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hat Romanen fürs Herzblättchen Kin Mann trinkt M. „Daß ich dir meinen Glückwunsch sofort persönlich überbringen werde, sobald ich in Deutschland lande/" zwinkerte Traß humorvoll. »Deine BrMt ist bildhübsch, soweit ich das bet ihrem etwas übereilten Abgang fest- stellen konnte. Temperament hat sie auch." „Außerdem zu viel Geld, zu wenig Lebenserfahrung und eine Menge romantischer Ideen," brummte Steffen. „Bezaubernd! Ich liebe romantische Frauen. Sie bilden eine angenehme Abwechslung zu jenen weiblichen Wesen, die die neue Sachlichkeit verehren, sür Stahl rohrmöbel, kahle Wände und rostfreie Kopfkissen schwärmen." Steffen schnitt ein Gesicht. „Lilli ist ftir Polstersessel und Daunenkissen. Aber da kommt Franz mit dem Kaffee." Der alte Diener richtete in der „Plauderecke" beS Ateliers das Kaffeeservice und zog sich dann mit ver- bocktem Gesicht zurück. Der „Schafsköpf" lag ihm noch im Magen. Traß, der sich in der Wohnung des Freundes aus- kannte, öffnete den Lilörschrank. In dem früher stets wohlgefttllten Möbel träumte jetzt verwaist eine einsame Kognakflasche. Und die war nur hälbvoll. „Mager," stellte er fest und schenkte sich ein GlaS ein. „Willst du auch einen Tropfen, Klaus?" * „Ach nein, Neber nicht." „Warum den» nicht, mein Junge? Du -ast doch früher ganz gern ein GlaS genommen. Und warum sieht deine alte SchnapSkommo-e inwendig so abgeholzt au»? Eine einzige, lächerliche Pulle, und die ist bloß halbvoll. Bist du unter die Trockenen gegangen?" „Lilli ist gegen Spirituosen, anher Sekt. Den trinkt sie und den darf ich auch trinken." Traß knallte die Kognakflasche ärgerlich auf den Tisch, „Hum Donnerwetter! Ersten- ist deine Lim jetzt nicht anwesend, und zweitens ist Sekt eine Limonade für . en Diwan, daß-aS Möbel in allen Fugen krachte und starrte den Freund mit weitaufgerissenen Augen an. „Na, da soll doch ein kreuzweis karierter Deibel drein- schlagen! Ist -eine Braut auch gegen LaS Fluchen? Mensch, ich hätte dich vielleicht doch nicht drei Jahre mutterseelenallein lasten sollen! Meß' dir fetzt ein» hinter die Binde und erzähle mir die Geschichte -einer Verlobung." „Die habe ich dir doch schon geschrieben." Mein Junge, -eine architektonischen Entwürfe mögen ja von mustergültiger Klarheit sein, aber -eine Hand schrift sollte die Polizei verbieten. Bon Leiner Klaue kann man nur jedes zehnte Wort lesen. Ich bin für mündlichen Bericht. Also trink' und schieß loS!" Klaus Steffen nahm gehorsam einen Kognak. „Ich habe in Bremen da» Sta-ttheater neu gebaut —" „Keine Umschweife, mein Sohn! Was Lat -aS olle, ehrliche Stadttheater in dem ollen, ehrlichen Bremen mit -einer BerlobungSgeschichte zu tun?" „In Bremen habe ich LE Ever» kennengelernt. Konsul Evers war einer -er maßgebenLen Stadtväter. Er war es auch, -er mich für -en Theaterbau berief. Währen- meiner dortigen Arbeit ging ich in seinem „Habe ich, und noch dazu gearbeitet." „MenschenSkind, ein Tag hat Loch bloß vierund zwanzig Stunden!" „Lilli versteht es, achtundvierzia herau-zuschlagen. Seit einiger Jett kann ich mich Lim nicht mehr so wid men. wie sie e- wünscht. Ich habe einen neuen, großen Auftrag bekommen. Nun nehmen die Verstimmungen zwischen un» kein Ende." Steffen schenkte sich mit melancholischem Gesicht einen wetteren Kognak ein. Offenbar hatte er die Abneigung seiner tyrannischen Braut gegen -en Alkohol vergessen. Traß lächelte. -Klau», Lu hast einen großen Fehler gemacht. Du hattest deine Braut sofort nach Lem Tode Le» Konsul» -«traten sollen." „Wollte tch ja. Al» ich aber bet der TestamentSeröff- AM LLllMt. WS Nimm mal 'nen Schlucks Siiniit Lu Sieber Mürr in die Knochen kriegst." „Hm, wenn Lu meinst?" «Ich meine, verdammt und zugenäht noch mal! Franz hatkein Glas für dich gebracht. Den scheint Dame Lim auch schon unter Ler Fuchtel zu haben. Trink' au- der Pulle, Himmeldonnerwetter!^ „Fluch' Loch nicht so gräßlich, Trab." Herrmann von Traß warf sich auf den Diwan, daß -aS Möbel in all „Wobei du dich, nach gutem, altem Rezept, in seine Tochter verliebt hast, wie?" „Stimmt. Nur ist Lilli nicht die Tochter des Konsuls, sondern seine Nichte. Kind -es einzigen Bru-ers, früh verwaist. Konsul Evers war Junggeselle " „Und demzufolge war Fräulein Lim -er Sonnenschein -es Hauses, wie es in den Romane» " heißt," warf Traß spöttisch ein. Herrmann von Traß bezahlte die Tare und erreichte mit zwei langen Schritten die kleine Sta-tvilla. Im EAmn einer Straßenlaterne glänzte -aS matte Tür- Klau» Steffen, Architekt. Traß lachte leise, stülpte den Kragen seine» Reise- pelzes hoch und zog die Schirmmütze über die Augen. „Wollen mal dem alten Franz einen Schreck in die Bitterbeine jagen," schmunzelte er und drückte auf Len Klingelknopf. In diesem Augenblick wurde die Tür der Billa auf gerissen. Eine junge Dame stürzte heraus. Sie trug einen Automantel, und ihre blonden Haare sprühten wüten- unter einer kleinen Kappe hervor. „Du Vitt ein Pe-ant!" schrie sie ins Haus zurück. „Sin langweiliger Tropf! Ein trockener Pflichtmensch! Ich habe e» satt! Ich fahre allein! Alle Damen reisen heut zutage allein. Adjöh!" „Donnerwetter!" sagte Traß überrascht, aber -a» zor nige, weibliche Wesen nahm keine Notiz von diesem Ausruf. E» rannte an Traß vorbei, sprang in ein kleines, rote» Kabriolett, -aS vor -em Hause hielt und sauste in elegantem Bogen davon. „Donnerwetter!" sagte Traß zum zweitenmal und wandte sich um. In -er HauStür stan-en Klau» Steffen und sein alter Diener Franz. Beide sahen niedergeschlagen aus, aber über Steffens Gesicht ging ein Leuchten, als er -en Freund erblickte. „Traß!" rief er aus. „Du hier? Wo kommst du her?" „Direkt von Hamburgs Gestern mit dem „Imperator" in Europa gelandet. Wer war denn diese bildhübsche, blon-e Furie?" „Meine Braut. Komm herein, Traß, e» ist kalt hier draußen. Franz, bring' heißen Kaffee 'nS Atelier." „Schafskopf" hat sie zu mir gesagt," brubbelte der Alte. „Mußt du doch schon gewöhnt sein," lautete Steffens ungerührte Erwiderung. Dann packte Klaus Steffen den Freund bei den Schultern und schob ihn in einen großen Atelierraum, besten Fenster auf einen kahlen, winterlichen Garten gingen. DaS Atelier sah wüst auS. Zeichnungen lagen auf -em Boden, Bücher waren herumgeworfen, Stifte und Reißzeug durcheinandergetrudelt. „Donnerwetter," sagte Traß zum drittenmal. „Hat Lerne Braut Lies Tohuwabohu anaerich^t? Du SW^ Loch -ie Ordnung in Person, Klaus." » Steffen gab keine direkte Antwort, sondern sammelte -ie verstreuten Dinge ein. „Schön, Laß du wieder da bist, Traß! Drei Jahre warst du auf Globetrotterfahrt. Ich habe -ich schrecklich vermißt. Inzwischen hat sich auch allerhand ereignet." „Zum Beispiel -eine Verlobung, mein Junge. Ich be kam die Anzeige auf -en Kap Verdischen Inseln. Ober war es im Hafen von Santa Cruz? Na, ist ja egal! Ich war verdammt überrascht und dachte " Traß brach ab. Er hatte gedacht, baß sich der Freund als weibliche Ergänzung ein sanftes, blondes Wesen ausgesucht habe, anschmiegsam und nachgiebig, wie es zu -em ruhigen Klaus paßte. Offenbar hatte er mit seinem Phantasie« bil-e gründlich daneben gehauen. Klaus' künftige Frau war ein quecksilbriger, autorasender, kleiner Teufel. Nur blond stimmte! „Was hast du gedacht?" fragte Steffen und schichtete seine mißhandelten Zeichenutensilien auf -en Arbeits tisch. „Sie war jedenfalls reizend. So ganz anders als die Mädchen in der Großstadt, die ich bisher kennengelernt hatte. Sie war noch nicht vom modernen Leben ange knabbert, auf reizende Manier unselbständig, schwär merisch, kurz — — bezaubernd. Allerdings ein bißchen launisch. Konsul EverS hatte sie «in wenig verwöhnt." „Dem reizen-en Nichtchen jeden Wunsch erfüllt und so weiter, nicht wahr?" „Lilli hatte jedenfalls eine entzückende Art, ihren Kopf durchzusetzcn. Als meine Arbeit in Bremen beendet war, gab Konsul EverS ein Fest in seinem Hause. Bei Lieser Gelegenheit verlobte ich mich mit Lilli. Dann kehrte ich nach Berlin zurück, schrieb meiner kleinen Braut täglich einen Brief, empfing täglich eine Antwort von ihr, bis eines Tages ein Telegramm kam, das mich nach Bremen rief. Der Konsul war schwer erkrankt. Ich habe ihn leider nicht mehr lebend angetroffen." „Und dann?'^ „Lilli verlebte das Trauerjahr in Bremen und siedelte dann nach Berlin über. Seitdem ist alles ganz anders." „Wie — anders?" forschte Traß. „Die Großstadt hat Lilli verändert. Sie kann einfach nicht genug Mr Vergnügungen bekommen. Zuerst hatte ich Lilli bei Tante Henriette untergebracht, aber dort hat sie es nicht lange ausgehalten." „Hm, Tante Jette ist allerdings ein Original, aber ziemlich borstig. Ich weiß wirklich nicht, ob sie -ie richtige Patronesse für eine verwöhnte, junge Dame ist." „Lilli erklärte jedenfalls, mit der alten Dame nicht leben zu können, packte ihre Sachen und richtete sich eine eigene Wohnung ein. Seitdem konsumiert sie Bergnü- gungen en gros. Tanztees, Cocktailpartien, Bridge- abende und Tennisturniere jagen sich nur so. Dazwischen besucht sie Kinopremieren. Theater und Opern, hat Schneideranproben, ladet Leute zu sich ein oder arran giert Atelierfeste bet mir. MoLeschauen gehören zu ihrem täglichen Brot. Sie hat eine Autofahrschule be sucht, sich einen eigenen Wagen gekauft, chauffiert wie ein Mann —" „Kurz und gut, hat ihre reizende Unselbständigkeit vollkommen abgelegt," lachte Traß. „Sogar zu einem Fliegerkurs hatte sie sich gemeldet," stöhnte Steffen. „Glücklicherweise ist ihr beim ersten Auf stieg in -ie Lüfte schlecht geworden, sonst würde sie ver mutlich einen eigenen Eindecker in meinem Garten parken. Dafür hat sie ein Reitpferd erstanden und lernt reiten. Jeden Morgen von acht bi» zehn Uhr muß ich -et diesem Exerzieren zugegen sein." „Uff? stöhnte Traß, „das hast du alle» mitgemacht? Armer Kerl!" ao«o» vo» «nu vo/v Marge Taaesvr «deinen De Sch« ich nur wenig V-Mbgen besitze. Ich wSllte «twaSgegen Lillis Reichtum in die Waagschale werfen können. Er folg, einen guten Namen. Ich bi» auf Lem Wege dazu. Ich hab« mich an einem Ausschreiben für Len Bau eines neuen, großen Kinopalastes beteiligt. Mit meinem Ent wurf konnte ich den ersten Preis erringen. Auch den Auftrag ftir die BauauSftthrung habe ich erhalten." -Ja,Za, ich habe davon gestern in den Zeitungen ge lesen. Lie Presse brachte auch dein Bild. Ich freue mich, dich al- „einen unserer ersten, jungen Architekten mit bedeutender Zukunft" wiederzusi en. So -rückten sich die Zeitungen wohl aus. Meinen Glückwunsch, Klaus!" „Danke dir, Herrmann. Du kannst -ir vorstellen, daß Ich nun tüchtig arbeiten muß. Ich bringe einfach nicht mehr die Zeit aus, um Lilli auf ihren VergnügungS- exkurstonen zu begleiten." „Das verstehe ich vollkommen. Hat eS deshalb vorhin Krach zwischen euch gegeben?" «Ja. Lilli verlangt von mir, daß ich meine Arbeit hiywerfen und mit ihr in die Schweiz fahren soll. Sie ftthlt sich erholungsbedürftig. In Wirklichkeit will sie sich natürlich beim Wintersport amüsieren. Sie hat mir gedroht, allein zu reisen." „Das habe ich gehört. Was soll nun geschehen?" „Ich weiß es nicht," sagte Steffen trübselig. «Ich kann doch nicht einfach Arbeit und Zukunft im Stich lasten und Set Lilli den Bergnügungsmarschall spielen!" Traß hatte sich erhoben und ging mit großen Schritten auf und ah. PlMich blieb er vor dem Freunde stehen. „Du bist ein Waschlappen, Klaus!" „Hm —" „Du behandelst deine Braut ganz falsch!" Au muht energischer sein und so eine Art „der Wider spenstigen Zähmung" inszenieren. Du bist einfach zu nachgiebig." „Und -u bist schrecklich schlau!" „Nee, ich habe bloß in der Behandlung weiblicher Wesen Erfahrung. Die habe ich als alter Globetrotter auf allen Breitengraden gesammelt. Du mußt bei der jungen Dame -ie Kandare anziehen." „Ich kann Lilli nicht rauh behandeln, dazu bin ich zu verliebt in sie," stöhnte Klaus Steffen. „Und heute Abend soll ich mit Ihr zu einem Maskenfest gehen. Da» wird ein schönes Vergnügen werden, bei -er Stimmung^ in -er sie mich verlassen Hat. Was soll tch bloß machen, Herrmann?" In diesem Augenblick trat der alte Diener über -le Schwelle, ein großes Paket auf -en Armen. „Da- Maskenkostüm für Herrn Steffen," verkündet- „Leg'S auf den Diwan, Franz." „Nein, geben Sie das Ding her, Alter!" rief Traß. «JA will wissen, als was -u -ich verkleidest, mein Franz händigte dem Freunde seines Herrn da- Paket au» und entschwand. Als Traß die Hülle abriß, kam ein braunes MönchSgewand zum Vorschein, samt Kutte und Bttßerstrick. „Ein sehr passendes Kostüm sür dich, KläuSchen," spottete Traß und schlüpfte in das Gewand. Dann trat er vor den Spiegel. ^Paßt mir ausgezeichnet, was?" Plötzlich schlug ex sich mit der Hand vor die Stirn. Mit blitzenden Augen wandte er sich zu -em Freunde. „Ich habe eine Idee, Klau»!' Ich weiß, wie -ir zu helfen ist." „Da bin ich aber wirklich neugierig!" „Weiß -eine Braut, in welchem Kostüm bu erscheinen wirst?" „Nein. Ich wollte eS ihr sagen, da kam -ieser häßliche Zank, und sie lief mir kurzerhand davon." „WaS für ein Kostüm trägt Fräulein EverS?" Steffen lachte. „LilliS Kostüm ist tiefe» Gehest»,niS. Diese» Geheim nis hat mir aber ihre Zofe gegen einen soliden Zehn- markschein verraten. Lilli geht als blauer Page. Aber ' worauf willst Lu eigentlich hinaus, Traß?" „Ich werde an deiner Stelle auf den Ball gehen!" „Ich verstehe dich nicht." „Sei doch nicht so schwerfällig. Du bist verliebt! Du bist schwach! Du kannst die Widerspenstige nicht zähmen! Also werde ich es für dich tun. Unter dem Deckmantel -ieser Mönchskutte werde ich als Klaus Steffen -aS bockbeinige Lillichen in die Mache nehmen. Ich bin nicht verliebt in die junge Dame und werde daher mit aller Strenge vorgehen. Heute abend bekommt Dame Lilli die erste Lektion." „Du traust dir ja allerhand zu!" „Tue ich auch." „Deine Idee ist verrückt." „Aber sie wird deiner Braut ausgezeichnet bekommen. Ich inszeniere mit ihr eine Kur a la Doktor Eisenbart. Die Frauen reagieren am besten auf schlechte Behand lung." " „Brrr, vielleicht -ie schwarzen oder gelben, -ie Lu auf Leinen Reisen kennengelernt hast?" „Pah, -je weißen auch!" „Hab' blök nicht einen so großen Mund, Freund chen!" „WaS bekomme ich, wenn tch deine Braut gezähmt, gebändigt, sanft und lieb m -eine Arme lege?" „Meine aufrichtige Bewunderung! Aber du wirst bet Lilli schön InS yettttävfchen treten." „Werde ich nicht! Gib mal den Papierbogen her. So, -er -üßertsche Mönch wäre verpackt. Geh jetzt an deine Arbeit und baue -einen Kintopp, Ich mutz fort." (Fortsetzung folgt.)