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Pulsnitzer Anzeiger Nr 260 91. Jahrgang Mittwoch, den 8. November 1939 Staatsakt in Moskau 1 Die«» Leitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Bezugspreis : Bei Abholung 14 tägig 1.— NM., ft - Haus 1.10 RM. einschl. 12 bez. 15 Pf. Trägerlohn. Postbezug monatl. 2.50 NM. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch aus Rückzahlung de« Bezugspreises. Zeitungsausgabe sür Abholer täglich S—6 Uhr nachmittags. Preise und Nachlaßsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr l. — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Der Pulsnitzer Anzeiger ist bas zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Landrates zu Kamenz, der BürgemneW« zu Pulsnitz und Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Pulsnitz, sowie des Finanz amtes zu Kamenz bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeige« sind an de« Erschett,«ngStage« btS »WW». 10 Uhr anfzugeben. — Verlag: Mohr L Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann «. ÄebrMnr Mohr. Hauptschristleiter: Walter Mohr, Pnlsaitz; Stellv.: Walter Hoffman», PnitMEh. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, PnSetttz; De Politik, Bilderdienst und den übrige« Teil Walter Mohr, PulSnitz. — D.A. H.: Geschäftsstelle: Rnr ALolf-Httler-Straß« 2 — Fer«r«f n«r Ml Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung sür die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Oho« MWlW an -le SWjckmee »Der Freundschaktsvertrag mit Deutschland ein Wendepunkt" 4» Die Moskauer Presse veröffentlicht den Heeres- besc hl des Kriegskommissars Woroschilow zum 22. Jahrestag der Ostoberrevolution. Darin wird eine Uebersicht über die Erfolge des Sowjetstaates während des letzten Jahres gegeben unter besonderem Hinweis auf den Einsatz der Armee bei der Besetzung der Westukraine und des westlichen Weißrußlands. Auch die Außenpolitik der Sowjetregierung wird in dem Heeresbefehl berührt. Die Beistandspakte mit den drei baltischen Staaten bezeichnet der Kriegskommissar als dauerhafte Basis des Friedens im östlichen Teil der Ostsee und in Osteuropa. Der Freundschastsvertrag mit Deutschland wird ferner als unübertreffliches Instrument gerühmt, das den Inter essen der beiden größten Staaten Europas diene. Dieser Freundschastsvertrag ist, wie der Hccresbcfchl betont, auf der dauerhaften Grundlage der gemeinsamen Interessen der Sowjetunion und Deutschlands aufgcbaut, und darin bestehe seine gewaltige Kraft. „Dieser Vertrag ist ein Wendepunkt nicht nur in den Beziehungen zwischen den beiden Großstaatcn, sondern er müßte sich auch aufs allcrwesentlichftc auf die ganze internationale Lage aus- wirkcn." Kriegspolittk der Weltmächte auls MM» verurteilt Eine neue starke Verurteilung findet die Kriegspolitik der West Mächte auch in dem Heeresbefehl Woroschilows. „Der europäische Krieg, des sen Anstifter und hartnäckige Fortsetzer England und Frankreich sind, hat sich", so heißt es in dem Heeresbefehl weiter, „noch nicht zu einer verheerenden Feuersbrunst entfacht; jedoch tun die englischen und französischen Aggres soren, die den Frieden nicht wollen, alles dazu, um den Kriegsbrand zu verstärken und ihn auch auf andere Län der auszudehnen." Die Sowjetregierung dagegen wirke auf alle Weise mit an der Wiederherstellung des Friedens, den die Vö'kcr aller Länder wünschen. Worosch.iow schließt den Heeresbesehl mit der an alle Armeeangehörigen gerichteten Aufforderung, sich mit dem bereits Erreichten nicht zufriedenzugeben, sondern neuen Errungenschaften und neuen Siegen zu zustreben. Tagesbefehl lw die russische Kriegsmarine Der russische Volkskommissar für die Militärmarine, Kouznetzov, veröffentlicht einen Tagesbefehl, in dem es heißt, das 22. Jahr nach der Oktoberrevolution sei ein Jahr der Entwicklung und Verstärkung der Macht der russischen Kriegsmarine gewesen. Rußland habe mit der Schaffung einer mächtigen, der Stärke des Sowjetstaates würdigen Kriegs marine eine historische Ausgabe vollbracht. Zahlreiche Schiffe seien bereits in diesem Jahr in den Dienst gestellt worden, weitere würden noch folgen. Dieser Effektivstärke der russischen Kriegsmarine stehe die technische Ausrüstung der neuen Schlfse erfolgreich zur Seite. Mit der Armee sei die russische Kriegs marine steis zur Verteidigung der russischen Seegrenzen bereit. krWe Wachsamkeit Woroschilows Ansprache bei der Militärparade. Aum 22. Jahrestage der Oktober Revolution fand in An wesenheit von Stalin, Molotow, Kaganowitsch, Mikojan usw. die übliche große Militärparade auf dem Rote« Platz in Moskau statt. Die Parade, die der Kriegskommiffar Woroschilow abnahm, wurde angeführt von dem Ober befehlshaber des Moskauer Militärbezirks, Marschall Budjonny. Zu Begi«« der Parade hielt Kriegskommissar Woro schilow eine kurze Ansprache, worin er die Erfolge des Sowjetstaates im Laufe des letzten Jahres schilderte. Indem er oavei aucy vie nnernanoncue Lage »reizre, oemerile Lvvro- schilow, daß die Außenpolitik der Sowjetregie- rung das Land bisher vor Krieg bewahrt habe. Insbesondere hätten die mit Deutschland geschlossenen Ver träge „einige Herrschaften des Vergnügens beraubt, die Kastanien durch andere aus dem Feuer holen zu lassen." Die Sowjetregierung verfolge die außenpolitischen Ereignisse auf merksam und werde im übrigen schon rechtzeitig und wie es lick, aebört daran? reagieren. Im besonderen ainä Woroschilow Nach einer großen Parade der Sowjettruppen auf dem Roten Platz in Moskau, mit der die dreitägigen Ncvolutions- seiern eingcleitct wurden, sand im Großen Opernhaus ein Staatsakt statt, an dem die führenden sowjetrussischen Staats- männer, an ihrer Spitze Stalin, Molotow und Marschall Woroschilow, teilnahmen. Die Festrede hielt der Vorsitzende des Rates der Volkskommissare, Molotow Nach einem Hin weis auf die Wirtschaftskrisen, die auch die größten kapitali stischen Staaten England, Frankreich und NSA. erfaßt haben, stellte Molotow fest, daß die reichsten und von errafften Reich tümern fett gewordenen Länder in ihren inneren Kräften leinen Ausweg aus der Lage mehr fänden und daß diese Tatsache als Grundursache dafür anzusehen sei, daß diese Mächte nunmehr neue Abenteuer suchten. Darin liege anch die wahre Wurzel der gegenwärtigen Krise. Während gewisse Pläne, Sowjerrußland in den Krieg einzubeziehen, mißlungen seien, versuchten England und Frankreich, nicht nur ihre Bevölkerung, sondern auch die Be völkerung ihrer Dominions und Kolonien immer stärker in den Krieg hineinzuziehen. Sie kämpften angespannt, um die An- zahl ihrer Verbündeten zu vergrößern und um neutrale Län der aus ihre Seite zu ziehen. In diesem Zusammenhang wies Molotow insbesondere aus die erusten Fragen hin, die der gegenseitige Beistands- Pakt Englands und Frankreichs mit der Türket ausgerolll habe. Die Zahl der neutralen Länder in Europa würde immer mehr abnehmen, wenn es den herrschenden Kreise» Englands und Frankreichs gelingen sollte, den Krieg zu verlängern und zu schüren, um ihn zur Stärkung ihrer Weltherrschaft und zur Behauptung ihrer zahlreichen Kolonien auszunützen. Für andere Staaten, so meinte Molotow, sei die Neutralität nur eine Maske, hinter der sie ihre wahren, aus die Aus dehnung des Krieges gerichteten Absichten verbergen, von dem sie hohe Profite aus Kosten der kriegführenden Völker er hofften. Die imperialistischen Westmächte hätten ihre Berechnungen hauptsächlich auf einen neuen Raub und auf eine neue Aus teilung der Welt zu ihren Gunsten sowie auf die Zertrümme rung und Ausschaltung ihrer Konkurrenten und jeglicher An- sprüche aus ihre Kolonien und ihre Kolonialreichlümcr gestützt. Molotow streifte dann den Bankerott des polni schen Staates, der ungeachtet der Garantien der West mächte auseinandergefallen sei und schon bei der ersten Prü fung seine Schwäche, Unbeständigkeit und Haltlosigkeit bewie sen habe. Die garantierenden Großmächte hätten so nick» nur ihre eigene Schwäche unter Beweis gestellt, sondern auch ge zeigt, daß es mit ihrer Politik in mancher Hinsicht offensicht lich nicht zum besten bestellt sei. Die Sowjetunion habe in zwischen die stammesverwandte Bevölkerung der Westukraine und des westlichen Weißrußlands mit ihrem Staate vereinigt und ihre Bevölkerung damit von l70 auf 183 Millionen ver mehrt. Molotow kam dann noch einmal auf die Gründe zurück, deretwegen die Weltmächte zum Kriege geschritten seien. Um so größere Ausmaße ihre Reichtümer annähmen, Io sagte er, um so erbitterter strebten sie nach Weltherrschaft und nur so unversöhnlicher würden sie de» Konkurrenten gegenüber, mit denen sie um jeden Preis auf Kosten ihres Volkes und anderer Völker, keinesfalls aber durch ihre Weltherrschaft be rührende Zugeständnisse Schluß zu machen bereit seien. Moskau für schnelle Beendigung des Krieges Die Leiter dieser Staaien und ihre Nachbeter aus den Gruppen Blums und Attlees suchten die Verbesserung ihrer Lage in einem neuen imperialistischen Krieg. Für das Ver brechen des gegenwärtigen Krieges trügen sie die Verantwor tung. jene Verantwortung insbesondere, daß der jetzige Krieg auf die Leistungen der Röten Armee bei der'Besetzung der westukrainischen und westweißrussischen Gebiete ein. Die Auswärtige Politik der Sowjetunion werde, so schloß der Kriegskommissar, um so erfolgreicher sein, je mächtiger der Sowjetstaat und die sowjctrussische Armee und Flotte sich entfalte. Die Sowjetunion nehme nicht am gegenwärtigen Kriege teil, sic verfolge aber mit der größten Wachsamkeit die Ereignisse und bereite sich auf alle Ueberraschungen vor. in die Länge gezogen und unter der vervrechenjchen Myaup- tung geschürt würde, daß dieser Krieg um der Verteidigung der Demokratie willen geführt werde. Alledem entgegen stehe die Sowjetunion mit ihrem Friedenswillen und ihrem heißen Streben, eine schnelle Beendigung des Krieges herbeizuftthren. Auf wirtschaftlichem Gebiete führte Molotow einige ein- drucksvolle Ziffern über die Entwicklung der sowjetischen Pro duktion im Laufe der letzten Jahre an. Die gesamte Industrie der Sowjetunion habe gegenüber dem Vorjahr eine Mehr erzeug ungvon l 4.4 P r o zeni zu verzeichnen. Für die Landwirt jchasl gav Mowiow veiannr, vag me uesia»- rige Getreideernte 6,5 Milliarden Pud, das nv >96 Millionen Tonnen, betrage. Molotow schloß mit der Feststellung, daß die Sowjetunion für die Feinde noch furchtgebietender, ihren auf richtigen Freunden aber noch teurer geworden sei. Man könne nicht wissen, welchen außenpolitischen Prüfungen Sowjeiruß- land noch begegnen werde. Eines aber sei gewiß, daß die Ver teidigungskräfte der Sowjetunion nicht geschwächt, sondern noch mehr und noch beharrlicher verstärkt werden würden. England möchte sich vergewissern... „News Chronicle" erörtert die Frage der Zweck- der Kntkenduna eines enalischen ÄHn'isie r s nach Moskau. Man müsse die Tatsache ins Auge fassen, daß sich die englisch-russischen Beziehungen in gefährlicher Weise verschlechterten, und deshalb müsse alles unternommen werden, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Aus jeden Fall wäre es sehr nützlich, zu wissen, welche Art von Frieden Rußland im Auge habe, welches seine Absichten gegenüber seinen Nachbarn seien und welche Hal tung es nunmehr in der Frage des „Angriffs" und des „Nichl- angriffs" einnehme. Es gebe eine Menge guter Gründe, warum England augenblicklich über Moskau auf gebracht sei. Die englische Regierung müßte deshalb um so mehr auf diplomatischem Wege versuchen, sich über die Ab sichten Rußlands Klarheit zu verscheissen. EWWg >u der sowiMotschost Generalfeldmarschall Göring und der Reichsmini ster des Auswärtigen, von Ribbentrop, nahmen am Dienstagnachmittag an dem aus Anlaß des Jahrestages der Gründung der UdSSR, stattfindenden ersten Empfang des neu ernannten russischen Botschafters Schkwarzetr teil. , Die rulfllch-sinnWen Verhandlungen Die finnische Regierung besprach am Dienstag, wie amt lich miigcteut wurde, in einer Vollsitzung, an der auch die Par teiführer tcilnahmen. den Bericht ihrer Moskauer Unlerhrna- ler. Es wurden neue Anweisungen für die Unterhändler oer- einbari und sofort nach Moskau übermittelt. Rotterdams Schiffsverkehr fast ffillzelegt Die britischen Seeräubermekhoden haben dazu geführt, daß selbst die pessimistischen Erwartungen der Rotterdamschrn Schifsahrtskreise im Oktober noch übertroffen wurden. Betrug die Zahl der Schiffe, die im September in Rotterdam ein- liesen, noch 412, so sank sie im Oktober ans 387 mit einer He» samitonnage von nur 6SZ589 Tonnen. Im Vergleich zum Ok tober 1938, in dem 1338 Schisse mit 2 203 612 Tonnen in Rot- terdam kinliefen, bedeutet das einen Rückgang des Schiffs» Verkehrs um rund 72 Prozent. Der „Telegraas" bringt diese Tatsache unter der großen Ueberschrist „Rotterdam schwer ge troffen".