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WOilElWM TUM Hohe«stei«-Gmstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Lugan, Hermsdorf, Hernsdorf, Grscheiut ;eden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Nik. 1,55 durch die Post Mk 1,8? frei m- Haus Inserate nehmen außer oer Expedition auch die Au-träger aus dem Lande entgegen, auch befördern die Annoncen- Expeditionen solche zu Qriginalpreisen. Anzeiger für Mngenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach Archberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egpdien, Hüttengrund u. s. w, Mr das Königliche Amtsgericht und de« Stadtrach zu Hohenstein-Ernstthal. Orgcrrr crller Gsrneirröe-Verrvcrltrlrrgeir der rrnrlregeiröeir Mitschcrfteir. Nr. 191. Sonnabend, den 17. August 1901. 51. Jahrgang. »MM Bekanntmachung, Branntweinkleinhandlungeu betreffend. Infolge wiederholten Uebertretungen der Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung Seitens einiger Personen, welchen die Erlaubniß zum Kleinhandel mit Branntwein ertheilt worden ist, wird hiermit um die Aufsicht zu erleichtern, bekannt gegeben, daß alle diejenigen, die die bezeichnete Korcession inne haben, die Läden- und Thürfenster der zum Gewerbebetriebe bestimmten Lokale weder ver hängen noch zu denselben undurchsichtiges Glas verwenden dürfen. Zur Vermeidung von Auflagen in den bezeichneten Lokalen werden Sitzgelegenheiten hier mit verboten. Soweit solche jetzt vorhanden sind, sind sie sofort zu beseitigen. Vorstehende Bestimmungen treten am 25. August a. c. in Kraft. Zuwiderhandlungen gegen die getroffenen Anordnungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder entsprechender Haftstrafe geahndet werden. Hohenstein-Ernstthal, den 14. August 1901. Der Stadtrath. Dr. Polster. Ws. Bekanntmachung. Die Arbeiten zu dem im diesigen Ort auszuführenden Schleußenbau, sowie die Anlieferung von 96 lfd. Mtr. 35 atm weitem Cementrohr 75 ,40 „ l20 15 I Sleinzeugrohr und dem zum Bau erforderlichen Cement sollen an den Mindestfordernden vergeben werden. Interessenten werden ersucht, ihre Angebote bis 22. August in hiesiger Gemeindeexpedition niederzulegen. Hermsdorf, den 15. August 1901. Der Gemeindevorstand. M üller. Die zur Keinert'schen Concursmaffe g hörigen Klempner-Waaren und Jnstaüa- tions-Gegenstänve sollen im Ganzen freihändig verkauft werden. Die Besichtigung kann nächsten Montag in der Zeit von 2—6 Uhr Nachmittag im Geschäftslokal in Oberlungwitz erfolgen. Interessenten belieben sich aber bereits vorher mit mir in Verbindung zu setzen. Hohenstein-Ernstthal, den 14. August 1901. Johannes Koch, als Concursverwalter. Der Krieg UW TrausmaL. Militärisch ist an den Buren wieder größere Regsamkeit bemerkbar. Es sind nächstens 2 Jahre, da sie erfolgreich widerstanden haben. Schon das muß als ein zeithistorijches Wunder gelten. Mit dem kommenden Oktober beginnt aber für sie wieder eer günstige Jahresabschnitt; der eintretende Frühling drleichtert ihnen erheblich die Kriegführung, weil er ihnen neue Fourage und Weide kür die Pferde liefert. Im vorigen Jahre begann damals der wirksame Einbruch in die Kapkolonie. Seit der Wendung, die vor anderthalb Jahren durch die Kapitulation Cronjes in Südafrika eintrat hat die englische Heeresleitung oder doch die von ihr inspirirte Berichterstattung alle paar Wochen den Krieg für „faktisch beendet" erklärt, ohne daß der Gegner sich daran gekehrt hätte. I tzt soll nun aber der Kriegszustand wirklich in einem Monat ganz und gar zu Ende sein; Lord Kitcheners völkerrechtswidrige Proklamation wird als der Machtspruch betrachtet, der ben Frieden dekretier. Der Oberbefehlshaber selbst wird dann nach Hause zurückkehren und die Aufgabe der „Pacificiruug" des Landes einem minder hoch gestellten Offizier überlassen. Das Oberkommando in Südafrika werde nämlich an den Generalleutnant Neville G. Lyttleton übergehen; auch werde alsdann Lord Milner als Oberkommissar für Südafrika und Administrator der Transvaal- und Oranjefluß- Kolonieen die oberste Kontrole übernommen haben. Kitchener traf am 10. Januar 1900 mit Lord Roberts in Kapstadt ein und trat im Oktober 1900 den Oberbefehl in Südafrika an. Lyttleton ist 56 Jahre alt und hat unter anderem 1898 unter Kitchener im Sudan gefochten. Im ersten Theile des südafrika nischen Krieges befehligte er eine Division unter Buller im Tugelafeldzuge. Um den ihm bevorstehenden Auf trag, die Aechtung der nach dem 15. September noch weiter kämpfenden Burenführer, zur Ausführung zu bringen, ist der General wahrlich nicht zu beneiden. Denn daß jene unerhörte Maßregel nur das Eine er- zielen wird, den Charakter des Kampfes aufs äußerste zu verbittern, darüber dürste man sich auch auf eng lischer Seite bald keiner Täuschung mehr hingeben. Der Kampf wird weiter dauern und aller Wahr scheinlichkeit nach immer wildere Formen annehmen'; denn die Buren werden sicher nicht zögern, Repressalien zu ergreifen, zumal in den von ihnen beherrschten Distrikten der Kapkolonie. Aus St. Helena wird gemeldet, daß zwei hollän dische Kriegsgefangene einen kühnen Fluchtversuch unternahmen, indem sie ins Meer hinaus schwammen und sich eines Bootes bemächtigten. Es gelang ihnen, die Segel zu setzen, am nächsten Morgen aber wurden sie zehn Meilen auf See entdeckt und festgenommen. Die zwei Männer, die völlig unbekleidet die Flucht er griffen hatten, wurden in Säcke gehüllt gelandet. London, 15. Ang. Aus Kapstadt wird ge meldet, dort herrsche eine wahre Epidemie von Ver brechen. Angesehene Leute werden auf offener Straße am Hellen Tage ermordet, ohne daß die Mörder ge fangen würden, Einbruch und Juwelendiebstahl find an der Tagesordnung. Am meisten werden ausge löhnte Soldaten beraubt, die Polizei ist machtlos; man denkt an die Einführung einer Lynchjustiz. Man ist sehr uni die Sicherheit des Herzogs und der Herzogin von Cornwall, welche in Pietermaritzburg ankamen, besorgt und traf außerordentliche Schutzmaß- regeln. Mivdelbnrg, 15. Aug. (Meldung des Reuter- schen Bureaus.) Oberst Gorringe hate gestern mit den unter Krmtzingers Oberbefehl stehenden Komman danten Erasmus, Pyper und Cachet in der Nähe von Steynsburg ein Gefecht. Erasmus und Cachet wurden tödtlich verwundet, viele Gefangene wurden gemacht. Zürich, 15. August. Das schweizerische Komitee zur Hilfeleistung für die Wittwen und Waisen der Buren, welches eine aus einem Arzt und 6 Kranken schwestern bestehende Abordnung nach den Flüchtlings lagern in Südafrika ausgerüstet hat, theilt mit, daß die Abordnung, welche am 17. August sich in Southamp ton nach Südafrika einschiffen sollte, nicht abgehe, da das britische Kriegsministerium die von Lord Roberts am 10. März 1901 schriftlich ertheilte Erlaubniß zurückziehe unter der Begründung, daß die Lage sich seither vollständig geändert hab' und daß von England selbst für die Frauen und Kinder der Buren in den Flüchtlingslagern bestens gesorgt werde. Das schwei zerische Hilfskomitee sei heute durch Vermittelung des Bundesraths benachrichtigt worden, daß das englische Auswärtige Amt die gewünschte Intervention endgültig ablehne. Mord-Prozeß Lroßyk vor der Berufungsinstanz. Der Lokal-Anz. berichtet aus Gum binnen- 15. August: Die Verhandlung beginnt mit der Ver lesung des Nrtheils der ersten Instanz. Noch einmal wird die militärische Tragödie, die Bände erzählt von dem Haß, der gegen den Rittmeister v. Krosigk in den Herzen seiner Untergebenen aufgespeichert war, vor uns aufgerollt. Die Anklage nahm an, daß die Ermord ung des Rittmeisters v. Krosigk zwischen 4 Uhr 37 bis 4 Uhr 39 erf'lgt sein müsse. Zuerst lenkte sich der Verdacht auf den Zeugen Skopeck. Dieser Ver dacht erwies sich indessen als unbegründet und lenkte sich später aus den Unteroffizier Marten, der den Ver dacht der Thäterschaft nicht zu entkräften vermochte. Es wird nunmehr das erste freiiprechende Urtheil ver lesen. Danach sind die damals HanptangUlagien Marten und Hickel von der Anklage des Mordes, be gangen an dem Rittmeister v. Krosigk, freigesprochen, ebenso gemäß dem Anträge des Staatsanwalts der Angeklagte Downing von der Anklage wegen Begün stigung. Wegen Fahnenflucht hatte der Gerichtshof auf insaesammt ein Jahr Gefängniß und Degradation gegen Marten erkannt. Die erstinstanzlichen Urtheils- gründe führen aus: Rittmeister v. Krosigk tadelte den Unteroffizier Riemer, weil er sein Pferd nicht in die Reihe hineinbekam. Dabei rief v. Krosigk ärgerlich aus, Riemer sei auch solch ein Pflaumenreiter. Dann sagte er, die Schwadron habe überhaupt dienstlich sehr nachgelassen, „ich werde Euch Dienst aufgeben, daß Euch Hören und Sehen vergeht." v. Krosigk lief so dann erregt in der Reitbahn umher; in diesem Augen blick fiel der tödlliche Schuß. Schon von Mittag ab hatte Rittmeister v. Krosigk seine Schwadron Reit übungen in einzelnen Abtheilungen machen lassen. Um die Pferde an das Schießen zu gewöhnen, feuerte er aus einem Revolver Platzpatronen ab. Es war gegen 5 Uhr Nachmittags, und die Abtheilung, die gerade geritten hatte, sollte die Reitbahn verlassen, um einer anderen Platz zu machen. Rittmeister v. Krosigk gab dem Wachtmeister Buppersch den Rwolver und, wäh rend dieser sich bückte, um den Revolver niederzulegen, ertönte plötzlich der Schuß. Niemand ahnte den Zu sammeuhang. Herr v. Krosigk rief erschreckt aus: „Wachtmeister, haben Sie geschossen?" Auch Ober leutnant v. Hoffmann, der sich in der Nähe befand, ries: „Was ist denn los, wer hat geschossen?" In diesem Augenblick bemerkte er auch, wie der Rittmeister v. Krosigk wankte und umfiel. Er sprang zu, um ihn aufzufangen, Herr v. Krosigk war aber bereits lodt. Eine Kugel war ihm durch das Herz gegangen. In zwischen hatte sich der Mannschaft eine allgemeine Panik bemächtigt. Alles lief durcheinander, einige Leute wurde r zum Arzt geschickt. Als dann der Be fehl gegeben wurde, niemand solle die Reitbahn ver- lassen, war es schon zu spät: die Einen waren sporn streichs in die Ställe gelaufen und hatten die Schre- ckensthat verkündet, aus den nächstliegenden Stallungen wieder waren viele Unteroffiziere und Mannschaften zum Thatort hinzugeströmt. In der Vorhalle fand man einen Karabiner liegen. Dem Thäter war es aber ein leichtes gewesen, sich in dem Wirrwarr un auffällig unter die Menge zu mischen. Nach den Angaben des Schmieds Skopeck sollen kurz vor dem Morde in der Vorhalle der Reitbahn zwei Männer- mit schwarzen Schnurrbärten (bei'-e Angeklagten hatten damals solche Bärte) und mit Schirmmützen, weshalb sie Skopeck für Unteroffiziere hielt, gestanden und durch ein in halber Manneshöhe in der Bandenthüre der Reitbahn befindliches Loch ge sehen haben. Weiter stützt sich die Anklage auf die Aussage von zwei Dragonern, daß sie Marten in dem Korridor der Kaserne getroffen hatten, und zwar fei er von der Stelle, an welcher der in der Vorhalle ge fundene Karabiner in seinem Ständer neben der Stu- benthüre stand, gekommen. Die Anklage nimmt an, daß Marten den tödtlichen Schuß abgegeben habe, und daß Hickel im nächsten Stalle als Aufpasser gestanden und ihm den Rücken gedeckt habe. Die weitere Verlesung der Urtheilsbegründung er- giebt, daß Marten nach den Angaben seiner Vorge- etzten sehr ehrgeizig war, und daß er keinen Tadel vertragen konnte. Am 19. Januar tadelte nun Ritt meister v. Krosigk Martens Reiten in seiner eigen artigen schroffen Weise und ließ darauf den Dragoner Stuffenbries Martens Pferd eine ganze Stunde lang reiten, während Marten zu Fuß daneben stehend zu- ehen mußte, wie ein Gemeiner sein Pferd ritt. Der selbe Vorgang wiederholte sich am 21. Januar in Gegenwart des Regimentskommandeurs, Oberstleutnants v. Winterfeld. Marten wurde wieder schroff getadelt, er bekam einen rothen Kopf und rollte mit den Augen, weshalb Oberstleutnant v. Winterfeld ihn bestrafen wollte. Die Anklage nehme nun aus diesen Vorgän gen an, daß sie die unmittelbare Veranlassung zur That gegeben hätten. Die Beweggründe lägen jedock weiter zurück und seien darin zu suchen, daß Rittmsir. v. Krosigk den Vater des Angeklagten. Wachtmeister Marten, in der feinem Befehle in Stallupönen unter stellten Schwadron wie alle Untergebenen in seiner schroffen Weife, ohne irgend welche Rücksicht auf die 33jährige Dienstzeit des alten Marten behandelte. Im Frühjahr 1899 wurde Wachimeister Marten vom Rin- meister v. Krosigk derart gereizt, daß er im Stall in Ohnmacht fiel. Mit Rücksicht darauf reiste die einzige Tochter des Wachtmeisters Marten, die Ehefrau Hickels, nach Königsberg und erbat von Ercellenz v. Stülv- nagel die Benetzung ihres Balers in eine andere Schwadron. Infolgedessen wurde Wachtmeister Mar- ten im Juni 1898 nach Gumbinnen versetzt. Das Urtheil führt sodann noch aus, daß der Alibideweis des Angeklagten Marten als mißglückt zu betrachten sei, und spricht sich dahin aus, daß die Möglichkeit, daß sich Marten von der Stelle, an der der Karabiner sich befand und an der Skopeck und die beiden ande ren Dragoner die Person mi der Schirmmütze gesehen haben wollen, nach der Reitbahn begeben habe, nicht von der Hand zu weisen sei. Auch sein späteres Ver halten sei verdächtig gewesen. Während sämmtliche Verdachtsmomente, welche die Anklage angeführt hatte, sich in der Verhandlung gegen Marten bestätigten, bleiben andererseits die Ver dachtsmomente nicht hinreichend, um eine Berurtheil- ung wegen Mordes und Meuterei zu rechtfertigen. Insbesondere fehsie das hinreichende Motiv. Es sei schwer glaubhaft, daß Mart-n noch nach zwei Jahren eine feinem Vater widerfahrene Unbill habe rächen wollen. Mag auch Martens Ehrgeiz gekränkt sein, so sei auch dies als Motiv nicht ausreichend. Der Ver dacht gegen Hickel ist durch die Hauptverhandlung un verkennbar abgeschwächt worden. Dagegen verbleibe bei Hickel der Umstand zu berücksichtigen, daß er sich über den Zeitraum in der vierten zur fünften Stunde von 3 Uhr 25 Minuten bis 4 Uhr 40 Minuten nicht ausweisen könne. Für dieselbe Zeit konnte auch Mar ten sich nicht ausweisen. Es verbleibe also immerhin für das Moment des Moides ein Anhalt. Für Hickel fehlte jeder Anlaß, zum Morde zu schreiten. Es schien lehr unwahrscheinlich, daß er seine junge Ehe und die Ansprüche aus seiner zehnjährigen Dienstzeit gefährden würde. Für Marten sei bedenklich, daß er kurz vor der That, am 15. Januar, in der Nähe des Karabi ners gestanden hat, mit dem der tödtliche Schuß ab gefeuert wurde. Andererseits sei zu berücksichtigen, daß jener Karabiner an dem Mordtage seit 10 Uhr Vor mittags unbeachtet gestanden habe, daß also die Mög- lichk.it vorliege, daß sich ein Unbefugter den elben an- geeignet habe. Das Gericht mußte danach mangels hinreichender Beweise Marten und Hickel freisprechen. Der Gerichlsherr, Generalleutnant v. Alten legte am 6. Juni gegen das freisprechende Uetheil Berufung ein und begründete dieselbe, nachdem er auf das Be lastungsmaterial hingewiesen hatte, damit, daß auf Grund des Letzteren eine Berurtheiluvg hätte erfolgen müssen. Nachdem das Urtheil festgestellt habe, daß der Thäter kein Civilis-, sondern wahrscheinlich ein Unteroffizier der vierten Schwadron gewesen sei, nach dem der Alibibeweis den Angeklagten mißlungen fei, müßte das Kriegsgericht beide veruitheilen. Gegen Hickel spreche, daß er während des Prozesses eine Be einflussung, namentlich Skopecks versuch! habe. Es beginnt nunmehr, nach dem Oberknegsgerichtsraty Scheer seinen Bericht zu Ende geführt hatte, die Ver nehmung der Angeklagten. Im weitern Verlaus der Verhandlung wurde heute die Vernehmung der Angeklagten beendet und