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Nr. 92 PAPIER-ZEITUNG 4077 Die Sortiments-Buchbinderei Zweiter Teil Fortsetzung zu Nr. 73 Das Arbeiten an der Beschneidemaschine. Da die Ma schine das frühere Beschneidezeug, Presse und Hobel, wenigstens in Deutschland, wohl ganz verdrängt hat, habe ich diese Werkzeuge in den früheren Abschnitten nur kurz behandelt, dagegen unter »Einrichtung einer Sortiments buchbinderei« ausführlich erklärt, wie eine Beschneide- maschine für den Kleinbetrieb beschaffen sein sollte. Ist die Maschine gereinigt, zusammengestellt, gut verschraubt und geölt (mit Nähmaschinenöl), so wird die Schneideleiste eingelegt und, wenn sie verstellbar ist, soweit zurück gedreht, daß sie beim Beschneiden von vorn aus nach hinten zu, niemals umgekehrt, ausgenützt wird, sich also verbrauchte Stellen derselben nicht im Schneide- material bemerkbar machen können. Die Leiste, aus Weiß buche, muß in der Breite gut in ihr Lager passen und mit der Oberfläche genau in Tischebene liegen, später ab gehobelte Leisten unterlegt man dann mit Pappstreifen. Nun schneidet man ein Stückchen Pappe so breit wie das Messer hoch ist zu, dreht den Messerbalken ganz herunter und stellt das Pappstück als Messer gedacht von rückwärts in den Messerbalken hinein. Läßt es das nicht zu, so geht der Messerbalken zu weit herunter, und das Messer würde dann zu tief in die Leiste schneiden. Der Niedergang des Messerbalkens wird dadurch verringert, daß die Schrauben im Kopfe desselben, welche den Verbindungsbolzen der Zugstangen feststellen, nach dem Arbeiter zu umgedreht werden, bis das Pappstück sich in den Messerbalken leicht hineinstellen läßt. Jetzt wird die Schneideleiste mit einem handbreiten Streifen glatter Pappe bedeckt, das Messer von der linken Seite her zwischen den Gestellbacken hindurch in den Messerbalken hineingeschoben, bis die der Zahl nach gleichen Schraubenlöcher von Messer und Messer- balken hintereinanderstehen unter Beachtung der gleichen Nummern an den Schrauben, den Muttern und am Messer- balken erst leicht, dann ganz fest angeschraubt und der Niedergang des Messers mittels der Schrauben im Messer- balkenkopfe so geregelt, daß es nur leicht in die Leiste einschneidet. Den parallelen Abstand des Sattels vom Messer prüft man durch einen beliebig langen Pappstreifen, welcher bei gleicher Sattelstellung erst an einem, dann am andern Ende des Sattels gut angeschoben, eingepreßt und leicht ein- geschnitten wird. Trifft der zweite Einschnitt genau den rsten, so ist der Sattel nur fest anzuschrauben, andern- as auszurichten. Ist dies nicht möglich, so ist der Sattel unbrauchbar und vom Verkäufer der Maschine zu be- ehtigen. D er senkrechte Stand des Sattels zur Messerbahn per wird dadurch geprüft, daß der vorhin gebrauchte dappstreifen bei Stellung des Sattels nach dem schon in Aesem vorhandenen Einschnitte nun über einem Stoße (etter auch oben an den Sattel geschoben, eingepreßt und Rieder leicht eingescbnitten wird. Fällt dabei der neue inschnitt hinter den alten, so muß der Tisch hinten ge- snkt, fällt er vor ihn, gehoben werden, bis der neue Ein- sshnitt den alten trifft. Heben und Senken des Tisches "ird durch die unter seinem hinteren Ende dazu an- sebrachte Schraube bewirkt; fehlt diese, so ist die Ma- dhine minderwertig, da das lieber- oder Untersichscbneiden es Messers nur durch Heben oder Senken des Tisches srmieden werden kann. Untersichschneiden des Messers hitt stets ein, wenn bei vorn und hinten gleich- tiohen. Papierstößen oder Büchern der Tisch hinten zu de liegt oder bei hinten höheren Beschneidestößen ■ r Tisch nicht entsprechend gehoben wird. Ueber- rshschneiden dagegen findet bei hinten zu hoher Schlage statt, aber auch wenn das Messer hinten nicht an geschliffen ist. Dann wird es vom Schneidematerial nu der senkrechten Schnittrichtung gedrängt und muß niunten weiter vorn einschneiden als oben. Ein hinten ent ganz plan geschliffenes Messer erzeugt aber auf dem oshnitt spiegelnde Stellen, an welchen das Messer sich intscht. Der Schleifer ist daher anzuhalten, das Messer Meten richtig plan zu schleifen. Die vordere Schräge des 2 ers aber darf weder zu breit sein, sonst springt die seedunne Schneide leicht aus oder legt sich um, noch zu mal, denn dann erschwert die zu dicke und bald wieder stumpfe Schneide das Arbeiten, und Ecken wie Kaptale der Bücher werden abgerissen. Eine bestimmte Form der Schräge läßt sich aber nicht angeben, da die Messer ver schieden dick sind, doch wird die eigene Erfahrung und der Verstand eines tüchtigen Schleifers schon bald das Richtige finden. Ueber den Messerstahl läßt sich nur sagen, daß zu harte Messer oft ausspringen, zu weiche da gegen sich an der Schneide leicht umlegen und schnell stumpf werden. Da man die Güte der Messer nicht sofort prüfen, sondern erst nach längerem Gebrauch erkennen kann, sind sie Vertrauenssache. Die Messer sind sehr teuer und sollen nicht ohne Not abgenutzt, abgeschliffen, fahr lässig verletzt und verschliffen werden. Letzteres geschieht oft auch durch zu starkes Abschleifen der weniger ge brauchten, daher dünneren Enden. Dann schneiden diese noch nicht durch, wenn das übrige Messer schon zu tief in die Unterlage einschneidet. Der Schleifer ist auch hierauf aufmerksam zu machen. Ist die Maschine nun in Ordnung, so soll sie auch lotrecht stehen, denn Ueberhängen aus dem Lote er schwert nicht nur den Gang der Maschine, sondern be wirkt auch einseitige und schnellere Abnutzung besonders der Zahnräder. Eine auf den Maschinentisch gelegte Wasserwage zeigt uns an, daß die Seite der Maschine, nach welcher die Luftblase steigt, zu hoch steht und unter die Füße der andern Seite soviel untergelegt werden muß, bis die Blase in der Mitte der Brille steht. Ist dies erreicht, so kann das Schneiden beginnen. Geht dies schwer, so ist der Messerbalken zu fest zwischen den Gestellbacken ein geschraubt, die Schrauben sind etwas zu lockern. Ander seits kann der Messerbalken aber auch zu leicht gleiten, dann sind jene Schrauben fester anzuziehen. Der Lauf des Messerbalkens mag aber noch so gut geregelt sein, es ist nicht zu verhindern, daß er zeitweise wieder herunter kommt, nachdem das Schwungrad schon angehalten worden ist. Dies bewirkt die eigene Schwere des Balkens und Messers, welche auf das Getriebe und durch dieses auf das noch nicht in völliger Ruhe verharrende Schwungrad drückt, welches diesem Drucke jetzt noch leicht nachgibt und nun seinerseits den Messerbalken wieder in Gang bringt, und zwar in einem sich immer mehr beschleunigenden Lauf nach abwärts, bei großen Maschinen mehr als bei kleinen, weil da Balken, Messer und Schwungrad schwerer sind. Dieser Umstand beeinträchtigt flottes Arbeiten und kann bei unaufmerksamen Arbeitern recht gefährlich werden. Denn es ist fortwährend achtzugeben, daß das Messer nicht selbstwillig wieder herunterkommt. Das kostet Zeit, im Unterlassungsfälle aber vielleicht die Arbeit oder wohl gar die Hände des Arbeiters. Aber auch, wenn aus irgendeinem Grunde ein in schneller Umdrehung befindliches Schwungrad durch Auffangen der Kurbel angehalteh werden muß, ist dies besonders bei großen Maschinen und schwächlichen Arbeitern mit Gefahren verbunden. Auch kann die kreisende Kurbel Vorübergehende beschädigen. Diese Ge fahren suchen manche Meister dadurch zu verhüten, daß die Arbeiter die Kurbel während des Schneidens nicht aus der Hand lassen dürfen. Das hindert am schnellen Arbeiten und ist überdies kein zuverlässiges Vorbeuge mittel, weil die Anordnung nicht immer befolgt wird. Passiert dann etwas, so wird diese Anordnung den Meister nicht vor Ansprüchen des Beschädigten oder der Unfall versicherungsstelle schützen. Aber die Maschinenfabriken haben neben Zahnräderschutz usw. billige und im Preise der Maschine gewöhnlich schon mitbezahlte Schutz bleche, auch gegen die Gefahren des Messers und der Schwungradkurbel durch Gitter vor dem Messer, Stillstand des Messers in der höchsten Stellung, Ausrückung des dann freilaufenden Schwungrades, Bremsung desselben und end lich bei Stoß oder Schlag sich umlegende Kurbel wirksame Schutzvorrichtungen erfunden. Diese sind aber zu teuer, als daß sie jeder Kleinmeister neben den ohnehin schon teuren Maschinen auch noch anschaffen könnte. Not macht aber erfinderisch, und da ich die Ausgaben für jene Schutzvorrichtungen ebenfalls scheute, die notwendigste aber, die Schwungradbremse, nicht länger entbehren konnte, habe ich mir eine solche selbst konstruiert, die mir für wenig Geld ausgeführt wurde. Diese Bremse be steht aus einem Bremsklotz, welcher zwischen dem Ma schinentisch und Schwungrad eingeschaltet ist. Unten ist der Klotz mit einem auf einer starken Sperrfeder ruhenden