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Nr. 91 PAPIER-ZEITUNG Ansichtspostkarten in Frankreich Eigenbericht aus Paris. Nachdruck verboten Wer die ungemein rasche Entwicklung der Ansichts postkarten Industrie in Deutschland beobachtet hat, sah voraus, daß sich diese Industrie große ausländische Absatz gebiete erschließen mußte, wenn sie nicht an Uebererzeugung zugrunde gehen sollte. Es ist auch vielen deutschen Firmen gelungen, wie in andern Ländern auch in Frankreich Fuß zu fassen und das Interesse für den Ansichtskarten Sammel sport zu wecken. Jahrelang wurde der französische Bedarf fast ausschließlich aus Deutschland gedeckt, und mehrere deutsche Luxuspapierfabriken fanden durch die Ansichts karten Gelegenheit, auch ihre Glückwunschkarten in Frankreich einzuführen. Während in Deutschland Ansichts karten von zum Teil recht tollen Formen auftauchten, die das künstlerische Empfinden beleidigten, blieb man in Frankreich vorsichtig besorgt, dem Publikum nur Karten anzubieten, welche geeignet waren, das Interesse am Sammelsport zu heben. Die Hochflut von Liebesserien in Autochrom, Chromo, Helios und wie die Bezeichnungen alle heißen, bat Frankreich wenig berührt, und auch die derbwitzigen Münchener Bauerntypen führten sich nicht ein. Frankreich blieb Großabnehmer für schöne Genrebilder, Landschaften und Seidenblumen-Karten. Als dann die Bromsilber Karten billiger wurden, erwarben sie sich schnell die Gunst des französischen Publikums, sind doch gerade die anmutigen Frauengestalten, welche in der Haupt sache als Modell zu diesen Karten gedient haben, nach dem Geschmack der stets galanten Franzosen. Eine Zeit- lang dürften dann auch die Umsätze der bedeutendsten deutschen Fabriken von Bromsilberkarten mit Paris allein größer gewesen sein als mit ganz Deutschland, wobei zu beachten ist, daß diese Karten ihren Weg nach Frankreich meist über Hamburg nahmen. Bald entstanden aber auch Bromsilberkarten-Fabriken in Paris. Anzeigen, in welchen Herren, Damen und Kinder als Modelle für Ansichtskarten gesucht werden, sind ständig in den Tageszeitungen vor handen und legen Zeugnis dafür ab, wie emsig man an der Arbeit ist. Aber noch ist die deutsche Industrie der fran zösischen um ein gut Stück voraus, weil die deutschen Firmen immer wieder Neuheiten bringen, welche schnell Anklang finden. Hierher gehören die schwarzen und kolorierten Bromsilberkarten mit Hochglanz, welche jetzt namentlich mit Ansichten von Paris sehr beliebt sind. Die Massenerzeugung von 4- und 6-farbigen Ansichts karten zeigt in Frankreich denselben Niedergang wie in Deutschland; 50 verschiedene neue Ansichten dieser Art, natürlich billigster Ausführung, sind überall für 1 Frank zu haben, aber nur Fremde sind Abnehmer dieser billigen Erzeugnisse. Der Franzose kauft lieber eine schöne schwarze Lichtdruck- oder Bromsilber-Karte. Großen Aufschwung nehmen zurzeit braune und schwarze Gravüren auf Büttenpapier mit Landschaften und Frauenbildern aus der Rokokozeit. Allgemein ist die Nach frage nach Neuheiten dieser Art und erstreckt sich auch auf Glückw'unschkarten. Diese behalten übrigens im all gemeinen ihr früheres Aussehen; man kauft nach wie vor gern Blumen- und Kinderkarten. Sehr beliebt sind Stief mütterchen und Veilchen, auch Seidenblumen und geprägte Seidenblätter, was die deutschen Fabrikanten bei den Oster mustern berücksichtigen sollten. O. IV. Anlegerinnen müssen Botengänge machen. Der Besitzer einer Berliner Buchdruckerei beauftragte eine seiner Anlegerinnen, Welche augenblicklich ohne Beschäftigung war, ihm von dem in nächster Nähe des Geschäftslokals belegenen Postamt die von ihm bestellten Zeitungen abzuholen. Die Anlegerin Weigerte sich, dies zu tun, weil sie zu dieser Beschäftigung nicht angenommen sei; als sie einer wiederholten Aufforderung des Geschäftsinhabers nicht nachkam, erfolgte ihre sofortige Entlassung ohne Kündigung Die Anlegerin erhob hierauf Klage beim Gewerbegericht wegen des Arbeitslohns für die vierzehn- tgige Kündigungszeit. Das Gewerbegericht nahm zunächst Kenntnis von dem Inhalt des zwischen der Prinzipalität und der Hilfsarbeiter - Organisation geschlossenen Tarifvertrages, in Welchem die Hilfsarbeiter und Hilfsarbeiterinnen ausdrücklich zur Besorgung von Botengängen verpflichtet werden; es stellte mst, daß hierdurch ein ortsüblicher Gebrauch nachgewiesen sei und wies die Klägerin mit ihrem Lohnanspruch ab, indem es die sofortige Entlassung wegen beharrlicher Verweigerung des Dienstes guthieß. 4031 Herstellung von Reklame-Artikeln Obgleich alljährlich in der arbeitsreichsten Zeit, d. i. in den letzten Monaten, große Nachfrage nach Reklame- Artikeln herrscht, befassen sich verhältnismäßig wenige Betriebe mit deren Herstellung. Der Hauptgrund dafür liegt wohl darin, daß man dieses Arbeitsgebiet unterschätzt, weil man mit der Geschäftswelt zu wenig Fühlung besitzt. Manchen fehlt es auch an brauchbaren Ideen, andere glauben, eine solche Fabrikation führe zur Umgestaltung oder Erweiterung des Betriebes, zur Neuanschaffung von Maschinen. Und doch ließe sich mit vorhandenen Ein richtungen und Arbeitskräften in zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten mancher Artikel dieser Art nutzbringend herstellen. Größere Geschäfte überreichen am Schluß des Jahres ihren Kunden gern ein Geschenk, durch welches der Kunde ständig an den Spender und dessen Adresse erinnert wird. Solche Geschäfte wollen zugkräftige und wirksame Reklame- Artikel erhalten, d. h. solche, die dem täglichen Gebrauch dienen. Meist befassen sich Papierwaren- und Luxuspapier fabriken, Buch- und Steindruckereien, Buchbindereien, Kar tonnagen- und Lederwarenfabriken mit der Herstellung von Reklame-Artikeln. Lohnend wird derlei Massenfabrikation nur, wenn die Gegenstände in den Rahmen des Betriebes passen, d. h. sich mit den vorhandenen Maschinen, Werk zeugen, Stanzschnitten usw. anfertigen lassen. Hat man für einen Reklame-Artikel einen Besteller ge funden, so sucht man diese Ware bei Geschäften gleicher Art in anderen Städten unterzubringen, denn je öfter sich der Artikel in der Fabrikation wiederholt, desto lohnender wird er. Bei der Fabrikation findet man nämlich von einer Auflage zur andern immer wieder neue Vorteile, welche die Herstellungsunkosten verringern. Man empfehle z. B. Delikatessen- und ähnlichen Ge schäften mit weiblichem Kundenkreis] als :Reklame-Artikel ein Haushaltungsbuch für Hausfrauen. Ein solches Buch kann in verschiedener Aufmachung und Preislage her gestellt werden. Ein Wäschegeschäft kann einen Wäsche block schenken, dessen Preis sich in bescheidenen Grenzen bewegt. Ein Hotel oder Weinhaus kann als passende Gabe an seine Gäste ein zierliches Heftchen mit Beschreibung aller Sehenswürdigkeiten des Ortes verteilen. Für Maschinen- und Farbenfabriken sind Schreibunterlagen geeignet, deren Herstellung sich für Buchbindereien und Kartonnagenfabriken eignet. Auch Telephon-Verzeich nisse sind für viele Zweige vortreffliche Reklame-Artikel. Der Abreiß-Kalender, der jedes Jahr in neuem Gewand erscheint, ist schon lange ein beliebter Reklame-Artikel, jedoch sind die Geschäfte bestrebt, jedes Jahr einen anderen Gegenstand zu schenken, um die Kunden durch Abwechs lung zu erfreuen. F. K. Bucheinbände mit Spiegeln. Ein Pastor in St. Louis (Ver. Staaten), Reverend Philipp W. Yarrow an der Olive Brauch Congregational Church, hat den Mitgliedern seiner Gemeinde ein geistliches Buch verehrt, in dessen Decke ein kleiner Spiegel eingelassen ist. Ferner befindet sich auf der Decke ein Wach hund, der den Gemeindemitgliedern in Erinnerung bringen soll, daß sie ihr äußeres und inneres Leben beständig überwachen sollen. Der Spiegel dagegen soll, wie es der geistliche Herr meint, dazu dienen, den Gemeindegenossen stets ihr wahres Gesicht zeigen. Der Pastor bemerkt dabei, die Leute sollten sich nur so beschauen, wie sie sind, sie würden wenig Ursache haben, sich über das eigne Bild zu freuen. K. Gefängnis-Druckerei. Die Direktion der Braunschweigischen Landesstrafanstalt in IVolfenbüttel beabsichtigt eine Gefängnis- Druckerei einzurichten. Der Vorsitzende des Braunschweiger Vereins der Buch- und Steindruckereibesitzer, Herr Georg Westermann, richtete deshalb sofort eine Eingabe an das Herzogliche Staatsministerium, in der er auf die Schädigung hinwies, welche unserem Gewerbe durch die Einrichtung einer solchen Druckerei entstehen würde. Das Bestehen derjenigen Buchdruckereibesitzer, welche Arbeiten für die Behörden haben, würde nämlich dadurch beeinträchtigt. Hoffentlich haben diese Bemühungen den Erfolg, daß von der Errichtung dieser Druckerei Abstand genommen wird. H. S.