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laufende Schneidespuren fest (Abb. 4). Das Sägeblatt ist also horizontal bewegt worden, wie wir heute noch die Handsäge führen. Der Schnitt ist aber nicht parallel wandig, sondern dreiseitig keilförmig. Die Schneide dieses Sägekeiles fällt dadurch besonders auf, daß sie nur 1 bis 1,5 mm schmal, also kaum breiter ist als heutigentags ein Schnitt mit einem eisernen Sägeblatt. Die Basis des Keiles mißt 13 mm, die be obachteten Schnittiefen 1 bis 2 cm. Offenbar wurden die Werkstücke nur selten voll ständig durchschnitten, sondern zuletzt abgedrückt, wie wenn wir Glasscheiben schneiden. Für dieses Zurechtschneiden der Rohsteine brauchte man keine verwickelt gebaute Maschine, wie das mittelalterliche Steinhandwerk bewiesen hat. Damals schnitt man die gern zum Bauen verwandten Sandsteine mit einem straffgespannten Seile, mit dem man in einer ausgemeißelten Rinne nassen, scharfen Schleifsand hin- und her bewegte. Quarzsand stand den Steinhandwerkern in den Flußbetten selbst und den -schottern reichlich zur Verfügung, und Seile wurden seit langem ebenfalls verwandt. Das Prinzip des in nassem und scharfem Sand vor- und rückwärts bewegten Seiles liegt auch den modernen Drahtseilsägen zugrunde, die z. B. in den Marmorbrüchen von Carrara bei 20 m Schnittlänge in der Stunde und einem Kraftverbrauch von 8 PS etwa 3 cm in den Stein eindringen 37 ). Eine Schnursäge, die mit einem gedrehten Seil aus Fäden, Bast, Darm, Fellstreifen oder ähnlichen den Neolithikern zur Verfügung stehenden Mitteln betrieben worden sein könnte, müßte aber parallele und senkrechte Sägeflächen liefern. Ferner wäre die rasche Abnützung der Seile in Rechnung zu setzen. So verlockend es sein mag anzu- nehmen, diese im Mittelalter geübte Art der Technik des Stcinsägens sei schon in der Jungsteinzeit durchgeführt worden, so liegen doch dafür bisher keine Belege durch Bodenfunde und stichhaltige Beobachtungen vor. Eine größere Wahrscheinlichkeit besitzt hingegen ein Deutungsversuch H. Denglers: ein Brett mit vertikaler scharf kantiger Randfläche wurde auf das Werkstück aus Stein als Führung aufgelegt. An diese Fläche ist ein Brettchen aus hartem Holz (z. B. Eibe, Kernholz der Kiefer, Esche, Ahorn) angesetzt und mit der Hand in scharfem, nassem Sand fortgesetzt hin- und hergeführt worden — zugleich unter entsprechend kräftigem Druck. Dieses Säge blatt aus Holz nützt sich zwar nach und nach ab, sank aber, indem es die Steinchen immer mehr in sein Gefüge aufnahm, tiefer und tiefer in den Stein ein, bis es durch ein anderes ersetzt werden mußte. Für die Richtigkeit dieser Deutung spricht die Tat sache, daß an unserem Werkstück die eine Sägefläche zwar senkrecht, die andere aber zu ihr in einem spitzen Winkel steht, wie ein solcher Arbeitsvorgang erwarten läßt. Später wurde ein Holzkeil eingetrieben und das Werkstück am Schnitt zersprengt. A. Mirtschin vermutet, daß zu Beginn des Sägens durch Auspicken eine Führungs rille vorgezeichnet worden ist. Vielleicht kratzte man dieselbe auch mit scharfen Flintsplittern aus, welche man an einer geraden Holzleiste entlang bewegte. Er und W. Frenzel haben Belegstücke beschrieben, deren Sägespuren in sanften Bögen ver laufen 38 ), 39). Das Schleifen der Werkstücke Bei der Untersuchung der Steingeräte des Döbelner Raumes wurden besonders schön an den facettierten Streitäxten dicht nebeneinander laufende, parallele Schleif spuren erkannt, von denen man annehmen könnte, sie rührten von einem rotierenden Schleifstein her. Wir müßten also annehmen, daß die Neolithiker schon eine der ”) Handbuch der Steintechnik, II., S. 41. 38) A. Mirtschin, Wie der Urmensch i. d. jüng. Steinzeit seine Steinbeile herrichtete, in Unsere Heimat, Riesa, 4. Jg., Nr. 13, 1931. 30) W. Frenzel, Die Herstellung V. Geräten aus Felsgestein, in Bautzner Tageblatt, 34. Jg., Nr. 178, 1931.