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KULTURA PRAPOLSKA (Die altpolnische Kultur) Von Jozef Kostrzewski (Poznan 1949) Seite 267 ff.: Die Töpferei bildet neben der Bearbeitung der Felle und der Weberei eines der ältesten Gewerbe. Es wurde bei den altpolnischen Stämmen sicher anfänglich in den einzelnen Familien von den Frauen betrieben, nach Verbreitung der Töpferscheibe jedoch allgemein durch besondere Handwerker, die nach dem im Polnischen nicht erhaltenen Verb ,,zdac“, das „formen, er bauen“ bedeutet, „zduh“ (Mehrzahl zdunowie; kommt noch in Ortsnamen vor!) oder Töpfer genannt wurden. Ihre Werkstätten befanden sich gewiß hauptsächlich in der Nähe der Burgen, also in den Suburbien oder benach barten Dörfern. Die Existenz besonderer Töpferhandwerker schließt natürlich die Möglichkeit nicht aus, daß in manchen abgelegenen Orten die Frauen Töpfe für den Hausbedarf in hergebrachter primitiver Weise anfertigten, wie dies noch heute Russinnen in Sibirien tun. Im Bereich der altpolnischen Töpferei können wir zwei territoriale Gruppen unterscheiden: 1. die nördliche, die Pommern, Chelmoiiszczyzna (das Kulmer Land), Kuja- wien, das nördliche und mittlere Wiclkopolska (Großpolen) samt dem nörd lichen Zipfel von Dolny Slsk (Niederschlesien), z. B. die Kreise Zielona Gora (Grünberg), Kozuchow (Freystadt), Glogöw (Glogau) usw. umfaßt, und 2. die südliche, d. i. der Rest von Slsk (Schlesien), das südliche Wielkopolska (Großpolen) und Malopolska (Kleinpolen). Die Zugehörigkeit Masowiens zu einer dieser Gruppen läßt sich bisher nicht genau feststellen. In der nördlichen Gruppe ist ein großer Teil der ältesten Keramik gänzlich aus freier Hand gefertigt, jedoch ein Teil dieser Gefäße wurde sodann mittels der frei beweglichen, handbetriebenen Töpferscheibe gedreht. In der südlichen Gruppe ist, wie aus Funden im Kreise Rybnik hervorgeht, schon frühzeitig, mindestens seit dem 7. Jahrhundert, die Handtöpferscheibe allgemein benutzt worden. Beide Gruppen unterscheiden sich auch in den Formen der Keramik und in deren Verzierung. Im Süden herrschen schlanke ei- oder tönnchenförmige Gefäße mit leicht nach außen gebogenem Rande vor, meist durch Wellen- und ein fache waagerechte Linien verziert; im Norden sind verschiedene Varianten von doppelkonischen Vasen mit bedeutend reicherer, aber weniger sorgfältiger, zunächst einfach linearer (vgl. die Keramik aus der ältesten Schicht des Burg walls von Jedwabno im Kreis Torun), später wellenliniger, wohl aus dem Süden entlehnter Ornamentik (schon im 7. und 8. Jahrhundert in Schlesien in all gemeinem Gebrauch) der führende Typus. In gewissen Gebieten, z. B. im mitt leren Großpolcn, vermischen sich die Formen beider Gruppen. Um den Zu sammenhang des Ganzen nicht zu unterbrechen, werden wir hier beide Gruppen weiterhin zusammen behandeln, um so mehr, weil angesichts mangelnder Be arbeitung des Materials die Verteilung derselben auf die beiden Gruppen gegen wärtig noch Schwierigkeiten macht. Bei den nur mit der Hand auf unbeweglicher Unterlage gefertigten Töpfen scheint zuerst aus einem besonderen Tonklumpen der Boden hergestellt und dann die Umwandung aus einer mit den Fingern zusammengedrückten läng lichen Rolle spiralig vom Boden aus in die Höhe geführt, manchmal auch der