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PAPIER-ZEITUNG Nr. 37 1456 der Fall wäre, dann besäßen diese Vereinigungen doch auch kein Recht auf Entsendung von Delegierten. Könitser-Betlin widerspricht dieser Ansicht Es wäre nicht gut angängig, jetzt etwa solche Vertreter von den Beratungen auszuschließen; notwendig sei nur, die in Frage kommenden Ge sellschaften nach dem Vertretertage vorstandsseitig an ihre Pflicht zu erinnern. Er spricht sich weiter für eine allgemeine Beratung sämtlicher Anträge aus. Schwarz-Leipsig spricht für die Voranstellung der Be gründung seitens der Leipziger Vertreter, die Angelegenheit sei zu wichtig, als daß man mit Stillschweigen darüber hinweg gehen könne. Erler-Berlin meint, daß sein Vorschlag, die Anträge 1 und 2 zurückzustellen, wohl schon das Rechte getroffen; in Ver bindung mit der Beratung des Antrages 3 könne dann den Leipziger Vertretern Gelegenheit geboten werden, ihre Dar legungen zu machen. l^ors. Könitz er-Berlin schlägt vor, die Punkte 1 und 2 hinter Punkt 18 zurückzustellen, er bittet um Zustimmung, daß nun mit Punkt 3 begonnen wird und daß gleichzeitig die Punkte 4, 5 und 6, welche den Sitz des Verbandes (§ 4) betreffen, zur Debatte gestellt werden. Die Versammlung erklärt sich einver standen. Die Anträge lauten: 3. »Der Sitz des Verbandes ist von Berlin zu verlegen. Leipzig, Verein.^ 4. »Verlegung des Verbandssitzes nach einem vom Ver tretertag zu bestimmenden Orte behufs geregelterer Durchführung der Verbandsaufgaben und Ausführung gefaßter Beschlüsse. Leipzig, Ges « 5. »Der Sitz der Zentrale-ist zu verlegen. Mainer 6. »Der Sitz des Verbandes Ist nach Leipzig zu verlegen. Braunschweig, Ges.«- Das Wort erhält nun Kirstein-Leipzig: Die Gründe der bekannten Leipziger Rund fragen an die Vereine seien in erster Linie in der durch die Ereignisse gewonnenen Ueberzeugung zu suchen, daß in Berlin vollständig ungenügend gearbeitet wurde. Dazu kamen Preß- stimmen, die geeignet waren, den Ruf des Verbandes zu schädigen. Mehrere angeschlossene Vereine, z. B. Hamburg, Frankfurt a M., Stuttgart u. a. m. wurden stutzig, beschäftigten sich in Ihren Versammlungen mit der Sache und kamen durch gegenseitige Aussprachen zu der Ueberzeugung, daß in Berlin vollständiger Stillstand eingetreten sei. Vorkommnisse ver schiedener Art bestätigten noch diese Ueberzeugung: So wurden Briefe, welche die Gesellschaften nach Berlin richteten, gar nicht beantwortet, selbst eingeschriebene Anfragen blieben ohne Antwort. (Wie sich jetzt herausstellte, seien diese Briefe weder dem zweiten Vorsitzenden noch dem Arbeitsausschuß bekannt gegeben, das sei ein unverzeihliches Vergehen des ersten Vor sitzenden.) Durch diese Ereignisse kamen die Leipziger Vereine zu der Erkenntnis, daß doch zu viel auf dem Spiel stehe, um ruhig zuzusehen, und da habe man keinen andern Ausweg ge funden, als die schon erwähnte Rundfrage an die angeschlossenen Vereine. Durch die Beantwortung der gestellten Fragen seitens der verschiedenen Gesellschaften sei Leipzig nur noch mehr in seiner Ansicht bestärkt. Könitzer habe dann einmal ge schrieben, daß er sein Amt als zweiter Vorsitzender nieder gelegt, durch das Versprechen Erlers, daß jetzt alles wieder ordnungsgemäß erledigt werden solle, sich aber wieder habe bereit finden lassen, das Amt zu behalten. Richtig wäre es gewesen, der erste Vorsitzende hätte sein Amt niedergelegt, dann hätte der zweite eingreifen können. Es sei doch kein ge sundes Verhältnis, wenn nicht einmal zwischen den Vorsitzen den eine Verständigung möglich sei. Trotz Erlers Versprechen sei ja auch dann die Sache durchaus nicht vorwärts gegangen. Wenn Leipzig nicht eingegriffen hätte, dann hätten wir auch heute weder eine »Mitteilung« noch eine Abrechnung. Man habe jetzt zu Berlin kein Vertrauen mehr, es sei nach Leipzigs Meinung der ungeeignetste Ort für den Verbandssitz, hier fehlten alle Vorbedingungen für ein gedeihliches Vorwärts kommen. Es liege Leipzig entschieden fern, selbstsüchtige Zwecke zu verfolgen, Redner bitte alles Persönliche auszu zuschließen und nur mit den vorhandenen Tatsachen zu rechnen. Die Kosten des außerordentlichen Vertretertages seien nicht so unnütz, wie es manchem wohl scheine, da ja dadurch die im nächsten Jahre sowieso fällige Zusammenkunft sich erübrige, wenn heute nur der richtige Weg für die nächsten 3 Jahre ge funden würde. Zum Schluß seiner Ausführungen legt Redner noch Verwahrung ein gegen einige Aufsätze im »Journal für Buchdruckerkunst» und in der »Papier-Zeitung«, deren Spitze gegen Leipzig gerichtet scheine. Erler-Berlin ist von dem Vorgehen Leipzigs befriedigt, da dies der beste Weg für ihn sei, von der Bürde des Amtes los zukommen. Er hätte nicht niederlegen können In Rücksicht auf Könitzers sonstige Ueberlastung mit Arbeit. Vielleicht hätte sich dies erwünschte Ziel auch auf anderem Wege erreichen lassen, ohne Vertretertag, vielleicht durch Zusammenkunft der Kreisvertreter. Die Fragebogen beweisen nicht viel, sie sind nicht ganz einwandfrei, es komme ja immer darauf an, wie man die Fragen formuliere. Berlin eigne sich sehr wohl zum Sitz des Verbandes. Er verweist auf die 3 Rundsendungen, Wertung vieler Wettbewerbe, Ausarbeitung von Referaten usw. Seine Auffassung über die Ziele des Verbandes decke sich voll mit den Statuten: der Verband bezwecke Sichtung und Verbreitung der in den Einzelvereinen geleisteten Arbeit, dies fasse er so auf, daß nicht nur immer der Vorsitzende angeben solle, was die Vereine beginnen sollen, sondern es müßten auch aus den Ge sellschaften oder Kreisen heraus Anregungen gegeben werden; die Zuweisungen aus andern Orten seien aber nur sehr schwach gewesen, es sind nur Anforderungen an Berlin gestellt, anstatt mitzuarbeiten. Seit Gründung des Verbandes, wo. sich nur 19 Vereine zusammenschlossen, seien viele kleine, sehr schwer lebensfähig zu erhaltende Vereine entstanden und diesem bei getreten. Diese haben sich fast allein auf den Verband ge- stützt und durch die vielen nicht zu erfüllenden Wüsche und Forderungen sei dem Redner die Arbeit so verleidet worden, daß er nach und nach die Freude an der Sache verloren habe. Eine Sitzverlegung sei nicht nötig, die Angelegenheit ist viel mehr eine Personenfrage, und er empfiehlt, den Sitz in Berlin zu belassen, einen neuen erweiterten Vorstand zu wählen und das System zu verbessern. Kirstein-Leipzig wiederholt, Berlin sei für den. Sitz der un geeignetste Ort, weil die in Frage kommenden Personen keine genügende Zeit für die Verbandsarbeit fänden, das geringe Interesse Berlins zeige sich ja auch an der wenig zahlreichen Beteiligung der Berliner Kollegen an den Beratungen. Hof/meister-lrankfurt a. M. erklärt sich namens seiner Ge sellschaft unter der dem Kreis Frankfurt a. M. angegliederten Vereine (außer Mainz) entschieden gegen eine Verlegung des Sitzes von Berlin. Die Arbeit müsse nur mehr geteilt werden, sie sei für eine Person zu viel. Erler hätte beizeiten reden müssen, anstatt in unverantwortlicher Weise zu schwelgen, es hätten sich dann gewiß Kollegen gefunden, die tatkräftig mit zugegriffen hätten. Bei einer Verlegung käme zuerst Leipzig in Betracht, es bleibe aber auch dann die Frage offen, ob Leipzig größere Garantien biete als Berlin. Mit dem Gedanken der Uebertragung der Geschäfte an den Buchgewerbeverein, den ein späterer Antrag (Köln) ins Auge fasse, könne er sich nicht befreunden, da zu befürchten wäre, daß wir dann unsere Selb ständigkeit verlieren. Er trete deshalb entschieden gegen die Sitzverlegung auf. Miller-Bremen: Der Vorsitzende Erler gibt ja die Vernach lässigung der Geschäfte seinerseits unumwunden za, dies sei zwar beinahe unbegreiflich, aber doch nicht ausschlaggebend für Verlegung der Leitung an einen anderen Ort, ein Personen wechsel würde vollständig genügen, wenn Berlin in der Lage ist, die richtigen Männer zu präsentieren. Leipzig behaupte, Berlin sei ungeeignet, andere Vereine sind wieder der Meinung, daß Leipzig nicht der rechte Ort sei; er möchte dies jedoch nicht als Kundgebung gegen Leipzig aufgefaßt wissen. Dem Buchgewerbeverein stehe er sehr sympathisch gegenüber, gegen eine Uebertragung der Geschäfte auf diesen wende er sich aber ganz entschieden. Schwarz-Leipzig hat den Ausführungen Kirsteins nicht viel hinzuzufügen. Er hat aber eine besondere Auffassung von unseren Zielen im Verbände; eine über ganz Deutschland sich erstreckende Vereinigung muß eine sichere, nie versagende Geschäftsleitung haben. Die geschäftliche Seite muß mehr be tont werden. Rundsendungen, die vielfach veralten, nützen allein nicht. Durch die unliebsamen Vorkommnisse sei das An sehen des Verbandes sehr geschädigt. Gerade Aufgabe des Vorstandes sei es, Fragen aus kleineren Orten, wie z. B. »Wie gründet man einen Verein?«, oder »Womit beschäftigen wir uns am besten?« usw. zu beantworten. Eingehende Schriftstücke müssen bestätigt, Briefe baldigst beantwortet werden, das sei unter Umständen wichtiger als Rundsendungen. Die wohl wollend zugesagten Unterstützungen, auf die er später noch zurückkommen werde, sind im Rechenschaftsbericht nicht auf- geführt, allem Anschein nach sind dieselben nicht einkassiert, deshalb stelle er die mehr geschäftsmäßige Erledigung über alles. Es sei Leipzig nie eingefallen, den Verband in den Buch gewerbeverein überleiten zu wollen, das halte er überhaupt nicht für angängig, da der Buchgewerbeverein ganz andere Ziele habe. Von der Beibehaltung Berlins als Vorort verspreche er sich nichts, er vermisse die notwendigsten Garantien und er warte keine wesentliche Besserung. Er mache nicht Erler allein sondern den gesamten Ausschuß für die unzulängliche Erledigung der Geschäfte verantwortlich. Bei einer Verlegung müsse ja nicht gerade Leipzig allein in Frage kommen, man könne die Leitung ebensogut nach München, Stuttgart oder Nürnberg verlegen. Trenkner-Hamburg verurteilt auch die Geschäftsführung im allgemeinen, ist jedoch wie Hoffmeister-Frankfurt gegen jede Verlegung des Sitzes und wünscht nur Systemwechsel. Schä/er Worms ist der Ansicht, daß den Vorsitzenden allein die Hauptschuld treffe, denn er sei es, von dem die Anregungen ausgehen müßten, im übrigen schließt auch er sich den Aus führungen Hoffmeisters an, daß der Sitz in Berlin bleiben müsse.