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PAPIER-ZEITUNG 3462 Leykam-Josefsthal Actien-Gesellschaft für Papier- und Druck-Industrie Im Jahre 1886 besichtigte ich im Auftrag einer Bank die Fabriken der Gesellschaft und veröffentlichte einen kurzen Bericht in Nr. 13 der Papier-Zeitung von 1886. Da mals und viele Jahre nachher wurden nur Dividenden von 2 bis 4 v. H. verteilt und die Aktien unter Pari be wertet. Auf meiner diesjährigen Sommer-Reise besuchte ich auf Grund älterer Einladung Herrn Direktor Seyfert in der Central-Direktion der Gesellschaft, Parkring 2 in Wien, wurde mit größter Liebenswürdigkeit empfangen und ersucht, auf meiner Reise nach Süden die Hauptfabriken wieder zu be sichtigen. Wenige Tage später war ich in Gralwein bei Graz, der größten Papier-, Sulfit- und Strohstoff Fabrik der Gesellschaft, welche mit 5 Papiermaschinen (früher 3) meist feine Papiere fertigt, die in allen Kulturstaaten vorteilhaft bekannt sind. Zwei Papiermaschinen sind mit einer dem Oberdirektor von Gratwein Herrn Clemens Tittel patentierten Einrichtung versehen, die jeden Fachmann interessieren dürfte. Herr Tittel fand, daß die Poren einiger feiner und feinster Papiere beim Verlassen der Maschine nicht genug geschlossen waren und schrieb dies der Verdampfung des Wassers auf den ersten Zylindern zu. Er suchte dem da durch abzuhelfen, daß er das Papier, ehe es eine Trocknung erfahren hat, während es also für jeden Eindruck noch sehr empfänglich ist, durch Glättpressen gehen läßt. Er führt es unmittelbar vor dem ersten Trockenzylinder durch zwei heizbare Walzen, die mit dickem Bronzemantel bekleidet sind und beide angetrieben werden. Wenn diese die Ober fläche des Papiers noch nicht genügend schließen, läßt er die Papierbahn beim Verlassen des ersten Trockenzylinders durch eine zweite genau gleiche und nötigenfalls ebenso durch eine auf den zweiten Zylinder folgende dritte Glätt presse gehen. Die Oberfläche wird dadurch so geschlossen, daß weiteres Glätten für die meisten Sorten entbehrlich und nur für Hochglanz nötig ist. Die Durchführung soll mühelos und ohne vermehrten Ausschuß erfolgen. (Die Ein richtung ist an Hand der amerikanischen Patentschrift in Nr. 34 S. 1488 beschrieben.) Versuchsweise sollen sich die Glättwerke auch bei stark holzhaltigen Papieren mit rauher Oberfläche sehr bewährt haben, ohne den bei den bekannten Feuchtpressen üblichen Ausschuß zu ergeben. Indem diese Glättpressen dem Papier glatte, dichte Flächen geben, pressen sie es aber auch zusammen, machen es dünner und weniger griffig, würden vermutlich auch bei raschem Lauf den Ausschuß vergrößern. Wenn daher auch bei manchen feinen Papieren'damit guter Erfolg erzielt wird, so dürften sie sich doch nicht für solche Sorten eignen, bei denen viel Körper und sehr rascher Lauf der Maschinen verlangt wird. In einem besonderen Gebäude stehen 7 Füllner-Filter, die mit der Tittel’schen patentierten Filzwäsche versehen sind. Die von den Langsieben kommenden Abwässer gehen zunächst durch einen Herrn Tittel patentierten Stoff reiniger und Sandfang, welcher die meisten Verunreini gungen zurückhält, und fließen in einen gemeinsamen Be hälter, aus dem die Füllner-Filter gespeist werden. Durch diese sorgsame Behandlung wird reiner Stoff erzielt, der sich ohne Schaden aufbewahren läßt, bis er der gleichen oder anderer geeigneten Papiersorte im Holländer zugeteilt werden kann. Nach den genau ermittelten Ergebnissen erweist sich die Anlage sehr vorteilhaft. Eine neue Voith’sche Bristolkarton-Klebmaschine er möglicht die tägliche Herstellung von mehr als 10 Tonnen aus zwei- und mehrfachen Bahnen bestehenden Bristol- Kartons. Oberhalb Gratweins baut die Gesellschaft gegenwärtig eine Wasserkraft der Mur aus, welche der Fabrik mittels elektrischer Uebertragung etwa 1500 Pferdestärken liefern und einen großen Teil des jetzigen Kohlenverbrauchs ent behrlich machen soll. Die Sulfit- und Strohstoff-Anlagen sowie Verarbeitung von Lumpen scheinen seit 1886 wenig Veränderung er fahren zu haben und liefern der Fabrik nicht nur schöne reine Stoffe, sondern geben noch erhebliche Mengen Sulfit stoff zum Verkauf ab. Zahlreiche Arbeiterhäuser und Wohlfahrtseinrichtungen Nr. 79 bekunden, daß die Verwaltung für ihre Mitarbeiter nach Möglichkeit sorgt, und eine Instrumentalkapelle von etwa 20 Mann, darunter viele gewesene Militärmusiker, ver schönte durch ihre Leistungen den Abend, den ich in Gratwein verlebte. Einige Tage später besuchte ich mit Begleitung die an beiden Ufern des Laibach-Flusses liegenden Fabriken Josejslal und Janezia in Krain. Herr Direktor Pfob er wartete uns mit zwei Wagen in Laibach und vertrat, unter stützt von Herrn Kanzlei-Vorsteher Poche, seine Gesell schaft in liebenswürdigster und gastfreier Weise bis zum Abend. An Stelle der früheren in den 1890er Jahren vorn Erdbeben zerstörten Anlagen ältfrer Art sind neue mit leistungsfähigen Maschinen ausgestattete und durchweg mit Sachkenntnis ausgeführte getreten. Auf zwei Papier maschinen in Josefstal und einer in dem anschließenden Janezia werden mittlere und feine Papiere verschiedenster Art hergestellt. Eine größere Zahl Liniiermaschinen zeigt, daß die Fabriken besonders viele Schreib- und Briefpapiere liefern. Die Maschinen stammen, wie in Gratwein, größten teils aus dem österreichischen (St. Pöltener) Haus der Firma J. M. Voith und von Füllner in Warmbrunn. Die Fabriken bereiten hier und im Beiwerk Kaltenbrunn nur Lumpenstoff und beziehen Holz- und Strohstoffe von anderen Anlagen der Gesellschaft. Da sie einige Kilo meter von der Bahn entfernt liegen, so wurde nach dem Erdbeben erwogen, ob es zweckmäßig sei, sie an gleicher Stelle wieder aufzubauen. Das Vorhandensein erheblicher Wasserkraft und eines tüchtigen Arbeiter stammes sowie eine in Aussicht stehende Bahnverbindung scheinen bei der Leitung der Gesellschaft die entgegen stehenden Bedenken zurückgedrängt zu haben, da sie gegen 3 Millionen Kronen auf den Bau verwendete und eine an scheinend tadellose Anlage geschaffen hat. Im vorigen Jahre hatte ich auf einer Sommerreise Ge legenheit, die von Herrn Direktor Doktor geleitete Fabrik Podgora bei Görz zu sehen, die 1887 von dem früheren B6 sitzer Ritter von Zahony an die Gesellschaft verkaut wurde. Auch diese Anlage war größtenteils um- und neu- gebaut und machte den Eindruck großer Leistungsfähigkel Ebenso sollen die anderen kleineren Fabriken der Gesell schaft verbessert und leistungsfähiger gestaltet sein, ohne daß neue Aktien oder Schuldtitel ausgegeben wurden, de Kosten sämtlicher Neubauten sind vielmehr aus dem Betrie gedeckt. Im Jahre 1901 ging ein großer Teil der Gesellschalts. Aktien in andere Hände über, und die neuen Herren Ve anlaßten völlige Umgestaltung der Zentral-Leitung. n Jahre 1902, dem ersten unter der neuen Verwaltung, wurde keine Dividende verteilt, sondern der buchmäßige Gewi von 550 000 Kronen zu Abschreibungen benützt. DieGese schäft erstarkte durch diese jahrelang fortgesetzte Sparsamke und Umgestaltung derart, daß sie für 1905 wieder 5 und 1- 1906 7 v. H. verteilen konnte. Die jetzige kaufmännisch, und technische Leitung hat auch das Vertrauen in die Eo dauer der Besserung so gehoben, daß die Aktien zurze. 140 bis 150 v. H. stehen. Infolgedessen war es der Gese. schäft möglich, 1905 die Pittener Papierfabrik durch H1. gäbe von 4 Millionen Kronen neuer Leykam-Josefsta Aktien zu erwerben. In der Bilanz vom 31. Dezember 1900 sind als Gegenwert sämtliche 6250 Aktien der Pittene Papierfabrik aufgeführt, die schon für das erste Jahr den neuen Eigentümerin einen weit höheren Ertrag als d auf sie entfallenden Anteil ergaben. Wenn man d 4 Millionen Leykam-Aktien, welche die Pittener Aktie kosteten, von den jetzigen 16 Millionen abzieht, ergibt Sic aus den Bilanzen von 1901 und 1906, daß trotz der viele für Neubauten usw. aufgewandten Millionen die Passive' d. h. die Schulden der Gesellschaft (jetzt 16000000 En Aktienkapital, 2040587 Pfandbriefe, 3684347 Kreditors usw.), um etwa 8 Millionen abgenommen haben. Da o> Ergebnisse der Pittener Fabrik in dem Abschluß für 1901 noch nicht verrechnet sind, so stand Ende 1906 de 12 000 000 Aktien und 2000000 Pfandbriefen, also eined Anlagekapital von 14000000, ein Waren-Umsatz von rude 151/2 Millionen gegenüber, d. h. das Anlagekapital wur r,imal umgesetzt. Wenn man berücksichtigt, daß in diese Umsatz Stoffe im Wert von mehr als 4 Millionen Kr., welc. die Gesellschaft aus ihren Schleifereien, Sulfit- und Strohstod Anlagen an ihre Papierfabriken liefert, nicht enthalten sin 1