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2080 PAPIER-ZEITUNG Nr. 59 Graphische Vereinigung Offenbach am Main Eigenbericht Um den kollegialen Geist unter den Mitgliedern zu fördern, wurde für den Sommer eine Reihe von Ausflügen, teils nur für Herren, teils auch für die Familien vorgesehen, und am Sonntag, 21. Juni, mit einem »Gemeinschaftlichen Spaziergang« nach der Tempelseemühle, Rosenhöhe und als Treffpunkt für Nachzügler »Merte’s Felsenkeller« der Anfang gemacht, hier blieb man noch ein Stündchen in angenehmer Unterhaltung zusammen, und damit fand die erste Wanderung einen würdigen Abschluss. Am Sonntag, 28. Juni, beteiligte sich die Vereinigung an dem Johannisfest des »Verbandes der Deutschen Buchdrucker«, Bezirk Offenbach a. M. Die Gesangs-Abteilung des Bezirks, welcher vor wiegend Buchdrucker angehören, brachte ihre exakt eingeübten Lieder zum Vortrag; ihr sowie ihrem beliebten und tüchtigen Leiter Herrn Bertuch gebührt volle Anerkennung. Äusser Preisquadräteln, Kinderbelustigungen und Raritäten-Kabinet trug auch die Johannisfest- Zeitung (Druck von Karl Jacobi) viel zum Vergnügen und zur Er heiterung bei. Die schön und. geschmackvoll ausgeführten Druck sachen wurden von folgenden Firmen kostenfrei hergestellt: Ein ladungs-Zirkular von Bröning & Müller, Eintrittskarten von der Hausdruckerei der Actiengesellschaft für Schriftgiesserei und Maschinen bau, Plakate von J. P. Strauss, Programme, Satz und Material der Rudhard’schen Giesserei, Druck von Karl Jacobi. Am Mittwoch, 1. Juli, sollte mit dem Unterrichts-Kursus im Ton plattenschneiden begonnen werden. Leider war aber die Beteiligung so gering, dass der Kursus bis zum Herbste verschoben wurde. Der 5. Juli vereinte unsere Mitglieder wieder im Kunstgewerbe- Museum zu Frankfurt a. M.; dort wurde die gut ausgestattete Druck- sachen-Ausstellung der Steglitzer Werkstatt einer Besichtigung unter zogen. Von der Firma Scheiter & Giesecke in Leipzig wurden uns zwei Prachtkataloge: »Die Windsbraut«, Buchdruckschnellpresse mit dauernd umlaufendem Zylinder, sowie »Phönix«, Tiegeldruckpresse, in bereitwilligster Weise für unsere Bibliothek überlassen, wofür wir an dieser Stelle den Spendern den besten Dank aussprechen. Am Sonntag, 12. Juli, unternahm die Vereinigung einen Ausflug nach Frankfurt a. M. zur Besichtigung der Drucksachen-Ausstellung im Staedel’schen Kunst-Institut. R. „Wenn ich 20 000 Mark hätte“ Unter diesem Stichwort wurde von dem englischen Fach- blatt »Caxton Magazine« eine Preisaufgabe gestellt über die Frage, wie eine für obigen Betrag neu zu errichtende Akzidenz druckerei am besten auszustatten sei. Die mit dem 1. Preise ausgezeichnete Arbeit liegt nun im Druck vor, und es ist auch für die deutsche Fachwelt lehrreich, sie im Auszug kennen zu lernen. Zunächst wird hervorgehoben, dass bei dem heutigen scharfen Wettbewerbe die Einrichtung einer modernen Buch druckerei viel Umsicht und Fachkenntnis erfordere, wenn die Einrichtung so sein solle, dass man mit ihr bestehen könne. Auch die kleinste Einzelheit wolle gründlich erwogen sein. So wird die Anschaffung eines möglichst einheitlichen Schriftcharakters empfohlen und für die Akzidenz-Schriften systematische Unterlegbarkeit der grösseren Grade als wünschenswert hingestellt. Als Stilart hat die Preisarbeit »Semi - Old - Style« gewählt, eine Schriftart, die etwa dem Charakter der in Deutschland unter dem Namen Romanisch und ähnlichen Bezeichnungen bekannten Schriften entspricht. An Auszeichnungsschriften enthält die Liste neben englischen und amerikanischen Schnitten unter anderem auch die »Aldo Manutio«, die Columbus, eine halbfette Grotesk mit charakteristischen Ergänzungstypen und ferner die Brillant-, Diamant-, Perl- und Nonpareille mageren Grotesk-Versalien von Scheiter & Giesecke auf 6 Punkte gegossen. Namentlich die Wahl der letzteren Schriften, die derart auf Linie gegossen sind, dass sie beliebig untereinander verwendet werden können, lässt das Streben nach Vereinfachung der Satzarbeit erkennen. Unter den Einfassungen erinnert die Wahl der Rokoko-Einfassung von H. Berthold und einer anderen dreifarbigen, nicht näher bezeichneten Einfassung von Soh eiter & Giesecke an frühere Jahre. Für Messinglinien wird ausschliesslich deutsches Erzeugnis empfohlen, dem kein englisches Erzeugnis an Sauberkeit der Bearbeitung gleichkommen könne. Für die Regale wird eine Ausführung empfohlen, bei der die Wände so vernutet sind, dass sie, mag das Holz sich zusammenziehen oder aus dehnen, das Innere stets staubdicht abschliessen. Ein prakti scher Gedanke scheint es zu sein, für das Einstellen des Winkel hakens Messingregletten auf 12 Punkt Kegel anstatt Quadraten zu verwenden. Es leuchtet ein, dass die Satzbreiten auf diese Weise genauer herauskommen. In Bezug auf Zylinderschnellpressen weist die Arbeit auf die Notwendigkeit guter Einfärbung, starken Druckes und tadel losen Registers bei möglichst grosser Schnelligkeit hin. Die Maschine soll keinerlei Bänder haben, dagegen die Bogen mit der bedruckten Seite nach oben abliefern. Sie soll möglichst mit Bogenschieber ausgestattet sein. Von Tiegeldruckpressen werden zwei Ausführungen empfohlen und zwar eine für bessere und die andere für gewöhnliche Arbeiten. Für erstere wurde unter deutschen Erzeugnissen die Phönixpresse ausgewählt, weil sie bei vollkommener Farbeverreibung und Einfärbung, mit ihrer grossen und parallel wirkenden Druckkraft sich für den Druck feinster Autotypien im Ein- und Dreifarbendruck eignet, daneben aber auch zur Ausführung aller anderen Ar beiten, die für Pressen mit Tellerfarbwerk zu schwer sind. Für den Antrieb wird möglichst elektrische Kraft empfohlen, wo sie nicht teurer als Gas zu haben ist. Es wird hervorgehoben, dass Elektromotoren wegen ihrer Sauberkeit auch vom gesund heitlichen Gesichtspunkte aus vorzuziehen sind. Als Druckereiraum empfiehlt die Preisarbeit Erdgeschoss mit Oberlicht. Es ist möglichst so einzurichten, dass der Faktor von seinem Platze aus alles übersehen kann. Neben der Schliessplatte sollen Formatstege, Regletten usw. reichlich vor handen sein. Dies sind die in der Preisarbeit enthaltenen Gesichtspunkte von allgemeinem Interesse. Vermutlich sind diese auch für die Preiserteilung maassgebend gewesen. Sie sind gerichtet auf gute, schnelle und daher lohnende Ausführung der Arbeit, auf Uebersichtlichkeit und Sauberkeit des Betriebes und erscheinen daher auch für deutsche Verhältnisse beherzigenswert. Aus dem reichen Formenschatze neuer deutscher typografischer Ornamentik scheint leider nur weniges herangezogen worden zu sein. Deutsche Bearbeitungen einer ähnlichen Aufgabe würden das Flachornament mehr berücksichtigen müssen, wenn sie auf Auszeichnung durch einen Preis rechnen wollten. G. Umdruckpapier Nachdruck verboten Um Autografie-Umdruclcpapier herzustellen, überstreicht man gutes Schreibpapier mit folgender Masse: Wasser 100 Teile Arrow-root 8 „ Leim 5 „ Champagnerkreide . . 10 „ Gummiguttilösung . . 10 „ Die Gummiguttilösung besteht aus: Gummigutti ...... 1 Teil Alkohol 20 Teile Aetzammoniak 0,91 . . 2 „ Das Ganze wird im Wasserbade unter häufigem Umrühren gekocht. Durchscheinende Umdruckpapiere, die für sogenannte Passen- Umdrucke bestimmt sind, um farbige Landkarten, Wertpapiere, naturkundliche Farbendrucke und dergl. herzustellen, werden aus Pflanzerpapier bereitet, deren eine Seite mit Wasser . . .... 100 Teile Gelatine . . .... 10 „ Glyzerin . . .... 10 „ Borax . . . .... 1 Teil Alkohol 50° . .... 5 Teile durch eine Giessmaschine präparirt wird. Für den Trocken-Umdruck eignen sich sogen. Celluloid papiere. Zu diesem Zweck wird Papier mit einer Mischung von: Kollodiumwolle ... 2 Teile Aceton 65 „ Amylacetat 25 „ Kamfer 2 „ 2 „ präparirt. Anstelle von Kollodiumwolle und Kamfer können auch farblose Celluloid-Abfälle verwendet werden. Auch Kautschukpapiere können für den Trocken-Umdruck benutzt werden. Diese müssen aber vor dem Ueberziehen mit der Kautsohuklösung mit folgender Lösung getränkt werden: Wasser 100 Teile Gelatine 5 „ Geklärtes Eiweiss ... 10 „ Phenol .... 2 bis 3 Tropfen Wenn dieser Ueberzug vollständig trocken ist, erfolgt der