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wirteln, absieht, die man jedoch eher als Gegenstände des täglichen Gebrauches bezeichnen kann. Es scheint, daf die Ursache dieser Erscheinung Eigentumsrück sichten waren, nach denen Werkzeuge wegen ihres offenbar großen Wertes nicht das persönliche Eigentum des Toten waren. Die Familie bzw. Sippe, die ihre Arbeit mit Hilfe dieser Werkzeuge verrichtete, war ihr Eigentümer und konnte sie im Falle des Todes eines ihrer Mitglieder nicht entbehren, überließ sie vielmehr einem anderen Mitglied der Gemeinschaft. Auffallend ist ferner der geringe Anteil an Waffen in den Zauschwitzer Gräbern. Auch diese waren offensichtlich ein hervorragender Gegenstand, von dessen vorhandener Menge und Qualität sowie nicht zuletzt der Fähigkeit, sie zu gebrauchen, das Schick sal der Familien und Sippen bzw. der Siedlungsgemeinschaft in starkem Maße abhing. Daß die Waffen dabei nicht nur der Verteidigung dienten, sondern ebenso auf Kriegs- und Beutezügen eine Rolle spielten, dürfte erwiesen sein, wenn man z. B. der Frage nachgeht, auf welche Weise zumindest ein Teil der römischen Importgegen stände nach Zauschwitz gelangte 544. Wenn daher trotzdem vier Gräber mit Waffen beigaben belegt sind, so muß man hier damit rechnen, daß es sich um Menschen handelte, für die die Waffen einen besonderen persönlichen Wert bedeuteten und deren wahrscheinlich militärische Verdienste von der Gemeinschaft durch die Waffenbeigabe besonders anerkannt wurden. Dies beträfe auch die beiden Kinder gräber mit Waffenbeigaben, für deren Besitzer eine unmittelbare Teilnahme an krie gerischen Unternehmungen natürlich ausgeschlossen erscheint, deren Familie in der Waffenbeigabe aber eine Notwendigkeit sah, deren Ursachen uns verborgen sind. C. Redlich 545 folgerte aus dem Tatbestand, daß in den Erbrechtsbestimmungen der alten Volksrechte die beiden Begriffe „Heergewäte" (also die Waffenausrüstung des Mannes) und „Gerade" (d. i. der persönliche Schmuck der Frau) insofern eine große Rolle spielten, als die Bestimmungen über die Vererbbarkeit dieser Dinge immer den übrigen Erbrechtsbestimmungen angehängt sind, daß beides ursprünglich nicht ver erbbar war. Anders verhält es sich indessen mit den Gegenständen, die unzweifelhaft das persön liche Eigentum des Verstorbenen bildeten. Hierzu gehörten einmal Gegenstände des täglichen Gebrauches, wie Messer, Rasiermesser, Kämme, Kästchen mit Schlüssel, zum anderen Tracht- und Schmuckbestandteile, wie Fibeln, Schmucknadeln, Perlen, Anhänger u. a. Nicht alle diese Gegenstände waren unentbehrlich, so daß ihre schwan kende Zahl auch erklärlich ist. Im ganzen läßt sich sagen, daß die verhältnismäßig wenigen Gräber ohne jegliche Ausstattung (13,4 %) nicht dazu berechtigen, in ihnen die Bestattungen von Unfreien zu sehen. Abgesehen von der Frage, ob sich die unfreien Bevölkerungsteile im Grab ritus überhaupt fassen lassen, drückten sich nach K.-H. Otto 546 die im Verlaufe des sozialen Differenzierungsprozesses herausbildenden gesellschaftlichen Widersprüche nicht so sehr in einem Gegensatz zwischen Freien und Unfreien aus, „sondern der Hauptgegensatz bestand vor allem zwischen der aristokratischen Oberschicht und der Masse der freien Germanen". Doch auch der Versuch, eine solche Oberschicht in Vgl. S. 64 und 72. 645 C. Redlich 1948, S. 178. M« K.-H. Otto 1960, S. 141. 79 \