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wir noch an dem Gefäß aus Vinarice 76 ) beobachten können, wird mit der Zeit umfangreicher, so daß die späteren Halbbögen die Gefäßwandung kaum noch oder nicht mehr berühren (Abb. 10). In Böhmen wurde diese Zierweise sehr beliebt, und man applizierte sie auch ohne innere Berechtigung auf andere Gefäßformen, auf konische Tassen, ja z. B. sogar auf den Mündungsrand der Flaschen 77 ). Anfangsstadien der Entwicklung ausgezackter Kragen können wir in jenen Gebieten Süd Westdeutschlands 78 ) gleichfalls feststellen, in die auch schon vordem kulturelle Einflüsse aus dem Elbgebiet vordrangen. Keramik mit ausgezacktem Kragen ist für die Vinaricer Stufe in Böhmen kennzeich nend. Diese Sonderform treffen wir anderwärts nicht an. Die von Mittel deutschland und Thüringen bekannten Zipfelschalen gleichen der Vinaricer Tonware zwar bei flüchtigem Besehen einigermaßen, zeigen aber bei näherer Untersuchung deutliche Unterschiede: die Gefäßform ist tassenähnlich, und die linsenförmigen Dellen entstehen durch Eindrücke in die Wandung 79 ). Vor der Veröffentlichung der neuen Forschungsergebnisse B. Schmidts sind wir mehr oder weniger auf Vermutungen angewiesen, wie nun eigentlich die Wei terentwicklung in Mitteldeutschland vor sich ging, nachdem die Periode der Einflußnahme der reichen Gräber im 5. Jahrhundert beendet war. Nach den bislang publizierten Funden zu schließen, gab man auch in Sachsen den Klein formen den Vorzug. Nichts jedoch spricht bisher dafür, daß hier die Entwick lung der Keramik die gleichen Wege ging wie in Böhmen 80 ). Auch zur Beurtei lung der Tonware aus Sachsen werden neue Funde vonnöten sein, ehe wir mit Sicherheit sagen können, ob sich die neuen Formen, vor allem die kleinen 76) J. Smolik, in: Pamätky archeologick XI, 1878/81, S. 26, Abb.1,7-9. J. L. Pic, Starozitnosti zem esk 11,1,8,9. B. Svoboda, a. a. 0., S. 98,Taf. XV,3. 77) B. Svoboda, in: Sbornik NM I, 1938—39 A, S. 184, 198;ders., Cechy vdob6 stchoväni nrod, S. 97, Taf. XXXVI,1. 78) Z. B. finden wir auf dem Töpfchen aus dem 3. Frauengrab in Odenheim (Bruchsal) am Umbruch zusätzlich einen Tonwulst aufgelegt, der mit Dellen verziert wurde. „Dann wurde das Ganze mit feinem Tonschlamm überfangen, so daß eine einheitliche Oberfläche entstand, welche die Grenzen des aufgelegten Tonwulstes verbirgt“ (Abb. 18). A. Dauber, in: Badische Fundberichte XVII. 1941—1947, S. 348, Abb. 82,2. Nach dem bronzenen Vogelfibelpaar datiert der Ausgräber das Grab erst in das 6. Jahrhundert. Vgl. auch die Schale, bei der die Fundumstände leider unbekannt blieben. Sie befindet sich in einer Privatsammlung in Edingen bei Mannheim: G. Behrens, in: Mainzer Zeitschrift XXXIV, 1939, Abb. 9,3. Zusammen mit dieser Schale wird ein Henkelkrug aufbewahrt, der angeblich von derselben Fundstelle stammt und wohl als eine Nachahmung der bekannten Krüge mit eingeglätteten Mustern anzusprechen ist (Abb. 17,1,4). Dazu auch G. Mildenberger, Die germanischen Funde der Völkerwanderungszeit in Sachsen, Leipzig 1959, S. 25, Abb. 13. 79) K. II. Jacob, Zur Prähistorie Nordwestsachsens, Halle/Saale 1911, Taf. XXXIV, Abb. 264. W. Schulz, Zur Merowingerzeit Mitteldeutschlands, Neue Funde und Forschungen, in: Maunus XVIII, 1926, S. 288, Taf. XIV,3,4. 80) Die Herstellung von Kleingefäßen, die für das Böhmen des 5. Jahrhunderts zur Zeit der Vinaricer Stufe so charakteristisch ist, berechtigt allem Anschein nach zu einer etwas jüngeren Datierung. Für diese Zeitstellung sprechen auch S-förmige Fibeln, die bogenförmige Griffplatte des Kammes, der Brakteat und die Armbrustfibel, Miniaturgefäß aus Grab 9 von Elstertrebnitz: G. Mildenberger, Die germanischen Funde ... S. 30, Abb. 20,8: Die Miniaturschale ist aus braunschwarzem Ton und trägt u. a. eine Verzierung, die aus vom Umbruch herabhängenden, sich überschneidenden Bögen aus je drei Killen besteht.