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V 84. 12. April 1912. Nichtamtlicher Teil. ltan880ii. 01», kolkens vi8vr 1881—1911. 8°. 3 Xr. Spanische Literatur. kuir 1-öper. li., ^mor keroieo. 8°. 3 p«8. X. üelträn iu ^»äriä. ?08»6». America. Uns eampaZn». 8°. 3 p68. 50 e. Aus dem belgischen Buchhandel. ii. Die Wintersaison ist nun bald wieder zu Ende, und noch habe ich einen wesentlichen Teil des mir von der Schrift leitung vorgezeichneten Programms nicht erfüllt: die Be- richterstatlung über hervorragende Erscheinungen des belgischen Buchhandels. Ihnen sei deshalb der heutige Brüsseler Brief gewidmet. Wenn die Auslese geringer aussällt, als bei den Herren Redakrionskollegen der meisten andern buchhändlerischen Zentren, so sei dies von vornherein in den eigenartigen Zuständen der literarischen Produktion Belgiens begründet, dessen Schriftsteller es zum großen Teile vorziehen, ihre Werke und ganz besonders die auf das sogenannte große Publikum zählenden Erzeugnisse der schönen Literatur bei Pariser Berlagshäusern zu verlegen. Zu diesen gehören noch dazu gerade die bedeutendsten, wie Maeterlinck. Lemonnier. Eekhoud. bei denen weniger der Wunsch oder das Bedürfnis, hier durch bekannter zu werden, als die Frage der Honorierung ausschlaggebend sein dürste. Das erscheint allerdings be greiflich. wenn wir bedenken, daß Belgien keinen einzigen wirklich bedeutenden und umfangreichen belletristischen Verlag aufweisen kann, abgesehen allenfalls von der -kslgigus Lrtistigu« st lüttörairs« neueren Datums und dem seit einigen Jahrzehnten bestehenden Verlage von Paul Lacomblez. der das große Verdienst beanspruchen kann, Maeterlinck in die belgische Literatur eingeführt zu haben, jedoch in den letzten Jahren seine Produktion außerordentlich verlangsamt hat. Ihm verdanken wir übrigens in neuerer Zeit die Schaffung des humoristischen Romans des bürgerlichen Milieus in Brüssel durch den Verlag der erfolgreichen Romanserie von Leopold Courouble: »I-a kamills Huslrobroolr« nebst deren Fortsetzungen: Laulins Llatdrooä, I-os nosos ä'or und I-s mariags ä'Hsrmanos, die uns lebhaft an Stindes »Familie Buchholz- erinnert, wenn auch das Brüsseler Lokalkolorit wesentlich derber ausgefallen ist als das jenige der deutschen Reichshauptstadt. Es handelt sich eben trotz der französischen Sprache um die vlämischen Sitten und Gewohnheiten des Alrbrüsselers, und die Über setzung des Wortes »Laolisbroolr« würde jedenfalls nicht salonfähig ausfallen; begnügen wir uns deshalb mit der Andeutung, daß die Vokabel »brovk» nur mit »Hosen . . . .« wiedergegeben werden kann. In neuerer Zeit haben zwei jüngere Brüsseler Autoren. Fvnson und Micheler, im gleichen Verlage auch ein von großem Theaterersolg gekröntes spezifisch brllsselerisches Lust spiel erscheinen lassen: »I-s mariaxs äs MI« ösulsmuns-, das bereits in mehrere fremde Sprachen übersetzt worden ist und so ziemlich die Reise um d e Welt gemacht hat. In Paris hat cs. wenn ich mich recht erinnere, über 200 Auf führungen erlebt, in Buenos Aires ist es nicht nur von Dilettanten aus der dortigen belgischen Kolonie, sondern auch Valsra, ö., Critica litsraria <1899-1901). 8°. 3 pes. von einer Pariser Gastspieltruppe aufgesührt worden, wobei die elfteren den größeren Erfolg erzielt haben sollen. In Brüssel steht es nun schon im 3. Winter auf dem Spielplan. Die Karikatur der Brüsseler Spießbürger, der Beulemans und der Meulemesters, ist vielleicht etwas zu scharf geraten und hat. zumal in Frankreich, den Belgier (»ls pstit Lslgs») zu Unrecht lächerlich gemacht, aber das Stück enthält so vorzüg liche Milieuschilderungen und so gefühlvolle Szenen, daß man ihm diese kleine Schwäche gern nachsieht. Derselbe Verleger hat kürzlich auch die erste billige Aus gabe des berühmten belgischen Natioualepos, des »Tyl lllen- spiegel» von De Coster herausgegeben (8°, 418 Seiten. Frcs. 3.50). Das Schicksal dieses Buches ist in mehrfacher Hinsicht interessant und lehrreich. Nach den ersten beiden, in den Jahren I8K7 und 1889 in dem damals Weltruf genießenden Verlage von Lacroix. Verboeckhoven L Co., den Verlegern von Victor Hugos »Nisörablss«. erschienenen, mit 30 Radierungen geschmückten Prachtausgaben, die heutigen tags sehr hoch im Preise stehen'), vorzüglich wohl wegen der drei in dem Werke enthaltenen Originalradierungen von Föl. Raps, erschien im Jahre 1893 bei Lacomblez die erste Textaus gabe irr Oktaoformat (Ladenpreis 5 Frcs.). Von dieser war bis zum Jahre 1909 nur ein kleiner Bruchteil abgesetzt, bis die Heraus gabe der beiden deutschen Übersetzungen (in den Verlagen von E. Diederichs und W. Heims) die Sachlage mit einem Schlage änderte. Der weitaus größere Teil der 3000 betragenden Auflage (für Belgien eine ganz ungewöhnlich hohe Ziffer!) war binnen Jahresfrist vergriffen, und der Verleger hat sich nun zu der erwähnten, übrigens recht gut ausgestatteten Volksausgabe entschlossen. Dieselbe hat als Vorwort eine wertvolle Zugabe erhalten: den Abdruck der durch Spcach- oollendung und gefühlvollen Inhalt in gleicher Weise hervor ragenden Rede, die Camille Lemonnier bei der Einweihung des De Coster-Denkmals in Brüssel gehalten hat. Hoffentlich wird dieser billigen Neuauflage nun bald auch eine für Bücher freunde bestimmte, den Ansprüchen an die moderne Druck ästhetik entsprechende Ausgabe folgen, mit der das belgische Buchgewerbe ebensoviel Ehre einlegen kann wie der Diederichssche Verlag mit seiner mustergültigen Übersetzung. » ^ « Von Camille Lemonnier, dem Altmeister der belgischen Literaten, ist soeben bei Oscar Lamberty ein Drama »Läöllis-. ärams l^rigns (Frcs. 2.50) erschienen; sein vorher gehendes Werk, der Roman »1>a obaason äu Lurillon-, erschien 1911 bei Paul Ollendorff in Paris. Er spielt in Brügge, strömt jedoch, im Gegensatz zu Rodenbachs berühmtem »Lrugss la Worts-, neue Kraft und Lebenslust dieser schicksals reichen Stadt aus und wurde von der Presse sehr lobend beutteilt. ') Sic werden aus dem Antiquariatsmarkt jetzt nicht mehr unter ISO Frcs. bezahlt I 592«