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AUSWERTUNG In der Deutung unserer Forschungsergebnisse streben wir neben der rein kultur geschichtlichen Entwicklung eine Geschichte der Träger dieser Kulturen an. Dabei ist in Zeiten völlig ruhiger Entwicklung einer Kultur aus sich selbst heraus auch geschichtlich mit einer ungestörten Epoche zu rechnen. Die eigentlichen Fehlerquellen liegen bei der Unter- und Überbewertung gewisser kultureller Ein flüsse. Um Schlüsse politischer Art ziehen zu können, müssen wir zuerst alle Kulturhinterlassenschaften, die Keramik und das Metall zu Rate ziehen, um dann noch aus den Befunden (Grabbau, Wohnung, Kleidung, Ritus, Wirtschaftsform usw.) die letzten Möglichkeiten auszuschöpfen. Dabei wollen wir bedenken, daß eine Menschengruppe auch nach Änderung der Technik und vielleicht sogar der Wirtschaftsform noch lange am alten Brauchtum festhält, selbst auf die Gefahr hin, daß dieses eben durch soziale Umwälzungen sinnlos geworden sein sollte, während Fremdeinflüsse, von der Zeitmode angefangen, zuerst das tote Inventar betreffen werden. Große kulturelle Leistungen, die eine Umwälzung der Wirt schaftsform oder dergleichen hervorbringen, kennen keine Volks- oder sonstigen Grenzen. Im Kleinen, in der Verzierungskunst oder anderen traditionsgebundenen handwerklichen Äußerungen und vor allem in den Befunden liegen die Möglich keiten einer kulturellen Abgrenzung. Von den Funden können wir zumindest die Keramik, die schon durch ihr Material und dessen Eigenschaften als der empfind lichere Wertmesser zu gelten hat, hier mit unterordnen, während die Metall sachen durch ihre größere Transportfähigkeit und den Zwang der Material beschaffung auch aus Gebieten außerhalb der engeren Kulturgrenzen, außerdem durch die Verwendung als Schmuck, größere Einflüsse von außen vermitteln, ohne daß dabei politische Veränderungen vor sich gehen müssen. Überhaupt werden durch den Handel oft fremde Formen gebracht, die im Neuland zu Ent lehnungen anregen, zwischen Export- und Importgebiet vermitteln und auch die vom Handelsweg berührten Kulturgruppen in den Kreis der Entlehnungen und Formanregungen einbeziehen. Die Grenze zwischen bloßer kultureller Beeinflussung und politischer Abhängig keit ist zu fließend, um hier Allgemeingültiges sagen zu können. Eine auch po litische Umwälzung ist dann anzunehmen, wenn das gesamte Kulturinventar plötzlich abbricht und durch ein neues ersetzt wird. Richtige Beobachtung und Beurteilung der Befunde lassen uns dann schon mit mehr Recht weitergehende Schlüsse ziehen. Die Feststellung der „Stammesmäßigen“ Zugehörigkeit wird trotzdem immer wieder auf Schwierigkeiten stoßen, da uns eine klare Trennung zwischen Kultureinfluß, Kulturübernahme, Überwanderung, teilweiser Ver nichtung und anderem nur mit beträchtlichen Einschränkungen gelingen kann. So müssen wir uns bei der Auswertung des besprochenen Materials bescheidene Ziele setzen und auch dann noch die Grenzen in der Deutung berücksichtigen. Wir wollen dabei in der Hauptsache vier Fragen beleuchten. Zuerst müssen wir