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PAPIER-ZEITUNG Nr. 55 1940 Papiermacher-Berufsgenossenschaft Sektion XI (Schlesien und Posen) Infolge Behinderung des Vorsitzenden Herrn F. Falch, Brieg, leitete der stellvertretende Vorsitzende, Herr Hugo Altmann, die nach Hirschberg i. Schl, zum 23. Mai einberufene 19. or dentliche Sektionsversammlung. Die Verwaltungskosten für das Jahr 1902 haben 13277 M. 56 Pf. betragen. Die Bücher und Beläge wurden von den Rechnungsrevisoren geprüft und richtig befunden. Die Sektions versammlung erteilte dem Vorstande einstimmig Entlastung. Den neuen Voranschlag stellte die Sektionsversammlung auf 14300 M. fest. Die wegen Ablaufs der Wahlperiode aus scheidenden Mitglieder des Vorstandes usw. sind sämtlich wiedergewählt worden. Neugewählt wurden: In die Jahres rechnungs-Prüfungskommission Herr Direktor Curdes-Kunners- dorf; als Vertrauensmann Herr Direktor Fritsch-Arnsdorf i. R. und Herr Direktor Möbius-Muskau; als deren Ersatzmänner die Herren Fabrikbesitzer Hayer-Giersdorf und Fabrikbesitzer Langner-Friedersdorf; zum Delegirten Herr Königl. Bergrat Lobe-Königshütte und als dessen Ersatzmann Herr Fabrik besitzer F. Wunseh-Boberullersdorf. Ausserdem erledigte die Sektionsversammlung drei Anträge betreffend Abänderung bezw. Ergänzung des neuen Statuts. Zum Schluss sandte die Sektions versammlung ihrem Vorsitzenden, Herrn F. Falch-Brieg, welcher an der Versammlung wegen Erkrankung teilzunehmen behindert war, herzliche kollegialische Grüsse und wünschte ihm baldige Genesung. Nach der Versammlung fand gemeinsames Essen und hierauf sowie am nächstfolgenden Tage ein Ausflug ins Gebirge statt. Der gedruckt vorliegende, 24 Grossquart-Seiten umfassende Verwaltungsbericht ist lehrreich und übersichtlich. Wir ent nehmen ihm Folgendes: In das Genossenschaftskataster wurden im Berichtsjahre 6 Be triebe, umfassend 6 Holzschleifereien, 1 Lederpappenfabrik, 1 Pappen fabrik und 1 Getreidemühle mit einer Durchschnittszahl von 117 be schäftigten Arbeitern neu eingetragen. Eingestellt und im Kataster gelöscht wurden 2 Betriebe mit 5 Arbeitern, mithin weist das Be richtsjahr einen Bestand von 148 Betrieben auf, in welchen überhaupt 11 558, durchschnittlich 8780 Personen oder 9024 Vollarbeiter an 2 612 866 Tagen beschäftigt waren und 5 265 682 M. 87 Pf. verdient haben. Im Vergleich zum Vorjahr fielen die Löhne und die Zahl der beschäftigten Personen. Bezüglich der Anmeldung der Unfälle weist der Vorstand wieder holt darauf hin, dass seit dem 1. Januar 1902 die Meldung von Un fällen nur noch auf dem vom Reichsversicherungsamt bestimmten neuen Unfallanzeige-Formular erfolgen darf. Der Vorstand wird für die Folge alle auf nicht gütigen Formularen erstatteten Unfallanzeigen zurücksenden. Ferner ist in letzter Zeit wieder häufiger vorgekommen, dass Unfälle erst mit mehrmonatlicher Verspätung angezeigt worden sind. Dadurch wird der Berufsgenossenschaft die Möglichkeit genommen, für die Ueberwachung des Heilverfahrens und für rechtzeitige spezial- ärztliche Behandlung Sorge zu tragen, und da die Verunglückten namentlich bei inneren Verletzungen bestrebt sind, alle möglichen Körperschäden auf den Unfall zurückzuführen, so sind bei verspäteter Anzeige von Unfällen zur Aufklärung des Entschädigungsanspruches oft umfangreiche und zeitraubende, mit Kosten verbundene Er mittlungen nötig, die obendrein nicht einmal zur erschöpfenden Klar stellung des Falles und somit leicht zur unsachgemässen Entscheidung führen. Allerdings ist die verspätete Anzeige der Unfälle an die Berufs genossenschaft oft nur die Folgeerscheinung eines anderen, noch schwerer wiegenden Uebelstandes: nämlich der Vernachlässigung der Verletzungen durch die Verunglückten selbst! Ohne Verständnis für die Gefahren einer solchen Vernachlässigung, suchen die Verletzten durch Anwendung von Hausmitteln sich selbst zu heilen, oder sie vertrauen sich den Händen eines Kurpfuschers an. Erst wenn durch beides ihr Leiden nicht beseitigt sondern verschlimmert wird, erstatten sie dem Unternehmer Anzeige von dem Unfälle und befragen den Arzt, der bei dem vorgeschrittenen Leiden in der Regel nicht mehr die erwünschte Hilfe zu bringen vermag. Erheblicher Schaden er wächst in solchen Fällen dem Verunglückten, und die Berufs genossenschaft hat auf Jahre hinaus bedeutende Lasten zu tragen, während bei rechtzeitigem ärtlichem Eingreifen Wiederherstellung des Verletzten erfolgt, und damit die Belastung der Berufsgenossen schaft erheblich vermindert wird. Durch Einwirkung auf die Arbeiter und durch Meldung auch des unbedeutendsten Unfalles an die Berufs genossenschaft werden sich die Verletzten daran gewöhnen, jede Schädigung ihres Körpers mehr als bisher zu beachten. Dann werden auch die von unbedeutenden, aber vernachlässigten Fingerverletzungen herrührenden Blutvergiftungen mit ihren schweren Folgen immer seltener werden. Leistet ein Verletzter der Aufforderung, sich in ärztliche Be handlung zu begeben, keine Folge, oder entzieht er sich der ärztlichen Behandlung, um sich einem Kurpfuscher anzuvertrauen oder sich selbst durch Anwendung von Hausmitteln zu heilen, ferner, wenn eine spezialärztliche Behandlung angezeigt erscheint oder ein Ver letzter stirbt, so ist dem Sektionsvorstand hiervon ungesäumt Kenntnis zu geben. Des weiteren ist dem Vorstande zum Zwecke rechtzeitiger Feststellung der Entschädigung Benachrichtigung erwünscht, sobald der Arzt einen Verletzten wieder für erwerbsfähig erklärt hat, jedoch bei dem Verletzten eine noch über die 18. Woche hinaus andauernde Beschränkung der Erwerbsfähigkeit zurückgeblieben ist. Die Zahl der im Berichtsjahre neu zugetretenen entsehädigungs- pfichtigen Unfälle betrug 93, was einem Prozentsatz von 29,90 pCt. (gegen 82,32 pCt.) der angemeldeten Unfälle und 1,03 pCt. (gegen 1,29 pCt.) der Versicherten entspricht. Die Aufwendungen für die entschädigungspflichtigen Unfälle betrugen für die neu zugetretenen Unfälle 12 377 M. 72 Pf., für die Unfälle von 1885/86 ab bis Ende 1901 88 206 M. 71 Pf., mithin insgesamt ICO 584 M. 43 Pf. Zur Steigerung der Gesamtleistungen um rund 100 pCt. über den Jahresdurchschnitt trotz geringerer Zahl der Unfälle als im Vorjahr haben u. a. folgende Umstände beigetragen: 1. Für Unfälle aus 1901 mussten erhebliche Aufwendungen gemacht werden; 2. An Verletzte, die bereits aus dem Genüsse von Entschädigungen aus geschieden waren, mussten infolge nachträglich eingetretener Ver schlimmerung von Unfallsfolgen hohe Renten und Kosten gezahlt werden; 3. Renten aus Unfällen, die verspätet gemeldet worden sind, waren nachzuzahlen; 4. An eine Witwe, zwei Inländer und einen Aus länder erfolgten Kapitalabfindungen. Uebernahme des Heilverfahrens während der Wartezeit. Die günstigen Erfolge, welche rechtzeitige spezialärztliche Behandlung zeitigt, haben den Sektionsvorstand auch in dem abgelaufenen Geschäftsjahr veran lasst, in das Heilverfahren möglichst frühzeitig nach dem Unfälle einzu greifen. Dadurch wurden wieder mehrfach Einbussen an Arbeits fähigkeit verhindert oder gemildert und damit die Entschädigungs lasten der Berufsgenossenschaft herabgesetzt. Immer häufiger wiederholen sich Anträge der Krankenkassen, dass die Berufsgenossenschaft bei jedem Verletzten das Heilverfahren auf eigene Kosten übernehmen solle. Die Unterbringung von Ver letzten in gut geleiteten Krankenhäusern, heisst es in den Anträgen, verursache der Krankenkasse grosse Kosten, deren Aufbringung bei den mitunter mässig fundirten Kassen auf Schwierigkeit stosse. Den Hauptnutzen davon habe aber die Berufsgenossenschaft, da die Arbeitsfähigkeit des Verletzten durch Spezialbehandlung vollständiger und sicherer wieder hergestellt wird. Die Krankenkasse will vor allem die Kranken möglichst schnell geheilt sehen, um damit ihrer Ver pflichtung entledigt zu sein. Die Berufegenossenschaft dagegen muss alles auf bieten, um nicht nur Heilung, sondern möglichst hohes Maass von Erwerbsfähigkeit herbeizuführen. Trotzdem ist allgemeine Ueber nahme des Heilverfahrens nicht möglich, denn man würde den Kranken kassen Verpflichtungen abnehmen und die Berufsgenossenschaft ausser ordentlich schwer, vielfach sogar unnütz belasten. Zudem wollen die Krankenkassen bei Uebernahme des Heilverfahrens nur die ihnen gemäss § 76c des Kranken-Versicherungsgesetzes auferlegten Pflichten erfüllen, d. h. sie zahlen das dem Verletzten zustehende volle Kranken geld an die Sektion, während diese an den Verletzten oder dessen Angehörigen bei stationärer Behandlung im Krankenhause den statutarischen Teil abzuführen hat, sodass der Sektion nur der Rest, für gewöhnlich die Hälfte des Krankengeldes verbleibt. Zu weiteren Beiträgen zu den Kur- und Verpflegungskosten sind die Kranken kassen in der Regel nicht geneigt. Wenn aber eine Krankenkasse ausnahmsweise aus Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen oder aus freier Entschliessung weitere Beihilfe leisten wollte, so würde diese Kasse gegenüber den anderen, die eine ausserordentliche Unter stützung ablehnen, geschädigt. Es wäre daher mit dem Gerechtig keitsgefühl und dem Ansehen der Sektion nicht vereinbar, sich in solchen Fällen ungewöhnliche Vermögensvorteile zu verschaffen. Deshalb schon hält der Sektionsvorstand fest an seinem bewährten Grundsatz: er übernimmt das Heilverfahren innerhalb der gesetzlichen Wartezeit nur, wenn nach vorheriger Anfrage beim behandelnden Arzt oder bei der Krankenkasse oder nach unaufgefordert erstattetem Bericht des Betriebsunternehmers möglichst frühzeitige Wiederher stellung des Verletzten als unumgänglich notwendig bezeichnet und nach dem von Fall zu Fall gefassten Beschlusse des Vorstandes die Notwendigkeit der Uebernahme des Heilverfahrens anerkannt wird. Schluss folgt PAUL KÖHLER : : Strohpappenfabrik Guben : fertigt Strohpappen in Formaten und Rollen besonders weiss und farbig beklebt ‘ [144244