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EIN STEINZEITLICHER GRABHÜGEL IN DER HARTH (KREIS LEIPZIG) Von Gerhard Mildenberger Alte Waldgebiete zeichnen sich durch einen verhältnismäßig großen Bestand an vor geschichtlichen Denkmälern aus. In ihnen finden sich oberirdische Grabanlagen und Befestigungen in weitaus größerer Zahl als in benachbarten alten oder jüngeren Frei landschaften, nicht etwa weil sie von vornherein vorzugsweise in den heutigen Wald gebieten errichtet worden sind, sondern weil hier die Bedingungen für ihre Erhaltung wesentlich günstiger waren. Das gilt‘auch für die Harth, die südlich von Leipzig im Winkel zwischen den Auen der Elster und der Pleiße liegt und einen Rest jenes großen Bannwaldes westlich der Mulde darstellt, der im frühen Mittelalter den Ostteil des Gaues Chutici ausmachte 1 ). Seitdem ist sie ununterbrochen Waldgebiet. Sie wurde auch früher für die vor geschichtlichen Epochen seit der frühen Nacheiszeit als dauernd bewaldet ange sprochen. Daß dem nicht so ist, zeigen die stein- und bronzezeitlichen Fundstellen und Denkmäler in der Harth, die eine Waldlosigkeit während dieser Epochen be zeugen 2 ). Schon 1912 hat K. H. Jacob-Friesen anläßlich seiner Untersuchungen eine Zusammenstellung der ihm bekannten Anlagen in der Harth gegeben 3 ), seitdem sind noch einige weitere dazu gekommen (Abb. 1, Seite 8). Die ältesten Funde lieferte die bandkeramische Siedlung an der Kiesgrube am Nordwestrande der Harth 4 ), stein zeitlich sind weiter die Grabhügel 5 und 6 im Südteile. Die Hügel 1 bis 4 in der Ab teilung 36 sind bronzezeitlich, wie ihre Untersuchung 1912 ergab. Unsicher ist die Zeitstellung der Wallanlage in der Abteilung 1, sie konnte auch durch Jacob-Friesens Untersuchung nicht geklärt werden. In ihrer unmittelbaren Nähe wurden 1951 einige bronzezeitliche Scherben gefunden, die freilich älter sein können als der Wall. 300 m nordostwärts des Walles liegt vor dem Ostrande der Harth ein Gräberfeld der mittleren und jüngeren Bronzezeit 5 * ), auch jenseits der Bahn wurden bronze zeitliche Funde gemacht. Gleichfalls offen bleibt die zeitliche Stellung einiger freilich fraglicher Grabhügel in der Abteilung 2, die durch Forstarbeiten weitgehend gestört sind und am ehesten bronzezeitlich sein dürften. Durch den von Süden her vorrückenden Braunkohlentagebau des Kombinats Böhlen, der das gesamte Gebiet der Harth einbeziehen wird, sind alle diese vorgeschichtlichen Anlagen gefährdet. Das Seminar für Vor- und Frühgeschichte an der Universität Leipzig übernahm es, sie jeweils vor ihrer Vernichtung zu untersuchen. Begonnen wurde mit dem zuerst gefährdeten Hügel 5. Jacob-Friesen hatte seinerzeit von einer Untersuchung abgesehen, weil der Hügel bereits angegraben war 8 ). Die Spuren dieser Ausgrabung waren in einem Trichter an seiner höchsten Stelle kenntlich, der über 2,50 m tief war und, wie seine rechteckige Form, ein Absatz im Inneren und ein gebautes Holz zeigten, neuerdings eine Erweiterung zwecks Anlage eines Ansitzes oder Unterstandes erfahren hatte. Der untersuchte Hügel lag in der Abteilung 5, etwa 70 m vom Südrande des Waldes (dem sog. Leichenwege) entfernt. Es handelt sich um völlig ebenes Gelände von 130 m Höhe über N. N., auf das der ovale, 3 m hohe und 20 x30 m große Hügel deutlich 1) Vgl. darüber zuletzt H. Quirin, Herrschaftsbildung und Kolonisation im mitteldeutschen Osten. Nachr. d. Akad. d. W. in Göttingen, phil.-hist. Klasse, 1949, Nr. 4, S. 70 ff. 2) K. Tackenberg, Beiträge zur Landschafts- und Siedlungskunde der sächsischen Vorzeit; in: Von Land und Kultur, hrsg. v. W. Emmerich, Leipzig 1937, S. 24 ff. 3) Jahrbuch des Mus. f. Völkerkunde Leipzig 5, 1911/12, S. 112ff. •) Germania 21, 1937, S. 217 ff. (K. Tackenberg). ) Sachsens Vorzeit 3, 1939, S. 57 ff. (J. Zacher). Neufunde 1950/51 im Museum Zwenkau. •) Jahrbuch d. Mus. f. Völkerkunde Leipzig 5, 1911/12, S. 115f.