Volltext Seite (XML)
■ Buchgewerbes Berliner Typographische Gesellschaft Am Sonntag, ij. Dezember, vormittags pünktlich um n Uhr, findet eine gemeinsame Besichtigung der Ausstellung von Gebrüder Klingspor in Offenbach im Königlichen Kunstgewerbemuseum, Prinz Albrechtstr. 8, •statt. Herr Professor Dr. Loubier hat die Führung freund lichst zugesagt. Treffpunkt 5 Minuten vor 11 Uhr am Haupt eingang des Museums. Zu recht zahlreicher Beteiligung ladet ergebenst ein Der Vorstand. Typographische Ausstellung der Klingspor’schen Gießerei (Offenbach a. M.) Im Königlichen Kunstgewerbe-Museum in Berlin sind zurzeit die typographischen Erzeugnisse der Gießerei Gebr. Klingspor (Offenbach a. M) ausgestellt. In dem Saale siebt der aufmerksame Beobachter den ganzen Entwicklungsgang unserer modernen Buchdruck- und Letternkunst seit den Neunziger Jahren sich abwickeln. Es geht von Höhe zu Höhe, denn nur kräftige, klare Künstler hat die Firma herangezogen. Die Ausstellung setzt mit den graphischen Werken Otto Eckmann’s ein, unseres bekannten Berliner Kunstgewerbe-Reformators. Eckmann brach kurzerhand mit der konventionellen Gotik- und Renaissancekopisterei, und führte weiterhin an Stelle der schwindsüchtig, un leserlich verschnörkelten Lettern und den im Satzspiegel unruhigen, flimmernden Typen feste, sichere Formen ein. HBCDDEFGSHJ3KEII OPQRSCTUVWXYZ abcdefghijklmnopqr stuvwxyz Aus dem Pinsel heraus ist bei ihm alle Arbeit geboren. Ist die Type so streng mit und aus dem Schreibmittel ge dacht, so ist sie ebenso auf ein bestimmtes Papiermaterial gearbeitet. Auf dickes, saugendes Bütten, womöglich mit zwei Farben, rot und schwarz, gedruckt, ist die Letter in den höheren Graden eine prächtige Schmuck- und Akzidenz schrift. Als Werkschrift: in den Gemeinen verlangt sie zu teures Druckmaterial, und zudem ergibt sie hier nicht jene geschlossene ruhige Linie, die wir heute von einer Brot- und Buchschrift mit Recht verlangen. Aber wir müssen den Künstler aus seiner Zeit heraus verstehen und beurteilen; wir werden dann doch seine Klarheit und relative Vollkommenheit bewundern können. In der Er kenntnis, daß die aus dem Italienischen und Französischen stammende Antiqua für das Deutsche mit seinen indivi duelleren Wortbildungen und langen Zusammensetzungen gewissen Elementen der Fraktur sich nähern muß, reformierte Otto Eckmann die deutsche Altschrift nach der Seite der Bruchschrift hin. Er vermied die gähnenden Lücken in den Versalien L M O P (t m 0 p) und so auch die gewalttätigen Ligaturen L und JA- Er gab den Lettern starke senkrechte Grundstriche, ver legte die oberen und unteren Abschlüsse in dieselbe Hori zontale. So schließen sich die Gemeinen und ganz besonders die Versalien gut aneinander, — weil sie in hochstehende, schmale Rechtecke eingezeichnet sind. Harte gerade Linien vermied Eckmann überall, wie in seinem Ornament so auch in seiner Schrift. Er bewegte und belebte die Geraden der Antiqua außerdem glücklich durch sanfte Schwingungen, kleine Schwellungen und Verdünnungen; er ließ die Linien der Typen breit und weich auslaufen und gab ihnen so eine feste Basis. Zum Buchstaben paßt sein flüssiges Pinsel- Ornament. Wir alle können uns der sich mit zwingender Notwendigkeit einprägenden Sieben der Scherl'schen »Woche« leicht erinnern, und die hier in der Ausstellung befindliche Vignette des Beeren pickenden Raben ist ein durchaus würdiges fachkünstlerisches Gegenstück zu dieser Leistung. Die König-Antiqua ist bereits in einer weit ruhigeren Zeit entstanden. Mit weiser Berechnung hat König seiner Antiqua gleichfalls die Härte und Steifheit der romanischen Grundform genommen, sie biegsamer und bindsamer ge staltet. Die Schrift stellt eine anerkennenswerte Leistung dar, obgleich sie zuletzt nicht zu einer vollen Reform ge führt hat. Im Gegensätze zu Eckmann hat König gerade in HEINZ KÖNIG dbbHEGDB s find feit September 1902 drei Jabre ins Land gegangen, feit icb die erften Ent würfe diefer neuen Hntiqua zeichnete, und es bat einer Fülle gemeinfamen Zu- fammenarbeitens mit der Rudbardfcben Gießerei bedurft, um das fertige Ergebnis zu zeitigen. Beim Entwürfe der Schrift ging ich von dem Wunfcbe aus, den fteifen Formen der der Gestaltung der Gemeinen eine glückliche Hand gehabt: wie gut ist da z. B. das d und b unterschieden; das diesen beiden Lettern formal engstens verwandte h hätte durch Unterlängerung des Abstrichs sich besser individualisieren können und das zumal in Anbetracht des biegsamen Ge samtcharakters der Schrift; der sich gabelnde Fischschwanz des Grundstrichs des h ist etwas stilwidrig. Das Unvoll kommenste dürfte jedoch der Versaliensatz sein. Die Groß buchstaben sind gänzlich ungleichen Charakters: man ver gleiche nur die Rundbuchstaben G gegen B und D und das geschwungene H mit dem kantigen E und L. Da ist die ausgestellte »Behrens«, folgerichtiger. Sie ist voller Ausdruck unserer Zeit der Maschinen: knapp, klar, ohne jede Schnörkelei. Zur Formung der Schrift nahm RBCDEF6H5IJKEIIIIOPORST UDWXU3 abcdefgbijklmnop qrsstuowxyz Cine in Stein gemeißelte antike Schrift auf Den Quadern rmiscer Denkmäler erscheint uns, auc ohne baß mir den Sinn der Worte zu Der= [taube führen, oft als eine letzte künstlerische llotwendigkeit zur vollständigen Rbrundung eines ganzen Kunstwerkes. Sie wirkt wie ein