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bedeutende Vereinheitlichung der Gefäßform vor uns. Es werden eiförmige Gefäße mit stark nach außen gewölbtem Kragen hergestellt. Fast auf dem gesamten Territorium der Westslawen und eines Teils der Ostslawen sind Gefäße mit zylindrischem Hals verbreitet. Andere Formen haben viel beschränktere Verbreitung, z. B. die für Böhmen und die Sorben typische Flaschenform, die auch in Polen sporadisch vorkommt (Gniezno und Santok pod Gorzowem = Gnesen und Zantoch bei Landsberg an der Warthe). Große doppel konische Gefäße sind hauptsächlich aus den nördlichen Kreisen West pommerns bekannt, ausnahmsweise trifft man sie in Großpolen an, wie ein Gnesener Fund bezeugt. Amphoren wurden anscheinend nur in der Ukraine und Bulgarien hergestellt, wo offenbar byzantinischer Einfluß vorliegt. Selten sind endlich die Henkelgefäße, die mehr auf ost- als auf westslawischem Gebiete vorkommen. Lokalen Charakter haben die Keramikfunde auf Wollin und bei Szczecin (Stettin). Wie Poulik aufgezeigt hat, begegnet man verhältnismäßig früh örtlichen Veränderungen der Gefäßformen in Mähren, z. B. dem Typus von Blucina. Unterschiede treten auch in der Gestaltung des Randes hervor. Wir kennen verschiedene tönerne kelch- und mörserförmige Gefäße, schließlich auch solche mit Deckeln. Die in den städtischen Werkstätten erzeugte Keramik weist eine bei weitem größere Vollkommenheit auf als die ländliche. Diese Vervollkommnung der handwerklichen Gefäßherstellung führt zu bedeutender Vereinheitlichung auch der Ornamentik. Finden wir in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts noch reich verzierte Gefäße, so später eine offensichtliche Verarmung an Zier elementen. Das einzige bilden oft das ganze Gefäß umlaufende Spiralen (Gurt spirale). Diese Tendenz tritt zur Zeit des Übergangs zur Technik der gänzlichen Abdrehung der Gefäße auf. Zu erwähnen ist auch noch das sporadisch auf tretende figurale Element. Auf einem in der Schanze von Radzim (Kreis Obornik im Posenschen) gefundenen Gefäße erkennt man stilisierte Menschengestalten. Etwas Ähnliches weist ein Fund aus einem Awarengrabe bei Szentes in Ungarn auf. Gefäße mit solcher Ornamentik spielten offenbar in der rituellen Magie der Slawen, bestimmt bei den Polanen, eine Rolle. Ob dies auch für die Gefäße mit Tierornamenten gilt, wie wir sie aus Schlesien und Mähren kennen, ist schwer zu sagen. Vereinzelt ist ein in Böhmen gefundenes Gefäß mit plastischem Tierornament. Die russischen Töpfer brachten seit dem 11. Jahrhundert an manchen Gefäßen In schriften mit unzweifelhaft magischer Bedeutung an. Eine Besonderheit der russi schen Töpferei ist die Herstellung von innen und außen farbig glasiertem Geschirr. Die Produzenten der gänzlich abgedrehten Gefäße versahen diese auf dem Boden mit speziellen Zeichen (Marken). Die Benützung solcher Warenzeichen und ihre bedeutende Verschiedenheit bezeugt den Organisationsstand der slawischen Töpferei. Der sowjetische Archäologe B. Rybakow weist darauf hin, daß die jüngeren Generationen den hergebrachten Familienzeichen neue Motive hinzufügten. Dieser Hinweis hat weitere Bedeutung, da sich nämlich zeigte, daß bei anderen slawischen Völkern (z. B. den Weleten, in Böhmen, Polen und Bulgarien) die Töpferzeichen im Laufe der Jahrhunderte ähidichen Verände rungen unterlagen, wie das oft heute noch mit den Merkzeichen der kaschu bischen Fischer der Fall ist. Indessen könnte das Auftreten frühpolnischer Gefäße mit gleichen Marken, die aus verschiedener Zeit stammen, an vielen Fundorten erweisen, daß mindestens in gewissen Fällen der Sohn vom Vater