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nomen, auf das bereits W. Kersten vor über drei Jahrzehnten hingewiesen hat 62 ). Ohne Zweifel wird man das Vorkommen der Latene-A-Keramik in Latene-B-Gräbern neben anderen, ähnlich auszulegenden Feststellungen als Hinweis auf die einheimische Grundlage der Latene-B-Kultur des Orlagaues werten können 63 ). An Hand dieser Tonware ist demnach innerhalb des in Rede stehenden Gebietes einmal mehr 64 ) die Verzahnung von Latne A und B und damit bis zu einem gewissen Grade das Nebeneinander beider Stufen unter Beweis gestellt 65 ). Unser Untersuchungsgebiet steht mit dem aufgezeigten Befund in einem bemerkenswerten Gegensatz zum Südwesten Thüringens, wo Zeugnisse der Stufen Latene A und B zwar durchaus kennzeichnend belegt sind — erstere konzentriert innerhalb der Steinsburg auf dem Kleinen Gleichberg bei Röm hild —, sich aber verbreitungsmäßig ausschließen 66 ). Noch größer ist der Unter schied zu Nordostbayern selbst, indem jener Bereich kaum Niederschläge einer Latene-B-Kultur westlicher Prägung aufzuweisen hat 67 ). Die kompli zierte Problematik, die sich aus dem skizzierten Sachverhalt für die Beurtei lung der Verhältnisse im östlichen und westlichen Thüringen beiderseits des Gebirges sowie im angrenzenden Nordosten Bayerns ergibt, braucht hier nicht erneut aufgerollt zu werden, zumal letzthin auch H. P. Uenze auf derartige Fragen eingeht 68 ). 62) W. Kersten, a. a. 0., S. 172. Kersten knüpft daran folgende Überlegungen: „Dieser Umstand (= das Vorkommen von Keramik der östlichen Frühlatnegruppe in typischen Latene-B-Gräbern) zeigt vielleicht, daß sich die keltischen Neueinwanderer nur als Herrenschicht über die einheimische illyrische Bevölkerung setzten, die also nicht etwa verdrängt wird. Die Kultur wurde zwar keltisiert, das bodenständige Töpferhandwerk davon aber wenig beeinflußt. Das archäologische Bild ist in diesem Falle ganz ähnlich dem des Übergangs der Späthallstattkultur in die Früh-La-Tfene-Ost- gruppe in Nordostbayern. Während wir aber hier die Kontinuität der Bevölkerung erkannten, ist. . . an der Saale eine Einwanderung neuer Siedler sicher.“ 63) Vgl. hierzu auch II. P. Uenze (a. a. 0., S. 116 ff.), der in Anknüpfung an die Verhältnisse in Süd- ostthüringen zum Ausdruck bringt, daß die Ähnlichkeit der stempelverzierten scheibengearbeiteten Ware im Formen- und Verzierungsschatz in Latene A und B „nicht mit einer Zäsur am Ende der Stufe A in Einklang zu bringen ist, sondern eher für eine ruhige Weiterentwicklung spricht“; ferner K. Peschel, Besprechung von H. Kaufmann, Die vorgeschichtliche Besiedlung des Orlagaues. Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 6, 1965, S. 178: „Auf nordostbayrischer Wurzel ent steht die keltische Latnekultur des Orlagaues.“ Wenn Peschel weiterhin bei der Analyse der süd- ostthüringischen Latene-B-Kultur äußert, daß „die fehlende Tonware den Akzent zugunsten der nordostbayrischen Tradition verschieben könnte“, so vermag das hier eingehender vorgelegte Material zu einer derartigen Einschätzung jedenfalls einiges beizutragen. 64) Vgl. hierzu bes. auch das von G. Neumann (a. a. 0., 1955/56, S. 538 und 540) auf Grund einer ver gleichenden Betrachtung von Pufferhalsringtypen postulierte Nebeneinander von östlichem und westlichem Frühlatne! 65) So schon M. Claus, a. a. 0., bes. S. 98, 106 und 107; vgl. auch H. Grünert, a. a. 0„ 1957, S. 160; G. Neumann, Die Kelten, in: Ausgrabungen und Funde 3, 1958, S. 255, und K. Peschel, a. a. 0., 1962, S. 86. 66) Hierzu zusammenfassend zuletzt K. Peschel, a. a. 0., 1962, bes. S. 84 ff. 67) Zu diesem Ergebnis gelangt auch H. P. Uenze bei der Neubearbeitung des einschlägigen Materials aus der Oberpfalz; vgl. ders., a. a. 0., S. 77 ff. 68) H. P. Uenze, a. a. 0., bes. S. 112 ff.