulehnen. Wenn daher in den Delegationen auf die Darlegungen des Dr. Kramär der deutsche Abgeordnete Dr. Skt in geantwortet habe: „Wir haben nie ein H hl daraus gemacht, daß für uns alldeutsche Politker die evangelische Bewegung eine politisch-nationale Ne man sagt, wir hätten darin bleiben und innerhalb der selben eine Reformation vorbereiten sollen. Es herrscht zwar nicht eine sörmliche Empörung gegen das Papst- thum, aber man findet die Anmaßungen des Klerus unerträglich. Die Domsrage möge hier unberührt bleiben. Was die Namensbeilegung anbetrifft, so ist der Name Protestant in Frankreich nicht beliebt und Baptist ist es noch viel weniger. Man hat uns vor- geworfen, daß wir zu antiklerikal seien. Wir antwor teten: „Wir können das niemals genug sein, denn ist nicht auch Christus antipharijäerisch gewesen. Pfarrer Bourrier wirst dann einen kurzen Rückblick auf seine Kindheit und Jugend, wie er Priester geworden ist, und betont, daß seine Jugend durch bittere Thiäaen vergiftet worden ist. Wie ganz anders fühle er sich etzt gegen früher, wo er eingeschlossen hinter Kloster mauern saß, gebannt durch Borunheile, Erziehung usw., so eine Art von Kirchengeräth. Doß man es nur misse: der Priesterstand ist ein großes Elend, deshalb: rettet uns! (Beifall.) Redner kommt dann auf die religiöse Bewegung auf dem Lande zu sprechen. Viele Gemeinden haben sich schon von der kirchlichen Auto rität losgesagt oder doch erklärt, daß sie sich nickst mehr so willenlos fügen wollen usw. Indem R»dnei an die Drangsale und das Heldenthum des 30jähtigen Krieges erinnerte, bemerkte er ferner: Und deshalb bin ich zu ihnen gekommen, um bei dem Volke Luthers mir Muth zu neuer Arbeit zu holen, zu einem christ lichen Liebeswelke. Ein sozialistisches Blatt hat aller- dingS gesagt, ich sei nach Kassel gefahren, um mich an die Preußen mit Leid und Seele zu verkaufen. (Hört, hört!) Allein das Volk weiß es besser und lacht dazu. (Beifall.) Redner schloß mit der Mahnung, nicht zu vergessen, daß auch jenseits der Grenze die Brüder wohnen. Grüße von den evangelischen Brü dern in Nordböhmen überbrachte hierauf Herr Pfarrer Spannouth aus der Hopfenstadt Saaz und gab im Anschluß Schilderungen von Land und Leuten, dor- ngen religiösen Verhältnissen, besonders auch von dec eifrigen Arbeit der Gegner, die Alles ausböien, die neu gewonnknen Glaubensbrüder wieder abtrünnig zu machen. Hiervon e zählte Redner mehrere Beispiele, cerrer von dem Boykott, von den Mißhelligkeiten, welche die GlaubenSbrüder über sich ergehen lassen müßten usw., aber auch unter Roth, Entbehrungen und Op'cnreudigkcit dem Evangelium treu bleiben. Revner wandte sich zur Unterstützung des LicbeLwer'eL namentlich an sw Frauen. (Beifall) Sodann sprach noch Herr Pfarrer Fliedner-Madrid, welcher in leb' hastet! Faiben die Verhältnisse in Spanien schilderte. Spanien ist das katholischste Land und die Evangelisa tion ist dort ein besonders schweres Stück Arbeit, aber deshalb auch besonders nöthig. Die Schwierigkeiten haben aber nicht gehindert, daß die Evangelisation er wlgrcich war. Allerdings hat es großer Opfer bedurft. Zn einun Dorfe wurde der Vater Les Redners mit steinen gewonen und das Volk .chric: Heiliger Vater tödte ihn und Mutter Gottes, schände ihm ab den Hals unv. Jetzt ist es b>sser geworden und ich wünschte, 'ubr Redner kort, Sie könnten die Augen leuchen sehen, wenn der evangelischen Span-eAn das Wort Gottes verkündet wird, oder wenn sie in der B be lieft Röthig vor allem sind dort spanische Pastoren, und um die zu erhalten, haben w-r jetzt in Modul ein spanisches Gymuasinm gegründet Die Bausteine sind schon ge'cgt, die Hauptkosten von Deutschen in der Heimath zusammen gebracht, noch aber fehlt uns ciu Betrag von 72000 Mark. An das Sprichwort vor den blind.n H sseu erinnernd, schloß R dner seine bei fäll a ausgenommen? Ansprache mit d.mHinw.ise, daß auch er w.e rieft r blind auf die Geg er dring'N wolle mit dem Wahispruche: „Immer vorwärts m-t Gott!" Der von Pfarrer O Hrrtung-Leipzig e>stattete Geschäftsbericht ist dieSm-l auch von politischem J.n ttr-ssi, da in demselben eingehend die in den öster- reichisch-ungarisch Delegationen gegen die „Los von Rom-B-wegung" und damit auch gegen den Gustav Adolf-Verein erhobenen Borwürfe zur Erörterung ge langen. Der Berichterstatter führt in dieser Beziehung aus: Mi'ten in die viAbewegke protestantische W-lt der Gegenwart mit ihren unzähligen Fragen und Sorgen sei der Verein ein Emheittpunkt bei alle' Zersplitterung hineingestellt, und immer weitere Kreise würden sich dessen bewußt. Gerade das vergangene Jahr habe in dem Bewußtsein der inneren Zusammen gehörigkeit der Bekenner deS Evangeliums in allen Ländern einen Fortschritt gebracht. Die Anwesenheit des französischen PfarierS Bourrier in Deutschland, die evangelischen Regungen unter den Slaven, die Bitte: „Kommt herüber und helft unS" auS Gegenden, wo man es nicht geahnt hätte, zeigten dies am deutlichsten. Gegenüber manchem einseitigen Urtheil über das Ver- hältniß von Protestantismus und Deutschthum habe der Verein doch niemals an die Schranken der Na tionen sich gebund-n, niemals nur nationalen Zwecken sich dienstbar gemacht. Darin liege seine Kraft, seine Be deutung, die allseitig anerkannt und durch die Erfahr- ungen d-r Gegenwart gerechtfertigt werde. Als vorigen Herbst nach den Debatten im ungarischen Reichstag, in denen ein klerikaler Abgeordneter dem Verein vor- geworfen hatte, er unterstütze nur Deutsche, bei der VereinLleitnng angefragt worden sei, wie viele von den durch ihn unterstützten ungarischen Gemeinden wohl magyarisch, wie viele deutsch wären, da hätte man auf die Frage gar keine Antwort geben können, weil man selbst gar nicht danach gefragt habe. Dennoch sei noch in den letzten Wochen ein ähnlicher Angriff von nicht minder wichtiger Stelle erfolgt. Wenn Bischöfe oder die Unruhen von 1848 trugen zur Schwächung des Vereins bei. Um jene Zeit zählte er 31 Hauptvereine und 333 Zweigvereine und unterstützte 48 Gemeinden. Jetzt sind es 45 Haupt-, 1918 Zweig- und 604 Frauenvereine, die im letzten Jahre inSgesammt 2176 000 Mk. vereinnahmt haben und 1911 Ge meinden unterstützen konnten. 1851 schlossen sich Frauenvereine an. Dieselben sind ein großer Segcn für den Verein geworden. 1857 erstand ein einfluß reicher Gegner in dem katholischen BonifaciuSverein, der schon 1894 eine Einnahme von über 2 Mill. Mk. fachen erlangten sie" von der Firma Gebr. Pf. in Leitels- hatte und in diesem Jahre für Berlin und Umgegcnds Hain für 241 Mk., von der Firma B. und H. in Cottbus allein 50000 Mk. aufwandte. DaS Lutherjahr 1883 für 325.25 Mk. und von der Firma H. und Co. in Mee.