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4550 Börsenblatt f. b. Lisch«. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. ^ 84, 12. April 1912. Lese- und Lehrbüchern sei bedenklich. Das Petitum der vor liegenden Petition sei berechtigt. Ein Konservativer war der Meinung, daß in der Lehrbuch, frage ausreichende Freiheit herrsche. Es sei jetzt die Zeit der Lehrbuchfabrikation, die eingeschränkt werden müsse. Die Petition sei deshalb abzulehnen. Ein anderes Mitglied des Zentrums wünschte für die Lesebücher ein lokales Gepräge. Ein solches gutes Buch sei früher in Ermland eingeführt gewesen, aber durch das Hirtsche Lesebuch verdrängt worden. Das Volk sei damit unzufrieden, weil das Hirtsche Lesebuch kein lokales Gepräge habe und nicht Fisch noch Fleisch sei. Ein weiteres Mitglied des Zentrums be tonte, daß ihm ebenfalls viele Klagen über Monopole der Lese- bücher zugegangen seien. Namentlich werde darüber geklagt, daß Hirt im Osten und Crüwell im Westen gegen Wünsche der Lehrer auf Verbesserung unzugänglich seien. Für Lesebücher seien heimatliche Anhänge erwünscht. — Der Regie rungs Vertreter erklärte, daß Hirt genötigt worden sei, seinen Lesebüchern ein lokales Gepräge zu geben. Übrigens seien bei den Maßnahmen der Unterrichtsverwaltung große volkswirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend. Aus Ost preußen z. B. wanderten zu viele Menschen nach dem Westen, deshalb müsse die Bodenständigkeit, die Liebe zur Heimat be sonders auch in der Volksschule gepflegt werden. Wenn die Land- schaft einer Provinz verschieden sei, wie in Sachsen — könnten auch mehrere Lesebücher gestattet werden. In Schleswig.Holstein seien drei gestattet. Daß vorwiegend Schulräte an dem Hirtschen Lesebuch beteiligt seien, sei nicht richtig; in Schlesien sei allerdings ein Provinzialschulrat beteiligt, aber eine amtliche Be- einflussung habe dadurch nicht stattgefunden. Alle Wünsche auf Verbesserung könnten nicht berücksichtigt werden. Anhänge zu den Lesebüchern würden nicht gestattet. — Der vorerwähnte Volksparteiler betonte, daß er gegen die Beteiligung der Schulräte an sich selbstverständlich nichts einzuwenden habe, sofern dadurch nicht ein amtlicher Druck aus geübt werde. Es sei doch sehr wünschenswert, daß die Verfasser eines Buches ihre Namen auf das Titelblatt setzten. Hirt sei zwar ein sehr guter Verleger und zweifellos auch ein hochachtbarer Mann, aber ein Pädagoge sei er nicht. Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Berichterstatters auf Übergang zur Tagesordnung abgelehnt und der von mehreren Mitgliedern gestellte Antrag auf Überweisung als Material angenommen. Kleine Mitteilungen. Ein dentsches RcichSschnlmnscum. — Mit der alten Forderung der deutschen Lehrerschaft, Schaffung eines deutschen Reichsschulmuseums, über die eingehend bereits in der Artikel- serie Lehrmittel und Lehrmittelhandel berichtet wurde (vgl. Bbl. 1S1I, Nr. 269), beschäftigte sich auch der in diesen Tagen in Dresden abgehaltene 6. Deutsche Oberlehrertag. Im Anschluß an einen Vortrag des Rektors Prof. vr. Matthias-Plauen über die Unter richtsabteilung der Brüsseler Weltausstellung einigte sich die Versammlung auf nachstehende Kundgebung: »In dem Bewußtsein, daß das Werk unserer gesamten öffentlichen Erziehung nur gedeihen kann, wenn alle mit arbeitenden Gruppen, jede an ihrer Stelle und mit den ent- sprechenden Mitteln, zum Ganzen sich fügen, macht der 6. Verbandstag des Vereinsverbandes akademisch gebildeter Lehrer die Forderung führender Schulmänner nach einem — am besten in Leipzig und in Verbindung mit einer pädagogischen Akademie zu errichtenden — Reichsschul museum einmütig zu der seinigen. Der Verbandstag sieht in der Fürsorge für eine solche (Doppel-)Anstalt die würdigste Aufgabe der Reichsschulkommission, die dazu freilich durch Vertreter der Forschung und Schulmänner der Praxis verstärkt werden müßte und erst dann neben einer doch nur mäßigen Arbeiterin für Akten- und Zeugniswesen der wahre Mittelpunkt einer nicht einförmig, wohl aber in aller Mannigfaltigkeit doch wahrhaft einheitlichen höheren deutschen Bildung werden würde. Je nach den Schwierig keiten, die sich der Aufgabe entgegenstellen, möge man ihre Lösung bis zur Eröffnung der Anstalt, das Jahr 1913, das 25jährige Regierungsjubiläum des Kaisers, oder 1919, den 60jährigen Geburtstag des Kaisers, oder 1921, die 60jährige Jubelfeier der Reichsgründung, ins Auge fassen. Nach so vielen Schöpfungen, vor allem für Naturforschung und Technik, für Gesundheits- und Kunstpflege, wäre eine solche Anstalt das zeitgemäßeste Geschenk, um durch diesen Freudentag die dauernde Dankbarkeit aller Lernenden und Lehrenden an das Reich zu knüpfen.« Es muß also doch um die Anziehungskraft Leipzigs auf die Fremden nicht so schlecht bestellt sein, da auch hier wieder der Wunsch nach einer Bevorzugung Leipzig- gegenüber anderen Städten zum Ausdruck kommt. Kunst»AuSstell««g. — Der Kunstsalon Paul Cassirer in Berlin, Viktoriastr. 36, hat eine neue (April-) Ausstellung er öffnet, die eine große Sammlung von Bildern Paul Cszannes, Porträts, Landschaften und Stilleben, zeigen wird. Mit Kollek- tionen werden ferner vertreten sein Maria Slavona und G. H. Wolfs in Paris, mit einzelnen Werken Degas. Sisley, Lieber mann, Slevogt usw. Lphtznx, Verein jung. Bnchhäudler Hamburg-Altona. — Dienstag, den 16. April, abends 9^/, Uhr, findet bei Hin sch L Ecks, Restaurant und Weinstube, Fuhlentwiete 4, eine Versamm- lung mit der Tagesordnung: 50. Stiftungsfest statt. Nähere Auskunft durch den Vorsitzenden O. Linke i/H. Joh. Aug. Bo eh me. Personalnachrichten. Jnbilänm. — Herr Anton Glaser konnte am 1. April auf eine 25jährige Tätigkeit im Hause I. Engelhorn's Nachf. in Stuttgart zurückblicken. Aus diesem Anlaß hatten die Inhaber ihre Angestellten mit Damen ins Hotel Bertrand zu einer Feier eingeladen, die einen sehr gemütlichen Verlauf nahm. Dem Jubilar wurde in Anerkennung treuer Pflichterfüllung von Herrn Kommerzienrat Engelhorn und seinen jetzigen Herren Chefs ein reiches Geldgeschenk überreicht, außerdem fanden sich im Laufe des Tages Vertretungen des St. B.-G.-V. und der Kr -U -K. f. B. ein, um ihre Glückwünsche darzubringen. Kleine Feiern fanden in den Vereinslokalen der Sängerrunde Schimmelblub und des St. B.-G.-V. statt. Ernst Ehristia« AcheliS -s-. — Am 10. April ist in Mar burg a. d. L der Senior der Marburger theologischen Fakultät Geheimer Konsistorialrat v. Achelis im Alter von 74 Jahren aus dem Leben geschieden. Er hat eine Fülle wissenschaftlicher Arbeiten hinterlassen: eine zweibändige »Praktische Theologie«, die in zweiter Auflage vorliegt (eine verkürzte Fassung bietet der »Grundriß der praktischen Theologie«); ferner die drei Bände der »Christusreden«, die Abhandlungen »Zur Symbolfrage«, die Übersetzung der Homiletik und der Katechetik des Andreas Hypetnius, die er gemeinsam mit E. Sachße herausgab — die »Bergpredigt nach Matthäus und Lukas«, die Schrift über die »Entstehungszeit von Luthers geistlichen Liedern« und zahlreiche andere Arbeiten. Gabriel Mouod -r. — Der bekannte französische Historiker Gabriel Monod ist nach einer Meldung der »Voss. Ztg.« im Alter von 68 Jahren in Paris gestorben. Monod, der Präsident der Leols äss bautss stuäss und Mitglied der ^caäsmis äes soisvoes moraiss st politiguss war, hatte durch seine Studien allerhand Beziehungen zu Deutschland; nachdem er die Lools normale absolviert hatte, ging er zu Waitz nach Göttingen. Im Gebiet der älteren Historie ist er haupt sächlich um die Erforschung der merowingischen und karolingischen Geschichte bemüht gewesen: seine »Ltuäss oritiyuss 8ur lss souroes äs l'Llistoirs rnsrovio^isnns« (1672 und 1686), seine Untersuchungen reiche Arbeiten persönlicherer Art, die Souvenirs äs oampaxns von 1870, die unter dem Titel »^Ilsmanäs st k'raoyais« 1872 erschienen, die Nulkrss ä'Likto rs (Renan. Taine, Michel), die kortraits st. souvsvirs und verschiedene andere Werke Von 1873—87 gehörte er zu den Leitern der U-svus oritiyus ä'bistoirs st äs littsraturs; 1876 gründete er selbst eine neue Usvus bistoriqus.