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-V 263, 14. November. Nichtamtlicher Theil. 5119 entwickelt hat. Auch ich erachte den Beschluß der Generalver sammlung der Aufhebung des Postdebits für einen nutzlosen und unheilvollen. Weder der Verleger, noch der Sortimenter, weder der Literat von Fach, noch der Bücherfreund überhaupt hat einen Nutzen, wenn das Börsenblatt dem Postdcbit entzogen wird. Im Gegentheil: sie alle und der ganze deutsche Buch handel, ganz besonders aber der Börsenverein der deutschen Buch händler hat offenbaren Schaden von der beschlossenen Neueinrich tung. Dies näher auszusührcn und zu belegen, glaube ich mir ersparen zu dürfen, nachdem schon Hr. H. H. schwer wiegende Gründe sür dieselbe Ansicht angeführt hat; nur möchte noch aus einige Punkte besonders aufmerksam zu machen sein. Einen besonderen Anlaß hierzu finde ich, indem ich ein kleines Flugblatt näher betrachte, welches vor einigen Monaten mir von dem Verfasser frcundlichst zngesandt wurde. Dasselbe ist als Handschrift gedruckt und nennt sich „Kritisches und Eigenes zur Börsenblatt-Frage, von der Hcrold'schen Buchhandlung in Hamburg". Der Hr. Verfasser wünscht zwar, daß die Urtheile über die von ihm gemachten Vorschläge ihm direct mitgetheilt würden; doch wird es demselben wohl einerlei sein, wenn ich meine Meinung an dieser Stelle mir auszusprechen erlaube. Er ist ein Gegner des Hrn. H. H. und kritisirt seinen Artikel ziemlich scharf, er ist sür die Aushebung des Postdebits, die er sür einen Schritt vorwärts hält, „den znriickzuthun wir und mit uns sicherlich der größere Theil des Sortiments-Buch handels durchaus keinen Grund haben". Ich bin nicht Sortimenter, dennoch glaube ich, daß der Verfasser sich irrt. Der Hauptgrund, weshalb er den Postdebit dem Börsenblatt entzogen zu sehen wünscht, ist, daß er verlangt, das Publicum möge keine Kcnntniß der Interna des Buchhandels erhalten, und daß er glaubt, der Sortimenter könne fortan unser Organ seinen Kunden verweigern. Ich halte es nun sür ganz unmöglich, daß die Kcnntniß des Börsenblattes dem Publicum entzogen wird, auch ist der Verfasser selbst hierüber nicht einer bestimmten Ansicht, da er das Vorkommen von Ausnahmen an nimmt. Das eigene Interesse des Sortimenters ist von der Ge heimhaltung der Bezugsbedingungen kaum oder gar nicht bedingt, und je nach dem Stärkegrade der Ueberzeugung hiervon wird das Publicum wohl Einsicht in unser Organ erhalten können. — Dann hat ja auch Hr. H. H. bereits eingcräumt, daß die Mit theilung der Bezugsbedingungen im Börsenblatt ganz gut weg bleiben könne, da dieselbe eine ganz überflüssige Sache sei. Der Verfasser ist zwar anderer Ansicht, er wünscht die Mittheilung der Rabatt- rc. Verhältnisse bei Concurrenzartikeln und auf Massenverbreitung basirten Unternehmungen. Er sagt: „Eben weil bei den wissenschaftlichen und ähnlichen Erscheinungen keine Bezugsbedingungen angegeben sind, ist das Publicum stets ge neigt, von jenen hoch rabattirten Artikeln aus die wissenschaft lichen und ähnlichen Bücher — doch das eigentliche Brot der Sortimenter — zu schlußfolgern. Deshalb halten wir es nicht für gut, sondern vielmehr sür schädlich, daß gerade bei de» maßgebenden Büchern die Bezugsbedingungen fehlen." Ich bin nun wieder anderer Ansicht. Es kommt doch gewiß nicht daraus an, ob und was das Publicum denkt, wenn es näher berechnete Rabattergcbnisse einzelner literarischer Unternehmungen in, Börsen blatt liest, die es nicht richtig zu würdigen versteht, sondern es handelt sich darum, daß der Sortimenter einen event. bean spruchten höheren Knndenrabatt nicht gibt und das Publicum in angemessener Weise belehrt, um Ucberschätzungen bnchhänd- lerischen Nutzens vorzubeugen. In einem Punkt stelle ich mich ganz auf die Seite des Verfassers, nämlich darin, daß er der Behauptung entgcgentritt, das Börsenblatt werde „hauptsächlich" durch die Verleger er halten. Der Verfasser hat gewiß Recht, wenn er wünscht, daß ein Gegensatz zwischen Verleger und Sortimenter nach dieser Richtung nicht hcrvorgekehrt werde, zumal da sich mit statisti scher Genauigkeit jene Behauptung schwerlich erweisen lassen wird. Die Frage der künftigen Vertheuerung des Börsenblatts, welche Hr. H. H. als unausbleiblich und nicht unbedeutend an nimmt, die der Verfasser aber für übertrieben hält, will ich nicht näher berühren; ich kann nur sagen, daß ich der Ansicht des Hrn. H. H. näher stehe, wie der seines Gegners. Zum Schluffe möchte ich einige Sätze ausstellen und um Prüfung ihrer Richtigkeit bitten. Wenn — wie ich hoffe — deren Richtigkeit zugegeben wird, so dürften sich die Schluß folgerungen von selbst ergeben. 1. Es ist eine feststehende Thatsache, daß das Börsenblatt bisher, also mehrere Jahrzehende hindurch nicht dem Postdebit entzogen wurde. 2. Es ist nicht minder Thatsache, daß die Klage über Schleuderei re. erst seit den: letzten Jahrzehend besonders laut ertönt. 3. Das Börsenblatt ist Eigenthum des Börsenvereins der deutschen Buchhändler und ergibt einen nicht unbedeutenden Reinertrag. 4. Der Börsenverein verwendet den Reinertrag des Börsen blatts in planvoller, wohlüberlegter Art, meistens im Interesse des von ihm vertretenen Standes. 5. Die beschlossene Entziehung des Postdebits verringert die Einnahme des Börsenblatts. Aus diesen Sätzen ziehe ich nun folgende Schlüsse: aus 1 und 2k Die Aushebung des Postdebits kann, da letzterer die Schleuderet oder andere Nachtheilc im Buchhandel nicht herbei- gcsührt hat, auch denselben kein Ende machen, ist also in dieser Richtung nutzlos; aus 3, 4 und 5: Wird die Entziehung des Postdebits durchgeführt, so wird der Ertrag des Börsenblatts verringert, das Eigenthnm des Börsenvereins geschädigt und das Interesse des ganzen Buchhandels verletzt. Demzufolge kann ich nur aus das lebhafteste wünschen, daß der Beschluß der Cantate-Versammlung in Bezug auf das Börsen blatt sobald wie möglich wieder aufgehoben werde. Eine andere Frage ist die der Zweitheilung oder der etwa cinzusührenden Modificirungen des Blattes; doch damit habe ich heute mich nicht zu befaßen. Kommt es zu einem solchen modificirenden Beschlüsse, dann werden sich die Ansichten des Hrn. I. Bielefeld in Karlsruhe, der Hcrold'schen Buchhandlung in Hamburg und Anderer sehr wohl verwerthen lassen, da sie manches Beherzigens wertste enthalten. Möge aus dem Widerstreit der Ansichten ein recht sach gemäßer Beschluß im Interesse des deutschen Buchhandels, eine neue Aera des Börsenblattes hervorgehcn, würdig des hohen Berufs, den der Träger der Civilisation zu erfüllen hat! Gegen den Postdcbit des Börsenblattes. Es scheint mir Pflicht eines jeden Andersdenkenden, den Artikel „Zum Postbezug des Börsenblattes" (Nr. 253), der den Beschluß der Hauptversammlung vom 15. Mai d. I. eigentlich als eine Uebereilung hinstellt, nicht unbeantwortet zu lassen. Ich bin nicht jener Ansicht, halte vielmehr dafür, daß der Postdebit unbedingt auszuhcben sei, weil wohl nicht be zweifelt werden kann, daß das Börsenblatt, wenigstens in seiner ursprünglichen Gestalt, ausschließlich sür den Buchhandel bestimmt war. Heute freilich sicht es ganz anders aus und ist bereits nahezu ein Organ sür das Publicum. — Siebt man 706»