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D)APIER=VERARBEITUNG ^Buchgewerbe - Drucksachen-Ausstattung mit Tonplatten Von Max Brückner, Oberfaktor der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien. Die Tonplatte spielt in der modernen Drucksachen ausstattung eine große Rolle. Sie ist beinahe unentbehr lich geworden. Bediente man sich ihrer früher, namentlich in der Zeit der freien Richtung, nur zur Darstellung zarter, verlaufender und meistens glatter Töne, so soll sie heute die Fläche kraftvoll beleben oder auch durch Anwendung gemusterter Töne, eigens geschnittener Figuren, Land schaften, Einfassungen u. dgl. wirksam und zweckent sprechend dekorieren — oder die Drucksachen mit ein fachen Mitteln geschmackvoll und auffällig machen. Die Zeit der zarten süßlichen, rosaroten und himmel blauen Töne ist vorüber. Kräftige Farben sind an ihre KÄMBELb 14. JRNURR 1905 (0 IW ZdNFTzJ 1 RBENDS 08 ZuNrTHROS ZUR MEISE i i «I ( 0 % KRRNZCHEN — — mit .....— ABEND-UNTERHRLTONG Bild i Ste Ile getreten, und die heutige Geschmacksrichtung hat außerdem wesentliche Vereinfachung des Tonplattenschnittes mit sich gebracht. Die ehedem so mühevolle Satztechnik mußte größerer Einfachheit Platz machen. Die charakteristischen Merk male derselben, wie einheitliche Schriftwirkungen und flächenartige Satzgebilde stellen zwar immer noch mehr oder weniger hohe, aber mehr ästhetische Ansprüche an das Können des Setzers. Jedenfalls kann er infolge der nicht mehr vorhandenen Satzschwierigkeiten Besseres und mehr leisten. Ist nun der Akzidenzsetzer zugleich ein geschickter Tonplattenschneider, so wird die kleinste Druckerei mit dem einfachsten Schrift- und Ziermaterial geschmackvolle Druckarbeiten liefern können. Manche unserer Satzkünstler hatten und haben noch Mit Ausnahme von io, n und ra sind sämtliche Beispiele nach Entwürfen des Verfassers angefertigt worden. eigenartige Ansichten über den Wert und die Anwendbar keit der Tonplatte. Handelt es sich z. B. um eine Reklame des eigenen Geschäfts, ein sogenanntes »Paradepferd«, oder um eine Beilage für irgend eine Fachzeitschrift, die ge wöhnlich in der weniger arbeitsreichen Zeit hergestellt wird, so, war es beinahe selbstverständlich, daß möglichst viel Töne dabei sein mußten. Dasselbe läßt sich heute an Bild 2 (Skizze) zahlreichen für die Propaganda bestimmten Akzidenz arbeiten feststellen. Es wird unwillkürlich dadurch der Anschein erweckt, als ob die Zahl der Tonflächen zum Er folge verhelfen sollte. War nun der den Tonplattenschnitt beherrschende Setzer zeichnerisch weniger befähigt oder Anfänger, so konnte er wohl keine große Abwechslung in seine Platten Bild 3 bringen. Die mit 6 oder 7 glatten Tonflächen geschmückten Drucksachen sahen zwar recht bunt aus, machten aber durchaus keinen originellen, künstlerischen Eindruck. Beim Musteraustausch, in graphischen Fachblättern und bei den Johannisfest-Drucksachen befinden sich darum eine Menge von Akzidenzarbeiten, die einen übergroßen Ton oder Farbenreichtum aufweisen. Sie können aus diesem Grunde nicht immer als Vorbilder für die Praxis dienen. Der Kunde bezahlt derartige Ausstattungen nicht. In der Regel ist ihm schon die zweite Farbe zu viel, d. h. zu teuer.