Volltext Seite (XML)
Nr. 45 Schein-Angebot 9269. Frage: Derjenige Kaufmann, welcher an einen andern eine nicht ernstliche Anfrage oder ein Scheinangebot richtet, ist nach meinem Rechtsempfinden nach dem Gesetz »Treu und Glauben« für den unnötig veranlaßten Aufwand an Mühe und Kosten haftbar, soweit dieser Aufwand sich in angemessener Grenze hält. Welcher Ansicht sind Sie? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Schaden ersatzanspruch würde im vorliegenden Falle aus § 826 BGB herzuleiten sein, welcher bestimmt, daß derjenige, welcher in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem andern vorsätzlich Schaden zufügt, dem andern zum Er sätze des Schadens verpflichtet ist. Es müßte nachgewiesen werden, daß der Kaufmann das Angebot nur zum Schein gemacht hat, und sich hierbei bewußt war, daß dem Emp fänger des Angebotes dadurch Kosten oder Aufwendungen verursacht werden. Eine auf den besonderen Fall er gangene Entscheidung ist nicht bekannt. Schadenersatz wegen schlechter Auskunft 9270. Frage: Vom 1. April 1906 bis 1. November 1907 war Ich bei X als Stadtreisender und Expedient angestellt. Nach Abgang erhielt ich ein Zeugnis, worin X bescheinigt, daß er mit meinen Leistungen stets zufrieden war, was er auch -seinerzeit und nachträglich zu mir und in Gegenwart von Zeugen gesagt hat. Da mir meine jetzige Stellung nicht zusagt, bewarb ich mich bei verschiedenen Firmen um Stellung, die bei X Aus kunft über mich einholten. X hat so schlechte Auskunft gegeben, daß ich keine Stellung erlangen kann. X gibt an, daß er mit meinen Leistungen nicht zufrieden war, und ich einen schlechten Charakter besitze. Weder meine früheren Chefs noch meine Kollegen können mir derartiges nachsagen. Ich kann das Ver halten von X nur auf nachstehende Gründe zurückführen. Die Stellung bei X habe ich aufgegeben, da das Gehalt nur in kleinen Raten und mitunter der Rest des Gehalts am 25. noch nicht gezahlt war. Was muß ich tun, um mich nicht weiter schädigen zu lassen? Wenn ich klage, bin ich verpflichtet, an zugeben, durch wen ich erfahren habe, daß schlechte Auskunft. gegeben wurde? Kann ich verlangen, daß X bei einer Klage die gegebene Auskunft vorlegt ? Muß X den Firmen, denen er Auskunft gegeben hat, angeben, daß die Auskunft falsch war? Wieviel Schadenersatz kann ich fordern? Soll ich sofort beim Kaufmannsgericht Klage einreichen, oder X auffordern, daß er «lies Unwahre widerruft? Antwort: Der Prinzipal ist verpflichtet, dem Handlungs gehilfen ein wahrheitsgemäßes Zeugnis über seine Führung und Leistung zu erteilen. Eine Auskunft über den Gehilfen muß ebenfalls der Wahrheit entsprechen; einer schlechten Auskunft müssen also Tatsachen zugrunde liegen, die sie rechtfertigen. Die Gründe, die Fragesteller aufführt, recht fertigen nicht, daß sein früherer Prinzipal ihm einen schlechten Charakter nachsagt. Entsteht dem Gehilfen in folge unrichtiger Auskunft Schaden, so ist der Prinzipal dem Gehilfen schadenersatzpflichtig. Ob für solche Klage ■das Kaufmannsgericht zuständig ist, ist fraglich. Es haben schon Kaufmannsgerichte ihre Zuständigkeit verneint, •andere sie ausgesprochen. Es kommt also auf den Versuch an. Erklärt sich das Kaufmannsgericht für unzuständig, so verweist es die Sache an das Amtsgericht. Der Kläger bat zu beweisen, daß der frühere Prinzipal eine falsche Auskunft über ihn gegeben hat, muß also seine Zeugen nennen. Er kann auf Unterlassung, Berichtigung bei den Firmen, an die solche Auskunft gesandt wurde, und Schaden- ersatz klagen. Der Schaden muß nachgewiesen werden, und zwar am besten dadurch, daß der Chef der Firma, mit der der Gehilfe unterhandelte, Zeugnis darüber ablegt, daß die Anstellung wegen der schlechten Auskunft unterblieb. Der Gehilfe kann die Höhe des Schadenersatzes angeben oder die Festsetzung dem Gericht überlassen. K. * * * Wie Sie aus beifolgenden Briefen ersehen, war ich bei X Reisender. Nach meinem Weggange von X trat ich am selben Platze in ein ähnliches Geschäft. Meine jetzige Firma Y holte nach meinem Antritt Auskunft über mich bei X ein. Diese ist äußerst schlecht, trotzdem das Zeugnis ganz gut ist. In der Zwischenzeit war ich bei Z Reisender, der mit meinen Leistungen sehr zufrieden war. Wegen Krankheit mußte ich diese Stelle aufgeben und konnte ein volles Jahr keine Stellung erhalten. Meine Stelle bei Y mußte ich wegen dieser Auskunft wieder aufgeben. Ich bin der Meinung, daß ich wegen der schlechten Auskunft so lange keine Stelle erhielt. Kann ich X auf rooo M. Schadenersatz verklagen? Genügen diese ewismittel, um zu klagen? Gewinne ich die Klage? Kann -ch X in P beim Kaufmannsgericht verklagen? 1795 Antwort: Es gilt dasselbe wie für den vorigen Frage steller. Da X in dem Zeugnis »vollste« Zufriedenheit bescheinigt und in seinem Briefe selbst zugibt, »nie« eine gute Auskunft gegeben zu haben, hat Schadenersatzklage Aussicht auf Erfolg. Fragesteller kann die schlechte Aus kunft wahrscheinlich durch ein späteres Zeugnis oder durch gerichtliche Zeugenaussage seines späteren Prinzipals ent kräften. Infolge des Eingeständnisses des früheren Prinzipals, daß er schon öfter Auskünfte über seinen ehe maligen Reisenden erteilt hat, kann das Gericht annehmen, daß die fortgesetzten schlechten Auskünfte an der dauern den Stellenlosigkeit schuld sind. 1000 M. sind unter Um ständen für ein ganzes Jahr Stellenlosigkeit zu wenig, wenn der Gehilfe in reiferem Alter steht und etwa gänzlich ohne Erwerb war. Die Festsetzung der Summe wird Frage steller deshalb am besten dem Gericht überlassen. Zu ständig ist das Gericht in P. Fragesteller kann versuchen, die Klage beim Kaufmannsgericht anzubringen. Da der Streitwert 300 M. übersteigt, so kann gegen die erste Ent scheidung Berufung beim Landgericht eingelegt werden. K. D".. . , r Lichtempfindlichkeit von Zellstoffpapier 9271. frage: Ich muß die Wahrnehmung machen, daß ein aus ganz reinem Zellstoff und bei Verwendung von nur wenig lichtechter Farbe hergestelltes Papier unter Einfluß des Sonnen lichtes nachdunkelt und schmutzige, braungraue Färbung an nimmt. Die Farbe trägt daran nicht die Schuld, da auch un verarbeiteter Zellstoff die gleiche Veränderung zeigt. Können Sie mir ein Mittel nennen, diesem Uebelstande abzuhelfen, viel leicht durch Zusatz von Chemikalien im Holländer? Ich habe Muster anderer Papiere vorliegen, die sich unter Einfluß des Sonnenlichtes nicht im geringsten ändern. Antwort eines Fachmannes: Hier handelt es sich um Zellstoffpapier aus ungebleichtem Zellstoff. Das mitgesandte Muster dieses Zellstoffs hat sich nach 10 Tage langem Aus hang am Fenster sehr stark verändert, der Zellstoff ist gräugelb geworden. Diese Färbung tritt auch bei dem daraus gefertigten gefärbten Papier ein. Zellstoffpapiere, die lichtecht sein sollen, müssen aus gut gebleichtem Zell stoff gearbeitet und mit lichtechten Farben gefärbt werden. Es wird schwerlich Mittel geben, um ungebleichten Zellstoff lichtecht zu machen. R. Die Vergilbungsfähigkeit von ungebleichtem Zellstoff ist umso geringer, je gründlicher das Holz gekocht wurde. Papier kann trotz Herstellung aus gut gebleichten Stoffen zur Vergilbung neigen, wenn das Fabrikationswasser eisen haltig ist (s. »Vergilben von Papier« in Nr. 5r der Papier- Zeitung von 1901). Holzpappe Aus der Schweis 9272. Frage: Worin unterscheidet sich Holzpappe, auf Zylindermaschinen hergestellt, von Pappen, die auf der Langsieb maschine fabriziert werden, und worin liegt der Unterschied zwischen beiden Sorten? Antwort eines Fachmannes: Bei der Zylinder- oder Rundsiebmaschine wird die Pappe in mehreren Lagen her gestellt, dadurch tritt bessere Verfilzung der Faser ein und die Pappe wird fester und voluminöser, als auf der Lang siebmaschine, auf welcher die Pappe nur in einer Schicht läuft. Für gewisse Zwecke dürfte sich demnach die auf der Zylindermaschine gearbeitete Pappe besser eignen. P. P. Lohnbeutel mit Reklamedruck 9273. Frage: Ist ein Musterschutz für den Reklamedruck der Lohnbeutel-Rückseite vorhanden? Vor 10 Jahren habe ich derartige Beutel an größere Werke geliefert (nicht für meine Rechnung). Ich habe einen Auftrag auf 60000 Lohn-Beutel zu sehr billigem Preis angenommen, wobei mir jedoch erlaubt ist, die Rückseite mit Reklamen irgend einer Firma zu versehen. Antwort: Unseres Erachtens kann nach deutschem Gesetz das Bedrucken von Papierwaren irgendwelcher Art mit Reklame nicht einem bestimmten Unternehmer geschützt werden, da nach wiederholten obergerichtlichen Entschei dungen Gebrauchsmusterschutz nur für plastische Gegen stände und nicht für Druckwerke verliehen wird. Ueberdies ist Gebrauchsmusterschutz nur giltig, wenn das Erzeugnis, für welches er genommen wurde, zurzeit der Anmeldung neu war, was hier nach Angabe des Fragestellers nicht zutrifft. PAPIER-ZEITUNG