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HchMm-EniWkk TaMit. Amtsblatt. Nr. 81. Sonntag, den 7. April 1901. 3. Beilage. Die Lage der deutsche» Arveit Die Sozial - Lorr " schreibt: Der ärmeren Be völkerung war in den letzten Monaten ein bitteres Loos gefallen. Die Unbill eines harten und langen Winters, hohe Kohlenpreise und eine sich immer mehr ausbreitende Arbeitslosigkeit haben soziale Zustände geschaffen, denen alle Wohlfahrtsbestrebungen machtlos gegenüberstehen. Die Lebenshaltung breiter Bevölkerungsschichten ist gegen, wärtig tief herabgedrückt Die Ernährung muß sich auf das unbedingt Notwendigste beschränken; die aus den »ergangenen Jahren guten Verdienstes stammenden spar- betrüge sind vielfach bereits aufgezehrt, es müssen häufig selbst für Nahrung und Wohnung beträchtliche Schulden gemacht werden, deren Abzahlung das Wohlbefinden vieler Familien für lange Zeit übel beeinflussen» wird Das ist die Wirkung der ; rise auf die ärmeren Klaffen. Sie hat bisher nicht zu einer allgemeinen wirthschaftlichen Panik geführt, viel Lärm machende geschäftliche Zusam menbrüche sind nur »ereinzelt eingetreten, aber ihre Fol- gen find deshalb nicht geringer. Sie schleicht leise von den großen Industriestädten des deutschen Westens bis in die entlegensten ostelbischen Bezirke, sie trifft in den Seehandelsstädten die Rhederei und die Erwerbszweige in den Gebirgsthälern mit demselben „bösen Blick" Sie greift den Maschinen in die Räder und weist den Ar beitern die Thür. Betriebsbeschränkungen und Arbeiter- entlaffungen sind heute so alltäglich, daß sie kaum noch Beachtung finden. In Berlin waren im Januar in 15 Erwcrbszweigen »on 83,910 organisirten Arbeitern, deren Verhältnisse man genau feststellte, 22,629 beschäftigungs los. Man kommt den wirklichen Zuständen jedenfalls sehr nahe, wenn man annimmt, daß überhaupt von allen in Industrie und Gewerbe thätigen Arbeitern der vierte Theil gegenwärtig entweder ganz feiern muß, oder doch sehr ungenügend beschäftigt ist Und die Aussicht aus Besserung ist gering. Zwar wird der Sommer die Lage der Bauarbeiter günstiger gestalten, aber in der Industrie und in ven meisten Handwerken werden die gegenwärtigen Zustände fortdauern. Es wird »ereinzelt behauptet, der Höhepunkt der Krise sei bereits überschritten; wir haben die entgegengesetzte 'Ueberzeugung Die Verhältnisse in der die Lage unseres Wirthschaftslebens so erheblich be stimmenden Eisenindustrie werden sich wahrscheinlich weiter verschlechtern. Bis vor kurzer Zeit hatte dieselbe noch^ früher erthcilte staatliche und andere Aufträge auszu führen. Vier deutsche Bundesstaaten haben in den letzten vier Jahren allein für Bahnhofsumbauten 285 Millionen ausgegeben, von denen ein sehr großer Theil auf die Eisenindustrie entfällt. Diese Bestellungen für den Eisen bahnbedarf sind jetzt im Wesentlichen erledigt, andere Aufträge sind weder groß genug, diesen Ausfall zu decken, noch vermögen sie überhaupt die Werke ausreichend zu beschäftigen. So sind viele derselben genöthigt, auf Lager zu arbeiten. Ein großes westdeutsches Werk üll bereits für 3—4 Millionen Roheisen auf Vorrath hingelegt haben, um Arbeiterentlaffungen zu vermeiden. Dochauch die Lager werden bald überfüllt sein. Abermalige starke Betriebseinschränkungen werden dann eintreten müssen, wenn nicht plötzlich gewaltige Aufträge wieder Leben bringen. Doch woher sollen diese kommen? Wir leiden nicht nur unter einer deutschen, sondern unter einer Welt marktkrise, die durch eine etwaige Beendigung der süd afrikanischen und chinesischen Wirren wohl eine zbschwäch ung, aber keineswegs ihr Ende erreichen wird Wie die Verhältnisse auf dem Weltmärkte zurückgingen, beweist auch die englische Handelsstatistik, nach der Großbritannien im letzten Februar für 40 Millionen Mark weniger aus führte, als im gleichen Monat des Vorjahres. Diese Ungunst der weltwirthschaftlichen Zustände wird für Deutschland noch verschärft durch die Unsicher heit unserer Handelspolitik Zahlreiche Erwerbszwcige auf die sich die Wohlfahrt des deutschen Volkes zum guten Theil gründet, wissen heute thatsächlich nicht, wel ches Schicksal ihrer harrt: Ob die Handelsverträge er neuert werden, ob verheerende Zollkriege den Fleiß langer Jahre vernichten werden. Die nächste Zukunft muß diese wichtige Frage lösen. Bis dahin hat die deutsche In dustrie aber bereits die Folgen der handelspolitischen Un sicherheit zu tragen. Diese lähmt den Unternehmungs geist, treibt schon jetzt deutsches Kapital und deutsche In telligenz zur Begründung großgewerblicher Anlagen in daS Ausland und legt sich lähmend auf unsere geschäst lichen Beziehungen zu demselben. So wird behauptet, daß die russische Regierung an die deutsche Industrie Aus- träge nicht ertheilen und ihren Einfluß aufbieten wolle, von russischen Privatkreisen die gleiche Zurückhaltung zu «klangen. Auch die von dem preußischen Handelsminister Breseld so hochbelobten Syndikate tragen gegenwärtig erheblich zur Verschlechterung der wirthschaftlichen Lage bei. Nach der merkwürdigen Ansicht des genannten Ministers reguliren die Syndikate das wirthschaftliche Leben. Thatsächlich sind die größten deutschen Syn dikate, der Kohlen- und der Eisenring eine Last für unsere Bolkswirthschast. Sie halten die Preise künst lich hoch und erschweren somit den auf Kohle und Eisen angewiesenen Industrien den Wettbewerb auf dem Weltmärkte erheblich. Diese letzteren müssen, um überhaupt Absatz zu haben, mit stark gedrückten Preisen verkaufen, können das bei den hoch im Preise ge haltenen Rohstoffen nur mit Verlust, und so ent schließen sich viele Werke lieber zu Arbeiterentlassungen, als zu derartigen weiteren Einbußen. Aus den schlesischen Eisenhütten wird berichtet, es gäbe kaum noch ein Fabrikat, das heute nicht Verlust bringe. Der PreiSdruck ist so stark, daß selbst Werke mit eigenen Kohlengruben und Hochöfen die Selbstkosten nicht decken. Den Werken, die Feinbleche Herstellen, wurde kürzlich von den Käufern die Hälfte des vorjährigen Preise» geboten; die Röhrenwalzwerke arbeiten mit derartigen Verlusten, daß sie die Betriebe aus das Aeußerste eingeschränkt haben. Trotzdem sammeln sich überall in der Eisenindustrie große Lager an. Natürlich empfinden auch die Kohlengruben, wie schwer gegenwärtig die bedeutendsten Jnstustrien kämpfen müssen. Einen Kohlenmangel giebt es nicht mehr, trotzdem aber noch eine Kohlennoth, die von den künstlich hochgehaltenen Preisen herrührt. Um diese nicht ermäßigen zu müssen, und bei dem verminderten Absatz die Ansammlung großer Lager zu vermeiden, lassen die Grubenverwaltungen Feierschichten und Arbeiterentlasiungen eintreten. Aber auf die Dauer werden sie trotzdem den Preis nicht in der gegen wärtigen Höhe halten können, da einerseits immer mehr Kohlenlager erschlossen werden, andererseits der Verbrauch der Industrie voraussichtlich noch auf Jahre hinaus erheblich geringer als in der letzten Zeit fein wird. Denn auch die Maschinen- und Kleineisenin dustrie wird den harten Druck nachhaltig sühlen. In diesen Erwerbszweigen sind gleichfalls weitgehende Betriebseinschränkungen eingetreten. Manche Fabriken sind gänzlich geschlossen, in anderen ist die Arbeitszeit um einige Tage in der Woche, oder mehrere Stunden des Tages verkürzt. In manchen Städten drängen sich die Arbeitsuchenden an den Fabrikthoren oder in den Nachweisen; ist doch in manchen Zweigen dieser Industrien kaum der vierte Theil der Arbeiter noch beschäftigt. Auch die Elektrizitätsindustrie liegt schwer darnieder: im Januar mußten in Berlin beinahe 40 Prozent ihrer Arbeiter feiern. Die Lage der Textilgroßgewerbe ist im Allge meinen gleichfalls eine ungünstige; nur in einzelnen Bezirken wird von einer ausreichenden Thätigkeit be- richtet. Auch diese hat voraussichtlich keine kaiij-e Dauer. Es handelt sich um vorübergehende Aujtiüge und keineswegs um eine nachhaltige günstige Wendung der allgemeinen Zustände. Auch in der Textilindustrie sind Arbeiterentlasiungen heute fast die Regel. In einzelnen Bezirken macht sich aus diesem Grunde be reits eine Abnahme der Bevölkerung bemerkbar, da die Arbeiter sich dorthin wenden, wo sie Beschäftigung zu finden hoffen. Seit einiger Zeit ist der schlechte Geschäftsgang auch in der chemischen Industrie fühl bar. Die Lage der weit verbreiteten deutschen Möbel Industrie ist noch immer sehr schwierig, soweit es sich nicht um die Herstellung von Luxusmöbeln handelt. Die Kaufkraft ist so stark gelähmt, daß auch hier Arbeiterentlasiungen meistens nur dann vermieden werden können, wenn auf Lager gearbeitet wird. Selbst in den Luxusindustrien, die fast ausschließ lich für die bemittelten Kreise der Bevölkerung arbei ten, macht die Krise tiefen Eindruck. Das Einkom men auch di.-ser Kreise ist bekanntlich stark gesunken. Sie haben besonders in Jndustrieaktien und auch bei andern Kapitalanlagen in den letzten Jahren schwere Verluste erlitten, gleichzeitig sind jedoch die Kosten der Lebenshaltung größer und die Erträge fast jeder Er- werbsthätigkeit kleiner geworden. So ist man auch in diesen Gesellschaitsschichten aus sparsame Lebens- führung angewiesen. Unnöthige Ausgaben werden vermieden. Auch Kleinhandel und Gewerbe leiden unter dieser Sparsamkeit der bemittelten bürgerlichen Klassen, wenngleich für den Geschäftsgang dieser Be rufe die große Masse der Arbeiterbevölkerung aus schlaggebend ist. Das Baugewerbe kommt für die Wintermonate wenig in Betracht, aber auch in der bevorstehenden guten Jahreszeit wird es voraussicht lich noch immer erheblich unter der wilden Bauarund- und Häuserspekulatiön, an den Folgen des gesunkenen Vertrauens, der schwierigen Beschaffung der Bau gelder und an anderen Uebeln zu leiden haben. Im Allgemeinen werden die volkswirthschaftlichen Verhältnisse "in Deutschland durch die Thatsache ge kennzeichnet, daß es heute nicht einen größeren Er werbszweig giebt, der sich wirklich gesunder Zustände erfreut. Typisch ist für den Unternehmer gegenwärtig dec Mangel an Aufträgen, die stark gedrückten Woaren- preise und vielfach die Aufrechterhaltung der Betriebe mit geschäftlichen Verlusten, für den Arbeiter starke Beschränkung seiner Beschäftigung, Verminderung der Löhne und Herabdrückung der Lebenshaltung. Pflege der Augen. Von Dl. med. R. Kehn. Nachdruck verboten. Das Auge ist eine wunderbare Gottesgabe. Ein gutes, starkes, gesundes Auge ist ein Glück und ein Schmuck zugleich. DaS Auge ist der Spiegel der Seele, es verleiht dem menschlichen Antlitz Ausdruck, Leben und Bedeutung. Ein schwaches Auge ist niemals schön und arbeitsfähig, ein blindes gar macht den Menschen hilflos und einsam. Jeder fürchtet zwar den Verlust des Augenlichts, aber kaum wird ein Organ des Körpers mehr irißhandelt als gerade das Auge durch Nichtachtung oder Ueberanstrengung. Die meisten Menschen werden erst auf eine schonende Behandlung ihrer Augen hingewiesen, wenn sie schon erkrankt sind. Die Augenpflege ist sreilich im Großen und Ganze nichts anderes, als eine zweckmäßige, naturgemäße Lebensweise überhaupt. Leider aber ist unsere moderne Lebensweise ganz darnach eingerichtet, die Augen zu schwächen und sie kurzsichtig zu machen. Die moderne Ueberanstrengung hat schon manche Krank heiten erzeugt, aber keine von ihnen hat eine solche Ausdehnung angenommen, wie die Kurzsichtigkeit. Diese» Leiden, diese Augenschwäche ist > m so schlimmer, als die Anlage dazu sehr erblich ist. Im Volke herrscht leider vielfach die Meinung, ein kurzsichtiges Auge sei kein krankes, sondern sogar ein starkes Auge, daS ist ein sehr großer und böser Jrrthum. Tritt in dieser Hinsicht nicht bald Besserung ein, werden unsere Urenkel alle kurzsichtig sein. Aus nahmen werden nur die Regel bestätigen. DaS Auge ist das Lichtorgan und erfordert zur Nahrung und Stärkung Licht und immer wieder gutes, natürliches Licht. Personen, die lange in Finsterniß leben, erblinden, M-nschen, welche immer im Dämmerlicht zubringen, bekommen schwache und kranke Augen. Das Auge verträgt niemals blendende-, scharfes Licht noch einen schroffen Wechsel von Hell und Dunkel. So wenig die Haut einen jähen Wechsel don Warm und Kalt erträgt, ebenso erkrankt daS Auge bei zu schnellem Wechsel von Hell und Dunkel. DaS muß man schon bei den kleinsten Kindern beachten. Auch stelle man nie etwas an das Kopfende des Kinderbettes, waS die Aufmerksamkeit der Kleinen anzieht, denn die Augäpfel bei Kindern nehmen gar zu leicht eine falsche und schielende Stellung an. Auch lasse man nie die Haare bei öen Kindern zu lang in die Surne fallen, oeun sie stören den Blick und reizen die Augen. Auch schneide man das Kopfhaar nie plötzlich kurz und stumpf ab, es entsteht dadurch leicht Erkältung des Kopfes und hierdurch Augenröthe, Auch anhaltendes Weinen schwächt die Augen. Jungen wie alten Augen ^nne man oft wie möglich den Anblick grüner Flächen im Freien. Man glaubt nicht, wie wohl- ihnend für Augen grüne Rasen- und Waldflächen sind. Dagegen meide man weiße, von der Sonn? beschienene Flächen, im Freien wie im Hause. Ist man gezwungen, lange auf blendende Flächen zu sehen, so schütze man die Augen durch eine blaue Brille. Das Schauen in flackerndes Feuer, in elektrisches Licht, in den zuckenden Blitz ist Gift für da» Augenlicht. Beim Schreiben achte man darauf, daß das Licht von der linken Seite auf das Papier fällt. Arbeitet man bei Lampenlicht, so muß die Lampe hoch stehen und das Licht ebenfalls von links auffallen. Das Fahren auf der Eisenbahn bei offenen Fenstern und gegen den Wind, das zu lange Hinausstarren hat schon manches Auge geschwächt. Man gebrauche und schone dar Auge wie jedes andere Glied unseres Körpers, welches arbeitet. Im Allgemeinen gilt die Regel, die Augen mehr kalt wie warm zu behandeln. Man wasche sie daher ost mu kaltem Wasser, aber niemals gleich nach einer Erhitzung. Alles, was die Augen zu warm macht, wie enge Hals tücher, zu starkes Neigen des Kopfes bei der Arbeit, heiße und schlechte Zimmerluft, scharfe Dämpfe und Gase, Stuhlverhaltung, alles dieses muß nach Kräften vermieden werden. Hat Jemand Disposition zu Augenschwäche oder Erkrankungen, so ist natürlich doppelte Vorsicht nöthig. Die Schwäche des Auges zeigt sich durch beginnende Weitsichtigkeit an. Tritt dieser Zeitpunkt ein, wo man also nicht mehr so leicht und klar sehen kann wie früher und die Schrift immer mehr von den Augen entfernen muß, so strenge man gar nicht das Auge gewaltsam an, im Gegentheil, man schone es und lasse es vom Arzte untersuchen, damit eine passende Brille verschrieben wird. Tritt bei dieser Schwäche auch noch Rötung ein, so gebraucht man zur Kühlung und Stärkung der Augen Fenchel- wasser oder Romershausens Augenwasser. Unbedingt aber muß der Arzt zu Rathe gezogen werden, wenn sich das Sehen von Nebeln, von fliegenden Mücken und Flocken selbst bei geschlossenen Augen einstellt. Eine Augenpflege ohne allgemeine diätetische Körper- fläche hat gar keinen Sinn. Wenn man nicht die Ursache des Uebels beseitigen kann oder will, dann hat eine Augenbehandlung ab'olut keinen Zweck. So sind nervös machende Umstände, geistige oder körperliche Ueberanstrengung, Ausschweifungen, Schlemmereien, Verweichlichung und habituelle Leibesoerstopfungen alles Sachen, die unbedingt beseitigt werden müssen, wenn man das Auge heilen will. Mit der Weitsich tigkeit tritt auch mit sinkender Nnvenkraft die Schwach sichtigkeit ein, so daß nur noch große Gegenstände deutlich gesehen werden können. Ein allmähliges Ver dichten der Augenlinse bis zur theilweisen oder gänz- lichen Undurchsichtigkeit veranlaßt den „grauen Staar", ein Herabsinken der Energie der Sehnervenhaut bis zur völligen Lähmung bildet den „schwarzen Staar". Hat der Mensch seine Augen in jungen und mittleren Jahren gut gepflegt und nicht mißbraucht, so wird er in der Regel im Alter, bis auf die Weit sichtigkeit, von schlimmen Störungen der Sehkraft nicht geplagt werden und sein Augenlicht bis ins hohe Greisenalter behalten. Immer aber bedürfen die Augen einer Pflege, und im Greisenalter erst recht. Infolge des Alters sinken die Augäpfel in ihre Knochenhöhlen tiefer ein, weil die Fettlage in denselben mit der Zeit langsam aber sicher dahinschwand. Aus dem gleichen Grunde werden Augenlider runzeliger und dünner. So entsteht eine tiefe grubenförmige Einsenkung. Das Auge wird Heller und blässer und die Nervenkrast nimmt ab. Deshalb muß der Greis noch öfter als das mittlere Alter den Blick auf grüne Flächen richten, die Augen mit kühlem oder stärkendem Wasser erfrischen. Ein stärkendes Wasser für jedes Auge ist Regenwasser, dem man einige Tropfen kölnisches Wasser zugesetzt hat. Dieses Wasser kann man täglich mehrmals an- wenden, nur hüte man sich, mit feuchten Auge ins Freie oder in Zugluft zu treten. Niemals soll man aber das kölnische Wasser unverdünnt anwenden, daS schadet immer. Einreibungen von Fenchelwaffer, abends vor dem Schlafengehen, auf Schläfe und Stirn, nicht aber unter die Augen, sind geschwächten Augen sehr vortheilhaft. Sächsisches. Hohenstetu-Srrrftthal, 6. April 1901. otttthellunaen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent- gegengenommea nnd eventl. bonorirt. — Eingesandt. Der 3. Osterfeiertag wird den Bewohnern unserer Stadt einen bemerkenswerten Kunstgenuß bringen, da der hiesige „Kirchenchor" in Gemeinschaft mit dem Männergesangverein „Liedertafel" im Saale des Altstädter Schützenhauses ein größeres Konzert veranstaltet. In demselben wird neben mehreren Einzelnummern auch ein grüße re- Werk: „Die Walpurgisnacht" von Mendelssohn- Bartholdy zur Aufführung gebracht werden. Diese Komposition wird von maßgebenden Musikkritikern als eine der besten, von einigen sogar als die beste Schöpfung des großen TonsetzerS bezeichnet. Di" Dichtung, eine Ballade vvn Gwthe, versetzt uns nach dem alten Gallien oder Britannien und in die Zeit, da die Ureinwohner, die Kelten, der Faust der eingedrungenen germanischen Eroberer und dem durch römische Sendboten gepredigten Christenthume sich beugen mußten, Schon hat der größte Thefl des Lölkes freiwillig oder gezwungen oen neuen Glauben angenommen. Aber doch ist in dem Herzen vieler Bekehrten der Glaube der Väter, der Glaube an All vater und an andere Gottheiten lebendig geblieben und, angetrieben durch die Druiden, die Priester der alten Glaubens, bringen sie an den geweihten Opfer stätten den Göttern Opfer dar und feiern ihnen in hergebrachter Weise im grünenden Hain und auf son niger Höhe. Doch müssen sie auf der Hut sein vor den christlichen Spähern, denn Feuer und Schwert bedrohen den Anhänger der alten Götte". Die Komposition wird einzeleitet durch eine Ouvertüre, die in ihrer Anlage schon ein Meisterwerk bildet. In Moll beginnend, schildert sie die Un bilden des AprilwetterS und darnach, in Dur über gehend, die Wonne des Maien. Der gesangliche Theil beginnt mit dem Gesänge eines Druiden (Tenor). DaS Volk (vierstimmiger Frauenchor) greift das Motiv aus und führt es weiter. Gleich dem Texte (Es lacht ber Mai' der Wald ist frei von Eis- und Reifge hänge, der Schnee ist fort; am grünen Ort erschalle» Lustgesänge) atmet hier die Komposition Frühling»- jubel, Maienlust. Der Druide fordert nun das Volk auf, mit ihm hinaufzusteigen auf die Höhe und All- vater Opfer zu bringen. Sein Gesang wird vom Volke (8-stimmiger bez. 4-stimmiger gemischter Chor) wiederholt bez. begleitet. Entgegen den Warnungen einer Frau (Alt) aus dem Volke (Könnt ihr so ver wegen handeln? Wollt ihr denn zum Tode wandeln? etc.) fordert in Nr. 3 ein Druide (Bariton) abermals zum Opfer auf (Wer Opfer heut zu bringe« cheuh. Zur Sicherung gegen die Späher der Christen werden Wächter ausgestellt. (Vertheilt euch, wackre Männer hier rc.) Die Musik ahmt durch häufig an- .ewandten Pizzikato das geheimnisvolle Trippeln der durch den Forst schleichenden Wächter nach. In Nr. 5 fordert einer der Wächter (Baß) die übrigen Wäch ter auf, die umherschleichenden christlichen Spione zu narren durch Fackeln und Klapperstöcke (diese dump- fen Pfaffenchristen.) Nun beginnen die Wächter (Nr. 6) ein Lärmen im nächtlichen Walde (Kommt mit Zonken und mit Gabeln.) Die Musik ist auch hier wieder äußerst charakteristisch und ahmt den Höllenspektakel in trefflichster Weise nach. Die nächste Nummer (7) im Tempo „Andante maestoso" führtuns in den Kreis der zur Anbetung versammelten Ge- meinde. Klagend hebt der Priester (Bariton) an: „Soweit gebracht, daß wir bei Nacht Allvater heim lich singen." Doch findet er in dem Gedanken Trost, daß ein reines Herz bei Gott immer zu Gnaden an genommen werde und das Licht des reinen Glauben» nie geraubt werden könne. Das Volk stimmt unisono in den Gesang des Priesters ein. Ein christlicher Späher (Tenor) ist bis in die Nähe der heidnischen Kultusstätte gelangt, flieht aber, entsetzt über die im unsicher« Feuerscheine ihm wie Geister und teuflische Ungeheuer erscheinenden heidnischen Wächter und er schrocken über den von ihnen verursachten Lärm davon seine Genossen mit sich in die Flucht reißend. Der Schlußchor, wieder in Andante maestoso gehalten, bildet die Fortsetzung der in Nr. 7 geschilderten gottesdienstlichen Handlung und enthält die Bitte um reinen Glauben (die Flamme reinigt sich vom Rauch, so reinig' unsern Glauben) und klingt in mächtigen Akkorden aus in dem Triumphgesang: „Dein Licht, wer kann es rauben!" Die Ausführung deS instrumentalen Theiles der Komposition ist dem Naumannschen Musikkorps (in Stärke von 26 Mann) übertragen. Hierdurch sowie durch Beschaffung der Noten, Programme etc. erwach sen allerdings dem Unternehmer, Herrn Kautor Mer ker, beträchtliche Kosten, doch hegen wir das feste Ver trauen, daß die geehrten Bewohner unserer Stadt das anerkennenSwerthe, uneigennützige Unternehmen unterstützen werden. Möge ein jeder, der sich einen edlen Genuß verschaffen und zugleich daS Streben der oben genannten Gesangvereine fördern helfen will den Besuch des Konzertes nicht versäumen.