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35 kann, in der Höhe von 670 — 850 m über dem Meere, so leuchten uns von weitem die viel verstreuten rotvio letten Blüten der Iris reticulata entgegen. Zurzeit des Karnevals (der Butterwoche) kommen die niedlichen Sträusschen von Iris reticulata und Cyclamen in Menge auf den Markt. Diese Iris ist wieder ein Sonnenkind, liebt nur die freien Bergeshöhen und kahlen Triften. Schatten und Feuchtigkeit sind ihr feind. Der Boden, zur Hälfte Steingeröll, ruht auf reinen Geröll- und Ge schiebeschichten und trocknet in heissen Sommern bis zur Tiefe aus. Tonhaltig ist alles, was wir Boden nennen. Die Standorte der Iris scheinen viel enger begrenzt zu sein, als vieler anderer Pflanzen, denn wir haben sie nie höher oder niedriger in der absoluten Höhe der Gebirge gefunden. Ihre Nachfolger, zuweilen nur ihre Begleiter in der Jahreszeit sind die Scilla bifolia, Muscari und Galanthus, gewöhnlich kommen sie etwas später. Den lichten Busch wald der Bergabhänge, besonders nach Norden, bis hinauf über 1600 m Höhe, zuweilen gesondert, oft auch ver mischt finden sich diese beiden nie in der freien Lage, die Galanthus mehr der Feuchtigkeit nachgehend, oft in versumpften kleinen Talkesseln am schönsten, die Scilla und Muscari mehr steinigere, trocknere Plätze vorziehend. Indessen ist es April geworden und es reichen die Worte nicht aus, den Anblick dieser Blumenteppiche zu schildern, die nun auf kurze Zeit den Boden des Waldes schmücken. Allerdings nicht dicht bei Tiflis; tiefer im Gebirge, wo reiche Ablagerungen von Laub eine nahrhaftere Boden schicht geschaffen, sind die Waldränder geradezu bedeckt von Scilla, Galanthus, Corydalis, Anemone, Primula amoena und als Garnitur am sonnenhellen Rande die breiten Blätter und Blüten des Helleborus. Gegen Ende April zeigen die kahlen Hügelketten bei Tiflis neue Zwiebelblüten. Iris caucasica und iberica treten nun auf, einzeln in der Entfernung weniger Werst von der Stadt, massenhafter, obgleich nicht in geschlossenen Prairien an entfernteren, weniger betretenen Abhängen. Man begreift oft nicht, wie in solchem Steinschutt noch Pflanzen, besonders an der Südseite, die sie vorzugsweise lieben, gedeihen können, und man pilgert dann so gern zur Blütezeit wieder in die Einöde, den prächtigen An blick der Blumen zu geniessen. In feuchteren Einsenkungen blüht die gelb und violett variirende Iris pumila und später im Anfang Mai die Iris notha in vollkommenem Sumpf lande, sogar im Lande mit ausgesprochenem Salz gehalte. Nun schiessen auch auf den hochgelegenen Brachäckern die Blütenstengel der Gladiolus byzantinus und Ornithogalum narbonense hervor, deren rote und weisse Farbe lieblich kontrastirt. Alles gedeiht in Ton boden mit mehr oder weniger reichlicher Steinbeimischung. In den mit niederem Buschwerk hie und da bewachsenen Schluchten oder am Nordrande der Bergzüge findet sich in kleinen Trupps, daher immer schwer zu finden, die niedliche Fritillaria tulipifolia; ein hartes Blatt und eine braunquadrirte Blüte ist ihr ganzes Wachstum, das nach zwei Wochen bei der steigenden Sonnenhitze in’s Un kenntliche verschwindet. Kehren wir in die Waldgebirge zurück, wo der Sommer seinen Einzug gehalten, so treffen wir vereinzelt die wohlriechenden gelben Blüten von Lilium Scovitzianum, oft mit blühenden Philadelphus in nächster Nähe, dann wird das scharfe Parfüm fast betäubend. Schön sind diese zuweilen 1,25 m hohen Blütenstengel mit einem halben Dutzend offener Blüten und nicht umsonst wendet sich die Liebhaberei ihnen zu. Nur in lichten Waldbeständen, nicht an sonnenhellen Plätzen, findet sich diese Lilie, deren Zwiebeln oft fast 30 cm tief im Boden stecken, und des halb mühsam auszugraben sind. Die Zwiebel selbst ist eingebettet in die mehr lockeren Schichten der aufliegenden Lauberde dicht an der unterliegenden Tonschicht, welche letztere die Faserwurzeln ernährt und auch zurzeit grosser Dürre ihnen Feuchtigkeit zuführt. Die Wachstunisver hältnisse der Lilie passen nicht ganz in unsern oben auf gestellten Rahmen, da sie später blüht und länger vegetirt als die Steppenbewohner. Die Lilium Martagon und monadelphum sind mehr dem westlichen Kaukasus eigen, jene höher, diese niederer in den Waldgebirgen vorkommend. Gegen den Schluss des Jahres, im September und Oktober, kommt noch ein Nachflor. In der absoluten Höhe von 1000—1600 m auf freien Bergwiesen erscheinen in tiefgründigem Rasenboden die violetten Blüten des Crocus speciosus und Colchicum speciosum, jedes soviel uns bekannt in gesonderten Standorten, doppelt willkommen in der blütenarmen Zeit des Herbstes. Ihre Zwiebeln sitzen ebenso tief in der Erde wie die Lilium, und sind sie somit vor der Sommerhitze geschützt. Man findet sie nicht in steinigem, sondern in schwarzem Wiesenboden, den Crocus auf trocknerem, die Colchicum an feuchterem Standorte. Eine besondere Erscheinung bietet das Vorkommen der Convallaria majalis, die in den Laubwäldern von 670 bis 1000 m Höhe über dem Meere und zugleich in den bewaldeten Sandanschwemmungen der Flüsse in heissen Tälern bei 460 m Höhe in meilenlangen Beständen vor kommt. Im Walde sucht auch sie sumpfiges Terrain und lockere Lauberde, blüht aber nicht so reich als in den Sanddünen des Flusses. Es ist noch eine stattliche Reihe von Zwiebelgewächsen des Landes hier nicht erwähnt, wie mehrere Iris, Tulipa, Leucojum, Sternbergia, Orchideen, die jedoch in grösserer Entfernung von hier vorkommen und daher nicht in ihrem Verhalten beobachtet werden konnten. Triptilion spinosum. Ruiz & Pavon. Von G. Schädtler, Kunstgärtner in Hannover. Die jüngst Seite 437 des vorigen Jahrgangs der „Deutschen Gärtner-Zeitung“ vom Kollegen Herrn C. Steinbach erwähnte, himmelblau blühende Pflanze, welche einen hohen Grad der Unverwelklichkeit besitzt und für Trockenblumengeschäfte der schönen, selten vor kommenden Naturfarbe wegen nicht warm genug zu empfehlen sein dürfte, findet sich in dem altberühmten Werke: De Candolle’s Prodromus, Bd. VII., pag. 50, unter der grossen Familie der Coinpositen kurz beschrieben, und gibt die Diagnose wenigstens die erste Idee ihres Aussehens. Sie lautet: Ausdauernde Pflanze; Wurzel fleischig; Stengel krautartig, in den oberen Teilen sich doldentraubig verästelnd, kurz flaumhaarig; Blätter halb gefiedert ; Fiedern dornspitzig; Blumen schön; Hülle fünf blumig, vielblätterig; dachziegelich ; Blättchen an der Spitze dornig; Fruchtboden klein, wollhaarig; Korolle zweilippig; die äussere Lippe dreizähnig, strahlblümchenförmig, die inneren Lippen kleiner, aus zwei kleinen getrennten Lappen bestehend. Wächst in Chile an Felsen und trockenen, dürren Orten; von den Eingeborenen „Siempreviva" genannt. Die Anschaffung besagter Pflanze würde unbedingt eine ausgezeichnete Bereicherung für sogenannte unver- welkliche Bouquets und dergleichen Arrangements abgeben, und möchte ich, im Namen vieler Gleichdenkenden, Herrn C. Steinbach raten, geeignete Schritte zu tun, um von seinen Freunden und Fachgenossen in Chile frische Samen